Carl Michael Ziehrer

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Carl Michael Ziehrer (1918)
Daten zur Person
Personenname Ziehrer, Carl Michael
Abweichende Namensform Ziehrer, Carl; Karl
Titel
Geschlecht männlich
PageID 7994
GND 118636812
Wikidata Q696576
Geburtsdatum 2. Mai 1843
Geburtsort Wien
Sterbedatum 14. November 1922
Sterbeort Wien
Beruf Komponist
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 25.08.2021 durch DYN.rabus
Begräbnisdatum 17. November 1922
Friedhof Wiener Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 32C, Nummer 1
Ehrengrab ja„ja“ befindet sich nicht in der Liste (historisches Grab, ehrenhalber gewidmetes Grab, Ehrengrab) zulässiger Werte für das Attribut „Ehrengrab“.
Bildname Carlmichaelziehrer.jpg
Bildunterschrift Carl Michael Ziehrer (1918)
  • 7., Westbahnstraße 2-4 (Geburtsadresse)
  • 3., Maria-Eis-Gasse 1 (Sterbeadresse)
  • 3., Gärtnergasse 17 (Wohnadresse)
  • 3., Landstraßer Hauptstraße 15 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Bürger der Stadt Wien (Verleihung: 9. Juli 1920, Übernahme: 25. September 1920)

  • Hofballmusikdirektor (1908 bis 1918)

Carl Michael Ziehrer, * 2. Mai 1843 Wien, † 14. November 1922 Wien, Komponist, Kapellmeister.

Biografie

Michael Ziehrer war der Sohn des Hutmachermeisters Carl Borromäus Ziehrer (1811−1889) und dessen Gattin Anna Hauer (1817−1891), Hausbesitzerstochter aus Nußdorf. Den Vornamen seines Vaters Carl fügte er selbst erst als Musiker ein.

Er erlernte das Hutmacherhandwerk (1860 Gesellenprüfung), wurde jedoch vom Musikverleger Tobias Haslinger entdeckt, als sich dieser gerade mit Johann Strauss (Sohn) überworfen hatte und daher auf Talentsuche gegangen war. Sein wichtigster Lehrer war der Wiener Musiker und Komponist Johann Emmerich Hasel, der ihm bei seinem Karrierestart inkognito tiefgreifende kompositorische Hilfestellung leistete. Das vielbeachtete Debüt Ziehrers fand am 21. November 1863 im Dianabadsaal statt. Neben diesem wurden ab dem Folgejahr die Blumensäle der Gartenbaugesellschaft zum Zentrum seiner Produktionen.

In einer Zeit, als die Zivilkapellen zunehmend unter wirtschaftlichen Druck kamen, war Carl Michael Ziehrer dreimal Kapellmeister eines k. k. Infanterieregiments, das erste Mal von 1870 bis 1873 beim IR 55 Graf Gondrecourt. Während der Wiener Weltausstellung (1873) konzertierte er an der Spitze einer neu gegründeten Zivilkapelle regelmäßig in den Blumensälen. 1874 gründete Ziehrer die "Deutsche Musik-Zeitung", der er bis 1876 als Herausgeber vorstand; das Nachfolgeblatt "C. M. Ziehrer's Deutsche Kunst- und Musik-Zeitung" trug nur formell seinen Namen.

Nach dem zweiten Engagement als Militärkapellmeister von 1875 bis 1878 beim IR 76 Freiherr von Knebel übernahm Ziehrer das Orchester von Eduard Strauss, der sich von seinen Musikern im Streit getrennt hatte. Nachdem die Verwendung des ursprünglich geplanten Namens "Ehemaliges Eduard Strauss Orchester" behördlich untersagt wurde, erfolgte die Umbenennung in "Kapelle C. M. Ziehrer" und 1879, nach einer Reorganisation vermutlich infolge der Aussöhnung eines Großteils der Musiker mit Eduard Strauss, in "Erste Concert-Kapelle". Im gleichen Jahr nahm Ziehrer eine Einladung als Gastdirigent nach Bukarest an; er wurde zum Königlich rumänischen Hofkapellmeister ernannt. Zurückgekehrt musste er erkennen, dass der als interimistischer Stellvertreter eingesetzte Carl Kratzl sein Orchester dauerhaft übernommen hatte. Weitere Gastdirigate im Ausland folgten. 1881 lernte Carl Michael Ziehrer seine spätere Frau, die Sängerin Marianne Edelmann (eigentlich Maria Laura Münk, 1857–1932), kennen. Für ihre Auftritte komponierte er eine Reihe von Liedern; die Heirat erfolgte 1888.

Als Kapellmeister beim prestigeträchtigen Infanterieregiment Nr. 4 Hoch- und Deutschmeister (1885–1893) erreichte Ziehrer seine Glanzzeit. Seine Leistung als Militärkapellmeister war so beispielgebend, dass nach seinem Vorbild in England, Spanien und Amerika Militärmusikkapellen eingerichtet wurden. 1893 trat er mit einem in Deutschmeister-Uniformen gekleideten Ad-hoc-Orchester bei der Weltausstellung in Chicago auf. Wegen verspäteter Rückkehr aus dem Militärdienst entlassen, stellte Ziehrer erneut ein eigenes Orchester zusammen, mit dem er Konzertreisen unternahm. In Wien veranstaltete er unter anderem von 1896 bis 1903 sogenannte Concert-Akademien im Etablissement Ronacher. 1897 war Ziehrer Anreger und Mitbegründer der Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM), deren Ehrenmitglied er später geworden ist.

In der Folge widmete sich Ziehrer vor allem der Operette, nachdem er bereits seit 1866 mehrfach für die Bühne geschrieben hatte. Mit "Die Landstreicher" gelang ihm 1899 sein größter Erfolg auf diesem Gebiet. Nach dem Tod von Franz von Suppè (1895), Carl Zeller (1898), Johann Strauss Sohn (1899) und Carl Millöcker (1899) stand Ziehrer für wenige Jahre in der ersten Reihe der Wiener Operettenkomponisten, ehe die Generation um Franz Lehár, Emmerich Kálmán, Oscar Straus und Leo Fall seinen Stil veraltet erscheinen ließ.

1902 behauptete Karl Kraus in der "Fackel", einer Mitteilung der Witwe Hasels folgend, dass Hasel maßgeblichen Anteil am Frühwerk Ziehrers hätte. Daraufhin brachte dieser auf dubiose Weise belastendes Material an sich, das er umgehend vernichtete. Es kam zu einem Gerichtsprozess, in dem zwar keine Schuldsprüche fielen, Ziehrers Ruf durch die Offenlegung seiner Machenschaften aber dennoch zeitweilig beschädigt wurde. Nichtsdestoweniger wurde er 1908 nach Johann Strauss (Vater), Johann Strauss (Sohn) und Eduard Strauss als vierter und letzter Musiker zum Hofballmusikdirektor ernannt (bis 1918).

Seinen Lebensabend verbrachte Ziehrer, der sein Vermögen in Kriegsanleihen gesteckt hatte, in bitterer Armut. Seine Gesundheit war nach einem ersten Schlaganfall im Oktober 1917 schwer angeschlagen. 1918 verlieh ihm Kaiser Karl das Ritterkreuz des Franz-Josephs-Ordens; am 9. Juli 1920 wurde er zum Bürger der Stadt Wien ernannt. Ziehrers letzte Komposition war das Lied "Mein Herz lass' ich in Wien zurück", das anlässlich der Premiere des Films "Carl Michael Ziehrer, der letzte Walzerkönig" am 24. Oktober 1922, drei Wochen vor seinem Tod, erstmals erklang. Sein Grabdenkmal auf dem Wiener Zentralfriedhof wurde von Richard Ruepp gestaltet und am 13. November 1927 enthüllt.

Die Gedenkkultur um Carl Michael Ziehrer ist vielfältig – es gibt ein Ziehrer-Museum (ursprünglich im Mautner Markhof-Gebäude, heute Gedenkraum in der Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek [eröffnet am 20. Mai 1963]); ein Ziehrer-Heim (3.; aufgelassen 1963); die Carl-Michael-Ziehrer-Stiftung zur Unterstützung alter Musiker und zur Förderung von Studenten (begründet 1932 aufgrund des Testaments der Witwe Marianne durch Dr. Viktor Söllner [1885 bis 1952], Stiftbrief von 2. Mai 1935; gespeist aus Tantiemen und Konzertveranstaltungen); den "Wiener Ziehrer-Bund" (begründet 1907 von Dr. V. Söllner; der Bund errichtete das Ziehrerdenkmal). Gedenktafeln wurden an den Nachfolgebauten von Geburts- und Sterbehaus angebracht, im Bezirksmuseum Landstraße und in Baden bei Wien, Conrad-von-Hötzendorf-Platz 8 (enthüllt 10. Juni 1967).

Werke (Auswahl)

Carl Michael Ziehrer schrieb, Umarbeitungen und Gemeinschaftswerke eingerechnet, insgesamt 29 Bühnenwerke, darunter vorwiegend Operetten.

Operetten

Märsche, Walzer und Tänze (insg. rund 600)

  • Carl Michael Ziehrer: Weaner Mad'ln, Walzer op. 388
  • Carl Michael Ziehrer: Wiener Bürger, Walzer op. 419
  • Carl Michael Ziehrer: Freiherr von Schönfeld-Marsch, op. 422
  • Carl Michael Ziehrer: Evatöchter, Walzer op. 448
  • Carl Michael Ziehrer: Nachtschwärmer, Walzer op. 466
  • Carl Michael Ziehrer: In lauschiger Nacht, Walzer op. 488
  • Carl Michael Ziehrer: Der Zauber der Montur, Marsch op. 493
  • Carl Michael Ziehrer: Herrreinspaziert, Walzer op. 518
  • Carl Michael Ziehrer: Fächer-Polonaise, op. 525

Quellen

Literatur

  • John Diamond: Carl Michael Ziehrer. From Gold to Silver. His life and musical works. New Edition. London: Independent Publishing Network 2021
  • Thomas Aigner: Carl Kratzls Abschlussprüfung bei Anton Bruckner. In: Renate Grasberger / Elisabeth Maier / Erich Wolfgang Partsch [Hg.]: Anton Bruckners Wiener Jahre. Analysen – Fakten – Perspektiven (Wiener Bruckner Studien 1). Wien: Musikwissenschaftlicher Verlag 2009, S. 9–18
  • Marion Linhardt: Ziehrer, Carl Michael. In: Ludwig Finscher [Hg.]: Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 2., neubearbeitete Ausgabe, Personenteil 17. Kassel [u. a.]: Bärenreiter / Stuttgart [u. a.]: Metzler 2007, Sp. 1469–1474
  • Norbert Rubey: Ziehrer, Carl Michael. In: Rudolf Flotzinger [Hg.]: Oesterreichisches Musiklexikon. Band 5. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2006, S. 2732
  • John Diamond: Ziehrer, C(arl) M(ichael). In: Stanley Sadie [Hg.]: The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Second Edition. Band 27. London: Macmillan / New York: Grove's Dictionaries, S. 822 f.
  • Gabriele Waleta: Der letzte k.k. Hofballmusikdirektor Carl Michael Ziehrer in den Jahren 1908–1918. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien: 1995
  • Carl Michael Ziehrer und seine Zeit. In: Nachrichten. Bezirksmuseum Landstraße. Band 1. Wien: Bezirksmuseum (1993), S. 4 ff.
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 81
  • Hedwig Pistorius [Text]: Österreichisches Theatermuseum, Gedenkräume. Wien: Österreichisches Theatermuseum 1991, S. 9 ff., S. 53 f.
  • Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830−1930. Wien: Eigenverlag 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138), S. 182
  • Eugen Brixel / Gunther Martin / Gottfried Pils: Das ist Österreichs Militärmusik. Von der "Türkischen Musik" zu den Philharmonikern in Uniform. Graz [u. a.]: Ed. Kaleidoskop 1982, S. 320 f.
  • Max Schönherr: Lanner, Strauss, Ziehrer. Synoptisches Handbuch der Tänze und Märsche. Wien: Doblinger 1982
  • Max Schönherr: Carl Michael Ziehrer. Sein Werk, sein Leben, seine Zeit. Dokumentation, Analysen und Kommentare. Wien: Österreichischer Bundesverlag f. Unterricht, Wissenschaft und Kunst 1974
  • Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken, 09.11.1972
  • Das Landstraßer Heimatmuseum. Band 9. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Landstraßer Heimatmuseums 1972, S. 2 ff.
  • Max Schönherr: Carl Michael Zieher. In: Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken, 09.01.1972
  • 1918−1968. Wien, 50 Jahre Hauptstadt der Republik. In: Stadt Wien. Offizielles Organ der Bundeshauptstadt. Sondernr. November (1968), S. 17
  • Hans Pemmer: Bedeutende und interessante Bewohner der Erdbergstraße. In: Wiener Geschichtsblätter. Band 21. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien (1966), S. 34
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Johann Strauß, der Walzerkönig, und seine Dynastie. Familiengeschichte, Urkunden. Wien [u. a.]: Verlag für Jugend und Volk 1965, S. 76 ff.
  • Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 193
  • Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 130 (Eltern)
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u. a.]: Pechan 1959, S. 23, S. 134
  • Edmund Nick: Vom Wiener Walzer zur Wiener Operette. Hamburg: Sikorski 1954
  • Tony Gerlich: Erinnerungen an Carl Michael Ziehrer. Typoskript [1951]. Wienbibliothek im Rathaus, B-146705
  • Hans Rotter: Neubau. Ein Heimatbuch des 7. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1925, S. 221
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856−1891. Band 60, 1891

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