Dorothea Neff: Unterschied zwischen den Versionen

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Neff Dorothea (Antonie), * 21. Februar 1903 München, † 27. Juli 1986 Wien 4, Taubstummengasse 13 (Zentralfriedhof, Ehrengrab, Gr. 33G, Nr. 5), Schauspielerin, Gatte Max Schmid, Antiquitätenhändler († 1925 [Freitod]). Sie wuchs in München und Bayreuth auf, wo sie mit Cosima Wagner bekannt wurde. 1920 ging sie nach München an die Schauspielschule, danach als Elevin ans Bayerische Staatstheater. Im Herbst 1925 ging Neff nach Gera, wo sie erste Erfolge feierte, dann nach Aachen; 1931 kehrte sie ans Bayerische Staatstheater zurück, wurde jedoch 1934 (als politisch unzuverlässig) entlassen und kam über Köln und Königsberg 1935 ans Wiener Volkstheater (Partnerin von O. W. Fischer und Annie Rosar). Während sie ab 1941 in ihrer Wohnung die Jüdin Lilli Wolff versteckte, arbeitete sie am Volkstheater weiterhin erfolgreich weiter (bis 1948). 1949-1953 spielte sie an der Scala (Marthe Schwerdtlein in Goethes "Faust" [I.], Elisabeth in Schillers "Maria Stuart"), um dann an das Volkstheater zurückzukehren. Ab 1958 übernahm sie auch Rollen für das Fernsehen. In Wien erreichte Neff den Zenit ihrer großen Schauspielkunst. Obwohl sie 1960 durch eine schwere Augenverletzung fast (und 1970 gänzlich) erblindete, spielte sie weiter Theater (Glanzrollen waren Mutter Courage [Kainz-Medaille], Elisabeth in „Maria Stuart" und Frau Flamm in Hauptmanns „Rose Bernd"). Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst erster Klasse (1964), Ehrenmedaille in Gold (1983), Medaille des Yad Vashem (1980; Ehrung Israels für Menschen, die Juden vor den Nationalsozialisten retteten).
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Neff Dorothea (Antonie), * 21. Februar 1903 München, † 27. Juli 1986 Wien. Schauspielerin, Schauspiellehrerin.
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==Biografie==
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Dorothea (eigentlich Antonie Regina) Neff wurde 1903 in München geboren. Ihre Mutter Hedwig war Sängerin und Pianistin, ihr Vater Karl Direktor eines humanistischen Gymnasiums. Sie wuchs in München und Bayreuth auf, wo sie mit Cosima Wagner bekannt wurde. Neff nahm ab 1920 in München bei Otto König Schauspielunterricht, debütierte im Juni 1921 als Haidrun in Wolzogens "Maibraut“ in München-Hellabrunn und begann als jugendliche Liebhaberin am Stadttheater Regensburg. Im November 1921 wurde sie in den Verband der Bayerischen Staatstheater aufgenommen und spielte bereits als 19-Jährige die Maria Stuart. 1925 heiratete sie, die Warnungen ihrer Eltern ignorierend, den Antiquitätenhändler Max Schmid, der sich noch im selben Jahr – hochverschuldet – das Leben nahm.
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Nach dem Selbstmord ihres Mannes ging Dorothea Neff nach Gera, 1928 nach Aachen und 1931 als Heldin und Charakterdarstellerin ans Staatstheater München. Wegen des Verdachts "politischer Unzuverlässigkeit" wurde sie hier 1933 entlassen und fand ein Engagement in Köln, wo sie sich mit der jungen jüdischen Kostümbildnerin Lilli Wolf anfreundete. Die Wege der beiden trennten sich bald wieder. Dorothea Neff wechselte nach Königsberg in Preußen und schließlich 1939 an das Deutsche [[Volkstheater]] in Wien kam, wo sie unter anderem die Annemarie Most in Zuckmayers "Der fröhliche Weinberg" spielte sowie die Titelrolle in Kleists "Penthesilea".
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1941 kam Lilli Wolf nach Wien, weil sie hoffte, hier vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten geschützt zu sein. Zunächst wurde sie hier bei einer jüdischen Familie als Untermieterin untergebracht. Als Wolff ihren Deportationsbefehl erhielt, nahm sie Neff in ihrer Wohnung in der Annagasse auf, teilte mit ihr ihre Lebensmittelrationen und ermöglichte ihrer Freundin sogar eine Operation, indem sie ihr ihren alten Personalausweis zur Verfügung stellte, der sie als Antonie Schmid auswies. Die weitere medizinische Versorgung Wolfs übernahm künftig ein Nachbar in der Annagasse, der junge Arzt [[Erwin Ringel]].
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Bis zur Schließung aller Theater spielte Dorothea Neff weiterhin Hauptrollen, etwa an der Seite von [[Judith Holzmeister]] und [[Otto Wilhelm Fischer|O. W. Fischer]]. Danach wurde sie zum Arbeitsdienst in eine Uniform- und Hemdennäherei eingeteilt, wo sie die junge Schauspielerin [[Eva Zilcher]] kennenlernte, die bis zu ihrem Tod sowohl beruflich als auch privat ihre Partnerin bleiben sollte.
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Lilli Wolf emigrierte nach dem Krieg in die USA, Dorothea Neff konnte ihre Karriere erfolgreich fortsetzen. Sie spielte in Horvaths "Geschichten aus dem Wienerwald" im Volkstheater die Großmutter, die Claire Zachanassian in Dürrenmatts "Besuch der alten Dame", die Mutter in "Die chinesische Mauer" und als das Theater 1963 den Brecht-Boykotts mit "Mutter Courage" durchbrach, die Titelrolle, wofür sie mit der Josef Kainz-Medaille ausgezeichnet wurde.
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Auf der Bühne des [[Burgtheater (Institution)|Burgtheaters]] stand Dorothea Neff unter anderem als Marthe Schwerdtlein im "Faust" und als Elisabeth in "Maria Stuart".
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Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete die Schauspielerin auch für Film und Fernsehen.
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Trotz ihres fortschreitenden Augenleidens das 1967 schließlich zur völligen Erblindung führte, übernahm sie weiterhin Bühnen- und Filmrollen. Zuletzt trat sie 1981 in einer Folge der Fernsehserie "Die liebe Familie“ zusammen mit Eva Zilcher auf. Doch aufgrund ihrer Blindheit verlegte Dorothea Neff den Schwerpunkt ihrer Arbeit vom aktiven Spielen hin zum Unterrichten. Auch als Lehrerin war Dorothea Neff erfolgreich. Zu ihren Schülerinnenzählen unter anderem [[Andrea Eckert]], [[Julia Stemberger]] und [[Senta Berger]].
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Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Dorothea Neff in der Taubstummengasse, gepflegt von Eva Zilcher.
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1978 wurde Dorothea Neff zum Ehrenmitglied des Volkstheaters ernannt. Bei einer feierlichen Zeremonie im Wiener Akademietheater wurde die Schauspielerin 1979 von Yad Vashem als "Gerechte unter den Völkern" für ihren Einsatz für Lilli Wolf geehrt. Den Stoff verarbeitete [[Felix Mitterer]] im Auftrag von [[Michael Schottenberg]] zum Drama "Du bleibst bei mir", das 2011 mit Andrea Eckert als Dorothea Neff im Volkstheater uraufgeführt wurde.
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In Erinnerung an die Schauspielerin wird alljährlich an die besten Künstler und Künstlerinnen des Volkstheaters der "Dorothea-Neff-Preis" vergeben
  
 
2007 wurde ein kleiner Park im 7. Bezirk nach der Schauspielerin [[Dorothea-Neff-Park]] benannt.  
 
2007 wurde ein kleiner Park im 7. Bezirk nach der Schauspielerin [[Dorothea-Neff-Park]] benannt.  
  
== Literatur ==
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==Quellen=
* Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
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* Rendezvous Wien. Vierteljahreszeitschrift für Freunde Wiens in aller Welt, 17.02.1983
+
*Wienbibliothek im Rathaus / Tagblattarchiv: Dorothea Neff [TP 035663] 
* Hans Havelka: Der Wiener Zentralfriedhof. Wien: Jugend und Volk 1989, S. 74
+
=Literatur==
* Wiener Zeitung, 25.03.1983, 29.07.1986
+
 
* Presse, 19.02.1983, 02.08.1986
+
*Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 2, I – O. Wien [u. a.]: Böhlau 2016
* Neue Arbeiter Zeitung, 29.07.1986, 25.02.1988
+
*Elke Krasny: Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien. Wien: Wienbibliothek im Rathaus / Metroverlag 2008
* Kurier, 29.07.1986
+
*Israel Gutmann: Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher. Göttingen: Wallstein Verlag 2005
* Volksblatt Magazin, 19.02.1988, S. 2 f.
+
*Helga Thoma: Mahner – Helfer – Patrioten. Porträts aus dem österreichischen Widerstand; eine Dokumentation. Wien / Klosterneuburg: Edition Va Bene 2004
* Kleine Zeitung, 29.07.1986
+
*Peter Kunze: Dorothea Neff. Mut zum Leben. Wien: Orac, 1983
* Volksstimme, 20.02.1983
+
*[https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/buehne/169845_Zivilcourage-auf-der-Buehne-und-im-wirklichen-Leben.html Zivilcourage auf der Bühne und im "wirklichen" Leben. Dorothea Neff wäre heute 100 Jahre alt geworden. In: Wiener Zeitung, 21.02.2003]
* Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 30.07.1986
+
*[http://www.yadvashem.org/righteous/stories/neff.html Yad Vashem: Dorothea Neff. The Actress’ Finest Role]
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==Links==
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*[https://de.wikipedia.org/wiki/Dorothea_Neff Wikipedia: Dorothea Neff]

Version vom 16. Juli 2018, 09:56 Uhr

Dorothea Neff (Mitte) mit Heinrich (Henry) Schnitzler (l.) und Josef Meinrad anlässlich der Verleihung der Josef-Kainz-Medaille (3.10.1963)
Daten zur Person
Personenname Neff, Dorothea
Abweichende Namensform Schmid, Antonie Regina
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 15919
GND 116906073
Wikidata
Geburtsdatum 21. Februar 1903
Geburtsort München
Sterbedatum 27. Juli 1986
Sterbeort Wien
Beruf Schauspielerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 16.07.2018 durch WIEN1.lanm09was
Begräbnisdatum 6. August 1986
Friedhof Wiener Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 33G, Nummer 72
Ehrengrab ja„ja“ befindet sich nicht in der Liste (historisches Grab, ehrenhalber gewidmetes Grab, Ehrengrab) zulässiger Werte für das Attribut „Ehrengrab“.
Bildname Neff meinrad schnitzler.jpg
Bildunterschrift Dorothea Neff (Mitte) mit Heinrich (Henry) Schnitzler (l.) und Josef Meinrad anlässlich der Verleihung der Josef-Kainz-Medaille (3.10.1963)
  • 4., Taubstummengasse 13 (Sterbeadresse)
  • 1., Annagasse 8 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (Übernahme: 29. November 1964)
  • Josef-Kainz-Medaille der Stadt Wien (Verleihung: 1963)
  • Medaille der Yad VaShem-Gedenkstätte (Übernahme: 21. Februar 1980)
  • Silberne Ehrennadel der Gewerkschaft der Bühnenkünstler (Verleihung: 1951)
  • Wiener Ehrenmedaille in Gold (Verleihung: 15. Februar 1983, Übernahme: 20. Februar 1983)

Neff Dorothea (Antonie), * 21. Februar 1903 München, † 27. Juli 1986 Wien. Schauspielerin, Schauspiellehrerin.

Biografie

Dorothea (eigentlich Antonie Regina) Neff wurde 1903 in München geboren. Ihre Mutter Hedwig war Sängerin und Pianistin, ihr Vater Karl Direktor eines humanistischen Gymnasiums. Sie wuchs in München und Bayreuth auf, wo sie mit Cosima Wagner bekannt wurde. Neff nahm ab 1920 in München bei Otto König Schauspielunterricht, debütierte im Juni 1921 als Haidrun in Wolzogens "Maibraut“ in München-Hellabrunn und begann als jugendliche Liebhaberin am Stadttheater Regensburg. Im November 1921 wurde sie in den Verband der Bayerischen Staatstheater aufgenommen und spielte bereits als 19-Jährige die Maria Stuart. 1925 heiratete sie, die Warnungen ihrer Eltern ignorierend, den Antiquitätenhändler Max Schmid, der sich noch im selben Jahr – hochverschuldet – das Leben nahm.

Nach dem Selbstmord ihres Mannes ging Dorothea Neff nach Gera, 1928 nach Aachen und 1931 als Heldin und Charakterdarstellerin ans Staatstheater München. Wegen des Verdachts "politischer Unzuverlässigkeit" wurde sie hier 1933 entlassen und fand ein Engagement in Köln, wo sie sich mit der jungen jüdischen Kostümbildnerin Lilli Wolf anfreundete. Die Wege der beiden trennten sich bald wieder. Dorothea Neff wechselte nach Königsberg in Preußen und schließlich 1939 an das Deutsche Volkstheater in Wien kam, wo sie unter anderem die Annemarie Most in Zuckmayers "Der fröhliche Weinberg" spielte sowie die Titelrolle in Kleists "Penthesilea".

1941 kam Lilli Wolf nach Wien, weil sie hoffte, hier vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten geschützt zu sein. Zunächst wurde sie hier bei einer jüdischen Familie als Untermieterin untergebracht. Als Wolff ihren Deportationsbefehl erhielt, nahm sie Neff in ihrer Wohnung in der Annagasse auf, teilte mit ihr ihre Lebensmittelrationen und ermöglichte ihrer Freundin sogar eine Operation, indem sie ihr ihren alten Personalausweis zur Verfügung stellte, der sie als Antonie Schmid auswies. Die weitere medizinische Versorgung Wolfs übernahm künftig ein Nachbar in der Annagasse, der junge Arzt Erwin Ringel.

Bis zur Schließung aller Theater spielte Dorothea Neff weiterhin Hauptrollen, etwa an der Seite von Judith Holzmeister und O. W. Fischer. Danach wurde sie zum Arbeitsdienst in eine Uniform- und Hemdennäherei eingeteilt, wo sie die junge Schauspielerin Eva Zilcher kennenlernte, die bis zu ihrem Tod sowohl beruflich als auch privat ihre Partnerin bleiben sollte. Lilli Wolf emigrierte nach dem Krieg in die USA, Dorothea Neff konnte ihre Karriere erfolgreich fortsetzen. Sie spielte in Horvaths "Geschichten aus dem Wienerwald" im Volkstheater die Großmutter, die Claire Zachanassian in Dürrenmatts "Besuch der alten Dame", die Mutter in "Die chinesische Mauer" und als das Theater 1963 den Brecht-Boykotts mit "Mutter Courage" durchbrach, die Titelrolle, wofür sie mit der Josef Kainz-Medaille ausgezeichnet wurde. Auf der Bühne des Burgtheaters stand Dorothea Neff unter anderem als Marthe Schwerdtlein im "Faust" und als Elisabeth in "Maria Stuart". Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete die Schauspielerin auch für Film und Fernsehen. Trotz ihres fortschreitenden Augenleidens das 1967 schließlich zur völligen Erblindung führte, übernahm sie weiterhin Bühnen- und Filmrollen. Zuletzt trat sie 1981 in einer Folge der Fernsehserie "Die liebe Familie“ zusammen mit Eva Zilcher auf. Doch aufgrund ihrer Blindheit verlegte Dorothea Neff den Schwerpunkt ihrer Arbeit vom aktiven Spielen hin zum Unterrichten. Auch als Lehrerin war Dorothea Neff erfolgreich. Zu ihren Schülerinnenzählen unter anderem Andrea Eckert, Julia Stemberger und Senta Berger. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Dorothea Neff in der Taubstummengasse, gepflegt von Eva Zilcher. 1978 wurde Dorothea Neff zum Ehrenmitglied des Volkstheaters ernannt. Bei einer feierlichen Zeremonie im Wiener Akademietheater wurde die Schauspielerin 1979 von Yad Vashem als "Gerechte unter den Völkern" für ihren Einsatz für Lilli Wolf geehrt. Den Stoff verarbeitete Felix Mitterer im Auftrag von Michael Schottenberg zum Drama "Du bleibst bei mir", das 2011 mit Andrea Eckert als Dorothea Neff im Volkstheater uraufgeführt wurde.

In Erinnerung an die Schauspielerin wird alljährlich an die besten Künstler und Künstlerinnen des Volkstheaters der "Dorothea-Neff-Preis" vergeben

2007 wurde ein kleiner Park im 7. Bezirk nach der Schauspielerin Dorothea-Neff-Park benannt.

=Quellen

  • Wienbibliothek im Rathaus / Tagblattarchiv: Dorothea Neff [TP 035663]

Literatur=

Links