Arthur Schnitzler: Unterschied zwischen den Versionen

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Arthur Schnitzler, * 15. Mai 1862 Wien , † 21. Oktober 1931 Wien, Schriftsteller, Arzt.
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==Biografie==
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Arthur Schnitzler kam als erster Sohn von insgesamt vier Kindern des Laryngologen Johann Schnitzler und dessen Gattin Luise, Tochter des Wiener Arztes Philipp Markbreiter, in der Praterstraße 16 zur Welt. Ab 1871 besuchte er das [[Akademisches Gymnasium|Akademische Gymnasium]] und legte am 8. Juli 1879 die Matura mit Auszeichnung ab. Danach studierte er an der [[Universität Wien (Institution)|Universität Wien]] Medizin und wurde am 30. Mai 1885 zum Dr. med. promoviert. Von 1885 bis 1888 arbeitete er als Assistenz- und Sekundararzt am [[Allgemeines Krankenhaus|Allgemeinen Krankenhaus]] und war danach bis 1893 Assistent seines Vaters an der laryngologischen Abteilung der Allgemeinen Poliklinik Wien. Er betätigte sich bereits in dieser Zeit als literarischer Schriftsteller. Gleichzeitig arbeitete er als Redakteur der von seinem Vater gegründeten "Internationalen Klinischen Rundschau" und verfasste selbst medizinwissenschaftliche Beiträge und Rezensionen. Nach dem Tod seines Vaters 1893 verließ er die Poliklinik und eröffnete eine Privatpraxis (1., Burgring 1, dann 9., Frankgasse 1).  
|Auszeichnung=Raimundpreis
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|Verleihung=27.03.1914
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In der Zeit bis zu seinem 40. Lebensjahr, als mit der Geburt des Sohnes [[Heinrich Schnitzler|Heinrich]] am 9. September 1902 erstmals eine Schwangerschaft einer seiner vielen Partnerinnen zu einem Kind führte, war Schnitzler sehr promiskuitiv. Er verweigerte sich Heiraten auch dann, wenn die jeweiligen Partnerinnen schwanger waren. Die vielen parallel geführten Beziehungen dokumentierte Schnitzler in seinem Tagebuch, das seit 1879 und bis zu seinem Tod überliefert ist und nahezu für jeden Tag seines Lebens kurz Auskunft gibt. Nachdem Heinrich das 1. Lebensjahr überlebt hatte, kam es am 26. August 1903 zur Hochzeit mit der um zwei Jahrzehnte jüngeren Kindsmutter Olga Gussmann in der Synagoge Währing. Am 13. September 1909 kam die Tochter Lili auf die Welt. Dadurch war die Familienwohnung in der [[Edmund-Weiß-Gasse]] zu klein geworden. Am 14. April 1910 erwarb Schnitzler die Villa Sternwartestraße 71 im 18. Wiener Gemeindebezirk, die [[Hedwig Bleibtreu]] nach dem Tod ihres Mannes [[Alexander Römpler]] zum Kauf anbot. 1921 ließen sich Arthur und Olga Schnitzler scheiden. Trotz der wechselnden Partnerinnen dürfte Schnitzler in der Ehe monogam geblieben sein und es war eine außereheliche Beziehung Olgas und ihr Bestreben, eine Gesangskarriere aufzubauen, die zur Auflösung der Ehe führte. Im letzten Lebensjahrzehnt war Schnitzler halb offiziell mit [[Clara Katharina Pollaczek]] liiert und zum Schluss auch noch mit seiner Übersetzerin [[Suzanne Clauser]] in einer intimen Beziehung. 1928 starb die Tochter Lili an einem Revolverschuss. Sie hatte sich 18jährig mit einem italienischen Faschisten verheiratet und im Zuge eines Ehestreits mit der Waffe hantiert. Inwiefern es sich um Suizid oder einen Unfall handelt, ist nicht geklärt. Die Tragödie erschütterte Schnitzler tief. Am 21. Oktober 1931 starb er als einer der einflussreichsten deutschsprachigen Dramatiker und Schriftsteller seiner Zeit im Alter von 69 Jahren an einer Hirnblutung. Er liegt auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab in der Israelitischen Abteilung begraben.
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Arthur Schnitzler, * 15. Mai 1862 Wien 2, Praterstraße 16 (Gedenktafel), † 21. Oktober 1931 Wien, Schriftsteller, Arzt.
 
  
==Biographie==
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Seine ersten Gedichte und literarischen Prosatexte konnte Schnitzler zunächst in verschiedenen Periodika veröffentlichen, darunter in der Zeitschrift "An der Schönen Blauen Donau". Mit der psychologisch und formal überaus präzise gebauten Novelle "Sterben" (1895) begann die lebenslange Zusammenarbeit mit dem S. Fischer Verlag, der bereits zum 50. Geburtstag des Autors eine Gesamtausgabe in sieben Bänden herausbrachte; bei S. Fischer erschien mit der Novelle "Flucht in die Finsternis" (1931) auch Schnitzlers letztes Buch zu Lebzeiten. Schnitzler zählt zu den typischen Vertretern der literarischen Wiener Moderne, war nicht nur ein ausgezeichneter Beobachter mit psychologischem Gespür, sondern auch ein hervorragender Stilist von melancholischer und leicht ironisierender Art. Eine Besonderheit seines literarischen Schaffens liegt darin, dass viele seiner Werke explizit im zeitgenössischen Wien spielen. Während Künste und Wissenschaften im Wien der Jahrhundertwende blühten, deckte Schnitzler die psychologischen und sozialen Abgründe hinter der Fassade des Erfolgs auf. Er porträtierte im Roman "Der Weg ins Freie" (1908) das assimilierte jüdische Bürgertum auf der Suche nach dessen Identität in der zu Ende gehenden Habsburgermonarchie im Spannunsgfeld zwischen Antisemitismus und Zionismus. Schnitzler gehörte zu jenen prominenten Vertretern "Jung-Wiens", die sich regelmäßig im [[Café Griensteidl]] trafen; seine engsten Wegbegleiter waren [[Hermann Bahr]], [[Richard Beer-Hofmann]], [[Hugo von Hofmannsthal]] und [[Felix Salten]].
Arthur Schnitzler kam als erster Sohn der insgesamt vier Kinder des Laryngologen Johann Schnitzler und dessen Gattin Luise, Tochter des Wiener Arztes Philipp Markbreiter, in der Praterstraße 16 zur Welt. Von 1871 bis 1879 besuchte er das Akademische Gymnasium (1871-1879) und legte am 8. Juli 1879 die Matura mit Auszeichnung ab. Danach studierte er an der Universität Wien Medizin und wurde am 30. Mai 1885 zum Dr. med. promoviert. Sein jüngerer Bruder Julius Schnitzler wurde ebenfalls Arzt. Von 1885 bis 1888 arbeitete er als Assistenz- und Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus und war danach bis 1893 Assistent seines Vaters an der laryngologischen Abteilung der Allgemeinen Poliklinik Wien, betätigte sich aber bereits in dieser Zeit als literarischer Schriftsteller. Gleichzeitig arbeitete er als Redakteur der von seinem Vater gegründeten Internationalen Klinischen Rundschau und schrieb in dieser Funktion auch medizinwissenschaftliche Veröffentlichungen. Nach dem Tod seines Vaters 1893 verließ er die Poliklinik und eröffnete eine Privatpraxis (1, Burgring 1, dann 9, Frankgasse 1).  
 
Schnitzler heiratete am 26. August 1903 Olga Gussmann. Ihr Sohn [[Heinrich Schnitzler|Heinrich]] kam am 9. September 1902 auf die Welt, ihre Tochter Lili am 13. September 1909. Am 14. April 1910 erwarb Schnitzler die Villa Sternwartestraße 71 im 18. Wiener Gemeindebezirk (Gedenktafel, Kauf von [[Hedwig Bleibtreu]]). 1921 wurde die Ehe von Olga Gussmann geschieden. Der Freitod seiner Tochter Lili im Jahr 1928 erschütterte ihn in seinen psychischen Fundamenten. Am 21. Oktober 1931 starb Schnitzler als einer der einflussreichsten deutschsprachigen Autoren des frühen 20. Jahrhunderts im Alter von 69 Jahren an einer Hirnblutung. Er liegt auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben (Ehrengrab, Israelitische Abteilung, erstes Tor, Grab 6/0/4).
 
  
Schnitzler begeisterte sich für Billard, Tennis, Radfahren und moderne Technik (Automobil, Flugzeug). Er war mit [[Hermann Bahr]], [[Richard Beer-Hofmann]], [[Egon Friedell]], [[Hugo von Hofmannsthal]], [[Josef Jarno]], [[Josef Kainz]], [[Ernst Lothar]], [[Felix Salten]], [[Max Schönherr]] und [[Jakob Wassermann]] sowie mit [[Berta Zuckerkandl]] befreundet, schätzte [[Sigmund Freud]], [[Gustav Mahler|Gustav Mahlers]] Musik und [[Theodor Herzl]] (dessen Zionismus er jedoch ablehnte), hatte ein zwiespältiges Verhältnis zu [[Peter Altenberg]] und [[Karl Kraus]] und war mit [[Max Mell]] und [[Alfred Polgar]] verfeindet.  
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Zu den berühmtesten dramatischen Werken Schnitzlers zählen "Anatol" (1893), Liebelei (erster großer Bühnenerfolg am [[Burgtheater (Institution)|Burgtheater]] am 9. Oktober 1895), "Der grüne Kakadu" (1899), "Reigen" (1900), "Der Schleier der Beatrice" (1900), "Der einsame Weg" (1903), "Der junge Medardus" (1910), "Das weite Land" (1911) und "Professor Bernhardi" (1912); unter den erzählerischen Werken sind besonders die Novellen "Frau Bertha Garlan" (1900), "Lieutenant Gustl" (1900) und "Fräulein Else" (1924) sowie der späte Roman "Therese" (1928) hervorzuheben.
  
Schnitzler, der sich ab 1880 neben fachwissenschaftlichen Studien auf dem Gebiet der Medizin auch schriftstellerisch betätigte, veröffentlichte seine Gedichte und Erzählungen zunächst in verschiedenen Zeitschriften (darunter "Blaue Donau", "Moderne Dichtung", "Moderne Rundschau", "Frankfurter Zeitung", "Freie Bühne"). Er zählt zu den typischen Vertretern des Wiener Impressionismus, war nicht nur ein ausgezeichneter Beobachter mit psychologischem Einfühlungsvermögen, sondern auch ein ausgezeichneter Stilist von melancholischer und leicht ironisierender Art. Eine Besonderheit seines literarischen Schaffens liegt darin, dass viele seiner Werke explizit im zeitgenössischen Wien spielen. Indem Schnitzler den österreichischen Realismus mit modernen Techniken, etwa dem inneren Monolog in der Novelle "Leutnant Gustl", fortsetzte, wurde er zum gesellschaftskritischen Analytiker. Während Künste und Wissenschaften im Wien der Jahrhundertwende blühten, deckte Schnitzler die psychologischen und sozialen Abgründe hinter der Fassade des Erfolges auf. Er porträtierte im Roman "Der Weg ins Freie" (1908) das assimilierte jüdische Bürgertum auf der Suche nach seiner Identität in der zu Ende gehenden Habsburgermonarchie im Spannunsgfeld zwischen Antisemitismus und Zionismus. Die von ihm geschaffenen Figuren des Wienertums an der Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts sind in ihrer künstlerischen Aussage von zeitloser Gültigkeit. Schnitzler war Mitglied der literarischen "Wiener Moderne" und mit [[Sigmund Freud]] befreundet. Er verkehrte im eleganten Gesellschaftsrestaurant Leidinger (1, Kärntner Straße 61) und gehörte zu jenen prominenten Vertretern "Jung-Wiens", die sich regelmäßig im [[Café Griensteidl]] trafen. Zu seinen berühmtesten dramatischen Werken zählen "Anatol" (1893), Liebelei (erster großer Bühnenerfolg am Burgtheater am 9. Oktober 1895; Verfilmung ["Elskovsleg"] 1914 in Kopenhagen), "Der grüne Kakadu" (drei Einakter, 1899), "Reigen" (1900), "Der Schleier der Beatrice" (1900), "Der einsame Weg" (1903), "Komtesse Mizzi" (1909), "Der junge Medardus" (1910; Raimundpreis 27. März 1914), "Das weite Land" (1911) und "Professor Bernhardi" (1912; Volkstheaterpreis 8. Oktober 1920); unter den erzählerischen Werken sind außerdem der späte Roman "Therese" (1928) oder die Novellen "Sterben" (1895), "Frau Bertha Garlan" (1900), "Leutnant Gustl" (1900) und "Fräulein Else" (1924) hervorzuheben. Viele seiner Werke wurden in Fremdsprachen übersetzt. Am 27. März 1899 erhielt er den Bauernfeldpreis (am 17. März 1903 wurde er ihm für seinen Zyklus "Lebendige Stunden" nochmals zugesprochen), am 15. Jänner 1908 für seine Komödie "Zwischenspiel" den Grillparzerpreis und am 23. April 1926 den von der "[[Concordia (Journalisten- und Schriftstellerverein)|Concordia]]" gestifteten Burgtheaterring.  
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Arthur Schnitzlers Werke gaben immer wieder Anlass für öffentliche Debatten und Skandale. Nach der Veröffentlichung des "Lieutenant Gustl" wurde ihm am 14. Juni 1901 der Offiziersrang als Oberarzt der Reserve wegen angeblicher Schädigung des Ansehens und Beleidigung der österreichisch-ungarischen Armee aberkannt. Das 1912 fertiggestellte Drama "Professor Bernhardi" konnte aus Zensurgründen bis 1918 nicht aufgeführt werden. Nach der Uraufführung des Stücks "Der Reigen", das Schnitzler bereits 1896/97 verfasst hatte, wurde ihm 1921 ein Prozess wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses gemacht. Die kompromisslose Darstellung des Ehebruchs und die intimen Dialoge zwischen Macht, Verführung, Sehnsucht, Enttäuschung und Verlangen waren mit den Moralvorstellungen seiner Zeit nicht vereinbar. Nach tagelangen Angriffen gegen Schnitzler sprengte eine antisemitische Truppe im Februar 1921 spektakulär die Aufführung der Szenenfolge in den Kammerspielen in der Rotenturmstraße. Das daraufhin von Schnitzler verhängte Aufführungsverbot war bis 1982 gültig, wurde allerdings durch Filme und Hörspielfassungen umgangen.  
  
Schnitzlers Werke waren Anlass für kleine und große Skandale. Nach der Veröffentlichung des "Leutnant Gustl" wurde ihm am 14. Juni 1901 der Offiziersrang als Oberarzt der Reserve wegen angeblicher Schädigung des Ansehens und Beleidigung der österreichisch-ungarischen Armee aberkannt. Das bereits 1912 fertiggestellte Drama "Professor Bernhardi" konnte aus Zensurgründen bis 1918 nicht aufgeführt werden. Nach der Uraufführung des Bühnenstücks "Der Reigen" wurde Schnitzler 1921 ein Prozess wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses gemacht. Die kompromisslose Darstellung des Ehebruchs und die intimen Dialoge zwischen Macht, Verführung, Sehnsucht, Enttäuschung und Verlangen sprengten die Moralvorstellungen seiner Zeit. Nach tagelangen Angriffen gegen Schnitzler sprengte eine antisemitische Truppe im Februar 1921 spektakulär die Aufführung der Szenenfolge "Reigen" in den Kammerspielen in der Rotenturmstraße. Das von Schnitzler verhängte Aufführungsverbot war bis 1982 gültig, wurde allerdings durch Filme und Hörspielfassungen umgangen.  
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Arthur Schnitzler ist – als scharfsinniger und formbewusster Chronist der Wiener Gesellschaft um 1900 – einer der erfolg- und einflussreichsten österreichischen Schriftsteller. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gehört er zu den meistgespielten Dramatikern nicht nur der deutschsprachigen Bühnen. Seine Theaterstücke und Erzählwerke wurden in viele Sprachen übersetzt und dienten als Vorlage für zahlreiche Verfilmungen, beginnend mit dem dänischen Stummfilm "Elskovsleg" (1914) auf Grundlage der "Liebelei" bis hin zu Stanley Kubricks Adaption der "Traumnovelle" ("Eyes wide shut") aus dem Jahr 1999. Die literaturwissenschaftliche Wertschätzung von Schnitzlers Werk zeigt sich nicht zuletzt an groß angelegten Editionsprojekten, die sich seit 2010 der Herausgabe des gesamten Œuvres widmen. Sein Tagebuch, das die Jahre 1879 bis 1931 umspannt, ist seit der Edition durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften eine vielverwendete Quelle von unersetzlichem kulturgeschichtlichen Wert.
  
Arthur Schnitzler ist auch heute noch einer der erfolgreichsten österreichischen Schriftsteller. Seine Prosa wurde in viele Sprachen übersetzt und wird noch heute vielerorts gelesen. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte er zu den meistgespielten Dramatikern nicht nur der deutschsprachigen Bühnen. Er ist einer der bedeutendsten literarischen Botschafter Österreichs in der Welt. Davon zeugen auch viele Verfilmungen seiner Werke, zuletzt Stanley Kubricks Adaption der "Traumnovelle" ("Eyes wide shut"). Viele seiner Erzählungen und Dramen leben nicht zuletzt vom Lokalkolorit. Ihre handelnden Personen sind typische Gestalten der damaligen Wiener Gesellschaft: Offiziere und Ärzte, Künstler und Journalisten, Schauspieler und leichtlebige Dandys, und nicht zuletzt das süße Mädel aus der Vorstadt. Schnitzler hinterließ, mittlerweile publiziert, eine Autobiographie seiner Jugendjahre ("Jugend in Wien") und ein zehnbändiges Tagebuch, das Einblick in seine Befindlichkeiten, aber auch einen Aufriss der Gesellschaft seiner Zeit bietet.
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An Arthur Schnitzler erinnern in Wien unter anderem: eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus, 2., Praterstraße 16, das [[Schnitzlerdenkmal]], der [[Schnitzlerhof]], eine Gedenktafel an seinem [[Schnitzlervilla|Sterbehaus, 18., Sternwartestraße 71]], und eine Büste im [[Burgtheater (Gebäude)|Burgtheater]] (enthüllt 21. Oktober 1971). 2016 wurde der [[Arthur-Schnitzler-Platz|Vorplatz des Volkstheaters]] nach dem Schriftsteller benannt.  
  
[[Schnitzlerdenkmal]], [[Schnitzlerhof]], [[Arthur-Schnitzler-Platz]], [[Schnitzlervilla]] (Gedenktafel), Büste im [[Burgtheater (Gebäude)|Burgtheater]] (enthüllt 21. Oktober 1971).
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==Quellen==
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*[http://wais.wien.gv.at//archive.xhtml?id=Stueck++7c48532d-d2fe-427d-a0e8-edae26a0eaa4VERA#Stueck__7c48532d-d2fe-427d-a0e8-edae26a0eaa4VERA Wiener Stadt- und Landesarchiv, Totenbeschreibamt, A1.25769/1931: Totenbeschaubefund, Grabanweisung: Schnitzler Arthur]
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
* Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
+
* Gerhard Hubmann: "Schwankende häusliche Stimmung". Mit Arthur Schnitzler beim Villenkauf. In: "So schön kann Wissenschaft sein!" Mit Kronprinz Rudolf im Unterricht, mit Kaiserin Elisabeth von Schloss zu Schloss, mit Arthur Schnitzler beim Villenkauf. Zeitkapseln aus der Sammlung Brigitte Hamann. Geöffnet und hg. von Marcel Atze unter Mitarbeit von Kyra Waldner. [Wien]: Amalthea 2017, S. 220–236
* Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929
+
* Christoph Jürgens / Wolfgang Lukas / Michael Scheffel [Hg.]: Schnitzler-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart / Weimar: Metzler 2014
* Hermann Clemens Kosel: Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Band 1: Biographien der Wiener Künstler und Schriftsteller. Wien: Verlag der Gesellschaft für Graphische Industrie 1902
+
* Konstanze Fliedl: Arthur Schnitzler. Stuttgart: Reclam 2005 (RUB, 17653)
* Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 14. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1934
+
* Ruth Klüger: Schnitzlers Damen, Weiber, Mädeln, Frauen. Mit einem Vorwort von Hubert Christian Ehalt. Wien: Picus-Verlag 2001 (Wiener Vorlesungen im Rathaus, 79)
* Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
+
*Konstanze Fliedl: Arthur Schnitzler. Poetik der Erinnerung. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1997 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 42)
* Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon 1995
+
* Ulrich Weinzierl: Arthur Schnitzler. Lieben, Träumen, Sterben. Frankfurt am Main: Fischer 1994
* Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
+
* Michaela L. Perlmann: Arthur Schnitzler. Stuttgart: Metzler 1987
* Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
+
* Renate Wagner: Arthur Schnitzler. Eine Biographie. Wien: Molden 1981
* Reinhard Urbach: Arthur Schnitzler. In: Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 3: Der Parlamentarismus und die modernen Republiken. Wien / München: Jugend & Volk 1974, S. 104 ff. (?)
+
* Heinrich Schnitzler / Christian Brandstätter / Reinhard Urbach [Hg.]: Arthur Schnitzler. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Frankfurt am Main: Fischer 1981
 +
* Renate Wagner: Frauen um Schnitzler. Frankfurt: Fischer-Taschenbuch-Verlag 1980
 +
* Hartmut Scheible: Arthur Schnitzler und die Aufklärung. München: Fink 1977
 +
* Reinhard Urbach: Schnitzler-Kommentar. Zu den erzählenden Schriften und dramatischen Werken. München: Winkler 1974 (Winkler-Germanistik. Kommentare zu Dichtern und Epochen)
 +
* Gerhard Neumann / Jutta Müller: Der Nachlaß Arthur Schnitzlers. Verzeichnis des im Schnitzler-Archiv der Universität Freiburg i. Br. befindlichen Materials. Mit einem Vorwort von Gerhart Baumann und einem Anhang von Heinrich Schnitzler: Verzeichnis des in Wien vorhandenen Nachlaßmaterials. München: Fink 1969
 +
* Reinhard Urbach: Arthur Schnitzler. Velber: Friedrich 1968 (Friedrichs Dramatiker des Welttheaters, 56)
 +
* Gerhart Baumann: Arthur Schnitzler. Die Welt von Gestern eines Dichters von Morgen. Berlin: Athenäum 1965
 
* Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2. Salzburg: Bergland-Buch 1964, S. 420
 
* Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2. Salzburg: Bergland-Buch 1964, S. 420
* Peter Ernst: Wiener Literaturgedenkstätten. Hg. von Felix Czeike. Wien: J & V-Edition Wien-Verlag 1990, S. 115 ff.
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* Richard Specht: Arthur Schnitzler. Der Dichter und sein Werk. Eine Studie. Berlin: Fischer 1922
* Arthur Schnitzler, Jugend in Wien. Eine Autobiographie. Wien: Molden <sup>3</sup>1968, S. 339 ff. (Lebensdaten und Werkverzeichnis)
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* Josef Körner: Arthur Schnitzler, Gestalten und Probleme. Zürich / Wien: Amalthea 1921
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* Theodor Reik: Arthur Schnitzler als Psycholog. Minden: Bruns 1913
 
* Leo Feigl: Arthur Schnitzler und Wien. Wien: Paul Knepler 1911
 
* Leo Feigl: Arthur Schnitzler und Wien. Wien: Paul Knepler 1911
* Theodor Reik: Arthur Schnitzler als Psycholog. Minden: Bruns 1913
 
* Josef Körner: Arthur Schnitzler, Gestalten und Probleme. Zürich / Wien: Amalthea 1921
 
* Richard Specht: Arthur Schnitzler. Der Dichter und sein Werk. Eine Studie. Berlin: Fischer 1922
 
* Albert Fuchs: Arthur Schnitzler. 1946
 
* Gerhart Baumann: Arthur Schnitzler. Die Welt von Gestern eines Dichters von Morgen. Berlin: Athenäum 1965
 
* Reinhard Urbach: Arthur Schnitzler. Velber: Friedrich 1968 (Friedrichs Dramatiker des Welttheaters, 56)
 
* Hartmut Scheible: Arthur Schnitzler und die Aufklärung. München: Fink 1977
 
* Renate Wagner: Arthur Schnitzler. Eine Biographie. Wien: Molden 1981
 
* Renate Wagner: Frauen um Schnitzler. Frankfurt: Fischer-Taschenbuch-Verlag 1980
 
* Michaela L. Perlmann: Arthur Schnitzler. Stuttgart: Metzler 1987
 
* Heide Tarnowski-Seidel: Arthur Schnitzler, Flucht in die Finsternis. Eine produktionsästhetische Untersuchung. München: Fink 1991
 
* Ulrich Weinzierl: Arthur Schnitzler. Frankfurt: Fischer 1994
 
* Herta Singer: Zeit und Gesellschaft im Werk Arthur Schnitzlers. Diss. Univ. Wien. Wien 1948
 
* Ernst Jandl: Die Novellen Arthur Schnitzlers. Diss. Univ. Wien. Wien 1950
 
* Harry Zohn: "...ich bin ein Sohn der deutschen Sprache nur...". Jüdisches Erbe in der österreichischen Literatur. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1986, S. 25fff.
 
* Edith Dürrer: Arthur Schnitzler. In: Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken, 15.05.1987
 
* Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Wien [u.a.]: Böhlau 1965 (Studien zur Geschichte der Universität Wien, 6), Register
 
* Dieter Schmutzer: Wienerisch g'redt. Geschichte der Wiener Mundartdichtung. Wien: Der Apfel 1993, S. 350 ff.
 
* Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Währing. Vom Ganserlberg zum Schafberg. Wien: Mohl 1989, S. 116 ff.
 
* Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830 – 1930. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138), S. 163 f. (Künstlerwohnungen)
 
* Patricia Steines: Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof, Tor I und Tor IV. Wien: Falter-Verlag 1993, S. 187
 
* Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 155
 
* Profil, 19.10.1981, S. 60 ff.
 
* Wiener Zeitung, 18.10.1991, S. 8
 
* Wiener Zeitung, 07.02.1992, S. 15
 
* Die Presse, Spectrum, 06.08.1994, S. VII
 
  
==Links==
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== Weblinks ==
* [https://www.britannica.com/biography/Arthur-Schnitzler Encyclopedia Britannica: Arthur Schnitzler]
+
* [https://de.wikipedia.org/wiki/Arthur_Schnitzler Wikipedia: Arthur Schnitzler]
* [[Magistratsabteilung 53 - Presse- und Informationsdienst]]
+
* [https://de.wikisource.org/wiki/Arthur_Schnitzler Wikisource: Arthur Schnitzler]
 +
* [https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_S/Schnitzler_Arthur_1862_1931.xml Reinhard Urbach: Arthur Schnitzler, Österreichisches Biographisches Lexikon]
 +
* [https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at Arthur Schnitzler: Tagebuch 1879–1931]
 +
* [https://schnitzler-briefe.acdh.oeaw.ac.at Arthur Schnitzler: Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren]
 +
* [https://schnitzler.acdh.oeaw.ac.at Weitere Editionen am Austrian Centre for Digital Humanities der Österreichischen Akademie der Wissenschaften]
 +
* [https://www.arthur-schnitzler.de Arthur Schnitzler digital: historisch-kritischen Edition der literarischen Werke Schnitzlers aus dem Zeitraum von 1905 bis 1931]

Aktuelle Version vom 8. März 2024, 14:15 Uhr

Arthur Schnitzler nach einer Radierung von Ferdinand Schmutzer, um 1920
Daten zur Person
Personenname Schnitzler, Arthur
Abweichende Namensform
Titel Dr. med. univ.
Geschlecht männlich
PageID 11215
GND 118609807
Wikidata Q44331
Geburtsdatum 15. Mai 1862
Geburtsort Wien
Sterbedatum 21. Oktober 1931
Sterbeort Wien
Beruf Arzt, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Zwischenkriegszeit, Burgtheatergalerie
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 8.03.2024 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum
Friedhof Alter Israelitischer Friedhof
Grabstelle Gruppe 6, Reihe 0, Nummer 4
Ehrengrab Ehrengrab
Bildname Arthur Schnitzler 6.jpg
Bildunterschrift Arthur Schnitzler nach einer Radierung von Ferdinand Schmutzer, um 1920
  • 1., Burgring 1 (Wirkungsadresse)
  • 9., Frankgasse 1 (Wirkungsadresse)
  • 18., Sternwartestraße 71 (Letzte Wohnadresse)
  • 2., Praterstraße 16 (Geburtsadresse)
  • 18., Sternwartestraße 71 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Raimundpreis (Verleihung: 27. März 1914)
  • Volkstheaterpreis (Verleihung: 8. Oktober 1920)
  • Bauernfeldpreis (Verleihung: 27. März 1899)
  • Bauernfeldpreis (Verleihung: 17. März 1903)
  • Grillparzerpreis (Verleihung: 15. Jänner 1908)
  • Burgtheaterring (Verleihung: 23. April 1926)

Arthur Schnitzler, 1882
Arthur Schnitzler, 1896
Arthur Schnitzler, 1904; aufgenommen von Felix Salten
Arthur Schnitzler, 1921
Arthur Schnitzler, 1903

Arthur Schnitzler, * 15. Mai 1862 Wien , † 21. Oktober 1931 Wien, Schriftsteller, Arzt.

Biografie

Arthur Schnitzler kam als erster Sohn von insgesamt vier Kindern des Laryngologen Johann Schnitzler und dessen Gattin Luise, Tochter des Wiener Arztes Philipp Markbreiter, in der Praterstraße 16 zur Welt. Ab 1871 besuchte er das Akademische Gymnasium und legte am 8. Juli 1879 die Matura mit Auszeichnung ab. Danach studierte er an der Universität Wien Medizin und wurde am 30. Mai 1885 zum Dr. med. promoviert. Von 1885 bis 1888 arbeitete er als Assistenz- und Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus und war danach bis 1893 Assistent seines Vaters an der laryngologischen Abteilung der Allgemeinen Poliklinik Wien. Er betätigte sich bereits in dieser Zeit als literarischer Schriftsteller. Gleichzeitig arbeitete er als Redakteur der von seinem Vater gegründeten "Internationalen Klinischen Rundschau" und verfasste selbst medizinwissenschaftliche Beiträge und Rezensionen. Nach dem Tod seines Vaters 1893 verließ er die Poliklinik und eröffnete eine Privatpraxis (1., Burgring 1, dann 9., Frankgasse 1).

In der Zeit bis zu seinem 40. Lebensjahr, als mit der Geburt des Sohnes Heinrich am 9. September 1902 erstmals eine Schwangerschaft einer seiner vielen Partnerinnen zu einem Kind führte, war Schnitzler sehr promiskuitiv. Er verweigerte sich Heiraten auch dann, wenn die jeweiligen Partnerinnen schwanger waren. Die vielen parallel geführten Beziehungen dokumentierte Schnitzler in seinem Tagebuch, das seit 1879 und bis zu seinem Tod überliefert ist und nahezu für jeden Tag seines Lebens kurz Auskunft gibt. Nachdem Heinrich das 1. Lebensjahr überlebt hatte, kam es am 26. August 1903 zur Hochzeit mit der um zwei Jahrzehnte jüngeren Kindsmutter Olga Gussmann in der Synagoge Währing. Am 13. September 1909 kam die Tochter Lili auf die Welt. Dadurch war die Familienwohnung in der Edmund-Weiß-Gasse zu klein geworden. Am 14. April 1910 erwarb Schnitzler die Villa Sternwartestraße 71 im 18. Wiener Gemeindebezirk, die Hedwig Bleibtreu nach dem Tod ihres Mannes Alexander Römpler zum Kauf anbot. 1921 ließen sich Arthur und Olga Schnitzler scheiden. Trotz der wechselnden Partnerinnen dürfte Schnitzler in der Ehe monogam geblieben sein und es war eine außereheliche Beziehung Olgas und ihr Bestreben, eine Gesangskarriere aufzubauen, die zur Auflösung der Ehe führte. Im letzten Lebensjahrzehnt war Schnitzler halb offiziell mit Clara Katharina Pollaczek liiert und zum Schluss auch noch mit seiner Übersetzerin Suzanne Clauser in einer intimen Beziehung. 1928 starb die Tochter Lili an einem Revolverschuss. Sie hatte sich 18jährig mit einem italienischen Faschisten verheiratet und im Zuge eines Ehestreits mit der Waffe hantiert. Inwiefern es sich um Suizid oder einen Unfall handelt, ist nicht geklärt. Die Tragödie erschütterte Schnitzler tief. Am 21. Oktober 1931 starb er als einer der einflussreichsten deutschsprachigen Dramatiker und Schriftsteller seiner Zeit im Alter von 69 Jahren an einer Hirnblutung. Er liegt auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab in der Israelitischen Abteilung begraben.

Seine ersten Gedichte und literarischen Prosatexte konnte Schnitzler zunächst in verschiedenen Periodika veröffentlichen, darunter in der Zeitschrift "An der Schönen Blauen Donau". Mit der psychologisch und formal überaus präzise gebauten Novelle "Sterben" (1895) begann die lebenslange Zusammenarbeit mit dem S. Fischer Verlag, der bereits zum 50. Geburtstag des Autors eine Gesamtausgabe in sieben Bänden herausbrachte; bei S. Fischer erschien mit der Novelle "Flucht in die Finsternis" (1931) auch Schnitzlers letztes Buch zu Lebzeiten. Schnitzler zählt zu den typischen Vertretern der literarischen Wiener Moderne, war nicht nur ein ausgezeichneter Beobachter mit psychologischem Gespür, sondern auch ein hervorragender Stilist von melancholischer und leicht ironisierender Art. Eine Besonderheit seines literarischen Schaffens liegt darin, dass viele seiner Werke explizit im zeitgenössischen Wien spielen. Während Künste und Wissenschaften im Wien der Jahrhundertwende blühten, deckte Schnitzler die psychologischen und sozialen Abgründe hinter der Fassade des Erfolgs auf. Er porträtierte im Roman "Der Weg ins Freie" (1908) das assimilierte jüdische Bürgertum auf der Suche nach dessen Identität in der zu Ende gehenden Habsburgermonarchie im Spannunsgfeld zwischen Antisemitismus und Zionismus. Schnitzler gehörte zu jenen prominenten Vertretern "Jung-Wiens", die sich regelmäßig im Café Griensteidl trafen; seine engsten Wegbegleiter waren Hermann Bahr, Richard Beer-Hofmann, Hugo von Hofmannsthal und Felix Salten.

Zu den berühmtesten dramatischen Werken Schnitzlers zählen "Anatol" (1893), Liebelei (erster großer Bühnenerfolg am Burgtheater am 9. Oktober 1895), "Der grüne Kakadu" (1899), "Reigen" (1900), "Der Schleier der Beatrice" (1900), "Der einsame Weg" (1903), "Der junge Medardus" (1910), "Das weite Land" (1911) und "Professor Bernhardi" (1912); unter den erzählerischen Werken sind besonders die Novellen "Frau Bertha Garlan" (1900), "Lieutenant Gustl" (1900) und "Fräulein Else" (1924) sowie der späte Roman "Therese" (1928) hervorzuheben.

Arthur Schnitzlers Werke gaben immer wieder Anlass für öffentliche Debatten und Skandale. Nach der Veröffentlichung des "Lieutenant Gustl" wurde ihm am 14. Juni 1901 der Offiziersrang als Oberarzt der Reserve wegen angeblicher Schädigung des Ansehens und Beleidigung der österreichisch-ungarischen Armee aberkannt. Das 1912 fertiggestellte Drama "Professor Bernhardi" konnte aus Zensurgründen bis 1918 nicht aufgeführt werden. Nach der Uraufführung des Stücks "Der Reigen", das Schnitzler bereits 1896/97 verfasst hatte, wurde ihm 1921 ein Prozess wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses gemacht. Die kompromisslose Darstellung des Ehebruchs und die intimen Dialoge zwischen Macht, Verführung, Sehnsucht, Enttäuschung und Verlangen waren mit den Moralvorstellungen seiner Zeit nicht vereinbar. Nach tagelangen Angriffen gegen Schnitzler sprengte eine antisemitische Truppe im Februar 1921 spektakulär die Aufführung der Szenenfolge in den Kammerspielen in der Rotenturmstraße. Das daraufhin von Schnitzler verhängte Aufführungsverbot war bis 1982 gültig, wurde allerdings durch Filme und Hörspielfassungen umgangen.

Arthur Schnitzler ist – als scharfsinniger und formbewusster Chronist der Wiener Gesellschaft um 1900 – einer der erfolg- und einflussreichsten österreichischen Schriftsteller. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gehört er zu den meistgespielten Dramatikern nicht nur der deutschsprachigen Bühnen. Seine Theaterstücke und Erzählwerke wurden in viele Sprachen übersetzt und dienten als Vorlage für zahlreiche Verfilmungen, beginnend mit dem dänischen Stummfilm "Elskovsleg" (1914) auf Grundlage der "Liebelei" bis hin zu Stanley Kubricks Adaption der "Traumnovelle" ("Eyes wide shut") aus dem Jahr 1999. Die literaturwissenschaftliche Wertschätzung von Schnitzlers Werk zeigt sich nicht zuletzt an groß angelegten Editionsprojekten, die sich seit 2010 der Herausgabe des gesamten Œuvres widmen. Sein Tagebuch, das die Jahre 1879 bis 1931 umspannt, ist seit der Edition durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften eine vielverwendete Quelle von unersetzlichem kulturgeschichtlichen Wert.

An Arthur Schnitzler erinnern in Wien unter anderem: eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus, 2., Praterstraße 16, das Schnitzlerdenkmal, der Schnitzlerhof, eine Gedenktafel an seinem Sterbehaus, 18., Sternwartestraße 71, und eine Büste im Burgtheater (enthüllt 21. Oktober 1971). 2016 wurde der Vorplatz des Volkstheaters nach dem Schriftsteller benannt.

Quellen

Literatur

  • Gerhard Hubmann: "Schwankende häusliche Stimmung". Mit Arthur Schnitzler beim Villenkauf. In: "So schön kann Wissenschaft sein!" Mit Kronprinz Rudolf im Unterricht, mit Kaiserin Elisabeth von Schloss zu Schloss, mit Arthur Schnitzler beim Villenkauf. Zeitkapseln aus der Sammlung Brigitte Hamann. Geöffnet und hg. von Marcel Atze unter Mitarbeit von Kyra Waldner. [Wien]: Amalthea 2017, S. 220–236
  • Christoph Jürgens / Wolfgang Lukas / Michael Scheffel [Hg.]: Schnitzler-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart / Weimar: Metzler 2014
  • Konstanze Fliedl: Arthur Schnitzler. Stuttgart: Reclam 2005 (RUB, 17653)
  • Ruth Klüger: Schnitzlers Damen, Weiber, Mädeln, Frauen. Mit einem Vorwort von Hubert Christian Ehalt. Wien: Picus-Verlag 2001 (Wiener Vorlesungen im Rathaus, 79)
  • Konstanze Fliedl: Arthur Schnitzler. Poetik der Erinnerung. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1997 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 42)
  • Ulrich Weinzierl: Arthur Schnitzler. Lieben, Träumen, Sterben. Frankfurt am Main: Fischer 1994
  • Michaela L. Perlmann: Arthur Schnitzler. Stuttgart: Metzler 1987
  • Renate Wagner: Arthur Schnitzler. Eine Biographie. Wien: Molden 1981
  • Heinrich Schnitzler / Christian Brandstätter / Reinhard Urbach [Hg.]: Arthur Schnitzler. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Frankfurt am Main: Fischer 1981
  • Renate Wagner: Frauen um Schnitzler. Frankfurt: Fischer-Taschenbuch-Verlag 1980
  • Hartmut Scheible: Arthur Schnitzler und die Aufklärung. München: Fink 1977
  • Reinhard Urbach: Schnitzler-Kommentar. Zu den erzählenden Schriften und dramatischen Werken. München: Winkler 1974 (Winkler-Germanistik. Kommentare zu Dichtern und Epochen)
  • Gerhard Neumann / Jutta Müller: Der Nachlaß Arthur Schnitzlers. Verzeichnis des im Schnitzler-Archiv der Universität Freiburg i. Br. befindlichen Materials. Mit einem Vorwort von Gerhart Baumann und einem Anhang von Heinrich Schnitzler: Verzeichnis des in Wien vorhandenen Nachlaßmaterials. München: Fink 1969
  • Reinhard Urbach: Arthur Schnitzler. Velber: Friedrich 1968 (Friedrichs Dramatiker des Welttheaters, 56)
  • Gerhart Baumann: Arthur Schnitzler. Die Welt von Gestern eines Dichters von Morgen. Berlin: Athenäum 1965
  • Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2. Salzburg: Bergland-Buch 1964, S. 420
  • Richard Specht: Arthur Schnitzler. Der Dichter und sein Werk. Eine Studie. Berlin: Fischer 1922
  • Josef Körner: Arthur Schnitzler, Gestalten und Probleme. Zürich / Wien: Amalthea 1921
  • Theodor Reik: Arthur Schnitzler als Psycholog. Minden: Bruns 1913
  • Leo Feigl: Arthur Schnitzler und Wien. Wien: Paul Knepler 1911

Weblinks