Leopold Kunschak

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Leopold Kunschak
Daten zur Person
Personenname Kunschak, Leopold
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 24937
GND 118725432
Wikidata
Geburtsdatum 11. November 1871
Geburtsort Wien
Sterbedatum 13. März 1953
Sterbeort Wien
Beruf Politiker, Arbeiter, Sattler, Redakteur
Parteizugehörigkeit Österreichische Volkspartei, Christlichsoziale Partei, Einheitsliste
Ereignis Februarkämpfe
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 5.10.2019 durch DYN.elisb
Begräbnisdatum 17. März 1953
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Ehrengrab, Grab 14C, Nummer 21
Ehrengrab ja„ja“ befindet sich nicht in der Liste (historisches Grab, ehrenhalber gewidmetes Grab, Ehrengrab) zulässiger Werte für das Attribut „Ehrengrab“.
Bildname Leopoldkunschak.jpg
Bildunterschrift Leopold Kunschak
  • 3., Gerlgasse (Geburtsadresse)
  • 17., Hernalser Hauptstraße 25 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Ehrenbürger der Stadt Wien (Verleihung: 8. November 1946, Übernahme: 8. Februar 1947)
  • Dr.-Karl-Renner-Stiftungspreis (Verleihung: 1951, Übernahme: 26. Jänner 1952)

  • Obmann der Christlichsozialen Arbeiterbewegung )
  • Obmann der Christlichsozialen Partei (1920 bis 1921)
  • Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (27.04.1904 bis 1918)
  • Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag (08.01.1909 bis 08.01.1915)
  • Reichsratsabgeordneter (17.06.1907 bis 30.03.1911)
  • Landesrat von Niederösterreich (01.10.1913 bis 02.05.1919)
  • Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung (04.03.1919 bis 09.11.1920)
  • Abgeordneter zum Nationalrat (10.11.1920 bis 02.05.1934)
  • Vizebürgermeister der Stadt Wien (17.04.1945 bis 14.02.1946)
  • Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (13.12.1945 bis 18.05.1946)
  • Abgeordneter zum Nationalrat (19.12.1945 bis 13.03.1953)
  • Präsident des Nationalrates (19.12.1945 bis 13.03.1953)
  • Mitglied der provisorischen Landesversammlung Niederösterreich (05.11.1918 bis 04.05.1919)
  • Mitglied des Staatsrats (1934 bis 1938)
  • Vorsitzender der 5. Bundesversammlung (20.12.1945)
  • Mitglied des Provisorischen Gemeinderates der Stadt Wien (03.12.1918 bis 22.05.1919)
  • Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (22.05.1919 bis 10.11.1920)
  • Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (10.11.1920 bis 12.02.1934)
  • Amtsführender Stadtrat Geschäftsgruppe Schulwesen (17.04.1945 bis 14.02.1946)
  • Landeshauptmannstellvertreter (21.10.1945 bis 14.02.1946)
  • Stadtrat (24.11.1922 bis 12.2.1934)

Leopold Kunschak, * 11. November 1871 Wien, † 13. März 1953 Wien, Arbeiter, Politiker.

Gedenktafel in der Maroltingergasse.

Biografie

Kunschak wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, arbeitete in einer Setzerei, wechselte aber aus gesundheitlichen Gründen zum Sattlerhandwerk, in dem er die Gesellenprüfung ablegte. Während des Streiks der Tramwayarbeiter kam er erstmal in Berührung mit sozialen Problemen und entschloss sich, eine christliche Arbeiterbewegung für jene Werktätigen zu gründen, die sich aus weltanschaulichen Gründen nicht der sozialdemokratischen Bewegung anschließen wollten. Er wandte sich zunächst erfolglos an den Redakteur des "Deutschen Volksblatts", Vergani, dann (gestützt auf die 1891 veröffentlichte Enzyklika Leos XIII.) an Albert Gessmann. Am 21. September 1892 wurde im Extrazimmer des Gasthauses Kaiser in der Thaliastraße der Organisatorische Grundstein zu den christlichen Arbeitervereinen gelegt, bald darauf gründete Kunschak eine eigene Zeitung ("Die Freiheit") und konnte am 5. Jänner 1896 den 1. Parteitag der christlichsozialen Arbeiter einberufen. Längst hatten Lueger und Gessmann (ursprünglich Gegner jeder Zersplitterung der Christlichsozialen Partei) die Bedeutung der Organisation Kunschaks erkannt.

Die Wahlen von 1897 bestätigten die Richtigkeit des Wegs, den Kunschak eingeschlagen hatte. Ab 1904 war Kunschak im Gemeinderat, ab 1907 Reichsratsabgeordneter und in dieser Eigenschaft 1910 "Landesausschuss". Als nach dem Tod Luegers einige seiner Anhänger (Vergani, Pattai) die Christlichsoziale Partei mit nationalistischen Tendenzen infiltrieren wollten, wandte sich Kunschak energisch gegen diese Absicht und vermochte am 24. Juli 1911 in einer Versammlung im Hof des Neuen Rathauses einen eindeutigen ideologischen Sieg zu erringen. Als Abgeordneter setzte er sich besonders für die Abschaffung der Sonntags- und Nachtarbeit ein, beschäftigte sich in der Folge aber praktisch mit allen relevanten Fragen der Armenfürsorge, Kranken- und Altersversorgung, Arbeitslöhne und Steuergesetzgebung sowie mit aktuellen Wirtschafts- und Zollproblemen.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er als Stadtrat ohne Ressort (1923-1934; Mitglied des Gemeinderats war Kunschak ohne Unterbrechung ab 1904) zum Wortführer der christlichsozialen Opposition. Ab 1927 mahnte er die Rechten und die Linken vor den Gefahren, die sich aus der Aufstellung von Wehrverbänden ergaben, und wandte sich mit gleicher Entschiedenheit gegen die Beschlüsse von Linz und Korneuburg. In letzter Minute versuchte er noch am 9. Februar 1934 in einer bemerkenswerten Rede vor dem Gemeinderat (erfolglos), die einem unheilvollen Höhepunkt zustrebende Entwicklung zu bremsen. 1934-1938 war Kunschak Mitglied des Staatsrats (Innenpolitischer Ausschuss).

Kunschak wurde nach dem "Anschluss" 1938 und auch 1944 aus politischen Gründen verhaftet und im Wiener Polizeigefangenenhaus inhaftiert. Es gelang ihm, trotz polizeilicher Überwachung Kontakt zu Lois Weinberger zu halten. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterzeichnete Kunschak gemeinsam mit Karl Renner am 27. April 1945 die historische Proklamation, mit der das demokratische Österreich wiederhergestellt wurde, am 25. November 1945 wurde er in den Nationalrat gewählt, dessen Erster Präsident er bis zu seinem Tod war. Kunschak war 1945 Mitbegründer der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und des Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbunds (ÖAAB). Auf kommunaler Ebene zog er wieder in den Wiener Landtag und Gemeinderat ein, denen er bis Mai 1946 angehörte. In dieser Zeit fungierte er von 17. April 1945 bis 14. Februar 1946 als Vizebürgermeister und als amtführender Stadtrat der Geschäftsgruppe Schulwesen. Die Funktion des Landeshauptmannstellvertreter hatte er von 21. Oktober1945 bis 14. Februar 1946. Zudem war er 1945 vorübergehend auch Geschäftsführender Präsident des Wiener Stadtschulrats. Am 20. Dezember 1945 war er Vorsitzender der 5. Bundesversammlung, der gmeinsamen Versammlung des National- und Bundesrates.

Kunschak wurde 1948 zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt und seit 1965 wird der Leopold-Kunschak-Preise zu seinem Gedenken vergeben. 1971 wurde die Eigentumswohnhausanlage Leopold-Kunschak-Hof nach dem Politiker benannt und ein Porträtrelief erinnert dort an ihn. Eine Gedenktafel befindet sich ebenso an der städtischen Wohnhausanlage Bergsteiggasse 28 in Hernals und der Leopold-Kunschak-Platz in Wien-Hernals wurde nach dem Politiker benannt.

Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Die Benennung von städtischen Verkehrsflächen nach dem Kunschak wurde als "Fall mit intensiven Diskussionsbedarf" eingeordnet.

Laut Abschlussbericht dieser Forschungsgruppe war Leopold Kunschak auch nach Kriegsende bekennender Antisemit, der in der Tradition Karl Luegers stand. Er agitierte in der Nachkriegszeit in seinen Reden im Nationalrat gegen ostjüdische Flüchtlinge, polemisierte gegen die "Verjudung" im intellektuellen Bereich und im öffentlichen Dienst und sprach sich unter anderem für die Ausweisung der jüdischen Bevölkerung oder deren Internierung in Konzentrationslager aus. Ein von ihm 1919 entworfenes Gesetz, das für jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger eigene Sondergesetze vorsah, wurde nicht veröffentlicht. 1936 griff er diese Ideen jedoch wieder auf und forderte unter anderem für Juden und Jüdinnen eigene Schulen, "Judenkataster" sowie Zugangsbeschränkungen für Stellen im öffentlichen Dienst und an Universitäten.

Quellen

Literatur

  • Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. München: A. Francke 1973-1975
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1923-1935
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
  • Getrude Enderle-Burcel: Mandatare im Ständestaat 1934-1938. Wien: Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes [u.a.] 1991
  • Franz Stamprech: Ludwig Kunschak - Porträt eines christlichen Arbeiterführers. Wien: Verlag der Freiheit 1953
  • Ludwig Reichhold: Leopold Kunschak. Von den Standesbewegungen zur Volksbewegung. Wien : Karl von Vogelsang-Institut, Politische Akademie 1988 (Reihe Kurzbiographien, 4)
  • Rudolf Spitzer: Politikergedenkstätten. Manuskript
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), Register
  • Franz Bauer: Ludwig Kunschak als Politiker. Diss. Univ. Wien. Wien 1950
  • Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 321
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 69
  • Hans Havelka: Der Wiener Zentralfriedhof. Wien: Jugend und Volk 1989, S. 81
  • Leopold Kunschak: Steinchen vom Wege. Memoiren. Wien: Typographische Anstalt 1937
  • Peter Autengruber, Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 184
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 157–160
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Forschungsprojektendbericht "Straßennamen Wiens seit 1860 als 'Politische Erinnerungsorte'". Wien 2013
  • Paul Mychalewicz: Wie "unbelehrbar" war Leopold Kunschak wirklich? In: Der Standard, 16.03.2013
  • Wienbibliothek im Rathaus/Tagblattarchiv: Kunschak, Leopold. 5 Bände [Sign.: TP-027937]
  • Wienbibliothek Digital: Oswald Knauer: Der Wiener Gemeinderat 1861-1962. In: Handbuch der Stadt Wien. Band 77. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1963
  • Wolfgang Solt: Personenindex. In: Stichwort Demokratie. 50 Jahre Zeitgeschehen. Politisches Handbuch. Hg. von Josef Rauchenberger. Wien: PR-Verlag 1994
  • Wolfgang Solt: Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien (Wiener Landtages) und des Stadtsenates der Stadt Wien (der Wiener Landesregierung) 1918-1934. Wien: 1995
  • Biographisches Handbuch des NÖ Landtages 1861–1921

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