Österreichischer Staatsvertrag: Unterschied zwischen den Versionen

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Der österreichische Staatsvertrag stellte den Abschluss der [[Alliierte Besatzung|Alliierten Besatzung]] Österreichs (1945-1955) durch Großbritannien, Frankreich, die [[Vereinigte Staaten (USA)|USA]] und die [[Russland|Sowjetunion]] nach dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] dar. Damit wurde Österreich als souveräner Nationalstaat neu errichtet.
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Der österreichische Staatsvertrag stellte den Abschluss der [[Alliierte Besatzung|Alliierten Besetzung]] Österreichs (1945-1955) durch Großbritannien, Frankreich, die [[Vereinigte Staaten (USA)|USA]] und die [[Russland|Sowjetunion]] nach dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] dar. Damit erreichte die Republik Österreich ihre Souveränität, die sie 1938 verloren hatte.
  
Während der Besatzung durch die vier Alliierten wurden mit wechselnder Intensität und lange Zeit beeinträchtigt durch den ‘Kalten Krieg’ zwischen den ehemaligen verbündeten Mächten Verhandlungen über den Abschluss eines Staatsvertrags aufgenommen. Nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen wurde der Staatsvertrag am 25. Jänner 1954 auf die Tagesordnung der Berliner Außenministerkonferenz gesetzt. Jedoch erst als Österreich am 16. Februar 1954 eine militärische Neutralität vorschlug, verbesserte dies die Verhandlungssituation; am 15. April 1955 kam es im [[Moskauer Memorandum]] zwischen Österreich und der Sowjetunion zu einer Einigung über das in Österreich befindliche und unter Verwaltung der [[USIA]] stehende [[Deutsches Eigentum|deutsche Eigentum]] sowie über die österreichische Neutralität. Dies war einen wesentlicher Schritt hin zur Unterzeichnung des Staatsvertrages.
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Während der Besetzung durch die vier Alliierten wurden mit wechselnder Intensität und lange Zeit beeinträchtigt durch den "Kalten Krieg" zwischen den ehemaligen verbündeten Mächten Verhandlungen über den Abschluss eines Staatsvertrags aufgenommen. Nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen wurde der Staatsvertrag am 25. Jänner 1954 auf die Tagesordnung der Berliner Außenministerkonferenz gesetzt. Erst als Österreich am 16. Februar 1954 militärische Bündnisfreiheit vorschlug, verbesserte dies die Verhandlungssituation; am 15. April 1955 kam es im [[Moskauer Memorandum]] zwischen Österreich und der Sowjetunion zu einer Einigung über das in Österreich befindliche und unter Verwaltung der [[USIA]] stehende [[Deutsches Eigentum|deutsche Eigentum]] sowie über die österreichische Neutralität, die nicht im Staatsvertrag, sondern vom bereits souveränen Österreich erklärt werden sollte. ([[Bruno Kreisky]] hätte den Begriff Bündnigsfreiheit bevorzugt.) Dies war ein wesentlicher Schritt zur Unterzeichnung des Staatsvertrages.
  
Soweit die Verhandlungen in Wien geführt wurden, fanden sie im [[Haus der Industrie]] (3, [[Schwarzenbergplatz]] 4; April 1946-Juli 1956 [[Stalinplatz (3, 4)|Stalinplatz]] 4), dem Sitz der [[Alliierte Kommission für Österreich|Alliierten Kommission]], statt.
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Soweit die Verhandlungen in Wien geführt wurden, fanden sie im [[Haus der Industrie]] (3., [[Schwarzenbergplatz]] 4; April 1946 - Juli 1956 [[Stalinplatz (3, 4)|Stalinplatz]] 4), dem Sitz der [[Alliierte Kommission für Österreich|Alliierten Kommission für Österreich]], statt.
  
Grundlegende Inhalte des Staatsvertrages waren unter anderem das Verbot des Anschlusses an Deutschland und das [[Verfassungsgesetz über das Verbot der NSDAP|Verbotsgesetz der NSDAP]]. Zudem wurde die Verantwortlichkeitsklausel der [[Moskauer Deklaration]], in der Österreichs Verantwortung am [[Nationalsozialismus]] und dem Zweiten Weltkrieg erläutert wurde, aus der Präambel des Staatsvertrages auf Anstoß des österreichischen Außenministers [[Leopold Figl]] ([[ÖVP]]) gestrichen. Dies wird als wichtiger Beitrag zur sogenannten ‘Opfer-These’, nach der Österreich das erste Opfer des Nationalsozialismus darstellte, gesehen.
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Grundlegende Inhalte des Staatsvertrages waren unter anderem das Verbot des Anschlusses an Deutschland und das [[Verfassungsgesetz über das Verbot der NSDAP|NSDAP-Verbotsgesetz]], zu dessen Beibehaltung sich Österreich zu verpflichten hatte. Die vorgesehene Verantwortlichkeitsklausel der [[Moskauer Deklaration]], in der Österreichs Mitverantwortung für den [[Nationalsozialismus]] und den Zweiten Weltkrieg wiederholt werden sollte, wurde auf Wunsch des österreichischen Außenministers [[Leopold Figl]] aus der Präambel des Staatsvertrages gestrichen. Dies wurde später von Kritikern der österreichischen Geschichtsinterpretation als wichtiger Beitrag zur sogenannten "Opferthese", nach der Österreich das erste Opfer des Nationalsozialismus gewesen sei, gesehen. Der Vertrag enthielt Einschränkungen der Bewaffung Österreichs, Verpflichtungen gegenüber den Minderheiten in Österreich und Reparationen an die Sowjetunion in Form von Erdöllieferungen. (Ursprünglich wollte die Sowjetunion die ostösterreichischen Erdölfelder in ihrem Eigentum behalten.)
 
 
Am 15. Mai 1955 wurde der Staatsvertrag im [[Oberes Belvedere|Oberen Belvedere]] (3, [[Prinz-Eugen-Straße]] 27, [[Landstraßer Gürtel]] 1) unterzeichnet. Nach der Ratifizierung durch Österreich, die Sowjetunion, die USA, Frankreich und Großbritannien trat er am 27. Juli in Kraft, woraufhin eine Räumungsfrist von neunzig Tagen für die Alliierten galt. Somit endete die Besatzungszeit am 25. Oktober 1955 und Österreich erhielt seine volle Souveränität zurück. Am Tag darauf, den 26. Oktober, beschloss der Nationalrat, dass die österreichische Politik noch lange beeinflussende Bundesgesetz über die Neutralität Österreichs. Dieser Tag wurde zehn Jahre später vom Nationalrat zum österreichischen Nationalfeiertag bestimmt.
 
  
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Am 15. Mai 1955 wurde der Staatsvertrag im [[Oberes Belvedere|Oberen Belvedere]] (3, [[Prinz-Eugen-Straße]] 27, [[Landstraßer Gürtel]] 1) unterzeichnet. Nach der Ratifizierung durch Österreich, die Sowjetunion, die USA, Frankreich und Großbritannien trat er am 27. Juli in Kraft, worauf die alliierten Militärpatrouillen in Wien beendet wurden und eine Räumungsfrist von neunzig Tagen für die Alliierten in Kraft trat. Somit endete die Besatzungszeit am 25. Oktober 1955, und Österreich erhielt seine volle Souveränität zurück. Am Tag darauf, dem 26. Oktober 1955, beschloss der Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs.<ref>[https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1955_211_0/1955_211_0.pdf BGBl. Nr. 211 / 1955 (= S. 1151)]</ref> Dieser Tag wurde zehn Jahre später vom Nationalrat zum österreichischen Nationalfeiertag bestimmt.
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==Einzelnachweise==
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== Literatur ==
 
== Literatur ==
 
* Peter Fritz: "Was lange währt, wird endlich gut!" Der Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages 1955. In: "Österreich ist frei!" Der Österreichische Staatsvertrag 1955. Beitragsband zur Ausstellung auf Schloss Schallaburg 2005. Hg. von Stefan Karner, Gottfried Stangler. Wien: Verlag Berger 2005, S. 303-309, hier: 304 f., 308.
 
* Peter Fritz: "Was lange währt, wird endlich gut!" Der Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages 1955. In: "Österreich ist frei!" Der Österreichische Staatsvertrag 1955. Beitragsband zur Ausstellung auf Schloss Schallaburg 2005. Hg. von Stefan Karner, Gottfried Stangler. Wien: Verlag Berger 2005, S. 303-309, hier: 304 f., 308.

Version vom 3. Februar 2017, 17:20 Uhr

Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses
Datum von 15. Mai 1955
Datum bis
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 9171
GND
WikidataID
Objektbezug Belvedere, Haus der Industrie
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 3.02.2017 durch DYN.wolfgang j kraus

Es wurden keine Personen erfasst.

  • Prinz-Eugen-Straße 27
  • Landstraßer Gürtel 1
  • Schwarzenbergplatz 4

Es wurden keine Bezeichnungen erfasst!


Der österreichische Staatsvertrag stellte den Abschluss der Alliierten Besetzung Österreichs (1945-1955) durch Großbritannien, Frankreich, die USA und die Sowjetunion nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs dar. Damit erreichte die Republik Österreich ihre Souveränität, die sie 1938 verloren hatte.

Während der Besetzung durch die vier Alliierten wurden mit wechselnder Intensität und lange Zeit beeinträchtigt durch den "Kalten Krieg" zwischen den ehemaligen verbündeten Mächten Verhandlungen über den Abschluss eines Staatsvertrags aufgenommen. Nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen wurde der Staatsvertrag am 25. Jänner 1954 auf die Tagesordnung der Berliner Außenministerkonferenz gesetzt. Erst als Österreich am 16. Februar 1954 militärische Bündnisfreiheit vorschlug, verbesserte dies die Verhandlungssituation; am 15. April 1955 kam es im Moskauer Memorandum zwischen Österreich und der Sowjetunion zu einer Einigung über das in Österreich befindliche und unter Verwaltung der USIA stehende deutsche Eigentum sowie über die österreichische Neutralität, die nicht im Staatsvertrag, sondern vom bereits souveränen Österreich erklärt werden sollte. (Bruno Kreisky hätte den Begriff Bündnigsfreiheit bevorzugt.) Dies war ein wesentlicher Schritt zur Unterzeichnung des Staatsvertrages.

Soweit die Verhandlungen in Wien geführt wurden, fanden sie im Haus der Industrie (3., Schwarzenbergplatz 4; April 1946 - Juli 1956 Stalinplatz 4), dem Sitz der Alliierten Kommission für Österreich, statt.

Grundlegende Inhalte des Staatsvertrages waren unter anderem das Verbot des Anschlusses an Deutschland und das NSDAP-Verbotsgesetz, zu dessen Beibehaltung sich Österreich zu verpflichten hatte. Die vorgesehene Verantwortlichkeitsklausel der Moskauer Deklaration, in der Österreichs Mitverantwortung für den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg wiederholt werden sollte, wurde auf Wunsch des österreichischen Außenministers Leopold Figl aus der Präambel des Staatsvertrages gestrichen. Dies wurde später von Kritikern der österreichischen Geschichtsinterpretation als wichtiger Beitrag zur sogenannten "Opferthese", nach der Österreich das erste Opfer des Nationalsozialismus gewesen sei, gesehen. Der Vertrag enthielt Einschränkungen der Bewaffung Österreichs, Verpflichtungen gegenüber den Minderheiten in Österreich und Reparationen an die Sowjetunion in Form von Erdöllieferungen. (Ursprünglich wollte die Sowjetunion die ostösterreichischen Erdölfelder in ihrem Eigentum behalten.)

Am 15. Mai 1955 wurde der Staatsvertrag im Oberen Belvedere (3, Prinz-Eugen-Straße 27, Landstraßer Gürtel 1) unterzeichnet. Nach der Ratifizierung durch Österreich, die Sowjetunion, die USA, Frankreich und Großbritannien trat er am 27. Juli in Kraft, worauf die alliierten Militärpatrouillen in Wien beendet wurden und eine Räumungsfrist von neunzig Tagen für die Alliierten in Kraft trat. Somit endete die Besatzungszeit am 25. Oktober 1955, und Österreich erhielt seine volle Souveränität zurück. Am Tag darauf, dem 26. Oktober 1955, beschloss der Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs.[1] Dieser Tag wurde zehn Jahre später vom Nationalrat zum österreichischen Nationalfeiertag bestimmt.

Einzelnachweise

Literatur

  • Peter Fritz: "Was lange währt, wird endlich gut!" Der Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages 1955. In: "Österreich ist frei!" Der Österreichische Staatsvertrag 1955. Beitragsband zur Ausstellung auf Schloss Schallaburg 2005. Hg. von Stefan Karner, Gottfried Stangler. Wien: Verlag Berger 2005, S. 303-309, hier: 304 f., 308.
  • Harald Knoll, Barbara Stelzl-Marx: Der Sowjetische Teil der Alliierten Kommission für Österreich. Struktur und Organisation. In: Die Rote Armee in Österreich. Sowjetische Besatzung 1945-1955. Beiträge. Hg. von Stefan Karner, Barbara Stelzl-Marx (=Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung, Sonderband 4), S. 179-217, hier: 185.
  • Erwin A. Schmidl: Der Abzug der ‚Besatzungstruppen‘. In: "Österreich ist frei!" Der Österreichische Staatsvertrag 1955. Beitragsband zur Ausstellung auf Schloss Schallaburg 2005. Hg. von Stefan Karner, Gottfried Stangler. Wien: Verlag Berger 2005, S. 315-317, hier: 315 ff.
  • Gerald Stourzh: Österreichs Weg zum Staatsvertrag und zur Neutralität. In: Informationen zur Politischen Bildung, Nr. 22, 2004. Frei – Souverän – Neutral – Europäisch. 1945 1955 1995 2005. Hg. von Forum Politische Bildung. Innsbruck et al.: Studien-Verlag 2005, S. 7-21, hier: 7, 18 f.