Interterritorialer Verlag Renaissance

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Verlag
Datum von 1920
Datum bis unbekannt
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 71675
GND
WikidataID
Objektbezug Verlagsgeschichte
Quelle
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Letzte Änderung am 20.11.2023 durch WIEN1.lanm09krs
  • 1., Johannesgasse 14

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48° 12' 13.79" N, 16° 22' 30.36" E  zur Karte im Wien Kulturgut

1920 gründete der aus Galizien stammende Zionist David (auch: Davis bzw. Lucian Frank) Erdtracht in Wien einen Verlag, in dem er zunächst Werke zionistischer Tendenz verlegte, darunter die zweibändigen "Geschichte des Zionismus" von Nahum Sokolow oder eine siebenbändige Reihe mit dem Titel "An der Schwelle der Wiedergeburt". Im Impressum wechselte dabei die Eigenbezeichnung zwischen "Verlag Wiedergeburt" und "Interterritorialer Verlag Wiedergeburt, Wien-Berlin-Warschau-London-New York". Die Verleihung einer Konzession zum Betrieb eines Verlags über den für Erdtracht tätigen Drucker Ignaz Citron im Folgejahr schlug fehl. Im Juli 1922 glückte dann die Inkorporation der Firma "Interterritorialer Renaissance-Verlag Davis Erdtracht" zum Verlag von Büchern, Musikalien und Kinowerken am Standort Wien-Innere Stadt, Johannesgasse 14.

Der Verlag entwickelte ein umfangreiches Programm, etwa vierzig Werke in polnischer Übersetzung, darunter vier Titelvon Leo Perutz, vier von Gustav Meyrink, zwei von Arthur Schnitzler, zwei von Gerhart Hauptmann, vier von Jakob Wassermann, drei von Albert Einstein oder Hugo Bettauers "Die Stadt ohne Juden". Dazu kamen etwa gleich viele Titel in deutscher Sprache. Der Schwerpunkt lag auf Übersetzungswerken aus einer Fremdsprache ins Deutsche. Dabei nahm es Erdtracht mit der Abklärung der Rechte nicht immer genau und wurde etwa wegen der nicht genehmigten Übersetzung von Victor Marguerittes Erfolgsroman "La Garçonne" zu einer hohen Geldstrafe nebst Verfall der gedruckten Bücher und Entrichtung eines Schadenersatzbetrages an den Pariser Verlag verurteilt. Trotz der hohen Strafe war Erdtracht geschäftstüchtig genug, um aus der Not eine Tugend zu machen: Er warb mit dem verkaufsfördernden Slogan "Konfisziert und wieder freigegeben“ für eine "La Garçonne"-Parodie von Hans Reimann, deren Auflage 80.000 Exemplare erreichte.

1925 war der "Interterritoriale Verlag Renaissance" war überschuldet, Erdtracht musste einen Ausgleichsantrag stellen, der 1926 vom Handelsgericht bestätigt wurde. Kaum hatte sich der Verlag finanziell von diesem Rückschlag erholt, begann das Sensationsblatt "Der Abend" eine Verleumdungskampagne gegen den Verleger, was Erdtracht Glaub- und Kreditwürdigkeit untergrub. Der Verlag trat nicht mehr als eigenständiges Unternehmen in Erscheinung, sondern beschränkte sich auf die Vertretung . Es wurde in Wien lediglich die Vertretung des Verlages "Interterritorial Wydawinczy Renaissance" in Warschau geführt. Nach 1930 dürfte Erdtracht Wien verlassen haben.

Obwohl der Verlag das Schwergewicht auf deutsche Übersetzungen fremdsprachiger Werke legte (unter anderem Julius Slowacki, Claude Farrére, Gabriele D’Annunzio, Upton Sinclair, Edgar Alan Poe, Paul Bourget etc.), waren auch deutsche und österreichische Autoren im Verlagsprogramm zu finden: Adolf Gelber, Carl Julius Haidvogel, Heinrich Husserl, Paul Frank, Hans Liebstöckl, Alfons Petzold, Johann Nestroy, Robert Müller, Lothar Ring, Leopold Wolfgang Rochowanski, Kurt Sonnenfeld und andere.

Quellen

Weblinks