Ringstraßenwettbewerb Projekt Nr.82

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Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Wettbewerb
Datum von 31. Jänner 1858
Datum bis 31. Juli 1858
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 43898
GND
WikidataID
Objektbezug Ringstraße, Glacis
Quelle
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Letzte Änderung am 12.12.2022 durch WIEN1.lanm08jan

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Devise: Aus der Ferne.


Verfasser: unbekannt


Das Projekt Nr. 82 wurde am 9. August 1858 im Ministerium des Innern abgelegt.[1]


Städtebaulicher Entwurf

Da der "an der äußersten Grenze Europa’s" wohnende Projektant seine Wettbewerbsunterlagen erst Mitte Juni 1858 erhielt, blieb ihm laut eigener Aussage nur wenig Zeit zur Ausarbeitung. Dies zeigt sich auch in nur einem Situationsplan und einer dünnen Denkschrift.
Die Zwecke des die innere Stadt umfassenden Boulevards sah er in der verkehrstechnischen Verbindung sowie in "der Lüftung selbst der ganz verbauten Stadt-Theile". Er legte ihn im Osten der Stadt knapp vor die Stadtgräben, führte ihn bis an den Wienfluss und daraufhin knapp vor dem Burgthor nach Nordwesten. Nicht nur an dieser Stelle, auch in der Innenstadt offenbarten sich zwei kardinale Zeichenfehler, die dem Wettbewerbsteilnehmer unterliefen, da er offenbar an den einzelnen Blättern separat arbeitete und sie erst am Schluss aneinanderfügte. Der Boulevard erhielt eine unmotivierte Kurve vor dem Volksgarten und der Straßendurchbruch der auf das Karolinenthor hinführte, war um die gesamte Straßenbreite versetzt. Fehlerhaft wirkte der nahezu rechtwinklige Knick der Ringstraße vor der Mölkerbastei und auch dessen Ende in einer ehemaligen Straße des Glacis, die er als Lastenstraße umnutzte. Hingegen führte er den Boulevard an der Franz-Josefs-Kaserne über eine neue Brücke bis zur Jägerzeile und verband so die Leopoldstadt mit der inneren Stadt. Im Querschnitt sollte der Boulevards in der Mitte aus einer 6 Klafter breiten Reitbahn bestehen, die von zwei ebenso breiten Fahrbahnen flankiert gewesen wäre. Daneben waren 3 Klafter breite Fußwege vorgesehen, die verbliebenen 16 Klafter hätten sich auf zwei als "Boskets und Gartenanlagen" gestaltete Grünräume aufgeteilt. Außerdem führte der Projektant eine Lastenstraße um die gesamte Stadt herum.
Nochmals wurde die Leopoldstadt an die innere Stadt mit der "Kreuzstraße", einer Wienerischen Variante der Pariser Grande Croisée, verbunden. Diese zwei sich kreuzenden Straßen verliefen von der Freyung bis zum Karolinentor und von der Ausfahrt der Hofburg in den Kohlmarkt über eine neue Brücke bis auf den Karmeliterplatz.
Der Teilnehmer ging in seinem Stadterweiterungsplan davon aus, dass dem Ganzen der Umbau der kaiserlichen Hofburg vorangehen sollte, da sie "allein den Kern des Gesammt-Entwurfes" bestimme. Diese demolierte er auf der Innenstadtseite dahingehend, dass der vollständige Komplex als beinahe exaktes Viereck im Plan der Stadt aufschien. Das quadratische Erscheinungsbild erhielt der ferne Projektant, indem er in Richtung der Hofstallungen zwei Flügel anbrachte, im südlichen sollten die kaiserlichen Apartments, im nördlichen die Repräsentationsräume untergebracht werden. Als Grund, warum er vor dem stadtseitigen Eingang dennoch zwei Wohnbauten einem freien Platz vorzog, nannte er, dass es nicht zweckmäßig sei, "wenn große freie Schloß-Plätze die Ansammlung beträchtliche Menschenmassen gestatten".
Im Quartier vor der Kärntnerstraße legte er die Wohn- und öffentlichen Bauten in einem orthogonalen Raster an, das er etwa durch die Lastenstraße queren ließ und dadurch die Strenge des Entwurfes auflockerte. Im östlichen Bereich ließ er sich zu sehr von den Gegebenheiten der angrenzenden Stadtteile beeinflussen, wodurch sehr lange Baublöcke entstanden. Er projektierte sowohl am östlichen (Stadthaus) wie am westlichen (k. k. Staatsministerium, General- und Stadtkommandantur) Ende des Quartiers repräsentativen Schaufronten. Im nördlichen Stadtteil füllte er lediglich die Restflächen zwischen Boulevard und innerer Stadt auf. Städtebaulich überzeugte die Lösung durch den schon angesprochenen scharfen Knick des Boulevards, das Ende desselben und der Setzung der Bauten wenig. Die Bebauung vor Neu-Wien wurde im vorgegebenen Raster weitergeführt, die an der Kaserne durch einen Dreiviertelrundplatz aufgelockert wurde. Die Votivkirche sollte durch zwei unregelmäßige Bauten eingefasst werden, aber auch dieser Versuch überzeugte nicht.


Stellenwert

Möglicherweise war der Projektant ein Angehöriger des österreichischen Militärs, da er nicht nur die Votivkirche als "Kathedrale des apostolischen Feldvikars der kaiserlichen Heere und Ordenskirche der k. k. Militär-Orden" bestimmen wollte, sondern auch, weil er sowohl für die Arcierenleibgarde wie auch für die "Trabantengarde und Burgwache mit der Gardekapelle und endlich in dem eigentlichen Jesuitenhofe [für] die Garde Gensdarmerie" eigene Baulichkeiten vorsah.
Der Entwurf hat seine Qualitäten, besonders in der Führung der Lastenstraße, im Ausbau der Hofburg und deren Anbindung an die über die Innenstadt gelegte "Kreuzstraße". An vielen Stellen scheint aber ein zu großer Respekt vor dem Bestand geherrscht zu haben, wodurch viele Bereiche als ungenügend gelöst angesehen werden müssen.[2]


Siehe auch:


Quellen


Einzelnachweise

  1. Österreichisches Staatsarchiv, AVA, STEF, Karton 2, Fasz. 7111/M.I. 691/1858
  2. Zum Ringstraßenwettbewerb siehe: Harald R. Stühlinger, Der Wettbewerb zur Wiener Ringstraße, Birkhäuser, Basel 2015