Schönlatern-Bethaus-Verein Machsike Thora

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Jüdisches Bethaus 1., Schönlaterngasse 6 vor 1938 mit Schild in hebräischer Sprache über dem Toreingang
Daten zur Organisation
Art der Organisation Verein
Datum von 1887
Datum bis 1938
Benannt nach Schönlaterngasse
Prominente Personen
PageID 65084
GND
WikidataID
Objektbezug Jüdisches Bethaus, Jüdische Geschichte
Quelle
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Letzte Änderung am 13.04.2021 durch DYN.krabina
Bildname WStLA Fotosammlung Fotosammlung Reiffenstein C 2705 Schönlaterngasse 6 klein.jpg
Bildunterschrift Jüdisches Bethaus 1., Schönlaterngasse 6 vor 1938 mit Schild in hebräischer Sprache über dem Toreingang
  • 1., Schönlaterngasse 6

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48° 12' 34.05" N, 16° 22' 38.44" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Jüdisches Bethaus, 1., Schönlaterngasse 6, Sommer 1940 nach Enfernung der hebräischen Aufschrift ober dem Tor

Das Bethaus des Schönlatern-Bethaus-Vereins Machsike Thora (=Festiger der Thora) in Wien (1., Schönlaterngasse 6, auch „Schönlaternschul“) genannt, war laut Hugo Gold „eines der ältesten Vereinsbethäuser Wiens".[1]. Es wurde im Jahr 1853 im 3-stöckigen Haus Zur schönen Laterne im 1. Stockwerk und später auch im 2. Stockwerk eingerichtet und bildete in den Jahren 1853 bis 1938 das religiöse und soziale Zentrum strenggläubiger und thoratreuer Juden und Jüdinnen. Das Bethaus wurde während des Novemberpogroms zerstört, der Verein 1939 aufgelöst und nach 1945 nicht wieder begründet.

Vereinsgeschichte

Im Jahr 1852 erwarb der Bethausvorstand der „Bethaus-Gesellschaft der deutschen Fraction orthodoxer israelitischer Religionsgenossen“ ein Haus in der Inneren Stadt, Konskriptionsnummer 674 (alt) und 1063 (neu). Im Jahr 1887 konstituierte sich diese „Bethaus-Gesellschaft“ als Verein und nannte diesen „Schönlatern-Bethaus-Verein Machsike Thora“ mit Sitz in Wien, genehmigt von der Israelitischen Israelitischen Kultusgemeinde Wien. 1887 stellten die beiden Vereinsvorsteher Lazar Loew-Beer und Emanuel Schreiber einen Antrag bei der Niederösterreichischen Statthalterei zur Gründung des „Schönlatern-Bethaus Vereines". Zweck des Vereines war laut Statuten von 1887, "für die Erhaltung des im Hause Nr. 674 alt (1063 neu) des 1. Bezirkes bereits seit dem Jahre 1853 bestehenden israelitischen Bethause mit Einschluss der damit verbundenen Chebra Machasika Thora und Schass Chebra, in welchen religiöse Vorträge abgehalten werden, sowie für ordnungsgemäße Abhaltung des jüdischen Gottesdienstes nach altem Ritus in diesem Bethause oder für die Erwerbung eines anderen Betlokales zu gleichem Zwecke Sorge zu tragen“ (§ 2). Die Mittel des Vereines bestanden aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Legaten und Stiftungen und dem "Erlös aus der Vermietung der Betsitze“(§ 3). Ordentliches Mitglied des Vereins konnte "jeder Israelit werden, welcher das 20. Lebensjahr erreicht hat“, in Wien wohnte und Mitgliedsbeitrag zahlte. Zudem gab es "Stifter", die zum Ankauf des Bethauses beitrugen und einen gewissen Monatsbeitrag leisteten. Vereinsteilnehmer waren alle, die einen Sitz im Bethaus gemietet hatten (§ 4). Bei Auflösung des Vereines sollte das Vermögen an den „Talmud-Thora-Volksschulverein“ übergehen (§ 25). [2]

Bauliche Ausgestaltung des Bethauses

Laut Baukonsensakt von 1853 bestand das Bethaus nur aus einigen wenigen Räumen. Das noch bestehende Haus Schönlaterngasse 6 ist ein Haus mit schmaler Gassenfront, 2. Stockwerken und einem Dachgeschoß. Im Erdgeschoß befanden sich der Eingang zum Bethaus und zwei Gassenlokale. Über dem Eingangstor war ein Schild mit hebräscher Schrift: "Beith Haknesset" (=Haus der Versammlung). Das Stadtbauamt erteilte am 13. Februar 1853 die Genehmigung für die Abhaltung des israelitischen Gottesdienstes in diesen „Lokalitäten“.[3]. Am 26. Jänner 1921 ersuchten der Architekt und Stadtbaumeister Georg Spielmann und der Obmann des Bethausvereins Simon Kohn bei der Magistratsabteilung 40 um Genehmigung zur baulichen Umgestaltung der Räume des Schönlatern-Bethaus-Vereins an, was darauf schließen lässt, dass zwischen 1. und 2. Stockwerk Damengalerien aufgestellt wurden, da die Decke zwischen diesen beiden Stockwerken teilweise entfernt wurde. Im Ansuchen hieß es, dass „eine Galerie in Eisenbetonkonstruktion“ eingebaut, eine Stiegenanlage und im Dachgeschoß eine Wohnung neu geschaffen wurden.[4] Mit Datum 15,. Februar 1939 wurde das Haus von sieben Mitparteien und einer Hausbesorgerin bewohnt, das Bethaus stand nach der Zerstörung noch leer.[5]

Novemberpogrom, Arisierung und Vereinsauflösung 1938/1939

Die Bethausräumlichkeiten wurden während des Novemberpogroms am 10. November 1938 verwüstet, die Einrichtung vollkommen zerstört. Im selben Haus, im Erdgeschoß, befand sich 1939 ein Holz-und Kohlenhandelsgeschäft Herman Gross. Dieser bot der Abwicklungsstelle der Behörde Stillhaltekommissar an, die zerstörten „Tempelbänke“ als Brennholz zum Preis von 30 Reichsmark zu kaufen. Zu diesem Geschäft kam es im März 1939.[6] Die Auflösung des Schönlatern-Bethausvereins Machsike Thora, dessen Löschung aus dem Vereinsregister und Einziehung des Vermögens erfolgte durch die Behörde Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände im Verlauf des Jahres 1939. Ein Vereinsvermögen von 22.044,57 Reichsmark inklusive Liegenschaft 1., Schönlaterngasse 6, KG Innere Stadt, EZ 1063 (Verkehrswert: RM 22.000),- wurde von der Aufbaufonds-Vermögensverwaltungs Ges.m.b.H. eingezogen.[7]

Eigentumsverhältnisse: Arisierung und Restitution der Liegenschaft 1., Schönlaterngasse 6

Eigentümer der Liegenschaft , 1., Schönlaterngasse 6, KG Innere Stadt, EZ 1063 in der Größe von 241m2 wurde mit Beschluss des K.k. Landgerichtes Wien vom 6. Juli 1888 der Schönlatern-Bethaus-Verein. Folgende Funktionäre des Vereines sind bei der Grundstückstransaktion in der Zeitung „Die Presse“ vom 24. Jänner 1889 vermerkt: Heinrich Berger, Israel Knöpfelmacher, Anton Bing, Franz Neumann, Israel Goldmann, Rosel Benedikt und Jakob Wertheimer.[8] Am 21. Juni 1939 kam die Liegenschaft aufgrund eines Bescheides der Behörde Stillhaltekommissar in das Eigentum der Aufbaufondsvermögensverwaltungs Ges.m.H.. Aufgrund eines Kaufvertrages zwischen der Aufbaufondsvermögensverwaltungs Ges.m.H. und dem Rechtsanwalt Josef Mattis, *6. Mai 1854, † 2. Dezember 1973 Wien [9] gelangte das Haus am 23. November 1939 in Privatbesitz. Der Kaufpreis betrug 20.000 Reichsmark.[10] Die Begründung des Ariseurs über den Grund der Arisierung lautete folgendermaßen: Am 25. Jänner 1952 gab er der Rückstellungskommission zu Protokoll, dass er an dem Haus gar nicht interessiert war, aber es ihm nur „um die Schaffung einer der Bauordnung entsprechenden Baufläche für den Fall des Umbaues“ seines „Hauses Schönlaterngasse 4 zu tun war“. Das Bethaus sei völlig „verwüstet, die Fenster demoliert, der Fußboden teilweise herausgerissen“ gewesen. Er baute die Beträumlichkeiten in drei Wohnungen um.[11] In seiner Anmeldung entzogenen Vermögens vermerkte der Ariseur Josef Mattis, dass die „Liegenschaft durch Zerstörung der Innenräume des ersten Stockwerkes bedeutend entwertet“ gewesen sei und dass trotz Wertminderung um 5000 Reichsmark der volle Kaufpreis von 20.000 Reichsmark von ihm bezahlt wurde. Im Jahr 1951 wurde vor der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ein Vergleich geschlossen (Landesgericht für Zivilrechtssachen 60 Rk 80/51, Originalakt nicht mehr existent). Der Antragsgegner hatte der Antragstellerin, Israelitische Kultusgemeinde, die entzogene Liegenschaft sofort zurückzustellen, dafür musste die Israelitische Kultusgemeinde abzüglich eines aushaftenden Pfandrechtes dem Ariseur einen Betrag von 9000 Schilling bezahlen.[12] Am 11. Juni 1952 kam das Haus wieder in das Eigentum der Israelitischen Kultusgemeinde Wien.[13].Das Haus befand sich im Jahr 2000 noch im Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde, die es aber nicht mehr als Bethaus nützte. [14]. Mit Stand 22. Jänner 2020 befindet sich an dem Haus keine Gedenktafel und keinerlei Erinnerung an das ehemalige Bethaus.

Bedeutende Rabbiner

  • Samuel Neuwirth: Rabbiner im Schönlatern-Bethaus-Verein ab 1932.[15]

Vereinsvorstand 1938

  • Obmann: Leopold Oppenheim, Kaufmann, 1938 wohnhaft 1., Gonzagagasse 12
  • Obmannstellvertreter: Richard Handler, 1938 wohnhaft 2., Ferdinandstraße 2
  • Schriftführer: Josef Löwy, Jurist, Journalist, 1938 wohnhaft in 2., Rembrandtstraße 26.[16]

Quellen

Literatur

  • David Jüdische Kulturzeitschrift
  • Hugo Gold: Geschichte der Juden in Wien. Ein Gedenkbuch. Tel-Aviv: Publishing House Olamenu 1966, S. 117
  • Jahresberichte der Israelitischen Kultusgemeinde Wien 1932, 1936.
  • Jüdisches Jahrbuch für Österreich, Wien 1932.
  • Krakauer Kalender vom Jahre 1937.
  • Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. Vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5 Österreich), S. 94

Einzelnachweise

  1. Hugo Gold: Geschichte der Juden in Wien. Ein Gedenkbuch. Tel-Aviv: Publishing House Olamenu 1966, S. 117.
  2. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: 6364/1939.
  3. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Unterkammeramt; Bauamt, A 13, Faszikel 3: 2842/1853.
  4. WStLA, M.Abt. 114, A1: 1. Bezirk, EZ 1063.
  5. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien: IV Ac 31 A 1/3, Schachtel 554.
  6. Österreichisches Saatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, Referat König, Mappe 47, Sch. 976 und Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5: Österreich), S. 94.
  7. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien: IV Ac 31 A 1/3, Schachtel 554 und Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: 6364/1939.
  8. ANNO Die Presse, 42. Jg, Nr. 2, Seite 11 vom 24. Jänner 1889..
  9. Wiener Stadt- und Landesarchiv, BG Innere Stadt: 7A 871/73
  10. Österreichisches Saatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, Referat König, Mappe 47, Sch. 976.
  11. Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde A/VIEIIKG/I-III/LG/Wien 1, Schönlaterngasse 6/1/2.
  12. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt 119, A 41: 1. Bezirk, Zahl 1347.
  13. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, BMF-VS, Abt. 34, Karton 4445, Zl. 168.780-34/52
  14. Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien nach 1945, Hausstammliste, 3. Oktober 2000 (Signatur aus dem Jahr 2000).
  15. Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5: Österreich), S. 94.
  16. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: 6364/1939.