Amalie Seidel: Unterschied zwischen den Versionen

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Amalie Seidel, geborene Ryba, * 21. Februar 1876 Wien, † 11. Mai 1952 Wien, sozialdemokratische Politikerin, Gatte Ing. Richard Seidel (die Ehe zerbrach, sodass sie ihre beiden Töchter allein aufziehen musste). Die Tochter eines Schlossers (13 ihrer Geschwister starben) arbeitete 1888 als Dienstmädchen. 1892 schloss sie sich als Mitglied dem Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein an; nach einem öffentlichen Auftreten als Rednerin wurde sie zu drei Wochen Haft verurteilt. Danach war Seidel Textilarbeiterin; sie organisierte den ersten Frauenstreik ("Streik der 700") in der Geschichte der Frauenbewegung (Forderungen waren die Verminderung der täglichen Arbeitszeit von 13 auf zehn Stunden und ein arbeitsfreier Erster Mai); weitere Aktivitäten setzte sie in der Konsum-Bewegung.
 
Amalie Seidel, geborene Ryba, * 21. Februar 1876 Wien, † 11. Mai 1952 Wien, sozialdemokratische Politikerin, Gatte Ing. Richard Seidel (die Ehe zerbrach, sodass sie ihre beiden Töchter allein aufziehen musste). Die Tochter eines Schlossers (13 ihrer Geschwister starben) arbeitete 1888 als Dienstmädchen. 1892 schloss sie sich als Mitglied dem Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein an; nach einem öffentlichen Auftreten als Rednerin wurde sie zu drei Wochen Haft verurteilt. Danach war Seidel Textilarbeiterin; sie organisierte den ersten Frauenstreik ("Streik der 700") in der Geschichte der Frauenbewegung (Forderungen waren die Verminderung der täglichen Arbeitszeit von 13 auf zehn Stunden und ein arbeitsfreier Erster Mai); weitere Aktivitäten setzte sie in der Konsum-Bewegung.
  
Nach dem Ersten Weltkrieg war sie 1919- 1923 Gemeinderätin und 1919-1934 Abgeordnete zum Nationalrat, wobei sie sich auf Jugendfürsorge und das Gesundheitswesen konzentrierte; sie kämpfte gegen das "Pflegeelternsystem" (die Aufnahme von Pflegekindern erfolgte vielfach nur aus finanziellen Gründen und weil eine kostenlose Arbeitskraft zur Verfügung stand). 1920 begründete Seidel das Wiener Jugendhilfswerk.
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Nach dem Ersten Weltkrieg war sie 1919-1923 Gemeinderätin und 1919-1934 Abgeordnete zum Nationalrat, wobei sie sich auf Jugendfürsorge und das Gesundheitswesen konzentrierte; sie kämpfte gegen das "Pflegeelternsystem" (die Aufnahme von Pflegekindern erfolgte vielfach nur aus finanziellen Gründen und weil eine kostenlose Arbeitskraft zur Verfügung stand). 1920 begründete Seidel das Wiener Jugendhilfswerk. Nachdem sie 1934 einen Monat in Haft gewesen war, zog sie sich völlig aus der politischen Tätigkeit zurück. Allerdings stellte sie ihre Wohnung für illegale Treffen sozialistischer Frauen zur Verfügung.
Nachdem sie 1934 einen Monat in Haft gewesen war, zog sie sich völlig aus der politischen Tätigkeit zurück. Allerdings stellte sie ihre Wohnung für illegale Treffen sozialistischer Frauen zur Verfügung.
 
  
 
1942 heiratete sie den jüdischen Wiener Kommunalpolitiker Sigmund Rausnitz, um ihn durch diese Ehe zu schützen. Dieser verübte allerdings Selbstmord, was Amalie Seidel schwer traf. 1944, nach dem Attentat auf Hitler, wurde sie einige Tage im Landesgericht Wien inhaftiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Amalie Seidel schließlich bei ihrer Tochter Emma und deren Ehemann [[Karl Seitz]], dem einstigen Bürgermeister von Wien.
 
1942 heiratete sie den jüdischen Wiener Kommunalpolitiker Sigmund Rausnitz, um ihn durch diese Ehe zu schützen. Dieser verübte allerdings Selbstmord, was Amalie Seidel schwer traf. 1944, nach dem Attentat auf Hitler, wurde sie einige Tage im Landesgericht Wien inhaftiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Amalie Seidel schließlich bei ihrer Tochter Emma und deren Ehemann [[Karl Seitz]], dem einstigen Bürgermeister von Wien.
  
 
[[Amalie-Seidel-Weg]]
 
[[Amalie-Seidel-Weg]]
 
== Links ==
 
*[https://www.wien.gv.at/mariahilf/geschichte-kultur/grossetoechter-lebenslaeufe.html "Große Töchter Mariahilfs" – Die Lebensläufe: Amalie Seidel]
 
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
* Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971  
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* Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971  
 
* Archivalisches Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung. 1986, S. 136 ff.
 
* Archivalisches Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung. 1986, S. 136 ff.
 
* Renate Wagner: Amalie Seidel. In: Frauenblatt, 20.10.1990, S. 8 f.
 
* Renate Wagner: Amalie Seidel. In: Frauenblatt, 20.10.1990, S. 8 f.
*Peter Autengruber, Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 29
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* Peter Autengruber, Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 29
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== Links ==
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*[https://www.wien.gv.at/mariahilf/geschichte-kultur/grossetoechter-lebenslaeufe.html "Große Töchter Mariahilfs" – Die Lebensläufe: Amalie Seidel]

Version vom 21. Dezember 2018, 09:12 Uhr

Daten zur Person
Personenname Seidel, Amalie
Abweichende Namensform Ryba, Amalie
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 15595
GND 117454990
Wikidata
Geburtsdatum 21. Februar 1876
Geburtsort Wien
Sterbedatum 11. Mai 1952
Sterbeort Wien
Beruf Politikerin
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratin
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 21.12.2018 durch WIEN1.lanm09mer
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderates (1919 bis 1923)
  • Abgeordnete zum Nationalrat (04.03.1919 bis 31.05.1919)
  • Abgeordnete zum Nationalrat (10.11.1920 bis 17.02.1934)
  • Stadträtin (1919 bis 1920)

Amalie Seidel, geborene Ryba, * 21. Februar 1876 Wien, † 11. Mai 1952 Wien, sozialdemokratische Politikerin, Gatte Ing. Richard Seidel (die Ehe zerbrach, sodass sie ihre beiden Töchter allein aufziehen musste). Die Tochter eines Schlossers (13 ihrer Geschwister starben) arbeitete 1888 als Dienstmädchen. 1892 schloss sie sich als Mitglied dem Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein an; nach einem öffentlichen Auftreten als Rednerin wurde sie zu drei Wochen Haft verurteilt. Danach war Seidel Textilarbeiterin; sie organisierte den ersten Frauenstreik ("Streik der 700") in der Geschichte der Frauenbewegung (Forderungen waren die Verminderung der täglichen Arbeitszeit von 13 auf zehn Stunden und ein arbeitsfreier Erster Mai); weitere Aktivitäten setzte sie in der Konsum-Bewegung.

Nach dem Ersten Weltkrieg war sie 1919-1923 Gemeinderätin und 1919-1934 Abgeordnete zum Nationalrat, wobei sie sich auf Jugendfürsorge und das Gesundheitswesen konzentrierte; sie kämpfte gegen das "Pflegeelternsystem" (die Aufnahme von Pflegekindern erfolgte vielfach nur aus finanziellen Gründen und weil eine kostenlose Arbeitskraft zur Verfügung stand). 1920 begründete Seidel das Wiener Jugendhilfswerk. Nachdem sie 1934 einen Monat in Haft gewesen war, zog sie sich völlig aus der politischen Tätigkeit zurück. Allerdings stellte sie ihre Wohnung für illegale Treffen sozialistischer Frauen zur Verfügung.

1942 heiratete sie den jüdischen Wiener Kommunalpolitiker Sigmund Rausnitz, um ihn durch diese Ehe zu schützen. Dieser verübte allerdings Selbstmord, was Amalie Seidel schwer traf. 1944, nach dem Attentat auf Hitler, wurde sie einige Tage im Landesgericht Wien inhaftiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Amalie Seidel schließlich bei ihrer Tochter Emma und deren Ehemann Karl Seitz, dem einstigen Bürgermeister von Wien.

Amalie-Seidel-Weg

Literatur

  • Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971
  • Archivalisches Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung. 1986, S. 136 ff.
  • Renate Wagner: Amalie Seidel. In: Frauenblatt, 20.10.1990, S. 8 f.
  • Peter Autengruber, Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 29

Links