Fünfhauser Brauhaus

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Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1795
Datum bis 1873
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Fünfhaus
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 273
GND
WikidataID
Objektbezug Bier, Brauhäuser
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 30.06.2022 durch DYN.evchen1414
  • 15., Gasgasse 8-10

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48° 11' 38.52" N, 16° 20' 0.68" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Fünfhauser Brauhaus (15, Gasgasse 4-6).

In dem heute von Sperrgasse, Mariahilfer Straße, Staglgasse, Friedrichsplatz und Viktoriagasse umgrenzten Gebiet befand sich ungefähr ab 1697 ein Herrenhaus, ein Meierhof und ein Ziegelofen, die der Kaiserliche Rat, Edle Herr und Generalfeldproviantamts-Oberstleutnant Johann Adam von Nentwich anläßlich seiner Berufung nach Wien errichten ließ. Das Anwesen wurde („Nentwichhof") genannt. Sein Sohn, der Edle Herr Wilhelm von Nentwich, Kaiserlicher Officialis bei der Niederländischen Kanzlei, erbte das Anwesen nach dem Tod seines Vaters 1718. Wilhelm von Nentwich verstarb 1732. Danach erwarben die Beschuhten Karmeliten auf der Laimgrube die Liegenschaft. Der Meierhof sowie der Ziegelofen und umliegende Gründe wurden zur Versorgung genutzt, es war jedoch kein Kloster. Nun wurde das Anwesen Karmeliterhof genannt.

Nach der Aufhebung des Ordens durch Joseph II. (1783) wurde das Areal parzelliert. Der Schlossermeister Nikolaus Oesterlein (1747-1809) erwarb 1795 die Liegenschaft und ließ eine große Feuergewehr-Fabrik mit einer Brauerei und einem Bierschank errichten. Nach Oesterleins Tod führte seine Frau Helena das gesamte Unternehmen weiter. Sie verstarb im Jahr 1824.

In den 1820er Jahren kaufte der Baumeister und Immobilienhändler Heinrich Zwölfer einen Teil der Liegenschaft. Zwölfer ließ den Bierschank zu einem Gasthaus umbauen. Laut Wiener Zeitung vom 26. Juni 1829, S 15, beschäftigte er den Bierwirt und Braumeister Johann Betzler. Zwölfer verstarb im Februar 1836. Nach ihm ist die Zwölfergasse benannt. Nach Zwölfers Tod wurde die Fünfhauser Brauerei 1837 vom Besitzer der Jedleseer Brauerei, Anton Bosch, gekauft.

Anton Bosch vermählte im April 1837 seine einzige Tochter Katharina mit dem Braumeister Johann Nepomuk Dengler, dem Neffen von Johann Franz Dengler, Besitzer der Hütteldorfer Brauerei. Sie erhielt das Anwesen als Mitgift.

Anton Bosch schreibt in seiner Biografie, dass er außer einem Wohngebäude alles niederreißen und neu bauen lassen musste. Im Oktober 1839 wurde die Erste Wiener Bierhalle mit einem Garten eröffnet. Das Areal umfasste ungefähr das heutige Gebiet Rosinagasse / Gasgasse / Staglgasse / Zwölfergasse / Friedrichsplatz. Der Auftrag ging an den Baumeister Anton Mittendorfer aus Stadt Enzersdorf, den Malermeister Paul Holzer, den Zimmermeister Josef Wieser, den Lusterfabrikanten Karl Demuth und eine Vösendorfer Dachziegel-Fabrik.

Die Bierhalle wurde in der Folge von den Pächtern und Bierwirten Ferdinand Wunderer, Johann Vallentin, Johann Sturmlechner und ab November 1862 von Franz Zobel geführt.

Johann Dengler wirtschaftete über längere Zeit nicht sehr glücklich. Die Bierproduktion ging in den Jahren 1849 bis 1861 jedenfalls von 22.751 auf 16.534 Hektoliter zurück. Im September 1861 wurde der Konkurs über das gesamte Vermögen des Johann Dengler bekanntgemacht. Anton Bosch übernahm den maroden Betrieb und bezahlte alle Schulden. Er verkaufte im November 1862 den Betrieb an die Prager Kattun- und Walzendruckfabrikanten Jakob Christian und August Schik sowie die Großhändler Josef und Max Mauthner. Somit konnte der Konkurs vom Bezirksgericht Sechshaus im Jänner 1863 aufgehoben werden.

Franz Zobel, der Pächter der Bierhalle, konnte den Betrieb der Bierhalle ab 1862 weiterführen, der im Volk Zobels Bierhalle oder auch „Zobeläum“ genannt wurde. Die Bierhalle sprengte ab nun alle bis dahin bekannten Dimensionen. Schon ab Mai 1865 inserierte Franz Zobel im Fremden-Blatt, wobei das Fassungsvermögen des Odeon-Gartens mit 10.000 Personen beziffert wird und nicht mit ca. 3500.

Damit gehörte er damals mit dem Dreher-Hof auf der Landstraße zu den größten Wiens.[1] In diesem Vergnügungs-Etablissement traten berühmte Musikkapellen auf. Johann Strauß (Vater) und Josef Lanner konzertierten hier und Strauß brachte die "Gambrinustänze", die "Lockvögel" und die "Knallkugerln" zur Uraufführung. Auch waren die Militärkapellen, vor allem unter dem Kapellmeister Karl Komzák, sehr beliebt. VolkssängerInnen wie Carl Kampf, Fanny Hornischer und Antonie Mansfeld traten hier ebenso auf wie viele Gesangsvereine. Im Winter gab es großartige Ballveranstaltungen wie die Fiakerbälle und am 29. August 1868 wurde hier vor angeblich gezählten 3.591 Gästen erstmals das "Lied der Arbeit" vorgetragen. Die großen Wirtshaussäle waren damals für die Sozialdemokratie mangels anderer Lokalitäten wichtige Veranstaltungsorte. Es gab aber auch Varietévorstellungen, so begeisterte der französische Seiltänzer Blondin das Publikum.[2]

Die Brauerei wurde 1869 durch die Generalbank für Handel, Gewerbe und Industrie aufgekauft und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Das ursprünglich mit 1,5 Millionen Gulden festgesetzte Aktienkapital musste bald auf 750.000 Gulden reduziert werden, die auf 3750 Aktien à 200 Gulden aufgeteilt wurden. Als Kompensation nahm man bei der Ersten österreichischen Spar-Casse ein Darlehen über 250.000 Gulden auf, womit die geplanten Ausbaupläne zumindest teilweise finanziert werden konnten. Die Aktien wurden zwar im Kurszettel der Wiener Börse aufgenommen, erreichte aber nie den Nominalwert. 1872 erreichte die Bierproduktion mit 104.347 Hektolitern den Spitzenwert. Die Besitzer dürften sich damit aber übernommen haben, denn die Brauerei wurde 1873 geschlossen.

Das Areal wurde bald danach zu Bauzwecken parzelliert. Franz Zobel betrieb noch eine Zeit lang in einem der Nebengebäude ein Gasthaus. Er musste aber ebenfalls aufgeben, als das Amtshaus / Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus / ab 1882 errichtet wurde und 1884 seinen Betrieb aufnahm (Gasgasse 8-10, Rosinagasse 4-6, in dem sich seit 1972 auch das Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus befindet. Anstelle des riesigen Gastgartens wurden Ende des 19. Jahrhunderts eine Schule und Wohnhäuser gebaut. Ein kleiner Rest ist in Form des Friedrichsplatzes erhalten. Einige Baulichkeiten, die damals nicht abgerissen wurden, wie das Sudhausgebäude, wurden eine Zeit lang vermietet. So richteten Jakob und Sigmund Grossmann, Besitzer der Bierbrauerei Rauhenstein bei Baden in den Kellern ein großes Bierdepot ein . 1893/94 wurde auch das Sudhaus abgebrochen und an seiner Stelle die Leydoltgasse angelegt, diagonal dazu wurde das Grundstück durch die neu errichtete Staglgasse von den Zobel-Gründen abgetrennt. Erst um 1958 wurde das alte Direktionsgebäude geschleift. Heute befindet sich hier eine Schule.

Literatur

  • Felix Czeike: XV. Rudolfsheim-Fünfhaus. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 15), S. 18-19
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Mohl Verlag: Wien 1978, S. 124
  • Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2017, 112-115
  • Hertha Wohlrab: Wien in alten Ansichtskarten 14/15, Wien: o.A., S. 97-98
  • Eva Anna Welles, Adelige, Mönche, Feuergewehre und Bier, Edition 15 Bezirksmuseum, Rudolfsheim-Fünfhaus - Druck in Vorbereitung

Einzelnachweise:

  1. Felix Czeike: XV. Rudolfsheim-Fünfhaus. Wien [u.a.]: Wien: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer 15) S. 18.
  2. Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Rudolfsheim Fünfhaus. Zwischen Wienfluß und Schmelz. Wien: Mohl Verlag 1978, S. 124.
  • Anton Bosch: Biographie, Brauhaus- und Realitäten-Besitzer zu Jedlesee bei Wien. Eigenverlag, 13. Juni 1868.

[1]

  • Wiener Zeitung vom 26. Juni 1829, S 15 - Heinrich Zwölfers Braumeister und Bierwirt

https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wrz&datum=18290626&seite=15&zoom=33

  • Inserat der Firma Grossman im Neuen Wiener Tagblatt vom 2. Juni 1875, Seite 7 - Nutzung der Brauerei als Bierlager

</ref>[2]

  • Der Walzer "Knallkugerln" von Johann Strauß

[3]

  • Fremden-Blatt vom 21. Mai 1865, Seite 25, sowie Fremden-Blatt vom 6. Oktober 1866, Seite 33 - Fassungsvermögen des Odeon-Gartens

[4] [5]