Sanatorium Fürth

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Sanatorium Fürth 1944
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Sanatorium Dr. Fürth für Chirurgie, Gynäkologie, Geburtshilfe und Interne
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Julius Fürth
Einlagezahl 864
Architekt Hans Auer
Prominente Bewohner
PageID 599
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 3.12.2015 durch WIEN1.lanm08jen
Bildname WStLA media wien Historisches Fotoarchiv FA 30203.jpg
Bildunterschrift Sanatorium Fürth 1944
  • 8., Schmidgasse 12-14
  • 8., Buchfeldgasse 11
  • Nr.: 193 (Bezirk: Josefstadt (Vorstadt), 1827, bis: 1862)

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48° 12' 38.27" N, 16° 21' 10.30" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Sanatorium Dr. Fürth für Chirurgie, Gynäkologie, Geburtshilfe und Interne [1], Wien 8, Schmidgasse 12-14, Buchfeldgasse 11, KG Josefstadt, EZ 864, letzte Konskriptionsnummer 193.
Das Gebäude wurde 1886 vom kaiserlichen Rat Dr. Albin Eder erworben und 1887 als Sanatorium nach den Plänen des Architekten Hans Auer errichtet [2] , 1892 erfolgte eine Erweiterung auf die Parzelle Schmidgasse 12-Buchfeldgasse 11. Das Sanatorium verfügte nach der Erweiterung über 54 Zimmer, zwei Operationssäle und ein Röntgeninstitut, über 1200 Patienten und Patientinnen wurden jährlich behandelt, es umfasste 2850m² Fläche [3] davon 1142m² überbaut, die restliche Fläche bestand aus Höfen und Gärten.[4] Mit Bescheid des Magistrats Wien vom 12. Jänner 1928 erhielt das Sanatorium die Erlaubnis, eine physikalische Abteilung zu führen.[5] Laut Statut lautete der der "Zweck der Anstalt: Die Anstalt bietet privaten Kranken die Möglichkeit, sich ärztlicher Behandlung unter steter ärztlicher Überwachung zu unterziehen".[6] Ausgenomen von der Aufnahme waren "alle der Anzeigepflicht unterliegenden Infektions- u., alle Geisteskranken".[7]

1895 erwarb Dr. med. Dr. Julius Fürth, geb. 3. Dezember 1859 in Schüttenhofen (Böhmen), gestorben 17. Mai 1923 in Wien[8] die Liegenschaft. Dr. Julius Fürth heiratete Albertine Rosenberg am 1894 im Wiener Stadttempel.[9] Nach dem Tod von Dr. Julius Fürth am 1. Mai 1923 wurde das Sanatorium von dessen Sohn Dr. med. Lothar Fürth weiter geführt. In seinem Testament vom 23. Februar 1923 bestimmte Dr. Julius Fürth seinen Sohn Lothar zum Erben des Sanatoriums "einschliesslich aller dazugehöriger Immobilen, Mobilien und Rechte".[10]
Der Arzt Dr. med. Lothar Paul Fürth wurde am 3. Februar 1897 in Wien geboren, war der Sohn des Julius Fürth und der Albertine Fürth, geborene Rosenberg.[11] Lothar Fürth promovierte zum Doktor der Medizin am 11. Mai 1922 an der Universität Wien.[12] Dr. Lothar Fürth trat am 15. Juni 1917 aus der Israelitischen Kultusgemeinde Wien aus und ließ sich am 22. Juni 1917 in der Evangelischen Stadtpfarre A.B. taufen.[13]

Er heiratete in erster Ehe am 8. November 1922 in Wien Marguerite Senhein, verstorben am 10. April 1931 in Wien, in 2. Ehe am 2.März 1934 in Wien Susanne Sophie Beständig, geboren am 28. April 1904 in Wien.[14] Infolge antijüdischer Ausschreitungen begingen Dr. Lothar und Susanne Fürth gemeinsam in ihrer Wohnung, Wien 8, Buchfeldgasse 13 am 3. April 1938 durch Injizieren von Gift Selbstmord. Am 5. April 1938 erschien die Todesanzeige von Emil und Ida Beständig in der Neuen Freien Presse.[15] Die Feuerbestattung erfolgte am 7. April 1938 in der Feuerhalle am Wiener Zentralfriedhof.[16]
Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten erhielt das Sanatorium Fürth vorrübergehend einen neuen ärztlichen Leiter, Dr. Franz Neuhauser.[17] Der letzte Patient verließ die Krankenanstalt am 7. Juli 1938[18], der Betrieb wurde eingestellt, mit Amtsvermerk des Wiener Magistrats, Magistratsabteilung 19 befand sich 1939 im Gebäude die "Wehrinspektion Wien".[19] Die Arisierung durch das Deutsche Reich (Reichsfiskus, Heer) erfolgte aufgrund des Kaufvertrages vom 27. März 1939. Der Kaufpreis lautete 310.00 RM.[20]
Dr. Lothar Fürth hatte das Sanatorium, im Falle des Todes seiner Gattin Susanne in seinem Testament vom 10. Oktober 1937 seiner Ehegattin Susanne und sollte diese vorverstorben sein, seinen Schwiegereltern Emil und Ida Beständig vererbt. Ausdrücklich von der Erbfolge ausgeschlossen waren demnach seine leibliche Schwester Hertha Lasker und deren Nachkommen. Die Erben Emil und Ida Beständig verzichteten jedoch im Hinblick darauf, dass sie nach Nürnberger Rassengesetzen als Juden galten, auf ihr Erbrecht. Die gesetzlichen Erben wären die Schwester Lothar Fürths Herta Lasker und deren Nachkommen gewesen, diese waren jedoch im April 1938 bereits vor den Nationalsozialisten geflüchtet. Lothar Fürth hatte John Davis, Wien 8, Lenaugasse 19 zu seinem Testamentsvollstrecker eingesetzt.[21]
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt. Der von Lothar Fürth eingesetzte Testamentsvollstrecker John Davis beantragte zwar 1946 die Rückstellung, wurde aber von der Republik Österreich nicht als Rechtsnachfolger Lothar Fürths anerkannt. Durch den Staatsvertrag von 1955 ging das Gebäude in das Eigentum der Republik Österreich über. Die Sammelstellen für erbloses Vermögen stellten 1960 den Antrag auf Rückstellung.Trotz Schätzgutachtens des Wertes der Liegenschaft auf über 6 Millionen Schilling zahlte die Republik Österreich aufgrund eines Vergleiches im Jahr 1966 eine Abfindung in der Höhe von 700.000 Schilling an die Sammelstellen.[22] Die Republik Österreich blieb weiterhin Eigentümerin und vermietete das Sanatorium bis zum Jahr 2007 an die US-amerikanische Botschaft. Die ab 2003 von Erben und Erbinnen nach Lothar Fürth gestellten Anträge auf Rückstellung mündeten 2009 und 2010 in eine Eigentumsübertragung aufgrund einer Entscheidung der Schiedsinstanz für Naturalrestitution, die den Vergleich von 1966 als "extrem ungerecht" beurteilte. Die aus 39 Mitgliedern bestehende Erbengemeinschaft verkaufte die Liegenschaft im Jahr 2010 an das Ehepaar Dagmar und Peter Rabensteiner. Im Grundbuch ist die Eigentümerin seit 2010 als Entwicklungsgesellschaft "Schmidgasse 14" eingetragen.[23]

Einzelnachweise

  1. Wiener Adressbuch. Lehmanns Wohnungsanzeiger, 79. Jg., Band 2.Wien: Österreichische –Anzeigengesellschaft A.G. 1938.
  2. Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverlag. 1918, S. 419 f. und Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 398 und WStLA, M. Abt 212, A 23 Ausgeschiedene Krankenanstalten: 21/4 Sanatorium Fürth. Statut, Wien 8.2.1888.
  3. In einem Zeitungsartikel wurde die Fläche mit 4500m² angegeben. Siehe http://diepresse.com/home/spectrum/zeichenderzeit/633403/Tragodie-mit-Happy-End
  4. Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 398
  5. M. Abt 212, A 23 Ausgeschiedene Krankenanstalten: 21/4 Sanatorium Fürth. Bescheid M. Abt. 13/8521/1926 vom 12.02.1928
  6. WStLA, M. Abt 212, A 26 Statuten: 4/8 Privatheilanstalt von Dr. Julius Fürth. Statut Wien, 01.1902
  7. WStLA, M. Abt 212,A 23: Ausgeschiedene Krankenanstalten: 21/4 Sanatorium Fürth. Statut Wien 1923
  8. Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800-1938. 3. Folge Band 16. Jahrbuch der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft „Adler“ – Wien. Amalthea-Signum Verlag Wien. Wien 2011, S. 829
  9. WStLA, Altmatriken, Israelitische Kultusgemeinde, B 3/1.29:Trauungsbuch Stadt, 144/1894
  10. WStLA, Bezirksgericht Josefstadt, A 4/1: 1 A 181/23
  11. WStLA, Altmatriken, Israelitische Kultusgemeinde, B 1/1.30: Geburtenbuch 407/1897
  12. www.genteam.at,Mediziner in Wien
  13. Georg Gaugusch: Wer einmal war, S. 830
  14. Gaugusch, Wer einmal war, S. 830
  15. Neue Freie Presse Morgenblatt, Nr. 26426 vom 5. Aprill.1938, S. 20 und WStLA, Totenbeschreibamt, A 1: Totenbeschaubefunde; Grabanweisungen, J. A. Zl. 12393/1938 und 12394/1938
  16. Gaugusch, Wer einmal war, S. 830
  17. WStLA, M. Abt 212, A 23 Ausgeschiedene Krankenanstalten: 21/4 Sanatorium Fürth. Bescheid M.Abt 8/F 16/1938 vom 08.07.1938
  18. WStLA, M. Abt 212, A 23 Ausgeschiedene Krankenanstalten: 21/4 Sanatorium Fürth. Sanatorium Fürth an die Magistratsabteilung 8 vom 7. Juli 1938.Amtsvermerk M. Abt. 19/2385/39 vom 05.04.1939
  19. WStLA, M. Abt 212, A 23 Ausgeschiedene Krankenanstalten: 21/4 Sanatorium Fürth
  20. WStLA, Mag. Abt. 119, A 41: 8. Bezirk, 1167
  21. WStLA, BG Innere Stadt, A 4/7: 7A 693/52
  22. https://entschaedigungsfonds.org/pressemitteilung/haeufig-gestellte-fragen-zum-restitutionsfall-sanatorium-fuerth.html und siehe auch Brigitte Bailer-Galanda: die Entstehung der Rückstellungs- und Entschädigungsgesetzgebung. Die Republik Österreich und das in der NS-Zeit entzogene Vermögen. Band 3: Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit, sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich. Wien / München. Oldenburg 2003, S. 538 und Georg Graf: Die österreichische Rückstellungsgesetzgebung. Eine juristische Analyse. Band 2: Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit, sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich. Wien / München. Oldenburg 2003, S. 431 f
  23. https://entschaedigungsfonds.org/pressemitteilung/haeufig-gestellte-fragen-zum-restitutionsfall-sanatorium-fuerth.html und http://diepresse.com/home/spectrum/zeichenderzeit/633403/Tragodie-mit-Happy-End