Rosa Jochmann
- Bundesfrauenvorsitzende der SPÖ (1959 bis 1967)
- Vizepräsidentin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (1964 bis 1994)
- Vorsitzende des Bundes sozialistischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus (1949)
- Abgeordnete zum Nationalrat (19.12.1945 bis 16.05.1967)
Rosa Jochmann, * 19. Juli 1901 Wien 20, † 28. Jänner 1994 Wien (Zentralfriedhof, Ehrengrab, Gruppe 14C, Nummer 1 a, [Widmung des Ehrengrabes 2002]), sozialdemokratische Politikerin, Gewerkschafterin.
Biographie
Rosa Jochmann wurde am 19. Juli 1901 als viertes von insgesamt sechs Kindern in eine bitterarme Wiener Arbeiterfamilie geboren. Ihre Eltern waren aus Mähren zugewandert, daher wuchsen die Kinder zweisprachig auf. Rosas Mutter Josefine (1874-1915) war Wäscherin und Bedienerin, der Vater Karl (1876-1920) Eisengießer und engagierter Sozialdemokrat. Bald zog die Familie von der Brigittenau nach Simmering. Nachdem ihre Mutter 1915 gestorben war, musste Rosa für ihre zwei jüngeren Schwestern sorgen. 14-jährig fand Rosa Jochmann ihre erste Anstellung bei der Süßwarenfabrik "Schmidt & Söhne". 1915/16 wurde sie kriegsdienstverpflichtete Arbeiterin in der Simmeringer Kabelfabrik "Ariadne", dann in der Kerzenfabrik "Apollo" (später in Unilever aufgegangen).
Schon bald begann sie sich gewerkschaftlich zu engagieren, wurde Funktionärin im Chemiearbeiterverband und nach einem weiteren Firmenwechsel mit knapp 20 Jahren bei der Firma Auer (300 Beschäftigte, Erzeugung von Glasglühstrümpfen) zum Betriebsratsobmann [sic] gewählt. 1926 wurde sie zur Sekretärin der Chemiearbeitergewerkschaft bestellt, zuständig für die Organisierung der Frauen dieser Industriesparte. In Käthe Leichters "Handbuch für Frauenarbeit in Österreich" beschrieb sie die unmenschlichen Arbeitsbedingungen der Chemiearbeiterinnen. Im selben Jahr war sie unter den ersten AbsolventInnen der "Arbeiterhochschule" in Döbling und fand in ihrem Lehrer Otto Bauer einen Förderer. Sie stieg bald zur Parteispitze auf: 1932 arbeitete sie als angestellte Zentralsekretärin der Sozialistischen Frauen und trat erstmals als Delegierte der Frauen bei einem Parteitag auf. 1933 wurde sie in den Parteivorstand gewählt.
Nach den Februarunruhen 1934 engagierte sich Rosa Jochmann unter dem Decknamen Josefine Drechsler bei der illegalen Nachfolgeorganisation der SDAP, den "Revolutionären Sozialisten". Sie bildete mit Karl Holoubek, Roman Felleis und Ludwig Kostroun das erste (illegale) Zentralkomitee, das unter der Leitung von Manfred Ackermann stand. Im August 1934 wurde sie wegen ihres verbotenen Engagements in Wiener Neustadt verhaftet und zu drei Monaten Polizeihaft und einem Jahr Kerker verurteilt.
Nach ihrer Freilassung 1935 verbreitete Rosa Jochmann die illegale Arbeiterzeitung, organisierte Zusammenkünfte und half mit, den Kontakt zum "Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokraten in Brünn" (ALÖS) zu halten. Als Schuschnigg angesichts des drohenden Einmarsches Hitlers die Versöhnung mit den Sozialisten suchte, reiste Jochmann noch am 10. März 1938 zu Otto Bauer nach Brünn, um ihn über die Entwicklungen zu informieren. Nach dem "Anschluss" lehnte Rosa Jochmann die angebotene Möglichkeit zur Emigration ab und versuchte ihrerseits, möglichst vielen "jüdischen Genossen" die Flucht zu ermöglichen. Im August 1939 wurde sie von der Gestapo verhaftet und im März 1940 mit dem Vermerk "Rückkehr unerwünscht" ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück deportiert, aus dem sie erst nach der Befreiung des Lagers durch russische Truppen heimkehren konnte.
1945 konnte sie nahtlos an ihre politische Tätigkeit vor 1934 anschließen: 1945 bis 1967 war sie Abgeordnete zum Nationalrat und Mitglied des Parteivorstandes der SPÖ, ab 1945 war sie Frauen-Zentralsekretärin und von 1967 bis 1967 Vorsitzende des Frauen-Zentralkomitees der SPÖ. Von 1948 bis 1990 war sie Vorsitzende des Bundes der Sozialistischen Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus.
Bis ins hohe Alter erinnerte Rosa Jochmann als Rednerin an den nationalsozialistischen Terror und warnte vor dem Vergessen und dem Verharmlosen. Als Zeitzeugin besuchte sie Schulen und erzählte unermüdlich ihre Geschichte, damit die Jungen "klüger würden für ein andermal".
Rosa Jochmann starb am 28. Jänner 1994. Sie wurde in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof bestattet.
Gedenktafel an der Wohnhausanlage 11, Braunhubergasse 25, in der Rosa Jochmann gewohnt hat (enthüllt 21. Oktober 2001).
Rosa-Jochmann-Park (2), Rosa-Jochmann-Schule (11), Rosa-Jochmann-Ring (1995), Rosa-Jochmann-Hof (10. September 2013)
Literatur
- Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
- Rosa Jochmann. In: Mitteilungen des DÖW, Folge 114c (2/1994)
- Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 77 (irrtümlich *2. 7.), S. 86
- Maria Sporrer / Herbert Steiner [Hg.]: Rosa Jochmann. Zeitzeugin – Wien: Europaverlag 1983
- Rosa Jochmann, Porträt einer Sozialistin. Wien: Verlag der SPÖ [1984] (Zeitdokumente, 40)
- Hans Waschek [Hg.]: Rosa Jochmann - ein Kampf, der nie zu Ende geht. Reden und Aufsätze. Wien: Löcker 1994
- Franz Richard Reiter [Hg.]: Wer war Rosa Jochmann? Wien: Ephelant 1997 (Dokumente, Berichte, Analysen, 9)
- Bund sozialistischer Freiheitskämpfer/innen, Opfer des Faschismus und aktiver Antifaschist/inn/en: Die Vorsitzenden. URL: http://www.freiheitskaempfer.at/?page_id=31 [Stand 12.03.2015]
- Wiener Zeitung, 11.09.2013