Bürgerliches Zeughaus

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Fassade des Bürgerlichen Zeughauses. Gezeichnet von Anton Behsel 1817.
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Gebäude für Waffen- und Munitionsvorräte
Einlagezahl
Architekt Anton Johann Ospel, Lorenzo Mattielli
Prominente Bewohner
PageID 7687
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 28.01.2015 durch WIEN1.lanm08son
Bildname BürgerlichesZeughaus.jpg
Bildunterschrift Fassade des Bürgerlichen Zeughauses. Gezeichnet von Anton Behsel 1817.
  • 1., Am Hof 10
  • 1., Färbergasse 1
  • Nr.: 306 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 332 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 360 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)

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48° 12' 42.57" N, 16° 22' 5.63" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Bürgerliches Zeughaus, (1, Am Hof 10).

Vorgeschichte

Die Anfänge des Zeughauses lassen sich bis zum Beginn des 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Zwar hatten die Bürger und Söldner für ihre Bewaffnung selbst zu sorgen, doch erwies es sich bald als notwendig, auch einen öffentlichen Waffenvorrat anzulegen, um Verluste zu ersetzen oder eine gleichmäßige Ausrüstung zu gewährleisten. In den (ab 1424 erhaltenen) Kammeramtsrechnungen lassen sich laufend Ankäufe nachweisen. Fachlich beratend standen den Kämmerern Büchsenmeister und ein Zeugmeister (ab 1531 urkundlich erwähnt) zur Seite. 1445 befand sich ein Zeugkasten hinter Sankt Laurenz am Alten Fleischmarkt (Areal des heutigen Hauptpostgebäudes).

Die erste Belagerung Wiens durch die Osmanen (Erste Türkenbelagerung [1529]) hatte gezeigt, dass es günstig sei, ausreichende Waffen- und Munitionsvorräte zu besitzen und in geeigneter Weise unterzubringen. So kam es in der Folge zum Bau des Zeughauses Am Hof, das ab 1562 in Verwendung stand.

Die Aufsicht über das Zeug der Stadt führte bereits im 15. Jahrhundert ein Büchsenmeister. 1531 wird er zum erstem Mal Zeugwart genannt. Diesem unterstanden sechs Büchsenmeister, er selbst war dem Oberkammeramt unterstellt.


1, Am Hof 10, Färbergasse 1

Das heutige Grundstück Am Hof 10 bildete bis 1421 das südwestliche Ende der Judenstadt. Neben dem sogenannten Fleischhof, der nach 1421 als Holzlagerplatz der Gemeinde diente, befand sich ein Haus, das in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Besitz der Gemeinde kam. Im Plan von Augustin Hirschvogel aus dem Jahr 1547 ist es bereits als "Zeugstadel" verzeichnet. Es dürfte somit der städtischen Zeugkammer am Alten Fleischmarkt als Filiale gedient haben.

Um die Waffen- und Munitionsvorräte zentral unterzubringen, beschloss der Stadtrat 1562, statt diesem Haus, dem erwähnten Fleischhof sowie dem auf der anderen Seite des Hauses liegenden Wasserstadel ein neues Zeughaus zu errichten. Das neu erbaute Objekt bestand aus einem Vorhaus, neun Kammern und mehreren Gewölben und Kellern. Da der Platz nicht ausreichte, mussten weiterhin die Stadttürme als Depots genutzt werden. Vor 1676 wurde es durch ein Nachbarhaus Am Hof erweitert.

Neubau 1731/1732

Nach der zweiten Belagerung Wiens durch die Osmanen (Zweite Türkenbelagerung [1683]) wurde das beschädigte Gebäude nur notdürftig repariert und 1731/1732 nach einem Entwurf von Anton Ospel neu erbaut. Besonders auffallend waren die stark von spanischen oder französischen Vorbildern beeinflusste und mit Skulpturen von Lorenzo Mattielli geschmückte Hauptfassade sowie die nördliche Hoffassade. Ospel entwarf auch die Inneneinrichtung der Waffensäle. Die Baukosten betrugen 36.000 Gulden. Zudem erhielt der Bildhauer Mattielli 5.000 Gulden.

Das an Waffen, Trophäen und Rüstungen reiche Zeughaus wurde 1809 von den Franzosen teilweise geplündert.

Im zweiten Stockwerk befand sich in einem geräumigen Saal die berühmte chronologisch-astronomische Uhr, die beispielsweise Tausende von Mondphasen anzeigen konnte. Sie hatte drei Schlagwerke für Stunden-, Viertel- und Nachschlag, ein viertes, das dreimal absatzweise zum Gebet läutete, ein Orgelwerk mit drei Registern, ein Glockenspiel, ein Stahlspiel sowie ein Trommel-, Saiten- und Pfeifenspiel. Diese Uhr, die (laut Inventar) vom Kleinuhrmacher Christoph Schenner in Augsburg verfertigt worden war, trug auf dem Hauptzifferblatt eine lateinische Schrifttafel, wonach Carl Graff S. Crucis in Augsburg das Planetarium gefertigt habe. Vorher, um 1711, war sie Eigentum der Gräfin Marie Elisabeth von Harras gewesen. 1739 ersteigerte sie der Wiener Magistrat aus der gräflichen Verlassenschaft. Nach wiederholter Reparatur wurde sie im Zeughaus aufgestellt. Sie ist heute verschollen.

Nationalgarde

Die im März 1848 aufgestellte Nationalgarde hatte im Zeughaus ihr erstes Hauptquartier. Am 13. März dieses Jahres kam es auf dem Platz Am Hof zu Tumulten. Studenten hatten den Abzug des Militärs gefordert, die Aufrechterhaltung der Ordnung hätte einer Bürgermiliz übertragen werden sollen. Als dies vom Bürgermeister Ignaz Czapka abgelehnt wurde und es zu blutigen Auseinandersetzungen beim Landhaus in der Herrengasse kam, zogen die Massen zum Zeughaus und versuchten, dieses zu stürmen. Das Militär feuerte nun mit scharfer Muition auf die Bürger. Daraufhin suchte eine Abordnung von Bürgern unter der Leitung des Kaufmannes Rudolf Arthaber den Bürgermeister auf, der den kommandierenden General zum Abzug des Militärs aus der Stadt auffordern sollte. Obwohl der General diesem Wunsch nachgab, wurde während der Ausstellung des diesbezüglichen Befehls erneut versucht, das Zeughaus zu stürmen. Am nächsten Tag gelang die Erstürmung.

Umgestaltung 1872

1872 wurde das Zeughaus einer grundlegenden Umgestaltung unterzogen. Die Neuaufstellung der Waffen und Trophäen erfolgte nach der Erbauung des (neuen) Rathauses (1884) im dortigen sogenannten bürgerlichen Waffenmuseum (heute Teil des Wien Museums). Die hierdurch entbehrlich gewordenen Räume des Zeughauses wurden der Feuerwehr zugewiesen. Heute befindet sich die Feuerwehrzentrale in den Häusern 1, Am Hof 9 und 10 sowie Am Hof 7 (Feuerwehrmuseum).

20. Jahrhundert

Am 10. September 1944 wurde die Giebelgruppe von Matinelli (Figuren Beständigkeit und Tapferkeit) im Bombenhagel bis auf den Torso der linken Figur zerstört. Ein Bombentreffer brachte den in der Färbergasse liegenden Gebäudeteil zum Einsturz. Am 12. März 1945 wurde das notdürftig reparierte Gebäude stark beschädigt, da ein Bombeneinschlag im Hof das Benzinlager in Brand setzte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg (1955) wurde das Gebäude durch den Architekten Erich Leischner wiederhergestellt. Sogar die Giebelgruppe konnte restauriert werden. Ein Denkmal von Mario Petrucci erinnert an sechs im Kampf gegen den Faschismus gefallene Feuerwehrleute.

Feuerwehrzentrale 1956. Das Gebäudeteil rechts im Bild war die Hauptfassade des Zeughauses.
Feuerspritzen der Wiener Feuerwehr 1819: große (a), mittlere (b) und kleine (c) sowie Fuer-Wasserwägen (d), 1819

Literatur

  • Felix Czeike: Das Feuerlöschwesen in Wien vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. 1962
  • Gustav Gugitz: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien: Hollinek 1952 (Österreichische Heimat, 17), S. 74 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 1: Geschichte, historische Hilfswissenschaften, Festungswerke und Kriegswesen, Rechtswesen, Kulturgeschichte, Sittengeschichte. Wien: Touristik-Verlag 1947, S. 126 f.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 284-289
  • Walter Hummelberger: Das bürgerliche Zeughaus. 1972
  • Alfred Neumann: Die römischen Baureste Am Hof 9. 1958
  • Alfred Neumann: Vindobona. 1972, S. 106 f.
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 64
  • Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1955-1981, S. 18 (Register)