Gottfried Helnwein: Unterschied zwischen den Versionen

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Gottfried Helnwein, * 8. Oktober 1948 Wien, Künstler.
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==Biografie==
 
==Biografie==
  
Gottrfried Helnwein wurde 1948 als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren und wohnte im 10. Wiener Gemeindebezirk, der damals in der sowjetischen Besatzungszone lag.
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Gottfried Helnwein kam als ältester Sohn einer sechsköpfigen Familie in Wien zur Welt. Seine Kindheitstage im [[Favoriten|10. Wiener Gemeindebezirk]], der damals noch in der sowjetischen Besatzungszone lag, bezeichnete er später aufgrund der von ihm empfundenen geistigen Enge im tristen Nachkriegswien als "Hölle". In den 1940er und 1950er Jahren verbrachte Helnwein aber auch viel Zeit bei seinen Großeltern. Diese betrieben einen Bauernhof in Kautendorf im Weinviertel, den er im Nachhinein als "Himmel" beschrieb.
1965 bis 1969 besuchte er die Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien.  
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Von den amerikanischen Besatzern bekam er seine ersten Donald Duck Ausgaben, die für ihn, sein Weltbild und damit für seine Arbeiten prägend wurden.  
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Schon als Jugendlicher folgte Gottfried Helnwein seinem zentralen Lebensthema – Kampf für die Freiheit und Protest gegen Unterdrückung, Konformismus und Autoritäten – und brach die Schule ab. 1965 bis 1969 besuchte er die [[Höhere Graphische Lehr- und Versuchsanstalt]] in Wien. Von den amerikanischen Besatzern bekam er in diesen Jahren seine ersten Donald-Duck-Ausgaben, die für sein Weltbild und damit für seine Arbeiten prägend wurden. Das Wesen Donald Ducks erschien ihm menschlicher als das der Menschen um ihn herum. Bis heute gibt er sich, wenn man ihn nach seiner religiösen Zugehörigkeit fragt, als "Donaldist" zu erkennen und bezeichnet die Kunstfigur Donald Duck als seinen Erlöser.
Das Wesen Donald Duck, aus einer einzigen Linie bestehend, in seiner Farbigkeit und dargestellt in allen Facetten des Lebens, schien ihm menschlicher als die menschlichen Figuren rund um ihn herum. Donald Duck ist für Helnwein ein fantastisches Kunstwerk, bis heute ist er, wenn man ihn nach seiner religiösen Zugehörigkeit fragt, bekennender „Donaldist“, Donald Duck ist sein Erlöser.
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Infolge seines zentralen Lebens-Themas, nämlich des Kampfes für die Freiheit und sein ständiger Protest gegen Unterdrückung, Konformismus und Autoritäten führte ihn dazu, als Jugendlicher die Schule abzubrechen.
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Von 1969 bis 1973 studierte Helnwein an der [[Akademie der bildenden Künste (Institution)|Akademie der bildenden Künste Wien]] Malerei in der Meisterklasse des Vertreters des Phantastischen Realismus, [[Rudolf Hausner]]. Inspiriert von der amerikanischen Pop Art, startete Gottfried Helnwein Anfang der 1970er Jahre mit performativer Kunst auf der Straße sowie mit fotografischen Aktionen in seinem Atelier und im öffentlichen Raum. Viele dieser Fotografien flossen später in seine Malerei ein. Im Sinne der Pop Art ging Helnwein sogar noch einen Schritt weiter. Er arbeitete mit Filmen und Werbung, entwarf provokante Covers für internationale Zeitungen und Zeitschriften und löste so weltweite Diskussionen aus.
Von 1969 bis 1973 studierte Helnwein Malerei in der Meisterklasse des Vertreters des Phantastischen Realismus, Professor Rudolf Hausner, an der Akademie der bildenden Künste Wien.  
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Inspiriert von der amerikanischen Pop Art, startete Helnwein Anfang der 1970er-Jahre mit performativer Kunst auf der Straße und mit fotografischen Aktionen im öffentlichen Raum. Viele dieser Fotografien sind später in seine Malerei eingeflossen. Im Sinne der Pop Art ging Helnwein noch einen Schritt weiter und arbeitete mit Filmen und Werbung und entwar für internationale Zeitungen und Zeitschriften, provokante Covers und löste so weltweite Diskussionen aus.  
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Fortan richteten sich seine Arbeiten gegen die österreichische Nachkriegsideologie seiner Elterngeneration, gegen den Katholizismus und gegen Nazi-Persönlichkeiten, die in den 1970er Jahren immer noch in den verschiedensten Institutionen in Wien hohe Positionen innehatten. Mit seiner Kunst protestierte er aber auch gegen die bürgerliche Moral und gegen den gängigen Kunst- und Galerienbetrieb. Malen bedeutete für Helnwein "sich wehren". In seinen Werken thematisierte er daher immer wieder den Nationalsozialismus, Holocaust oder Vietnam-Krieg, also letztlich Formen von Gewalt und Missbrauch gegen wehrlose Menschen.  
Fortan richteten sich seine Arbeiten gegen die österreichische Nachkriegs-Ideologie seiner Elterngeneration, gegen den Katholizismus und gegen Nazi-Persönlichkeiten, die in den 1970er-Jahren immer noch in den verschiedensten Institutionen in Wien hohe Positionen innehatten sowie gegen die bürgerliche Moral und Kunstkriterien.  
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Malen bedeutete für Helnwein „sich wehren“. In seinen Werken finden sich immer die Themen, Nationalsozialismus, Holocaust, Vietnam-Krieg also letztlich alle Formen von Gewalt und Missbrauch gegen wehrlose Menschen und Kinder.  
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Seine ersten Arbeiten mit Wasserfarben, die verletzte, gequälte und bandagierte Kinder mit chirurgischen Instrumenten zeigen, erregten Anfang der 1970er Jahre große Empörung. Die Kunstwerke schockierten und lösten Proteststürme aus, mehrere Ausstellungen wurden geschlossen und die Bilder von der Polizei beschlagnahmt. Das Kind, vor allem das elfengleiche Mädchen, stand für Helnwein dabei als Metapher für die Menschlichkeit. Es existieren aber auch zahllose Selbstbildnisse, die ebenfalls Entstellungen, Verletzungen und Bandagierungen zeigen.
Seine ersten, aquarellierten Bilder, die verletzte und bandagierte Kinder mit chirugischen Instrumenten zeigen, erregten Anfang der 1970er-Jahre große Empörung und Proteststürme, Ausstellungen wurden geschlossen und Kunstwerke von der Polizei beschlagnahmt.  
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Das Kind, das elfenhafte, wache Mädchen, ist für Helnwein die Metapher für die Menschlichkeit. Es existieren auch zahllose Selbstbildnisse, die ebenfalls Entstellungen, Verletzungen und Bandagierungen zeigen.  
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Gottfried Helnweins Werk wird dem sogenannten Hyperrealismus zugeordnet. Ein Schlüsselwerk seines Œuvres, das die Unmöglichkeit des "nicht Hinschauens" demonstriert, ist sein legendäres Bild "Epiphany" aus dem Jahr 2013. Wie in der klassischen "Anbetung der Könige" stehen auch hier eine weibliche Hauptfigur, Aria, und ihr Sohn Adolf im Zentrum des Bildes, beide werden bei Helnwein allerdings von hübschen, jungen Männern, allesamt Nazi-Offiziere, umgeben und angebetet.
Große Vorbilder in den 1970er und 1980er-Jahren in der Musik  waren für ihn die Rolling Stones, die, wie er erzählt, seiner Generation eine Ahnung gaben, wie ein freies, selbstbestimmtes Leben sein könnte.  
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Erst viel spät war Helnwein bereit sich mit der abendländischen Kunstgeschichte auseinanderzusetzen und studierte beispielsweise die italienischen Renaissance Maler.  
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Große Vorbilder aus dem Bereich der Musik waren in den 1970er und 1980er Jahren die Rolling Stones, die, wie Helnwein erzählt, seiner Generation erstmals eine Ahnung vermittelten, wie ein freies, selbstbestimmtes Leben aussehen könnte. Erst viel später war der Maler bereit, sich mit der abendländischen Kunst auseinanderzusetzen und studierte beispielsweise die italienischen Renaissancemaler. Tief beeindruckt von der ästhetischen Qualität, verspürte er eine inspirierende Nähe insbesondere zu dem spanischen Maler und Grafiker Francisco de Goya und dem deutschen Maler der Romantik, Caspar David Friedrich.  
Tief beeindruckt von der ästhetischen Qualität, verstand er die Bedeutung der abendländischen Kunst immer mehr, insbesondere Francisco de Goya und Caspar David Friedrich.  
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Helnwein arbeitete auch viel für internationale Theater- und Opernbühnen und malte legendäre Plakate für Theaterproduktionen. Mit seinen Kunstwerken berührte er Menschen emotional und setzte regelmäßig intensive Diskussionen in Gang. Immer wieder verwies Gottfried Helnwein darauf, dass seine Kunst erst dann angekommen sei, wenn sie Prozesse in Gang gebracht habe und seine Arbeiten in Dialog mit dem Betrachter getreten seien.
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Nachdem Helnwein auf Empfehlung von Rudolf Hausner für eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Wien vorgeschlagen, jedoch von der Mehrheit der Stimmberechtigten abgelehnt wurde, übersiedelte er mit seiner zweiten Frau, Renate Kurrer, und seinen vier Kindern zuerst nach Deutschland. Seit 1997 lebt er in Südirland (Kilsheelan, Grafschaft Tipperary, Gurteen Castle) und in Los Angeles. 2005 heiratete Marilyn Manson Dita Von Teese in Helnweins irischem Schloss.
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2005 stellte der Künstler in der Gruppenausstellung "Superstars. Das Prinzip Prominenz in der Kunst. Von Warhol bis Madonna" in der [[Kunsthalle|Kunsthalle Wien]] und im Kunstforum Wien aus. Im Laufe seines Lebens arbeitete er zudem mit internationalen Künstlerpersönlichkeiten zusammen, von denen einige später zu seinem engsten Freundeskreis zählten, wie Marlene Dietrich, Andy Warhol, Muhamad Ali, Wim Wenders, Lou Reed und Carl Barks. Für Letzteren kuratierte Gottfried Helnwein 2007 eine große Retrospektive im österreichischen Karikaturmuseum Krems. Im selben Jahr waren Helnweins Werke in einer Gruppenausstellung im niederösterreichischen Essl Museum in der Ausstellung "Passion for Art – 35 Jahre Essl Museum" zu sehen.
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Der damalige niederösterreichische Landeshauptmann, Erwin Pröll, kürte Helnwein während einer Schifffahrt in der Wachau zum "Botschafter Niederösterreichs." Im selben Jahr erschien im Brandstätter Verlag die Publikation "Gottfried Helnwein – Face it!", die im Lentos Museum in Linz präsentiert wurde.
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Neben seiner internationalen Ausstellungstätigkeit in Europa, USA, Asien und Russland stellte der Künstler 2008 in der Albertina Wien in einer Gruppenausstellung "Kunst nach 70" aus. 2013, anlässlich seines 65. Geburtstags, widmete ihm die [[Albertina (Institution)|Albertina Wien]] die erste große Retrospektive in Europa.
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2016 hielt Helnwein die Trauerrede beim Begräbnis seines verstorbenen Freundes aus Wiener Studienzeiten, [[Manfred Deix]], am Wiener [[Zentralfriedhof]]. Anlässlich seines eigenen 70. Geburtstags im Jahr 2018 verhüllte Helnwein den [[Ringturm|Wiener Ringturm]]. Die Arbeit zeigte ein sechsjähriges Mädchen, das mit einem Maschinengewehr auf den Betrachter zielt.
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2023 wird Gottfried Helnwein, der zu den international bedeutendsten österreichischen Künstlern zählt, wieder in Wien ausstellen: Für den Zeitraum vom 5. Oktober 2023 bis zum 28. Jänner 2024 ist in der [[Albertina (Institution)|Albertina Wien]] die Ausstellung "Gottfried Helnwein – Solo Exhibition" geplant.
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==Literatur==
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*[https://www.helnwein.de/ Website: Gottfried Helnwein]
  
Helnwein arbeitete viel für die Bühnen und gestaltete (malte) Plakate für  Theaterproduktionen, berührte Menschen emotional und produzierte damit Skandale und Diskussionen.
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==Weblinks==
Nachdem Helnwein für eine Professur in Wien abgelehnt wurde, übersiedelte er zuerst nach Deutschland und lebt heute in Südirland und Los Angeles.
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*[https://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Helnwein Wikipedia: Gottfried Helnwein]
Helnweins Kinder und enkelkinder sind alle ebenfalls Künstler,
 
nwein, * 8. Oktober 1948 Wien, Künstler.
 

Aktuelle Version vom 3. November 2023, 11:05 Uhr

Daten zur Person
Personenname Helnwein, Gottfried
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 56921
GND 118548972
Wikidata Q381077
Geburtsdatum 8. Oktober 1948
Geburtsort Wien
Sterbedatum
Sterbeort
Beruf Künstler
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri


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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Kardinal König Preis (Verleihung: 1971)
  • Steiger Art Award (Verleihung: 28. März 2009)
  • "Goose Egg Nugget Award" von der Carl Barks Society (Verleihung: 24. März 2007)
  • Europäischer Kulturpreis für Bildende Kunst (Verleihung: 30. August 2021)


Gottfried Helnwein, * 8. Oktober 1948 Wien, Künstler.

Biografie

Gottfried Helnwein kam als ältester Sohn einer sechsköpfigen Familie in Wien zur Welt. Seine Kindheitstage im 10. Wiener Gemeindebezirk, der damals noch in der sowjetischen Besatzungszone lag, bezeichnete er später aufgrund der von ihm empfundenen geistigen Enge im tristen Nachkriegswien als "Hölle". In den 1940er und 1950er Jahren verbrachte Helnwein aber auch viel Zeit bei seinen Großeltern. Diese betrieben einen Bauernhof in Kautendorf im Weinviertel, den er im Nachhinein als "Himmel" beschrieb.

Schon als Jugendlicher folgte Gottfried Helnwein seinem zentralen Lebensthema – Kampf für die Freiheit und Protest gegen Unterdrückung, Konformismus und Autoritäten – und brach die Schule ab. 1965 bis 1969 besuchte er die Höhere Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Von den amerikanischen Besatzern bekam er in diesen Jahren seine ersten Donald-Duck-Ausgaben, die für sein Weltbild und damit für seine Arbeiten prägend wurden. Das Wesen Donald Ducks erschien ihm menschlicher als das der Menschen um ihn herum. Bis heute gibt er sich, wenn man ihn nach seiner religiösen Zugehörigkeit fragt, als "Donaldist" zu erkennen und bezeichnet die Kunstfigur Donald Duck als seinen Erlöser.

Von 1969 bis 1973 studierte Helnwein an der Akademie der bildenden Künste Wien Malerei in der Meisterklasse des Vertreters des Phantastischen Realismus, Rudolf Hausner. Inspiriert von der amerikanischen Pop Art, startete Gottfried Helnwein Anfang der 1970er Jahre mit performativer Kunst auf der Straße sowie mit fotografischen Aktionen in seinem Atelier und im öffentlichen Raum. Viele dieser Fotografien flossen später in seine Malerei ein. Im Sinne der Pop Art ging Helnwein sogar noch einen Schritt weiter. Er arbeitete mit Filmen und Werbung, entwarf provokante Covers für internationale Zeitungen und Zeitschriften und löste so weltweite Diskussionen aus.

Fortan richteten sich seine Arbeiten gegen die österreichische Nachkriegsideologie seiner Elterngeneration, gegen den Katholizismus und gegen Nazi-Persönlichkeiten, die in den 1970er Jahren immer noch in den verschiedensten Institutionen in Wien hohe Positionen innehatten. Mit seiner Kunst protestierte er aber auch gegen die bürgerliche Moral und gegen den gängigen Kunst- und Galerienbetrieb. Malen bedeutete für Helnwein "sich wehren". In seinen Werken thematisierte er daher immer wieder den Nationalsozialismus, Holocaust oder Vietnam-Krieg, also letztlich Formen von Gewalt und Missbrauch gegen wehrlose Menschen.

Seine ersten Arbeiten mit Wasserfarben, die verletzte, gequälte und bandagierte Kinder mit chirurgischen Instrumenten zeigen, erregten Anfang der 1970er Jahre große Empörung. Die Kunstwerke schockierten und lösten Proteststürme aus, mehrere Ausstellungen wurden geschlossen und die Bilder von der Polizei beschlagnahmt. Das Kind, vor allem das elfengleiche Mädchen, stand für Helnwein dabei als Metapher für die Menschlichkeit. Es existieren aber auch zahllose Selbstbildnisse, die ebenfalls Entstellungen, Verletzungen und Bandagierungen zeigen.

Gottfried Helnweins Werk wird dem sogenannten Hyperrealismus zugeordnet. Ein Schlüsselwerk seines Œuvres, das die Unmöglichkeit des "nicht Hinschauens" demonstriert, ist sein legendäres Bild "Epiphany" aus dem Jahr 2013. Wie in der klassischen "Anbetung der Könige" stehen auch hier eine weibliche Hauptfigur, Aria, und ihr Sohn Adolf im Zentrum des Bildes, beide werden bei Helnwein allerdings von hübschen, jungen Männern, allesamt Nazi-Offiziere, umgeben und angebetet.

Große Vorbilder aus dem Bereich der Musik waren in den 1970er und 1980er Jahren die Rolling Stones, die, wie Helnwein erzählt, seiner Generation erstmals eine Ahnung vermittelten, wie ein freies, selbstbestimmtes Leben aussehen könnte. Erst viel später war der Maler bereit, sich mit der abendländischen Kunst auseinanderzusetzen und studierte beispielsweise die italienischen Renaissancemaler. Tief beeindruckt von der ästhetischen Qualität, verspürte er eine inspirierende Nähe insbesondere zu dem spanischen Maler und Grafiker Francisco de Goya und dem deutschen Maler der Romantik, Caspar David Friedrich.

Helnwein arbeitete auch viel für internationale Theater- und Opernbühnen und malte legendäre Plakate für Theaterproduktionen. Mit seinen Kunstwerken berührte er Menschen emotional und setzte regelmäßig intensive Diskussionen in Gang. Immer wieder verwies Gottfried Helnwein darauf, dass seine Kunst erst dann angekommen sei, wenn sie Prozesse in Gang gebracht habe und seine Arbeiten in Dialog mit dem Betrachter getreten seien.

Nachdem Helnwein auf Empfehlung von Rudolf Hausner für eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Wien vorgeschlagen, jedoch von der Mehrheit der Stimmberechtigten abgelehnt wurde, übersiedelte er mit seiner zweiten Frau, Renate Kurrer, und seinen vier Kindern zuerst nach Deutschland. Seit 1997 lebt er in Südirland (Kilsheelan, Grafschaft Tipperary, Gurteen Castle) und in Los Angeles. 2005 heiratete Marilyn Manson Dita Von Teese in Helnweins irischem Schloss.

2005 stellte der Künstler in der Gruppenausstellung "Superstars. Das Prinzip Prominenz in der Kunst. Von Warhol bis Madonna" in der Kunsthalle Wien und im Kunstforum Wien aus. Im Laufe seines Lebens arbeitete er zudem mit internationalen Künstlerpersönlichkeiten zusammen, von denen einige später zu seinem engsten Freundeskreis zählten, wie Marlene Dietrich, Andy Warhol, Muhamad Ali, Wim Wenders, Lou Reed und Carl Barks. Für Letzteren kuratierte Gottfried Helnwein 2007 eine große Retrospektive im österreichischen Karikaturmuseum Krems. Im selben Jahr waren Helnweins Werke in einer Gruppenausstellung im niederösterreichischen Essl Museum in der Ausstellung "Passion for Art – 35 Jahre Essl Museum" zu sehen.

Der damalige niederösterreichische Landeshauptmann, Erwin Pröll, kürte Helnwein während einer Schifffahrt in der Wachau zum "Botschafter Niederösterreichs." Im selben Jahr erschien im Brandstätter Verlag die Publikation "Gottfried Helnwein – Face it!", die im Lentos Museum in Linz präsentiert wurde.

Neben seiner internationalen Ausstellungstätigkeit in Europa, USA, Asien und Russland stellte der Künstler 2008 in der Albertina Wien in einer Gruppenausstellung "Kunst nach 70" aus. 2013, anlässlich seines 65. Geburtstags, widmete ihm die Albertina Wien die erste große Retrospektive in Europa.

2016 hielt Helnwein die Trauerrede beim Begräbnis seines verstorbenen Freundes aus Wiener Studienzeiten, Manfred Deix, am Wiener Zentralfriedhof. Anlässlich seines eigenen 70. Geburtstags im Jahr 2018 verhüllte Helnwein den Wiener Ringturm. Die Arbeit zeigte ein sechsjähriges Mädchen, das mit einem Maschinengewehr auf den Betrachter zielt.

2023 wird Gottfried Helnwein, der zu den international bedeutendsten österreichischen Künstlern zählt, wieder in Wien ausstellen: Für den Zeitraum vom 5. Oktober 2023 bis zum 28. Jänner 2024 ist in der Albertina Wien die Ausstellung "Gottfried Helnwein – Solo Exhibition" geplant.

Literatur

Weblinks