Rotenturmstraße 4

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1., Wollzeile 1-3; Rotenturmstraße 4
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1849
Datum bis
Andere Bezeichnung Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich,Burgenland
Frühere Bezeichnung Laderhof, Palais Rabutin-Kinsky
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Josef Kornhäusel
Prominente Bewohner Rudolf Angerfelder, Georg Simon Sina, Dorothea Rabutin
PageID 42789
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 15.12.2023 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Wollzeile1-3.jpg
Bildunterschrift 1., Wollzeile 1-3; Rotenturmstraße 4
  • 1., Rotenturmstraße 4
  • 1., Wollzeile 1
  • Nr.: 626 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 769 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 770 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 771 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 815 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, 1795, bis: 1795, 1821)
  • Nr.: 816 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 817 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)


Portal der Seidenmanufaktuir Carl Adam Dück mit Geschäftsschild "Zur Iris", um 1820

1., Rotenturmstraße 4, identisch mit Wollzeile 1, an dessen Stelle ursprünglich drei Häuser standen, welche vor ihrer Verbauung die Konskriptionsnummern 769, 770 und 771 trugen.

Haus Stadt 769

Der Nachweisbar älteste Eigentümer des Hauses wird im Jahr 1385 genannt. Dieser verkaufte es in jenem Jahr dem Ratsherrn Michael Fink, der es seiner Tochter und deren Gatten, dem Bürgermeister Rudolf Angerfelder, weitervererbte. Nach vielfachem Besitzerwechsel kam das Gebäude 1822 in den Besitz der Grafen Batthyany. 1844 erwarb Georg Freiherr von Sina den Besitz der Batthyany-Erben und die benachbarten Häuser 770 und 771 dazu um danach an Stelle der drei Häuser einen Neubau aufzuführen.

Haus Stadt 770

In einer Urkunde vom Jahr 1303, welche als Beilage zur Geschichte des alten Klarissinnenklosters im Bürgerspitalsgebäude am Lobkowitzplatz in der kirchlichen Topographie Band 11 abgedruckt ist wird dieses Haus erstmals erwähnt als "des Wiesenders Haus", in einer zweiten Urkunde vom 38. Juli 1305 als des "Wisentes Haus, daz de lait in der Wollzeil an dem Ekke gen dem Rathaus über."

Zwischen diesem nicht näher bezeichneten Wisent und dem erst etwas später im 14. Jahrhundert aufscheinend gleichnamigen Bürgergeschlecht kann kein Zusammenhang gefunden werden. Auch sind Besitznachfolger ist unbekannt. Das Haus tritt erst wieder gegen Ende des Jahrhunderts mit Jakob von Prag in Erscheinung, der es 1395 Dietrich Prenner verkaufte. Nach vielfachem Besitzerwechsel erwarb es 1847 Georg Freiherr von Sina.

Haus Stadt 771, "Lederhof"

Ursprünglich stand hier, bereits ganz in der Wollzeile liegend, der Laderhof, der sich laut Urkunde des Bürgerspitals vom 26. März 1333 im Besitz des Stephan Chriegler befand, welcher 1323 Obrister Schaffer und Pfleger der Bürgerspitals und zugleich Stadtrichter, 1327 und 1328 Bürgermeister von Wien war.

Als das Gebäude (nach 1633) dem landesfürstlichen Waldmeister Johann Stückhl gehörtem finden sich mehrere Streitakten. Sein Disput mit dem Hofquartieramt ist von großem Interesse, denn er beleuchtet nicht nur die Quartiernot der damaligen Zeit, sondern gewährt auch Einblick in die Bauart des geräumigen Hofes. Stückhl, der seinen Dienst in Purkersdorf versah und dort auch eine Wohnung besaß, wollte sich in seinem Wiener Hofe eine solche nach seinem Gutdünken schaffen, da er, wie er in seinem Gesuche anführte, wöchentlich einmal zu einem Amtstag nach Wien kommen müsse. Er bat daher, den Hof von der Last des Hofquartiers umso mehr zu befreien, als ja sein Haus nicht ausgebaut sei, und er machte sich erbötig, dieses durch Stockwerksaufbau auf seine Kosten zu erweitern, wenn ihm die neuen Wohnräume auf eine gewisse Zeit sichergestellt werden. Der an der Spitze des Hofquartierwesens stehende Obersthofmarschall Heinrich Wilhelm Graf von Starhemberg meinte in seinem Gutachten, dass dem Bewerber im ersten Stock seines Hofes noch genug Raum für seine Zwecke zur Verfügung stehen. Dass der zweite Stock dieser Front nicht ausgebaut sei, davon solle er lieber nicht reden, denn das sei "hinterlüstig und strafmessiger Weise" nur deshalb nicht geschehen, um sich dem Hofquartier entziehen zu können. "Im Übrigen solle er froh sein, dass sich ein Hofmieter, der Kämmerer Freiherr von Breiner gefunden habe, der dem Hause auf seine Kosten ein zweites Stockwerk auch auf der Gassenseite aufzustzen gewillt sei." Auch in diesem an den Kaiser gerichteten Gutachten wird der Hof noch als Ledererhof bezeichnet. Er "ist auch gepauet wie ein Hof, dan in der Mitten ist der Hof umb un umb auf vier seiten doppelte Gaden aufeinanderm in und auswendig aufgebaut, und Zümmer in bestand verlassen, ausser des anderen Gaden vorn auf die Gassen, der ist bis dato eben vom Stückhl welcher wissentlich ein Mann von gueten Mitteln ist, darumben mit Fleiss, hinterlüsstig und strafmessiger Weise, Euer kaiserliche Majestät Quartierregal zu Schaden, nit ausgebauet werden, blos allein sich dadurch des Quartiers zu entschitten. Wie dann vil Jahr hero sich keiner ausser jetzto des Herrn Breiners gefunden, welcher auf seine Unkosten dieses Quartier zu bauen und künftig am Quartierzins zu defalcieren sich anerpotten hatte."

Dem Antrag auf Abweisung der Bitte des Stückhl wurde mit kaiserlichen Entschließung vom 20. März 1660 Folge gegeben, Hätte das Hofquartieramt Einsicht in das Grundbuch genommen, hätte es feststellen können, dass Stückhl gar nicht der rechtmässige Eigentümer des Hauses war und dort nur der Name seiner Frau aufscheint, welche das Haus 1674 dem Hofkammeramt Seyfried Christoph Breuner, Herrn von Statz, Freiherrn von Stübin, Fladnitz und Bahenstein, Herr der Herrschaften Ulrichskorchen und Heiligen Berg, verkaufte, dem der Aufbau des zweiten Stockwerkes bewilligt wurde.

Palais Rabutin-Kinsky

Von ihm erwarb den Hof mit Kaufkontrakt vom 18. September 1694 Dorothea Elisabeth, Erbin zu Nordtwegen Herzogin zu Schleswig-Holstein, Gräfin zu Olderndorff und Dillmannhorst verehelichte Rabutin. Sie machte das Haus durch ihre eleganten Soireen, welche sie allwöchentlich zweimal gab, zum Mittelpunkt des damaligen geistigen Wien. Auch Prinz Eugen gehörte zu ihren Besuchern und die namhaftesten Künstler und Gelehrten fanden sich bei ihr ein. Sie war auch Tonangeberin in der Mode. Man trug Kleider à la Rabutin, Kopfputz à la Rabutin und vieles mehr. Von ihr sprachen alle Fremden und auch Lady Montague (1690-1760) erwähnten ihrer in Briefen vom Jahr 1716. Dort heißt es: "Der Umgang ist ein ganz ungezwungener, Madam Rabutin, eine Dame von bestem Ton, spricht mit Niemanden insbesondere, sondern mit allen gleichmäßig, erwidert auch die Besuche nicht. Und wer nur will, mag sie ansprechen, ohne erst förmlich vorgestellt zu werden. Die Gesellschaft wird mit Chocolade, Eis, Confituren und sonstiger kalter Küche bewirtet. Dann verteilt sie zum L'Hombre, Piquer oder zur mündlichen Conversation."

Gräfin Rabutin behielt auch nach dem Verkaufe des Hauses ihre Wohnung dortselbst bei und starb dort am 18. Juli 1725 im 80. Lebensjahr.

Bereits 1704 hatte sie den Hof des geheimen Konferenzrat, königlichen Statthalter und obersten Kanzler im Königreich Böhmen Grafen Wenzel Norbert Oktavian Kinsky von Wchinitz und Tettau, Erbherr der Herrschaft Chlumetz, Böhmen, Kamenitz, Arnau, Neuschloss, Drabutos nd Radeschin verkauft. Dieser verkaufte den Hof zufolge Kontrakt vom 1. März 1793 an Eleonore, verwittwete Fürstin zu Schwarzenberg geborene Gräfin zu Oetting. Wallerstein, wozu wegen des gräflichen Kinskyschen Fideiskomisses vom böhmischen Landrecht die Bewilligung eingeholt werden musste. Das Gebäude blieb bis 1846 im Besitz derer von Schwarzenberg. Dann kaufte es Georg Freiherr von Sina de Hodeos und Kizida.

Im Jahr (1847) wurde das Haus das sich durch ein stattliches Portal auszeichnete, abgebrochen und 1849 durch einen Neubau ersetzt, der auch die Häuser Nummer 769 und 770 in sich schloss.

Neubau

Der vier Stock hohe Neubau, das gegenwärtige Bau, umfasst eine Fläche von 1618m² und fiel 1867 erblich an Irene Freiin von Sina, verehelichte Fürstin von Maurocordato. Der Architekt war Josef Kornhäusel.

Mit Kaufkontrakt vom 1. Mai 1906 wurde das Haus von der Mercurbank erworben. Dieses 1887 gegründete Geldinstitut, früher Wechselstuben A.G. Mercur, kultivierte ursprünglich das Wechselstubengeschäft und hat auf diesem Gebiete Richtunggebend gewirkt, bezog aber bald auch alle andern Zweige des Bankgeschäftes in seinen Aufgabenkreis ein. Mit dem Kaufverträgen vom 13. und 22. September 1938 kam das Reich (Reichsfinanzverwaltung.)

Kriegsschäden

Das Haus hat am 5. November und am 12. November 1944 Bombeneinschläge erhalten, doch schlimmer waren die beiden Volltreffer, die zwischen 8. Und 11. April 1945 niederging. Ein großer Teil des Hauses wurde demoliert, das Glasdach des Kassensaales stürzte ein und ein Hausteil brannte aus. In dem weniger beschädigten Teil des Hauses konnte nach behelfsmäßiger Ausbesserung ein beschränkter Betrieb wieder aufgenommen werden. Auch die Bewohnbarkeit von Wohnungen wurde wieder hergestellt.

Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre

  • Mercurbank (1906-1938)
  • heute: Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland

Literatur

  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 4, 1. Teil. Wien ²1954 (Manuskript im WStLA), S. 4-13