Oscar Pollak
- Chefredakteur der Arbeiter-Zeitung (1931-1934, 1945-1961) Der Datenwert „1931-1934, 1945-1961“ besteht aus mehr als den drei für die Interpretation der Datumsangabe erforderlichen Bestandteilen.
- Präsident des Internationalen Presseinstituts, Zürich (1956 bis 1958)
Oscar Pollak (Pseudonym Oscar Paul), * 7. Oktober 1893 Wien, † 28. August 1963 Hinterstoder, Oberösterreich. Journalist, Schriftsteller. Ehefrau: Marianne, geb. Springer.
Familie
Oscar Pollak war Sohn des aus Ungarn stammenden Kaufmanns Markus Pollak und seiner Frau Rosa. 1915 heiratete er Marianne Springer. Die Ehe blieb kinderlos.
Journalistische Laufbahn
Oscar Pollak studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien (Dr. iur. 1919). Nach dem Ersten Weltkrieg, wo er als Offizier an der Balkanfront im Einsatz stand, wurde er Kommunal- und Sportberichterstatter der Arbeiter-Zeitung. Von 1923 bis 1926 war er mit seiner Frau für Friedrich Adler im Sekretariat der Sozialistischen Arbeiter-Internationale in London und als Londoner Korrespondent der Arbeiter-Zeitung tätig. 1926 kehrte er nach Wien zurück, wo er zunächst bei der Arbeiter-Zeitung unter Friedrich Austerlitz außenpolitischer Redakteur wurde; nach dessen Tod im Juli 1931 übernahm er die Chefredaktion.
Nach dem Februar 1934 organisierte Oscar Pollak mit seinen Redakteuren Otto Leichter und Karl Hans Sailer den Widerstand gegen das Dollfuß-Regime und war einer der Mitbegründer der Revolutionären Sozialisten (RS). Nach kurzem Aufenthalt in der Schweiz war er in Brünn als Pressereferent für Otto Bauer tätig. 1936 arbeitete Oscar Pollak gemeinsam mit seiner Frau im Sekretariat der Sozialistischen Internationale in Brüssel und war Herausgeber der Zeitschrift "Internationale Information". 1938 ging er zum Hauptstandort der Internationale nach Paris, wo er Mitherausgeber der Zeitschrift "La lutte Socialiste" wurde. 1940 emigrierte er nach London; dort baute er gemeinsam mit Karl Czernetz die Auslandsvertretung der Österreichischen Sozialisten auf.
1945 kehrten Marianne und Oscar Pollak nach Wien zurück. Letzterer nahm seine Tätigkeit als Chefredakteur der Arbeiter-Zeitung wieder auf; daneben machte er sich als Begründer und redaktioneller Leiter der SPÖ-Zeitschrift "Die Zukunft" verdient, die er zu einem Diskussionsforum offener Kritik werden ließ. 1951 war er an der Gründung des Internationalen Presseinstituts in Zürich beteiligt, als dessen Präsident er von 1056 bis 1958 fungierte.
1961 legte Oscar Pollak aus Altersgründen (und wohl auch wegen interner Konflikte in der Redaktion) die Leitung der Arbeiter-Zeitung nieder. Mit ihm als Chefredakteur hatte sich das Blatt großes Ansehen erworben, vor allem durch das mutige Auftreten gegenüber den Übergriffen der Besatzungsmächte. Die Arbeiter-Zeitung war allgemein unter ihrem Werbeslogan "Die Zeitung, die sich was traut" bekannt geworden. Oscar Pollak hatte aber auch maßgeblichen Anteil an der Entfaltung des demokratischen Pressewesens in Österreich und war an der Schaffung des Presserates beteiligt. Am 5. Mai 1956 wurde er mit dem Preis der Stadt Wien für Publizistik ausgezeichnet.
Oscar Pollak starb an einem Herzinfarkt während eines Urlaubsaufenthaltes in Hinterstoder am 28. August 1963. Zwei Tage später nahm sich seine Frau das Leben. Sie wurden gemeinsam in einem Oscar Pollak gewidmeten Ehrengrab im Urnenhain der Feuerhalle Simmering bestattet (Abteilung LM, Gruppe 20B, Nummer 1G).
An beide erinnert der Marianne-und-Oscar-Pollak-Hof in Wien Floridsdorf.
Werke
(Auswahl)
- Das A-B-C der Internationale. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1928
- [Unter dem Pseudonym Oscar Paul]: Farewell, France! An Eye-Witness Account of Her Tragedy. London Gollancz 1941
- [Unter dem Pseudonym Oscar Paul]: Underground Europe Calling. London: Gollancz 1942
- Die Aussenpolitik des neuen Österreich. In: Die Zweite Republik, Schriftenreihe des Londoner Büros der österreichischen Sozialisten. London: 1944
- It started in Vienna. London: London Bureau of the Austrian Socialists o. J. [ca. 1944]
- Gegen den "inneren Nazi". Sozialistische Hefte, 14. Wien: 1946 (auch als Sonderdruck: Der Kampf gegen den inneren Nazi. Rede gehalten auf der Jahreskonferenz der Landesorganisation Wien der SPÖ, "Freie Schule Kinderfreunde" am 24. Februar 1946. Sozialistische Erziehungsarbeit. Schriften zur Theorie und Praxis der sozialistischen Erziehung, 4/1946)
- Wir wollen Antispießer sein! Wandlungen der Kulturbewegung. Wien: Verlag des Arbeiter-Abstinentenbundes 1949
- [Als Herausgeber]: Der Weg aus dem Dunkel. Bilder aus der Geschichte der österreichischen sozialistischen Bewegung. Wien: Wiener Volksbuchhandlung o. J. [1958]
- Der neue Humanismus. Geist und Gesellschaft an der Zeitenwende. Wien [u. a.]: Europaverlag 1962
- Karl Ausch [Hg.]: Oskar Pollak. Kämpfer für Freiheit und Recht. Eine Auswahl seiner Aufsätze. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1964
Nachlass
Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung (VGA), Nachlass Oscar und Marianne Pollak, von Grete Helfgott, der Sekretärin Oscar Pollaks, dem VGA übergeben. Erstbearbeitung 1974, Nachbearbeitung 2004. Kartons 1-7, Mappen 1-25. Inhalt: persönliche Dokumente, umfangreiche Korrespondenz, Zeitungsartikel (darunter alle in der Arbeiter-Zeitung publizierten Artikel von Oscar Pollak 1945-1963), Broschüren, Typoskripte von Reden, Notizen, Fotos, Nachrufe.
Literatur
(Auswahl)
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon. Wien: Ueberreuter 1992, S. 362
- Karl Ausch [Hg.]: Oskar Pollak. Kämpfer für Freiheit und Recht. Eine Auswahl seiner Aufsätze. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1964
- Brigitte Biwald: Verbunden bis in den Tod. Wiener Zeitung, 7.-8. September 2013 (online im Austria-Forum)
- Eveline Gründel: Oscar Pollak, Parteijournalist zwischen Politik und Ideologie. Diss. Univ. Wien. Wien: 1973
- F. J. Habitzel [Hg., Verl. und für den Inh. verantw.]: Der Mann im Hintergrund. Wer ist der eigentliche Führer der Sozialistischen Partei Österreichs? Wien o. J. [um 1945]
- Friedrich Hausjell: Journalisten gegen Demokratie oder Faschismus. Eine kollektiv-biographische Analyse der beruflichen und politischen Herkunft der österreichischen Tageszeitungsjournalisten am Beginn der Zweiten Republik (1945-1947). Teil 2. Frankfurt [u. a.]: Lang 1989, S. 760
- Wilhelm Kosch [Begründer]: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. Band 12. Bern [u. a.]: Francke 1990, S. 147
- Brigitte Lehmann: Marianne & Oscar Pollak. Die Geschichte zweier Leben. Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung: Dokumentation 1&2/2006
- Norbert Leser: Grenzgänger. Österreichische Geistesgeschichte in Totenbeschwörungen. Band 2. Wien [u. a.]: Böhlau 1982, S. 171-189
- Helene Maimann: Politik im Wartesaal. Österreichische Exilpolitik in Großbritannien 1938-1945. Wien [u. a.]: Böhlau 1975 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs, 62)
- Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971, S. 233-234
- Manfred Marschalek [Hg.]: Untergrund und Exil. Österreichs Sozialisten zwischen 1934 und 1945. Wien: Löcker 1990 (Sozialistische Bibliothek: Abteilung 1, Die Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie, Band 3)
- Wolfgang Muchitsch [Bearb.]: Österreicher im Exil, Großbritannien 1938-1945. Eine Dokumentation. Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes [Hg.]. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1992
- Peter Pelinka: Er war ein echter Sir! Vor 25 Jahren starb Oscar Pollak, der legendäre Chefredakteur der AZ. Arbeiter-Zeitung 27. August 1988
- Peter Pelinka / Manfred Scheuch: 100 Jahre AZ. Die Geschichte der Arbeiter-Zeitung. Wien: Europaverlag 1989
- Werner Röder [Hg.]: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1. München: Saur 1980, S. 570-571
- Friedrich Scheu: Oscar Pollak. In: Norbert Leser [Hg.]: Werk und Widerhall. Große Gestalten des österreichischen Sozialismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1964, S. 285-290
- Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951, S. 236