Hernalser Kalvarienberg: Unterschied zwischen den Versionen

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Am 23. August 1639 fand die Einweihung sämtlicher Stationen unter Beteiligung des Hofs statt; [[Ferdinand III. (Heiliges Römisches Reich)|Ferdinand III.]] legte, mit der Prozession in Hernals angelangt, den Grundstein zum Heiligen Grab. Nun zog alljährlich am Freitag vor dem Palmsonntag eine Bußprozession diesen Weg, bis sie 1674 wegen allerlei Unzukömmlichkeiten eingestellt wurde; 1679-1759 wurde die Prozession wieder abgehalten. 1683 zerstörten die [[Zweite Türkenbelagerung (1683)|Türken]] die Kirche und das Heilige Grab. Da letzteres nicht wieder aufgebaut wurde, errichteten Georg Neuhauser und Michael Ferdinand Eisenhut, reiche Hernalser Bürger, in Gemeinschaft mit der an der Kirche Am Hof beheimateten „Bruderschaft der 72 Jünger" einen Kalvarienberg (1709-1714), dessen Betreuung 1720 samt der Kirche Paulinermönchen ([[Pauliner]]) übertragen wurde (die 1743 im Eisenhutschen Haus Wohnung erhielten); hier lebte einst auch der Chronist Pater [[Matthias Fuhrmann]].  
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Am 23. August 1639 fand die Einweihung sämtlicher Stationen unter Beteiligung des Hofs statt; [[Ferdinand III. (Heiliges Römisches Reich)|Ferdinand III.]] legte, mit der Prozession in Hernals angelangt, den Grundstein zum Heiligen Grab. Nun zog alljährlich am Freitag vor dem Palmsonntag eine Bußprozession diesen Weg, bis sie 1674 wegen allerlei Unzukömmlichkeiten eingestellt wurde; 1679-1759 wurde die Prozession wieder abgehalten. 1683 zerstörten die [[Zweite Türkenbelagerung (1683)|Türken]] die Kirche und das Heilige Grab. Da letzteres nicht wieder aufgebaut wurde, errichteten Georg Neuhauser und [[Johann Friedrich Eisenhut]], reiche Wiener Bürger, in Gemeinschaft mit der in der Maria-Magdalena-Kapelle am Stephansdom beheimateten „Bruderschaft der 72 Jünger" einen Kalvarienberg (1709-1714), dessen Betreuung 1720 samt der Kirche Paulinermönchen ([[Pauliner]]) übertragen wurde, die 1720 auch im Eisenhutschen Haus Wohnung erhielten. Dieses Haus ging dann 1726 vollständig in deren Besitz über; hier lebte einst auch der Chronist Pater [[Matthias Fuhrmann]].  
  
 
Der Hernalser Kalvarienberg war ein künstlicher Treppenberg, der hufeisenförmig eine kleine Kirche umschloss (an deren Vorderseite zwei große Statuen standen), aus der die heutige Pfarrkirche hervorging ([[Hernalser Kirche]]); er stand an der Stelle, an der sich das Schloss des Freiherren von Jörger befunden hatte. Aufwärtssteigend gelangte man zu sieben Stationen, die in kleinen Kapellen untergebracht waren („Jesus büßt durch seine Leiden die sieben Hauptsünden der Menschheit": Neid, Hoffart, Trägheit, Völlerei, Unkeuschheit, Geiz, Zorn). Am höchsten Punkt stand im Freien die Golgathastation. Abwärts führte der Weg an weiteren sieben Kapellen mit den Reliefs „Maria lehrt die Tugenden" (Sanftmut, Freigiebigkeit, Keuschheit, Demut, Mäßigkeit, Eifer, Liebe) vorbei zum Kirchenplatz zurück; auf dem vorletzten Relief ist der sogenannte Körberljud zu sehen, der in früheren Zeiten Anlass zu abstoßenden Szenen „christlichen Eifers" abgab. Die Pauliner ließen, als sich die Wallfahrten mehrten, die ganze Anlage 1766-1769 durch Baumeister Ritter entsprechend erweitern, doch wurde der Orden 1785 durch Joseph II. aufgehoben. Die verbotenen Bußprozessionen lebten zwar bald wieder auf, entarteten jedoch zu einer Art Volksfest, das in den umliegenden Buschenschenken unter Mitwirkung von Volkssängern seinen Abschluss fand.  
 
Der Hernalser Kalvarienberg war ein künstlicher Treppenberg, der hufeisenförmig eine kleine Kirche umschloss (an deren Vorderseite zwei große Statuen standen), aus der die heutige Pfarrkirche hervorging ([[Hernalser Kirche]]); er stand an der Stelle, an der sich das Schloss des Freiherren von Jörger befunden hatte. Aufwärtssteigend gelangte man zu sieben Stationen, die in kleinen Kapellen untergebracht waren („Jesus büßt durch seine Leiden die sieben Hauptsünden der Menschheit": Neid, Hoffart, Trägheit, Völlerei, Unkeuschheit, Geiz, Zorn). Am höchsten Punkt stand im Freien die Golgathastation. Abwärts führte der Weg an weiteren sieben Kapellen mit den Reliefs „Maria lehrt die Tugenden" (Sanftmut, Freigiebigkeit, Keuschheit, Demut, Mäßigkeit, Eifer, Liebe) vorbei zum Kirchenplatz zurück; auf dem vorletzten Relief ist der sogenannte Körberljud zu sehen, der in früheren Zeiten Anlass zu abstoßenden Szenen „christlichen Eifers" abgab. Die Pauliner ließen, als sich die Wallfahrten mehrten, die ganze Anlage 1766-1769 durch Baumeister Ritter entsprechend erweitern, doch wurde der Orden 1785 durch Joseph II. aufgehoben. Die verbotenen Bußprozessionen lebten zwar bald wieder auf, entarteten jedoch zu einer Art Volksfest, das in den umliegenden Buschenschenken unter Mitwirkung von Volkssängern seinen Abschluss fand.  

Version vom 16. Januar 2019, 22:48 Uhr

Der Kalvarienberg in Hernals. Temperabild von Karl Gsur.
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Sakralbau
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 11687
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 16.01.2019 durch DYN.nowil
Bildname Kalvarienberg.jpg
Bildunterschrift Der Kalvarienberg in Hernals. Temperabild von Karl Gsur.
  • 17.,

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Hernalser Kalvarienberg. Nachdem das Domkapitel von St. Stephan 1625 (nach der Enteignung der Jörger) in den Besitz der Herrschaft Hernals gekommen war, fasste es den Beschluss, am Ende eines von St. Stephan ausgehenden Kreuzwegs ein Heiliges Grab zu bauen, das dem Urbild von Jerusalem nachgebildet sein sollte (1639). Als Vorbilder dienten eine hölzerne Nachbildung der Grabstätte in Jerusalem, die der Franziskanerpater Ägidius nach Wien gebracht hatte, sowie drei weitere, in der Schatzkammer befindliche, aus Holz hergestellte Modelle und eine kunstvolle Holzschnitzerei aus dem Professhaus der Jesuiten. Die beabsichtigten Bußgänge sollten von der Stephanskirche ihren Ausgang nehmen. Der Kreuzweg, der so lang war wie die Via Dolorosa in Jerusalem, hatte vom Schottentor über das Glacis durch die heutige Alser Straße sieben Leidensstationen. Die erste Station („Christus auf dem Ölberg") wurde auf Kosten der Stadt Wien in der Nähe des Schottentors erbaut, die übrigen finanzierte man mittels freiwilliger Beiträge. Die zweite Station an der Alser Kirche (8, Alser Straße bei 17, Ecke Schlösselgasse [ Trinitarierkirche ], Gedenktafel) existiert noch („Christus vor Annas"), die fünfte Station (ehemals in der Hernalser Hauptstraße; „Christus wird mit Dornen gekrönt") befindet sich im Hernalser Bezirksmuseum; die letzte Station befand sich in der Hernalser Kirche selbst.

Kalvarienberg (1703)

Am 23. August 1639 fand die Einweihung sämtlicher Stationen unter Beteiligung des Hofs statt; Ferdinand III. legte, mit der Prozession in Hernals angelangt, den Grundstein zum Heiligen Grab. Nun zog alljährlich am Freitag vor dem Palmsonntag eine Bußprozession diesen Weg, bis sie 1674 wegen allerlei Unzukömmlichkeiten eingestellt wurde; 1679-1759 wurde die Prozession wieder abgehalten. 1683 zerstörten die Türken die Kirche und das Heilige Grab. Da letzteres nicht wieder aufgebaut wurde, errichteten Georg Neuhauser und Johann Friedrich Eisenhut, reiche Wiener Bürger, in Gemeinschaft mit der in der Maria-Magdalena-Kapelle am Stephansdom beheimateten „Bruderschaft der 72 Jünger" einen Kalvarienberg (1709-1714), dessen Betreuung 1720 samt der Kirche Paulinermönchen (Pauliner) übertragen wurde, die 1720 auch im Eisenhutschen Haus Wohnung erhielten. Dieses Haus ging dann 1726 vollständig in deren Besitz über; hier lebte einst auch der Chronist Pater Matthias Fuhrmann.

Der Hernalser Kalvarienberg war ein künstlicher Treppenberg, der hufeisenförmig eine kleine Kirche umschloss (an deren Vorderseite zwei große Statuen standen), aus der die heutige Pfarrkirche hervorging (Hernalser Kirche); er stand an der Stelle, an der sich das Schloss des Freiherren von Jörger befunden hatte. Aufwärtssteigend gelangte man zu sieben Stationen, die in kleinen Kapellen untergebracht waren („Jesus büßt durch seine Leiden die sieben Hauptsünden der Menschheit": Neid, Hoffart, Trägheit, Völlerei, Unkeuschheit, Geiz, Zorn). Am höchsten Punkt stand im Freien die Golgathastation. Abwärts führte der Weg an weiteren sieben Kapellen mit den Reliefs „Maria lehrt die Tugenden" (Sanftmut, Freigiebigkeit, Keuschheit, Demut, Mäßigkeit, Eifer, Liebe) vorbei zum Kirchenplatz zurück; auf dem vorletzten Relief ist der sogenannte Körberljud zu sehen, der in früheren Zeiten Anlass zu abstoßenden Szenen „christlichen Eifers" abgab. Die Pauliner ließen, als sich die Wallfahrten mehrten, die ganze Anlage 1766-1769 durch Baumeister Ritter entsprechend erweitern, doch wurde der Orden 1785 durch Joseph II. aufgehoben. Die verbotenen Bußprozessionen lebten zwar bald wieder auf, entarteten jedoch zu einer Art Volksfest, das in den umliegenden Buschenschenken unter Mitwirkung von Volkssängern seinen Abschluss fand.

Die heutige Gestaltung der Kirche und des Hernalser Kalvarienbergs geht auf Richard Jordan zurück (1889-1894); 1945 wurde die Kirche durch Bombentreffer beschädigt. Die 14 alten, fast lebensgroßen Stationsbilder, die verlagert gewesen waren, fanden 1950 in der wiederhergestellten Hernalser Kirche Aufstellung.

Literatur

  • Maria Capra: Der Kalvarienberg in Hernals. In: Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1955-1981. Band 27,1969, S. 87 ff.
  • Hans Tietze: Die Denkmale der Stadt Wien (XI. - XXI. Bezirk). Wien: Schroll 1908 (Österreichische Kunsttopographie, 2), S. 232 ff.
  • Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 344 f.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 268 ff.
  • Katholische Pfarrgemeinde Hernals-Kalvarienbergkirche [Hg.]: Der Hernalser Kalvarienberg. Wien [1972]
  • Der Kreuzweg und Kalvarienberg von Hernals. Bearbeitet nach dem im Jahre 1714 erschienenen Andachtsbüchlein zum Kalvarienberg, und neu herausgegeben zum Besten der Kleinkinderbewahranstalt daselbst. Wien: Mechitaristen 1834
  • Maximilian Schatzl: Die Kirche und der Kalvarienberg in Hernals. Wien: Matzner 1914
  • Der Hernalser Kalvarienberg zur Fastenzeit. In: Emil Carl Blümml / Gustav Gugitz: Von Leuten und Zeiten im alten Wien. Wien [u.a.]: Gerlach & Wiedling 1922, S. 7-21
  • Michael Maria Rabenlechner: Der Hernalser Kalvarienberg. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1927
  • Hermine Cloeter: Häuser und Menschen von Wien. 1920, S. 146