Café Bellevue

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Kaffeehaus
Datum von 1782
Datum bis 1832
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 45267
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle
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  • 1., Fischhof (1)
  • 1., Lichtensteg 4
  • 1., Haarmarkt
  • 1., Lichtensteg
  • 1., Lugeck
  • 1., Kohlmarkt

Frühere Adressierung

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48° 12' 37.82" N, 16° 22' 25.11" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Café Bellevue (1, Kärntner Straße 49 (siehe Fensterguckerhaus; Fischhof [1]).

Das Kaffeehaus unter Martin Wiegand

Martin Wiegand eröffnete das Café im Jahr 1782 im Baron Loprestischen Haus nahe dem ehemaligen Kärntnertor. Das Kaffeehaus besaß drei Eingänge, zwei Billardtische und im Gewölbe im Erdgeschoß durfte geraucht werden. Im ersten Stock baute Wiegand einen Balkon an das Gebäude, von wo aus die Aussicht genossen werden konnte. In diese Zeit fällt die Gründung besonders luxuriöser Kaffeehäuser, wozu auch das Café Bellevue des Martin Wiegand zu zählen war. Die Gäste mussten sich den Aufenthalt im Kaffeehaus regelrecht leisten können; so kostete das Billardspiel in den oberen neu und prachtvoll eingerichteten Zimmern etwa das Doppelte als im Erdgeschoß. Im Sommer zog es viele Spaziergänger der Basteipromenade in das Café. Dementsprechend wurden in der warmen Jahreszeit Stühle und Tische vor dem Haus positioniert und diverse Eissorten angeboten. Bei Theateraufführungen im benachbarten Kärntnertortheater war das Kaffeehaus die ganze Nacht über geöffnet.

Martin Wiegand gilt als Begründer der Wiener Kaffeehaus-Konzerte, die Ende des 18. Jahrhunderts eine völlige Neuheit darstellten und das Publikum ins Café locken konnten. Wiegands Idee fand schnell Nachahmer und Konzerte im Kaffeehaus wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts Gang und Gebe. Im Sommer spielte das Orchester teilweise jeden Abend auf der Bastei im Freien. Innerhalb des Cafés spielten die Musiker zum Teil bis um sechs Uhr in der Früh.

Das Café Bellevue lud zum Nichtstun und genießen ein und war keines der zur selben Zeit zahlreich bestehenden politischen Kaffeehäusern. Neben dem Billardspiel wurde etwa eine Kegelbahn eingerichtet und den Rauchern wurden verschiedene Tabaksorten und Pfeifen zur Verfügung gestellt. Wiegand war bemüht, seinen Gästen stets ein neues Vergnügen bieten zu können. Dementsprechend ließ er beispielsweise eines der Billardzimmer mit Schlachtenszenen aus Feldzügen der türkischen Kriege ausmalen, um die kriegsbegeisterten Besucher ins Schwärmen zu bringen. Trotz seiner Bemühungen konnte Wiegand das Kaffeehaus aber schon Ende des 18. Jahrhunderts nicht länger halten. 1792 wurde es von Cleopha Lechner übernommen, die das Café alsbald an den sogenannten Fischhof verlegte.

Das Kaffeehaus unter Cleopha Lechner am Fischhof

Cleopha Lechner führte das Café im Sinne des Begründers Martin Wiegand fort. Sie veranstaltete weiterhin Konzerte und ließ das Lokal in geschmackvoller Einrichtung ausstatten. Sie richtete das Lokal sehr komfortabel ein, wodurch viele Gäste ins Lokal strömten und das Café von der Konkurrenz durchaus beneidet wurde. Am 10. Mai 1792 hatte Cleopha Lechner die Bewilligung bekommen, das Gewerbe auszuüben, und sie bezog mit der Institution nun ein Haus am Fischhof neben dem Hohen Markt. Dort bezog sie das Erdgeschoß, sowie den ersten und später auch den zweiten Stock des Hauses. Sie ließ auch dieses Etablissement prächtig ausstatten, was für Aufsehen sorgte. Über das Kaffeehaus wurde 1793 berichtet: "Der Geschmack, der in demselben im ersten Stock angebrachten prächtigen und niedlichen Einrichtung hat einen außerordentlichen Zulauf von Menschen ohne Unterschied, aber auch deren ungeteilten Beifall und Bewunderung nach sich gezogen, weil niemand ein dergleichen Kaffeehaus gesehen zu haben beteuerte […]." [1]

Der Neid der umliegenden Kaffeehausbesitzer gipfelte in zahlreichen Beschwerden, die gegen Cleopha Lechner eingebracht wurden. Alle diese Angriffe schadeten ihr aber weiter nichts und sie eröffnete im Frühling 1794 erneut die Konzertsaison am Fischhof. Von Ende April an fanden die Konzerte im Freien und bei schlechter Witterung im Saal mit immer neuer Instrumentalbesetzung statt. Das Café Bellevue zählte schon bald zu den meistbesuchten, meistgelobten und besten Kaffeehäusern Wiens. Besucher betonten die elegante Einrichtung, die feine und höfliche Art der Frau Lechner und die prunkvollen silbernen Kannen und die Tassen aus feinstem Porzellan. Zeitschriften, wie sie im 18. Jahrhundert noch massenhaft in Kaffeehäusern aufgelegt waren, waren nun fast zur Gänze aus diesen verschwunden. Die Bildung in politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten passte wohl nicht zu dem biedermeierischen Idealbild des müßigen und politisch desinteressierten Bürgers. Im Café Bellevue aber fanden sich noch einige wenige Zeitschriften, was durchaus Zuspruch fand.

Ab 1795 eröffnete Cleopha Lechner ein Erfrischungszelt am Hohen Markt, wo ebenso Konzerte veranstaltet und verschiedene Eissorten angeboten wurden. Im Jahr 1804 übersiedelte sie mit ihrem Zelt auf die Rotenturmbastei. Im nächsten Jahr verließ sie aber infolge eines Streits mit dem Hausherrn das am Fischhof untergebrachte Kaffeehaus, um am Lichtensteg ein neues Lokal zu beziehen. Daneben führte sie weiterhin das Erfrischungszelt auf der Rotenturmbastei. Wiederum wurden gegen Lechner und ihr neues Lokal Beschwerden von Seiten der Konkurrenz eingebracht. Vermutlich wurde es ihr auch deshalb erschwert, weil eine Frau als alleinige Besitzerin eins Lokals doch sehr unüblich war. Die Proteste wurden aber wiederum zurückgewiesen. 1806 übersiedelte Lechner mit dem Café zum Lugeck. Zu dieser Zeit scheint das Café Bellevue immer mehr in Verfall geraten zu sein. Bei einem Bombenanschlag während den Kriegen im Jahr 1809 wurde das Haus stark beschädigt. Das Lokal musste renoviert werden und blieb für ein Jahr geschlossen. 1812 wurde das Kaffeehaus wegen Steuerrückstand vorübergehend geschlossen. 1814 übersiedelte Lechner auf den Kohlmarkt, in ein Lokal ausschließlich im ersten Stock und 1817 zurück auf den Hohen Markt (Ecke Lichtensteg), ins Haus Zum roten Krebs, wiederum im ersten Stock. Das Café Bellevue der Cleopha Lechner scheint in diesen Jahren aber keine große Rolle mehr gespielt zu haben, denn in der Reiseliteratur ist später keine Rede mehr davon. Nach einem neuerlichen Lokalwechsel – dieses Mal auf den Haarmarkt – starb Cleopha Lechner am 29. August 1832 im Alter von 76 Jahren.

Quellen

  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt.119, A25.1044 - Café Bellevue

Literatur

  • Das Wiener Kaffeehaus. Von den Anfängen bis zur Zwischenkriegszeit (Katalog zur 66. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien), Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1980, S. 32
  • Gustav Gugitz: Das Wiener Kaffeehaus. Ein Stück Kultur- und Lokalgeschichte. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1940, S. 84-86 und 138-141

Einzelnachweise

  1. Gustav Gugitz: Das Wiener Kaffeehaus. Ein Stück Kultur- und Lokalgeschichte. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1940, S. 139