Erdberg (Vorstadt)

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Daten zum Objekt
Art des Objekts Vorstadt
Datum von
Datum bis
Name seit
Andere Bezeichnung Ertpurch, Erdburg, Ertpurch
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Erdburg
Bezirk 3
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 14185
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 3.09.2013 durch WIEN1.lanm08w12

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48° 11' 52.64" N, 16° 24' 4.17" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Erdberg (3), Vorstadtgemeinde, seit 1850 Teil des dritten Bezirkes Landstraße. Erdberg wird bereits im 12. Jahrhundert urkundlich als Dorf genannt (1192 in den Zwettler Annalen als „Ertpurch" [Erdburg], außerdem Monumenta Germaniae Scriptores IX, 726). Der Name leitet sich von einer „aus Erde gebauten Befestigung" ab, die als Zufluchtsstätte diente; aus Erdburg entwickelte sich (unter Schwachdruck) Erdberg. Die ersten Ansiedler waren Weinhauer, die auf der Paulushöhe Wein bauten und denen sich später Gärtner anschlossen. Insbesonders rund um das später mit Erdberg vereinigte Dörfchen Nottendorf wurde Garten- und Ackerbau betrieben. Die Erdberger Maiß war früher vom Donaukanal umschlossen. 1192 (angeblich am 21. Dezember) wurde in Erdberg der von einem Kreuzzug heimkehrende englische König Richard Löwenherz (der auf seiner Heimfahrt bei Aquileia schiffbrüchig geworden war und daher, als Pilger verkleidet, auf dem Landweg weiterreiste) in Erdberg erkannt, entgegen den Bestimmungen des Völkerrechts (das Kreuzfahrer schützte) gefangengenommen und erst nach Zahlung eines enormen Lösegelds freigelassen (Engländer); die Einrichtung einer Münzstätte (zur Ausprägung des erpreßten Silbers) und der Bau der neuen Stadtbefestigung rund um die (gleichzeitig erweiterte) babenbergische Stadt stehen damit im Zusammenhang. Ab dem 12. und bis ins 16. Jahrhundert hört man urkundlich immer wieder von der Erdburg, doch gelang es erst Hans Pemmer, diese in ihrer Lage topographisch eindeutig zu fixieren. Schon bald entwickelte sich neben der Erdburg ein Dorf, das Klaar als Gassengruppendorf rund um die bereits im 13. Jahrhundert erwähnte Kirche einstuft, das sich im Bereich Erdbergstraße, Apostel-, Schwalben- und Dietrichgasse entwickelte und dessen Bewohner vor allem vom Wein-, Obst- und Gemüseanbau, später auch von der Milchwirtschaft und vom Fuhrwesen lebten; teilweise betrieben sie auch Fischerei in den Donauarmen. Rechtlich unterstand Erdberg den Amtmännern in der Scheffstraße (die sich auch als Beamte der Herzogin bezeichneten); sie hatten auf dem landesfürstlichen Territorium der Scheffstraße, Erdbergs und Nottendorfs neben der Aufsicht über die Grunddienste auch richterliche Funktionen auszuüben. Anfang 13. Jahrhunder hatte das Stift Heiligenkreuz Einkünfte einer zu Erdberg gehörenden Mühle. Im 13. Jahrhundert urkundeten die Babenbergerherzöge des öfteren in Erdburg. 1239 erhielten die Nonnen von St. Nikolaus 20 Joch Äcker „iuxta Erpurch" (Quellen ll/1, 3); 1249 schenkte die Tochter Herzog Leopolds VI., Margarete (Schwester des kinderlos gefallenen Herzogs Friedrich II.) dem Deutschen Orden ihre Erbgüter in „Ertpurch". 1308 schenkte Rudolf II. dem Nonnenkloster St. Clara eine Besitzung in Erdberg. Sein Neffe Albrecht II. traf eine Regelung, derzufolge Erdberg als landesfürstliches Eigen gelten sollte und die Einkünfte der jeweiligen Gattin des Landesfürsten zuzuweisen waren; Erdberg könnte als eine Art Witwensitz betrachtet worden sein. Für den Charakter der späteren Vorstadt, nämlich dem einer reinen Agrar- und Landwirtschaftssiedlung, wurde Nottendorf maßgebend. Erdberg entwickelte sich infolge der wiederholten Türkeneinfälle, denen auch das bedeutende Nikolaikloster zum Opfer fiel, nur sehr langsam. Auch das alte Herzogshaus wurde 1529 zerst, wogegen sich der Rüdenhof noch lange Zeit erhielt. 1679 wird erstmals ein Gemeindewirtshaus genannt (Georg Piringer); im 17. und 18. Jahrhundert waren in Erdberg (Gegend Kundmanngasse) Sesselträger stationiert. Nach der Zweiten Türkenbelagerung wurde der Weinbau durch den Gemüseanbau fast völlig verdrängt; er blieb für Jahrhunderte die Haupterwerbsquelle der Erdberger Bürger und war für die Versorgung Wiens von entscheidender Bedeutung. Die Kirche „Zu den heiligen Peter und Paul" (Erdberger Kirche), die seit der Türkenzeit verwüstet geblieben war, wurde 1700-1726 neu erbaut. Im Jahr der Errichtung des Linienwalls (1704) kaufte die Gemeinde Wien die Grundherrschaft Erdberg und erwarb damit erstmals auch außerhalb desselben Grundrechte. Am 24. Juni 1759 brach ein Großfeuer aus, dem 30 Häuser zum Opfer fielen. 1777 wurde von Peter Mollner eine Normalschule erbaut (3, Apostelgasse 1; 1810 in Trivialschule umgewandelt, in der Kinder von Armen unentgeltlich unterrichtet wurden), 1778 erhielt die Gemeinde.in der Nähe des Gemeindehauses einen eigenen Kotter, 1779 stand anstelle des Gemeindebaus Schlachthausgasse 39 das „Freymannshaus" (1783 als Wasenhaus bezeichnet; Haus des Schinders), im März 1781 wird Erdberg (als landesfürstlicher Besitz) vom k. k. Vizedomamt gemeinsam mit der Herrschaft Altlerchenfeld öffentlich versteigert (Rufpreis 15.550 Gulden) und von Franz Joseph Freiherr von Hagenmüller Edler zu Grünberg (Grienberg) erworben (Hagenmüllergasse). Von diesem kam Erdberg 1809 an Joseph Fürst Lobkowitz, der es bereits 1810 an die Stadt Wien veräußerte; mit 1. September 1810 gingen sämtliche Obrigkeitsrechte an den Wiener Magistrat über, doch blieb Erdberg bis 1850 eine selbständige Vorstadtgemeinde. Um 1800 erfolgte im Niederösterreich ein Donaukanaldurchstich, wodurch die ursprüngliche Kanalschlinge um die Erdberger Maiß (die vom Dorf Erdberg getrennt und nur über eine schmale Brücke erreichbar war) beseitigt wurde; hinter der Abdämmung wurde das Gebiet nach Austrocknung des Geländes parzelliert. Die zahlreichen Streckhöfe in Erdberg erhielten sich teilweise noch bis ins 20. Jahrhundert, verfielen jedoch unaufhaltsam. Neben zahlreichen Gärtnern waren in Erdberg im 19. Jahrhundert auch Fiaker ansässig (darunter die bekannte Familie Santner, Erdbergstraße 49; Fiakerplatz), wie sich überhaupt zahlreiche Fuhrwerker hier niederließen. Da die vor Jahrhunderten entstandene alte Ortsstruktur siedlungsmäßig modernen Ansprüchen nicht mehr genügen konnte, begann in der Ersten Republik die Assanierung; es entstanden ausgedehnte städtische Wohnhausanlagen (Hanuschhof, Rabenhof), dazu kleinere Anlagen (beispielsweise Anton-Kohl-Hof, [[[Erdberger Hof]] [der erste kommunale Wohnbau des 3. Bezirks, errichtet noch vor Einführung der Wohnbausteuer], Franz-Schuster-Hof, Franz-Silberer-Hof, Landstraßer Hof und Roman-Felleis-Hof), die an der Erdberger Lände beziehungsweise zwischen Dietrichgasse und Erdbergstraße sowie zwischen Hainburger Straße und Baumgasse liegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weitere Grundflächen freigemacht, um die großräum. Assanierungskonzeption fortsetzen zu können; damit wurden allerdings weitere große Teile des alten Ortsgebiets überschichtet. Die Assanierung des Gebiets zw. Baumgasse, Kleingasse, Hainburger Straße, Schlachthausgasse, Gestettengasse und Wällischgasse wurde am 21. Jänner 1955 vom Stadtsenat beschlossen und begann 1956 (Gedenktafeln am Rabenhof). Zu den städtischen Wohnhausanlagen der folgenden Zeit gehören unter anderem der Franz-Adelpoller-Hof, der Karl-Waldbrunner-Hof und der Leopold-Thaller-Hof. In den 1980er Jahren entstanden am Donaukanal und am äußeren Vorstadtende vor allem ausgedehnte Anlagen des Bundes (beispielsweise Post, Zollamt, Staatsarchiv), der Industrie und der Stadt Wien (Betriebsbahnhof der 1991 fertiggestellten Linie U 3).

Berühmte Bewohner

Häuser

  • 1779: 291
  • 1798: 345
  • 1830: 408
  • 1850: 416

Einwohner

  • 1850 (im Zeitpunkt der Eingemeindung): 6.547

Grundrichter

  • Georg Ebner (1543-1550)
  • Jakob Innsprucker (1675-1578);
  • Melchior Leew (1686-1889)
  • Georg Prädl († 1701)
  • Josef Frueth (1802-1804; Fruethstraße)
  • Josef Hutzier († 1853; Erdbergstraße 172, Fragner)
  • Leopold Fehringer (1848-62; Erdbergstraße 50, Wirt)

Literatur

  • Helmut Kretschmer, 800 J. E., in: Veröff. WStLA, Reihe B, H. 35/1992
  • Hans Pemmer, Franz Englisch, Landstraßer Häuserchronik (Ms. WStLA)
  • Pemmer, Zur Topographie von E., in: Jb. 11 (1954), 35ff.
  • dsbe. Das E.er Klagsprotokoll, in: WGB11. 25 (1970), 76ff.
  • Industrie, Handel u. Gewerbe in E., in: Mitt. Landstr. 1992/4
  • Robert Messner, Die Landstraße im Vormärz (1978), 85f., 136ff, 265 IT., 351, 361
  • Landstraße, 66f.
  • Hkde. 3, 21 ff
  • Karl Ziak, Das neue Landstraßer Hb. (1975), 15ff
  • Mitt. Landstr. (Zs. des Bezirksmus.s Landstraße)
  • Weihsmann, 227ff;
  • ÖKT 44, Reg.
  • Achleitner 3/1, 136 (Sanierung)
  • Bürgerhaus, 116ff
  • Czeike, Landstraße u. Simmering in alten Ansichtskarten (1983)
  • dsbe, BKF 3
  • Sozdem. Stadtführer, 89ff
  • Klaar, Siedlungsformen, 50
  • HONB 2, 148
  • Opll, Erstnennung, 31
  • Etymologie, 513
  • Topogr. NO 2, 660ff
  • Olegnik l, 20f.
  • Kisch 2, 518ff;
  • UH (1928), 218ff
  • Sanierung E, in: der aufbau 12 (1957), 199ff
  • Bibl. 4, 57f. - Weitere Lit. -* Landstraße (Bez.).