Zum großen Jordan

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1., Judenplatz 1-2, Kurrentgasse 12, um 1940
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1421
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Zum geizigen Schlüssel, Zum goldenen Schlüssel
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner Antonio Galli-Bibiena, Giuseppe Bonno
PageID 19994
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 6.11.2023 durch WIEN1.lanm08pil
Bildname Judenplatz1-2.jpg
Bildunterschrift 1., Judenplatz 1-2, Kurrentgasse 12, um 1940
  • 1., Judenplatz 2
  • Nr.: 270 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 404 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 437 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)

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48° 12' 40.86" N, 16° 22' 12.36" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Zum großen Jordan, (1., Judenplatz 2; Konskriptionsnummer 404).

Mittelalterliches Relief die Taufe Christi darstellend mit antisemitischer Inschrift

Dieses Gebäude ist heute das älteste Haus am Judenplatz. Es wird in einer der ältesten jüdischen Sagen Wiens erwähnt. Demnach soll hier ein Arzt gewohnt haben, der krankhaft geizig war und sogar seine nächsten Verwandten hungern ließ. Daher wurde das Haus "Zum geizigen Schlüssel" genannt. Nachdem er auf merkwürdige Art von seinem Geiz geheilt worden war, beschenkte er jeden Armen, der das Haus betrat. In der Folge wurde es "Zum goldenen Schlüssel" genannt.

Vor 1421 hatte das Haus dem Juden Hocz gehört und war im Verlauf der Geserah von Herzog Albrecht V. konfisziert worden. In der Folge sind verschiedene Wiener Bürger als Besitzer bezeugt. 1463 kaufte der Stadtschreiber Ulrich Griessenpeck das Haus. Er hinterließ es 1467 seiner Witwe Anna (nachmaliger Gatte Hans Hueber), von der das Haus über ihre Kinder 1482 an den Stadtschreiber Veit Griessenpeck kam. Über dessen Bruder Stefan (Pfarrer zu Straßwalchen), der das Haus 1488 erbte, kam es von dessen Erben 1491 an Georg (Jörg) Jordan, der es vermutlich 1497 neu erbauen ließ.

Aus diesem Jahr soll ein [verschollenes] Schild mit seinem Namen und Wappen sowie das [noch erhaltene] Relief stammen, das die Taufe Christi im Jordan zeigt [Anspielung auf den Namen des Besitzers] und eine antisemitische Inschrift aufweist, die sich auf die Vertreibung der Juden aus Wien [1421] bezieht [eine wohl ältere, kürzere Inschrift zum selben Thema ist verschollen]. Laut Harrer (Paul Harrer: Wien, seine Häuser) stammt das Relief jedoch aus der Mitte des 16. Jahrhunderts.

Jordan († 1517) wurde von seinen Söhnen Dr. med. Leopold Jordan († 1540) und Hans Jordan († 1566) beerbt. 1566 wurde das Gebäude von der Stadt Wien erworben. Laut lokalem Schrifttum hatten es 1560 die Jesuiten gekauft, die es 1564 neu erbauen ließen (dreistöckig) und 1565 vom großteils protestantischen Magistrat aus dem Haus vertrieben wurden. Es soll jedoch wieder zurückgegeben und der Stadt freiwillig verkauft worden sein. Nach einer anderen Quelle wurden 1563 die Kollegialien und 1565 das Konvikt der Jesuiten wegen einer Seuche hierher verlegt. Tatsächlich stand das Gebäude nie im Besitz der Jesuiten, sie könnten zu dieser Zeit aber die eigentlichen Hausherren gewesen sein.

1571 verkaufte die Stadt Wien das Gebäude an den Ritter und Unternehmer Christoph Zoppl von Haus († 1582). Der aus dem 15. Jahrhundert stammende vordere zweistöckige Trakt erhielt zwischen 1725 und 1751 ein Stockwerk aufgesetzt, das sich jedoch stilistisch dem Altbestand anpasste (Verlust des Giebeldachs). Damals gehörte das Haus Dr. jur. Franz Hartl von Hartenberg, Beamter des Obersthofmarschallamts († 1765). Bis 1865 verblieb das Haus danach im Besitz der Familie seines Schwiegersohns Hofrat Gabriel Joseph von Stettner. 1859/1860 wurde der hintere Trakt vierstöckig neu erbaut. 1973-1984 war die Kallinger-Wohnungseigentums-G. m. b. H. Besitzer, die 1980/1981 nach vorausgegangener heftiger öffentlicher Polemik die hinteren Hausteile durch einen Neubau ersetzte, den Vordertrakt jedoch unter Wahrung der alten Fassade erneuerte.

1749 wohnte der Architekt und Maler Antonio Galli-Bibiena in diesem Haus, wo auch seine neun Tage alte Tochter Magdalena starb. Auch Hofkapellmeister Joseph Bonno gehörte zu dessen Bewohnern und starb hier am 15. April 1788.

Literatur

  • Margarete Girardi: Wiener Höfe einst und jetzt. Wien: Müller 1947 (Beiträge zur Geschichte, Kultur- und Kunstgeschichte der Stadt Wien, 4), S. 110 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 365
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 394-396
  • Karl Janecek: Lateinische Inschriften an Bauwerken und Denkmälern Wiens. Horn: Berger in Komm. 1956, S. 29
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 502
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 42
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 23
  • Eugen Messner: Die Innere Stadt Wien. Ein Beitrag zur Heimatkunde des I. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Österreichische Staatsdruckerei 1928, S. 90
  • Richard Perger: Geschichtliches vom Judenplatz. (Jüdisches Museum der Stadt Wien, ungedrucktes Manuskript, 1992)
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 85 f.
  • Emmerich Siegris: Alte Wiener Hauszeichen und Ladenschilder. Wien: Burgverlag 1924, S. 78
  • Renate Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien: Hollinek 1957 (Österreichische Heimat, 20), S. 60 f.
  • Egon Wellesz: Giuseppe Bonno (1710-1788). Sein Leben und seine dramatischen Werke. In: Sammelbände der internationalen Musikgesellschaft 11 (1909/1910) [Stand: 27.05.2019]