Stadthauptmann

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Daten zum Begriff
Art des Begriffs Berufsbezeichnung
Andere Bezeichnung
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Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Hauptmann bedeutete ursprünglich oberster Befehlshaber einer größeren militärischen Einheit, wobei man zwischen Feldhauptmann (Kommandant einer Armee im Kriegseinsatz, von Feld = Feldzug), Stadthauptmann (Chef der Militärbesatzung einer Stadt) und Burghauptmann (Kommandant einer Burg- oder Festungsbesatzung) unterschied. Erst nach dem Vorbild der französischen Armee im 17. Jahrhundert wurde „Hauptmann" ein mittlerer Offiziersrang (zwischen Leutnant/Oberleutnant und Major).

Im mittelalterlichen Wien waren in Friedenszeiten die mit der Bewachung der Stadtbefestigung betrauten „Knechte" (Söldner) dem Rat unterstellt; nur in Kriegszeiten (bei Abwehr einer Belagerung) benötigte man zum Kommando über die zusätzlich aufgenommenen Söldner einen kriegserfahrenen Stadthauptmann (beispielsweise während der Belagerung Wiens durch Matthias Corvinus 1483-1485). Während der Ersten Türkenbelagerung (1529) führte Niklas II. Graf Salm als Chef der Verteidigung den Titel „Verwalter der obersten Feldhauptmannschaft über alles Kriegsvolk Ihrer Majestät"; ihm unterstanden ein oberster Feldmarschall (Rogendorf) und ein oberster Zeugmeister (das heißt Artillerist; Leisser). Im Streit zwischen Landesfürst und Stadtgemeinde um den Titel der Kommandanten der Stadtguardia (die 1531-1582 ein städtischer Wachkörper war und 1582-1741 zur kaiserlichen Armee gehörte) wehrte sich die Gemeinde geraume Zeit gegen die Einsetzung eines Stadthauptmanns; ab 1580 waren alternativ die Bezeichnungen Stadthauptmann und Stadtguardiahauptmann, später (bis 1741) Stadtguardia-Obrist oder auch Stadtkommandant in Gebrauch. Ab 1782 führte den Titel Stadthauptmann ein Zivilbeamter, der als Mittelinstanz zwischen dem städtischen Magistrat und der Niederösterreichischen Regierung fungierte und einem Kreishauptmann in den ländlichen Bezirken gleichgestellt war. Ab 1850 war der Stadthauptmann (auch Polizeidirektor genannt) der Leiter des städtischen Sicherheitswesens; er unterstand der Niederösterreichischen Statthalterei und diese dem Innenministerium.

Heute führen die Leiter der seit 2012 der Landespolizeidirektion Wien unterstehenden 14 Polizeikommissariate (es bestehen sieben Kommissariate für je einen Bezirk, fünf für je zwei Bezirke und zwei für je drei Bezirke) den Titel Stadthauptmann.

Literatur

  • Viktor Bibl: Die Wiener Polizei. Leipzig / Wien 1927
  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 128
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740-1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 65 ff.
  • Alois Veltze: Die Wiener Stadtguardia. In: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien. Wien: Gerold 36/37 (1902), S. 1 ff., S. 21