Berthold Viertel

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Feldpostkarte von Berthold Viertel an Luitpold Stern (14. September 1917)
Daten zur Person
Personenname Viertel, Berthold
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 4627
GND 118768395
Wikidata Q78966
Geburtsdatum 28. Juni 1885
Geburtsort Wien
Sterbedatum 24. September 1953
Sterbeort Wien
Beruf Lyriker, Dramatiker, Schriftsteller, Regisseur
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Kinos
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 4.02.2021 durch WIEN1.lanm09pra
Begräbnisdatum 29. September 1953
Friedhof Zentralfriedhof, Ehrengrab, Grab 0/1/104
Grabstelle
Ehrengrab ja„ja“ befindet sich nicht in der Liste (historisches Grab, ehrenhalber gewidmetes Grab, Ehrengrab) zulässiger Werte für das Attribut „Ehrengrab“.
Bildname Berthold Viertel 1.jpg
Bildunterschrift Feldpostkarte von Berthold Viertel an Luitpold Stern (14. September 1917)
  • 9., Pelikangasse 15 (Sterbeadresse)
  • 7., Mariahilfer Straße 96 (Geburtsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Dramaturg an der Wiener Volksbühne (1912 bis 1914)

  • 1. Ehefrau Grete RužičkaDie Verwendung von „1. Ehefrau“ als Attributkette ist während des Hinzufügens von Annotationen nicht möglich.
  • 2. Ehefrau Salka (Salomea Sara) SteuermannDie Verwendung von „2. Ehefrau“ als Attributkette ist während des Hinzufügens von Annotationen nicht möglich.
  • 3. Ehefrau Elisabeth NeumannDie Verwendung von „3. Ehefrau“ als Attributkette ist während des Hinzufügens von Annotationen nicht möglich.

Viertel Berthold, * 28. Juni 1885 Wien, † 24. September 1953 Wien 9., Pelikangasse 15 (Neue Wiener Privatklinik; Zentralfriedhof, Ehrengrab, Grab 0/1/104), Lyriker, Dramatiker, Schriftsteller, Burgtheaterregisseur, Ehefrauen: Grete Ružička (1888–unbekannt), Salka Steuermann (1889–1978), Elisabeth Neumann (1900–1994).

Berthold Viertel wurde als erstes Kind von Anna Klausner (1861–1932) und Salomon Viertel (1860–1932) in der Mariahilfer Straße 96 geboren und wuchs in dieser Gegend auf. Seine aus Galizien zugezogenen Eltern etablierten sich hier im Möbelhandel. Viertels umfangreiches autobiografisches Schreiben - man kann von einem autobiografischen Projekt sprechen, das ihn ab seinem 21. Lebensjahr durch seine Jahre in Deutschland und sein Exil begleitete - hat seine Wiener Kindheit und Jugend zum zentralen Inhalt. Er reflektiert darin sein Aufwachsen in einer jüdischen Familie mit "katholischen Dienstmädchen", "monarchischen Gefühlen" und "deutscher Kultur". Bereits als Volksschulkind in der Zieglergasse 23 war er mit Antisemitismus konfrontiert, den er später mit den ersten großen Wahlerfolgen von Karl Lueger in Verbindung brachte, der in seinen Wahlreden spezifisch "jüdische Möbelhändler" als Ausbeuter angriff. Viertel sprach auch vom "Mitschüler Hitler" und meinte damit, dass sich die Wurzeln des Nationalsozialismus um 1900 bereits in der Schule zeigten - nicht nur in deutschnationalen Mitschülern, sondern auch in Schulbüchern, die Rassenkunde lehrten und Jugendbüchern (wie Karl May und Felix Dahn), die romantische Fiktionen von Völkern und Nationen verbreiteten.

Er besuchte 1894 bis 1903 das Mariahilfer Gymnasium und kam in freundschaftliche Verbindung zu Karl Adler, dem jüngsten Sohn von Victor Adler, mit dem er moderne Kunst und Literatur entdeckte und sich als "jugendlicher Kulturanarchist" fühlte. Beide verehrten Peter Altenberg, lasen "Die Fackel" von Karl Kraus ab dem ersten Heft und begannen das Café Central zu frequentieren. Im Juli 1903 rissen Viertel und Adler - nachdem sie beide bei der Matura durchgefallen waren - nach Paris aus. Ernüchtert und ohne Geld mussten sie aber schließlich doch die Eltern um Hilfe bitten: Victor Adler ermöglichte beiden die Vorbereitung auf eine externe Reifeprüfung am Zürcher Reformgymnasium des 23-jährigen Exil-Österreichers Rudolf Laemmel.

Karl Kraus (seine ersten Gedichte und Essays erschienen 1910/1911 in der "Fackel")

1911 gehörte Viertel zu den Begründern der Wiener Volksbühne (später Renaissancetheater), an der er bis 1914 als Dramaturg arbeitete. Nach Kriegsdienst (1914-1918 an der galizischen Front) war Viertel als Theaterregisseur in Dresden und Berlin tätig; ab 1922 auch Filmregie (1928 erstmals in Hollywood). 1932-1934 lebte und arbeitete er in Großbritannien, 1934-1938 in Frankreich, von wo er in die USA emigrierte. 1947 kehrte er nach Wien zurück und inszenierte am Burg- und Akademietheater (besonders erfolgreich Tennessee Williams' "Glasmenagerie" und "Endstation Sehnsucht" [beide von ihm übersetzt]).

Viertel machte das Wiener Theaterpublikum mit modernen Dichtern (wie Cocteau, Anouilh, Rattigan) bekannt, betätigte sich aber auch als Nachdichter von griechischen Klassikern und als Übersetzer Arthur Millers. Zu Viertels Werken gehören Gedichtbände, Essays (Karl Kraus. Ein Charakter und die Zeit, 1921), die Komödie "Die schöne Seele" (1925) und der Roman "Das Gnadenbrot" (1927). Von seinen Filmen sind "Puppenheim" (1923), "Abenteuer eines Zehnmarkscheines" (1927), "Man Trouble" (1930), "Man from Yesterday" (1932) und "Little Friends" (1934) zu nennen.

Berthold-Viertel-Gasse.

Quellen

Literatur

  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon [der Ersten und Zweiten Republik]. Wien: Ueberreuter 1992
  • Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Fred Hennings: Heimat Burgtheater. Band 3: Des Hauses und meine Wandlungen. Wien [u.a.]: Herold 1974 , S. 102 ff.
  • Konstantin Kaiser [Hg.]: Berthold Viertel-Studienausgabe in vier Bänden. Band 1: Die Überwindung des Übermenschen. Exilschriften. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1991
  • Josef Mayerhöfer [Hg.]: Berthold Viertel - Regisseur und Dichter. Wien: Österreichische Nationalbibliothek 1975
  • Katharina Prager: Berthold Viertel. Eine Biographie der Wiener Moderne. Wien [u.a.] 2018
  • Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 21.09.1963
  • Herwig Rischbieter [Hg.]: Theater-Lexikon. Zürich: Orell Füssli 1983
  • Werner Röder / Herbert A. Strauss: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International biographical dictionary of Central European émigrés 1933-1945. Hg. vom Institut für Zeitgeschichte München und von der Research Foundation for Jewish Immigration. München [u.a.]: Saur 1980-1999
  • Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
  • Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich. Zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus. [Zusammenstellung der Ausstellung: Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Katalog: Gabriele Koller ... Für den Inhalt verantwortlich: Oswald Oberhuber]. Wien: Zentralsparkasse 1982, S. 66 f.
  • Salka Viertel: Das unbelehrbare Herz. Ein Leben in der Welt des Theaters, der Literatur und des Films. Hamburg: Claassen 1970
  • Harry Zohn: "...ich bin ein Sohn der deutschen Sprache nur...". Jüdisches Erbe in der österreichischen Literatur. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1986