Unterkammeramt (Behörde)
Das Unterkammeramt entstand aus dem Oberkammeramt, dessen Amtsgeschäfte die wirtschaftlichen und finanziellen Agenden der Stadt umfassten und ständig wuchsen. 1485 wurde es als eigenes Amt eingerichtet. Im Gegensatz zum Oberkammeramt hat das Unterkammeramt lediglich eine ausführende Funktion hinsichtlich technischer Angelegenheiten.
Besonders durch diese Tätigkeit war es ein essentielles städtisches Amt, weil es für die Agenden der Straßensäuberung, Straßenpflege und Straßenpflasterung, der Möringen beziehungsweise Kanalisation, der Verwaltung und Erhaltung städtischer Gebäude und der Markteinrichtungen sowie das Feuerlöschwesen verantwortlich war. Der Aufgabenkreis erweiterte sich stets in Abhängigkeit von der technischen Entwicklung und deren Auswirkungen auf den Städtebau. So kamen die Wasserversorgung und die öffentliche Beleuchtung dazu.
Das Unterkammeramt als Baubehörde
Darüber hinaus war das Unterkammeramt auch die städtische Baubehörde beziehungsweise Baupolizei. Wer im städtischen Jurisdiktionsbereich ein Haus bauen oder eine Veränderung an einem bestehenden Gebäude vornehmen wollte, musste beim Stadtrat um eine Genehmigung ansuchen. Hier führte der Oberkämmerer - seit den Reformen Josephs II. der Unterkämmerer selbst - das entsprechende Referat.
Im 18. Jahrhundert nahmen Ober- und Unterkämmerer in einer Kommission zusammen mit Werkleuten und den betroffenen Nachbarn, gegebenenfalls mit dem Grundrichter einen Augenschein vor. Für diese Tätigkeit war eine Taxe zu bezahlen. Neben den rechtlichen Aspekten zur Vermeidung von Nachbarschaftskonflikten wurde das wesentliche Augenmerk auf die Feuersicherheit der Gebäude gelegt. Der Stadtrat entschied aufgrund des Berichts der Kommission. Der Unterkämmerer überwachte die Bauführung.
Bis zur Magistratsreform von 1783 war der Unterkämmerer lediglich der Vorsteher des Unterkammeramts. Alle im Geschäftsbereich zu treffenden Entscheidungen wurden nach Vortrag im Rat vom Stadtoberkämmerer getroffen, der dann das Unterkammeramt mit der Umsetzung beauftragte. Erst mit einem Regierungsdekret von Joseph II. vom 30. März 1789 wurde der Stadtunterkämmerer in das Gremium der Magistratsräte aufgenommen. Damit durfte er Referate in administrativen und polizeilichen Angelegenheiten im Rat halten.
Umwandlung zum Bauamt
Der Unterkämmerer war gleichzeitig auch technischer Leiter des Unterkammeramts. Erst mit der Schaffung des Postens des Stadtbauinspektors im Jahr 1818 bekam das Amt einen Techniker zur Durchführung von Bauangelegenheiten.
Die Neubesetzung des Postens des Unterkämmerers im Jahr 1835 hatte auch eine Neuorganisation dieses Amtes zur Folge.[1] Entsprechend dem Hofkanzleidekret von 3. Jänner 1835 wurde das Unterkammeramt aus dem politisch-ökonomischen Senat ausgegliedert und ein reines Bauamt.[2] Ab 1849 führte das Unterkammeramt offiziell die Benennung 'Stadtbauamt' (Gemeinderatsbeschluss vom 9. Oktober 1849), die Bezeichnung "Unterkämmerer" wurde durch "Bau-Direktor" abgelöst.[3]
Das Personal
Das Personal und dessen Entwicklung ist demnach hauptsächlich hinsichtlich bautechnischer Angelegenheiten zu sehen. Seine Einnahmen bestanden aus Einkünften von Miethäusern, Standgeldern bei Märkten sowie der Fleischhauer, Bäcker, Lebzelter, Zuckerbäcker), Gutachtertaxen, Bestandzinsen et cetera, Ausgaben entstanden beispielsweise durch die Erhaltung städtischer Einrichtungen.
Das Personal bestand im 17. Jahrhundert aus einem Wasserknecht, Übergehern, Zimmer-, Maurer-, Pflaster- und Brunnenmeister, einem Möhrungsräumer, Stadtsäuberer, Mistrichtern und dem Scharfrichter. Nach 1683 kamen dazu noch Poliere, Adjunkte, ab 1721 vier ständige Feuerknechte. Um 1800 waren im Unterkammeramt ein Unterkämmerer (bis 1805 war das Stephan Wohlleben), ein Journalist, ein Kassier, drei Amtsschreiber, zwei Materialschreiber, drei Bauübergeher, ein Pflasteraufseher, ein Stadtzimmermeister, ein Stadtbrunnenmeister, ein Stadtmaurermeister, ein Stadtzimmerpolier, ein Maurerpolier (zum Beispiel Anton Behsel), ein Brunnenpolier und zwei Zimmerpolieradjunkten tätig. Dieser Personalstand wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts merklich erweitert.
Quellen
- WStLA, Unterkammeramt
- Hofkanzlei-Decret vom 3. Januar 1835: Bestellung des Amtes eines Stadtunterkämmerers in Wien
Literatur
- Heinrich Berg: Die Baukonsensakten des Unterkammeramtes. Dokumente des Wiener Baugeschehens vom 17. bis zum 19. Jahrhundert. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 45/2 (1990), S. 113 f.
- Josef Pauser: Verfassung und Verwaltung der Stadt Wien, in: Karl Vocelka - Anita Traninger [Hg.]: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert) (Peter Csendes - Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 2), Wien/Köln/Weimar: 2003, S. 65 f.
- Wolfgang Mayer: Anton Behsel. Kartgraph und Stadtbauinspektor in Wien. Kleinausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Wien 1988
- Elfriede Sheriff: Die Ämter der Stadt Wien von 1783-1848 in verwaltungsgeschichtlicher und personeller Hinsicht. Diss. Univ. Wien. Wien 1977, S. 29-40
Einzelnachweise
- ↑ Wolfgang Mayer: Anton Behsel. Kartgraph und Stadtbauinspektor in Wien. Kleinausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Wien 1988
- ↑ Hofkanzlei-Decret vom 3. Januar 1835: Bestellung des Amtes eines Stadtunterkämmerers in Wien
- ↑ Wiener Zeitung, 20.10.1849, S. 1-2