Zwerge

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 14.10.2022 durch WIEN1.lanm08tau

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Zwerg (Althochdeutsch twerc), eine Gestalt aus der germanischen Mythologie, die gemeinhin mit einer geringen Körpergröße, einem Wohnort unter der Erde und mit herausragenden Schmiedekenntnissen in Verbindung gebracht wird.

Mythologie

In der älteren Edda (Völuspâ) entspringen die Zwerge aus dem Blut des Riesen Brimir und den Knochen der Riesin Bláinn. Modsognir war der Mächtigste aller Zwerge, der zweite Durin (Þar var Móðsognir mæztr of orðinn dverga allra, en Durinn annarr). Laut der jüngeren Edda von Snorri Sturluson wurden die Zwerge aus Maden erschaffen, die im Fleisch des Urriesen Ymir lebten. In der Edda werden Zwerge als Schatzhüter dargestellt, auch ihre Weisheit gilt als den Menschen weit überlegen. Sie verfügen über Zauberkräfte und sind exzellente Schmiede, so schufen sie etwa Odins Speer Gungnir oder Thors Hammer Mjölnir.

Auch im Nibelungenlied sind Zwerge erwähnt: Zwergenkönig Alberich (wörtlich Elben-König) wacht über den Nibelungenhort. Siegfried kann ihm dessen Tarnmantel stehlen und so den Schatz an sich bringen. Die Figur des Alberich ist vermutlich mit Andvari aus der Edda gleichzusetzen.

Volksglaube

Im Volksglauben spielten Zwerge als Wesen der Unterwelt lange Zeit eine wichtige Rolle. Diese hatten jedoch keinen germanischen mythologischen Hintergrund mehr. Im christlichen Glauben galten Zwerge als dämonische Gestalten, die mit dem Teufel im Bunde waren. Besonders der Aberglaube, dass Zwerge des Nachts neugeborene Kinder austauschen, war seit dem Mittelalter weit verbreitet. Um einen derartigen Tausch des eigenen Kindes gegen einen Wechselbalg zu verhindern, musste man bis zur Taufe die ganze Nacht ein Licht neben dem Kind brennen lassen.

Offenbar diente dieser Aberglaube dem Zweck, für etwaige körperliche oder geistige Behinderung eines neugeborenen Kindes einen übernatürlichen Grund zu finden. Die Tötung eines Wechselbalges wurde von der Obrigkeit nicht bestraft und von der Kirche lange Zeit gutgeheißen. Durch Übergießen des vermeindlichen Wechselbalgs mit heißen Wasser sollte ein Rücktausch erzwungen werden, andere wurden ausgesetzt, ertränkt oder verbrannt.

Kleinwüchsigkeit als Kuriosität

In der frühen Neuzeit wurden "Zwerge", "Mohren" und andere Menschen, die sich durch ihr Äußeres von der Norm unterschieden, vom Adel gerne als Dienstpersonal angestellt. Sie dienten der Belustigung des Hofes. Man veranstaltete Tänze und Turniere mit kleinwüchsigen Menschen oder sie traten als Musiker auf. Auch die "Zwergenhochzeit", die 1622 am kaiserlichen Hof veranstaltet wurde, diente einem zweifelhaften Amüsement des Adels. Manchmal hatte ein "Hofzwerg" auch die Funktion des Hofnarren inne, umgekehrt musste der Hofnarr nicht zwingend kleinwüchsig sein.

Während der Aufklärung fand die Mode der "Hofzwerge" ein Ende, Kleinwüchsige traten danach häufig in Zirkusvorführungen und Schaubuden im Prater auf. In Präuschers Panoptikum war der 69 cm große "Prinz Kolibri" eine Attraktion. 1908 war Gustav Münstedts "Grand Cirque Liliput" im Gebäude des Zirkus Busch zu sehen. 1911 wurde im Prater nach dem Vorbild einer ähnlichen Institution im Pariser Bois de Boulogne eine "Liliputstadt" errichtet.

1914 bestand gegenüber dem Gasthaus "Zum Eisvogel") ein "Liliput-Circus-Varieté", dessen Direktor und Eigentümer Heinrich Glauner selbst 110 cm groß war. 1934 baute man neben dem Zirkus Zentral "Glauers Liliputstadt", 1935 folgte "Gnidley's Liliputstadt" und 1937 das "Märchenreich Liliputanien". Fallweise traten kleinwüchsige Artistinnen und Artisten auch in klassischen Theatern auf, wie etwa 1850 der amerikanische Varietékünstler Charles Stratton im Theater an der Wien. Auch Danzers Orpheum und das Ronacher waren Spielstätten kleinwüchsiger Künstlerinnen und Künstler.

Literatur