Naturhistorisches Museum

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Burgring 7, Naturhistorisches Museum, um 1890
Daten zur Organisation
Art der Organisation Museum
Datum von 1889
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 14653
GND
WikidataID
Objektbezug Hofburg, Naturhistorisches Museum (Gebäude), Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildunterschrift Burgring 7, Naturhistorisches Museum, um 1890
  • 1., Burgring 7

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst.

  • Maria Teschler-Nicola (Leiterin des Instituts für Humanbiologie, 1997-, Direktorin der Abteilung Archäologische Biologie und Anthropologie, 1998-)

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48° 12' 20.49" N, 16° 21' 37.77" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Bewegliches Allosaurus-Modell im Saal 10 des Naturhistorischen Museums.
Dinosaurierschädel im Naturhistorischen Museum

Das Naturhistorische Museum (1., Burgring 7) wurde am 30. April 1876 gegründet und am 10. August 1889 eröffnet. Der Grundstock der Sammlungen des Museums geht auf Kaiser Franz I. Stephan zurück, der 1750 die damals größte und berühmteste Naturaliensammlung der Welt des Florentiner Gelehrten Johann Ritter von Baillou kaufte.

Die mineralischen, botanischen und zoologischen Sammlungen vor 1876

Den Grundstock bildete die 1748 begründete Privatsammlung Franz' I. (Ankauf der Sammlung Johann Ritter von Baillous), die nach seinem Tod 1765 von Maria Theresia an den Staat übergeben und im Augustinergangtrakt aufgestellt wurde. 1776 wurde der Mineraloge Ignaz Born als Kustos mit der systematischen Aufstellung und Vergrößerung der über 30.000 Objekte umfassenden Sammlung von Muscheln, Korallen, Krebsen und Versteinerungen betraut. Das Werk "Index rer. nat. Musei Caesarei Vindobonensis" ist die erste wissenschaftliche Bearbeitung der Sammlung.

1796 erweiterte Kaiser Franz II. die Sammlung um ein Tierkabinett, das gemeinsam mit den physikalischen und astronomischen Instrumenten als "Das k.k. Physikalisch-Astronomische Kunst- und Natur-Thier-Cabinet" im linken Teil der Hofbibliothek, spätere Nationalbibliothek, ausgestellt wurde. 1797 war die Aufstellung der Tiere und Landschaftsbilder unter der Leitung von Abbé Simon Eberle beendet, entbehrte allerdings jeglichen wissenschaftlichen Charakter. Auch die Zurschaustellung des ausgestopften Körpers des 1796 verstorbenen Kammerdieners Angelo Soliman erntete etliche Kritik. 1801 folgte Abbé Andreas Xaverius Stütz als Leiter der Sammlung und strebte eine systematische Ordnung an, die unter Eberle vernachlässigt worden war. 1803 widmete sich der Kaiser der Gründung eines Pflanzenkabinetts. Von 1802 bis 1806 wurden die Sammlungen unter der Bezeichnung "Vereinigtes Naturalien-, physikalisches und astronomisches Cabinet" zusammengefasst.

Von 1806 bis 1851 wurden die Sammlungen als "Vereinigtes k. k. Naturalien-Cabinet" geführt. Das 1807 gegründete Pflanzenkabinett und das Tierkabinett gingen 1811 endgültig in Staatseigentum über. 1806 trat Karl Franz Anton Schreibers die Leitung der Sammlungen an und setzte damit vollkommen neue Maßstäbe, was die Aufstellung, Erweiterung und Erforschung der Bestände betraf. Schreibers beauftragte Josef Natterer (Vater) und dessen Söhne mit der Neuaufstellung des Tierkabinetts und dem Erwerb neuer Objekte. Personen wie Johann Gottfried Bremser, Vincenz Kollar, Ludwig Redtenbacher und Leopold Joseph Fitzinger trugen maßgeblich zu Spezialisierungen des Tierkabinetts bei. Der Präparator Johann Jakob Heckel war einer der Pioniere der Fischkunde in Österreich. Das Pflanzenkabinett erhielt in Leopold Trattinnick seinen ersten Leiter, der die Weichen für seinen Nachfolger Stephan Ladislaus Endlicher legte, um eine neue Systematik der Pflanzenwelt zu entwickeln. Unternehmungen wie die Brasilien-Expedition (1817-1835) von Johann Natterer vergrößerten die Bestände so sehr, sodass neue Räumlichkeiten bezogen werden mussten: Im "Brasilianischen Museum" (Harrach'sches Haus in der Johannesgasse 7) wurden die Ergebnisse dieser Expedition mit 500 Aquarellen des Expeditionsmalers Thomas Ender gezeigt. Die völkerkundlichen Exponate wurden im "Kaiserhaus" in der Ungargasse ausgestellt. Die 1836/1840 erschienen zwei Bände "Annalen des Kaiserlichen Museums für Naturgeschichte" markierten die Umwandlung der Kabinette in wissenschaftliche Forschungsinstitute, sie sind die Vorläufer des späteren k. k. Naturhistorischen Museums. Der Brand der Hofburg am 31. Oktober 1848 während der Revolution zerstörte einen Großteil von Johann Natterers Privatsammlung, wertvolle Aufzeichnungen sowie auch die Exponate ausgestopfter Menschen.

Ab 1851 waren die Mineralogische, Zoologische und Botanische Sammlungen in Kabinette getrennt. In den 1850er Jahren leistete der Geologe Eduard Suess bedeutende Arbeiten am Mineralien-Kabinett. Die Novara-Expedition von 1857 bis 1859 unter Ferdinand Hochstetters und Georg Frauenfelds Leitung brachte neuerlich große Zuwächse für die Sammlungen.

Das k. k. Naturhistorische Hofmuseum von 1876 bis 1918

Am 20. Dezember 1857 verfügte Kaiser Franz Joseph I. die Schleifung der Stadtmauern zugunsten der Stadterweiterung. Auch Museumsneubauten waren angedacht, um der Raumnot, die sich in den Jahren des Sammelns, zugespitzt hatte, entgegenzuwirken. Am 29. April entwarf Ferdinand Hochstetter einen Organisationsplan für das neue Museum, am Tag darauf wurde er als erster Intendant des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums bestellt. Sein Plan sah fünf Abteilungen vor:

  • eine Mineralogisch-Petrographische, geleitet von Aristides Brezina
  • eine Geologisch-Paläontologische, geleitet von Theodor Fuchs
  • eine Zoologische, geleitet von Franz Steindachner
  • eine Botanische, geleitet von Georg Beck von Managetta
  • und eine Anthropologisch-ethnologische unter Hochstetters Leitung (1882 erfolgte die Teilung in eine Anthropologisch-prähistorische und in eine Ethnographische Sammlung)

Ehe das Gebäude fertiggestellt wurde, verstarb Hochstetter 1884, seine Pläne wurden von Franz von Hauer bis 1896 fortgeführt. 1886 erschien der erste Band der "Annalen des k.k. Naturhistorischen Hofmuseums" sowie der erste "Allgemeine Führer durch die Schausammlungen". Franz Steindachner übernahm von 1898 bis 1919 als dritter und letzter Intendant die Leitung des Museums. Auch diese Zeit war geprägt von tüchtiger Sammeltätigkeit (beispielsweise durch Franz Ferdinand von Österreich-Estes Weltreise 1892/1893 mit dem Kreuzer "Kaiserin Elisabeth") und fruchtbarer Forschung (Josef Bayer wirkte als Pionier in der Eiszeitforschung).

In den Kriegsjahren 1914 bis 1918 blieb das Museum geschlossen, 1917 wurde die Publikationsreihe "Denkschriften des k. k. Naturhistorischen Hofmuseums" gegründet.

Das Naturhistorische Museum in der Zwischenkriegszeit

1919 war ein bewegtes Jahr für das Museum: Mit der Einverleibung des Museums in das Staatsamt für Unterricht wurde der Intendanz Steindachners ein Ende gesetzt und von nun an sollte ein Vorsitzender des Museumskollegiums, ausgewählt aus den Leitern der Sammlungen, für eine Dauer von zwei Jahren dem Museum vorstehen. Mit der Einführung der neuen Dienstvorschriften bekleidete ab 1925 der "Erste Direktor" dieses Amt, Hans Rebel führte als erster diesen Titel. Neuanschaffungen waren in dieser Zeit nur schwer zu bewerkstelligen, der 1923 gegründete "Verein der Freunde des Naturhistorischen Museums" half mit finanziellen Zuwendungen aus.

1924 kam es zu einer abermaligen Aufteilung der Anthropologisch-ethnologischen Abteilung in drei eigenständige Einheiten: die Anthropologische, Prähistorische und Ethnographische. Letzere schied aufgrund von Platzmangel aus dem Naturhistorischen Museum aus und etablierte sich 1927 als Museum für Völkerkunde in der Neuen Hofburg (Corps de Logis).

In den Jahren kurz vor Kriegsbeginn erfolgte eine Personalrochade auf der Führungsebene: 1938/1939 übernahm Otto Pesta die kommissarische Leitung, nach ihm fungierte der Dresdner Zoologe Hans Kummerlöwe als Erster Direktor, der nach seiner Einberufung 1941 bis 1945 durch den Geologen Friedrich Trauth vertreten wurde.

Das Naturhistorische Museum in der Zweiten Republik

Bis auf geringe Kriegsschäden am Gebäude verzeichnete das Museum weitgehend keine Verluste in den Sammlungen, nur die Botanische Abteilung war von größeren Schäden betroffen. Unter der Leitung von Hans Strouhal als Erster Direktor in den 1950er Jahren kam es zu einer Vielzahl von Neuerungen wie der Modernisierung des Kinosaals, der Einrichtung eines Kurssaales und der Neuaufstellung von etlichen Schausammlungen. 1954 gründete die Mineralogische Sammlung ein "Staatliches Edelsteininstitut". 1958 rief Friedrich Bachmayer die Publikationsreihe "Veröffentlichungen des naturhistorischen Museums" ins Leben. Ende der 1950er Jahre wurden die ersten Aufzüge und Begiftungseinlagen eingerichtet, elektrisches Licht kam in vielen Räumen zum Einsatz. Die Jahre 1959/1960 standen unter dem Stern regen internationalen Austausches, der Flora Europaea-Kongress und der 11. Internationale Entomologen-Kongress wurden im Naturhistorischen Museum abgehalten. 1963 erfuhr der "Verein der Freunde des Naturhistorischen Museums" durch Beamte des Museums eine Neugründung.

Mit Bachmayers Dienstantritt als Erster Direktor 1972 geschahen zahlreiche Neustrukturierungen auf BeamtInnenebene und auch in der technischen Infrastruktur des Museums. Die Zoologische Abteilung wurde nunmehr dreigeteilt: Erste Zoologische (Wirbeltiere), Zweite Zoologische (Insekten) und Dritte Zoologische Abteilung (sonstige Wirbellose). Der Ersten Abteilung schloss sich gleichzeitig eine "Archäologisch-zoologische Sammlung" an.

Seit 1978 bestand die Dauerausstellung des "Rassesaals" der Anthropologischen Abteilung, in dem KritikerInnen eine Fortführung "naziähnlicher Forschung" sahen. 1997 wurde die Ausstellung aufgrund des zunehmenden medialen und politischen Druckes geschlossen. 2013 wurde eine neue Dauerausstellung installiert, die einen Einblick in die über 60.000 Objekte der Anthropologischen Abteilung gibt.[1]

Auch das Naturhistorische Museum sah sich wie andere Bundesmuseen mit der Restitutionsproblematik konfrontiert. Das Kunstrückgabegesetz 1998[2] veranlasste zu einer eingehenden und systematischen Auseinandersetzung mit der Provenienzforschung.

Das Bundesmuseengesetz von 2002[3] ermöglichte dem Naturhistorischen Museum, mit dem 1. Jänner 2003 aus der Bundesverwaltung als wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit zu treten und eine eigene Firmenbuchnummer zu erhalten. Das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum im Narrenturm war das letzte noch in direkter Verwaltung des Unterrichtsministeriums verbliebene Museum bis 2011 und wurde mit 1. Jänner 2012 in die wissenschaftliche Anstalt Naturhistorisches Museum Wien als Pathologisch-anatomische Sammlung im Narrenturm (NHM) eingegliedert.

Von 2010 bis 2020 fungierte Christian Köberl als Generaldirektor und wissenschaftlicher Geschäftsführer und Herbert Kritscher als Vizedirektor und wirtschaftlicher Geschäftsführer. Seit 1. Juni 2020 ist Katrin Vohland Generaldirektorin des Museums.

Heute verfügt das Museum über folgende Abteilungen:

  • Anthropologische Abteilung
  • Archiv für Wissenschaftsgeschichte (seit 1987)
  • Pathologisch-anatomische Sammlung im Narrenturm
  • Umwelt und Ökologie
  • Botanische Abteilung
  • Geologische und Paläontologische Abteilung
  • Karst- und höhlenkundliche Arbeitsgruppe
  • Prähistorische Abteilung
  • 1. Zoologische Abteilung (Wirbeltiere)
  • 2. Zoologische Abteilung (Insekten)
  • 3. Zoologische Abteilung (Wirbellose ohne Insekten)

Leitende Personen

Werke

Das Naturhistorische Museum ist Herausgeber der "Annalen des Naturhistorischen Museums Wien".

Quellen

Literatur

  • Friedrich Bachmayer [Hg.]: 100 Jahre Naturhistorisches Museum Jubiläumsfestausstellung Naturhistorisches Museum. Wien: NHM 1976
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 58 f.
  • Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 31 f.
  • Das Naturhistorische Museum in Wien und seine Geschichte. Wien: NHM 1976
  • Das Naturhistorische Museum in Wien. Wien: NHM 1979, Entstehung: 11 ff., Gebäude: 29 ff.
  • Figuraler Schmuck im Kuppelraume und in den Sälen des naturhistorischen Hofmuseums in Wien, ausgeführt von Johannes Benk, Viktor Tilgner und Rudolf Weyr. Wien 1890
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 1: Geschichte, historische Hilfswissenschaften, Festungswerke und Kriegswesen, Rechtswesen, Kulturgeschichte, Sittengeschichte. Wien: Touristik-Verlag 1947, S. 318
  • Museen und Sammlungen in Österreich. Wien 1968, S. 253 ff.
  • Rudolf Schmidt: Das Künstlerhaus. Eine Chronik. Wien 1951, S. 103 f. (künstlerischer Schmuck)
  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981, Band 1, S. 157
  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981, Band 4, S. 256 f.

Weblinks

Einzelnachweise