Stadtguardia

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Behörde
Datum von 1531 JL
Datum bis 1741
Benannt nach
Prominente Personen Ernst Abensberg-Traun, Johann Caspar von Stadion, Hans Christoph von Löbl, Annibale Franz Maria Gonzaga, Wolf Friedrich von Neuding, Ernst Rüdiger Starhemberg, Wirich Philipp Lorenz Daun
PageID 10021
GND
WikidataID
Objektbezug Frühe Neuzeit
Quelle Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 7.07.2021 durch WIEN1.lanm08pil

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Entstanden aus der 1531 geschaffenen Wiener Tag- und Nachtwache (Nachtwächter), die, 1543 vorübergehend getrennt, 1569 zur Stadtguardia zusammengelegt wurde. Die 70 angeworbenen Landsknechte unterstanden einem Hauptmann. Sie wurde von der Stadt Wien besoldet, ab 1582 jedoch vom kaiserlichen Ärar und galt nunmehr als Fähnlein (ab 1618 kaiserliches Regiment mit Sonderstatus). 1646 wurde daneben wieder ein städtische Wachkörper, die Rumorwache, geschaffen. Die Stadtguardia wurde am 1. August 1580 dem Stadthauptmann unterstellt und fortan auch für den Sicherheitsdienst in den Vorstädten herangezogen; der Personalstand wurde von (inzwischen) 150 auf 300 Mann erhöht.

Unterbringung der Stadtguardia

In die Mannschaft durften keine Wiener aufgenommen werden. Die Unterbringung fiel in die Kompetenz des Bürgermeisters. Rüstung und Wehr hatte die Mannschaft selbst beizustellen, die Unterbringung erfolgte anfangs in Bürgerhäusern oder (gegen Ausbezahlung eines Quartiergelds) in Wirtshäusern, später in eigens erbauten kleinen Häuschen auf den Basteien. 1583 waren diese Häuschen abzubrechen. Am 7. Oktober 1595 stand in einem Bericht des Hofkriegsrats, dass die Situation mit den Häuschen gefährlich werden könnte. 1611 wurde veranlasst, dass "Soldatenhäusl" auf den Basteien gebaut werden sollten. 150 Häuschen, die meistens für eine Familie gedacht waren, wurde über den kaiserlichen Befehl vom 4. Mai 1613 gebaut. Manche wohnten in den Vorstädten.


Aufgaben der Stadtguardia

Der Stadtguardia oblag der Stadtschutz im Inneren der Stadt und an den Stadttoren. Bei Tag und Nacht versahen mehrere Patrouillen den Straßendienst, deren Ausgangspunkt die Hauptwacht auf dem Petersplatz war. Ab 1619 gab es eine zusätzliche Wache auf dem Burgplatz, die zum Ehren- und Sicherheitsdienst in der kaiserlichen Burg eingesetzt war. Die beiden Hauptwachen standen unter dem Kommando von je einem Hauptmann und einem ihm beigegebenen zweiten Offizier. Unter dem Befehl von Offizieren standen auch die verhältnismäßig starken Posten auf dem Hohen Markt, dem Neuen Markt und Am Hof.

Bewachung der Stadttore

Zur Bewachung der Stadttoren waren bei jedem Tor ein sogenannter Rottmeister, zehn Soldaten und ein Trommelschlager eingeteilt. Der stärkste der Soldaten bezog den Posten im Turm, um das Fallgitter (Schoßgatter) rechtzeitig herabzulassen und aufzuziehen. Bei der Schranke gab es den gesamten Tag ein Posten mit Rüstung und Gewehr, um das Auf- und Zumachen zu erledigen. Die sorgfältige Sperre der Tore war sehr wichtig. Ferdinand I. verordnete in der Stadtordnung von 1526, dass die Schlüssel der Tore vom Bürgermeister verwahrt werden mussten. 1571 wurde eine Ordnung für einen "Schlüsselhandler" ausgegeben. Zu jedem Tor waren zwei Bürger veranlasst, die Schlüssel vom Bürgermeister abzuholen, das Tor aufzumachen und zuzusperren und die Schlüssel wieder am alten Platz zu deponieren. Es waren zwei Schlüssel vorhanden.

Später war die Sperre feierlich. Es wurden ein Offizier, ein Feldwebel, ein Korporal und sechs Gemeine von der Hauptwache bei St. Peter zum Bürgermeister geschickt, wo sie die Stadttorschlüssel von den "Schlüsselwachtern" erhielten. Nachher gingen sie wieder zur Hauptwache, wo sie mit Präsentieren des Gewehres empfangen wurden. Nach dem Sperrschuss ging ein Platzmajor mit den Schlüsseln zum Burg-, Schotten- und Neutor. Ein Zweiter ging zu Kärrner-, Stuben-, und Rotenturmtor und wurden die Tore geschlossen. Am Morgen war das Prozedere ähnlich. Je nach der Jahreszeit und dem Eintreten der Dunkelheit war die Schließung der Tore für jeden Monat vorgeschrieben. Nach der Sperre durfte für niemanden ,außerhalb von Postboten, aufgemacht werden.

1617 wurde das Einlassverbot streng eingeschärft. Bald wurde aber der nächtliche Einlass beim Kärntnertor freigegeben. Ferdinand II. veranlasste am 27. August 1626, dass nach der Sperrstunde bis 22:00 ausgelassen wurde sechs Kreuzer pro Person, sechs Kreuzer pro Pferd und zwölf Kreuzer pro Wagen an Sperrgeld zu zahlen hatte. 1701 schlug der Hofkriegsrat Philipp Christoph Graf Brenner vergebens vor, das Sperrgeld fallenzulassen und das Kärntner-, Rotenturm- und Schottentor bis 24:00 offen zu lassen. Im August 1706 wurde beim Schottentor ein nächtlicher Einlass geschaffen. 1716 wurde das Sperrgeld erniedrigt bis zu einem Kreuzer pro Person, drei Kreuzer für einen Reiter und sieben Kreuzer für einen Wagen. Juden mussten die doppelte Gebühr zahlen. Die Sperreinnehmer, die neben der Wache ihr "Stübl" hatten, sammelten und verrechneten das Geld. Sie bekamen ab 1716 10% der Einnahmen. 1726 wurde 31.861 Gulden und 59 Kreuzer eingesammelt. Gewisse Personen hatten Sperrfreiheit. Deren Anzahl stieg an, bis die Sperrfreiheit 1742 eingestellt wurde. Erst unter Joseph II. blieben die Stadttore in der Nacht offen.

Die Wachen bei den Stadttoren waren verschieden stark besetzt, wobei die Wachkontingente an den Haupttoren (Kärntner-, Rotenturm-, Schotten- und Stubentor) stärker besetzt waren. Mit der Errichtung des Linienwalls (1704) wurde der Stadtguardia auch die Besetzung der weiteren neun Tore und die Ausdehnung des Dienstbereichs auf das Glacis (das bis dahin von den Patrouillen nur unregelmäßig begangen worden war) aufgetragen. Für eine Personalaufstockung fehlte jedoch das erforderte Geld. 1716 sprach sich der Hofkriegsrat gegen eine Ausdehnung des Dienstbereichs der Stadtguardia aus, weshalb 1720 zur Überwachung des Glacis zwei Kompanien "Bayreuth-Dragoner" in die Vorstädte gelegt wurden, die jeweils die Meldungen über am Vortag Festgenommene an den Wachtmeister-Leutnant der Stadtguardia zu übermitteln hatten. Die Stadtguardia wurde 1741 aufgelöst, als man daranging, in Wien Kasernen zu errichten und eine Garnison einzurichten; zu diesem Zeitpunkt betrug der Personalstand 1200 Mann, die mit Musketen und Hellebarden bewaffnet und in etwa 300 Basteihäuschen untergebracht waren.


Ansehen

Die Stadtguardia war in der Bevölkerung unbeliebt, da ihre Angehörigen dem Gewerbe Konkurrenz machten. Um ihren kargen Sold aufzubessern, übten die Wachorgane oftmals nebenher ihren ursprünglichen Beruf aus, betrieben auf den Basteien aber auch Bier- und Weinschenken, die sich regen Zuspruchs erfreuten. Die Frauen der Stadtguardisten betrieben oftmals den "Türkauf" (das heißt, dass sie vor den Toren Wiens die von den Bauern zur Stadt gebrachten Lebensmittel aufkauften und sie mit Aufschlag auf den Märkten verkauften). Um den Missständen entgegenzutreten, begründete die niederösterreichische Statthalterei 1646 die Rumor- und Stadtsicherheitswache (Rumorwache), die jene Bereiche kontrollieren sollte, die von der Stadtguardia nicht wahrgenommen wurden, im übrigen jedoch den Auftrag hatten, "ihr jederzeit auszuweichen".


Auflösung

Mit Dekret Karls VI. vom 2. November 1722 wurde die Auflösung der Stadtguardia angeordnet, jedoch erst mit Dekret Maria Theresias vom 20. November 1741 vollzogen, 1773 erfolgte auch die Auflösung der Rumorwache. 1775 wurden die aufgelösten Wachen durch eine "K. k. Militär-Polizeiwache" ersetzt (Polizei).


Kommandanten


Literatur

  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 1. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 4-6
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 1. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 16
  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 127 f.
  • Engelbert Steinwender: Von der Stadtguardia zur Sicherheitswache. Von der Frühzeit bis 1932. Dipl.-Arb. Uni. Wien. Wien (1992)
  • Alois Veltze: Die Wiener Stadtguardia (1531-1741). In:Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien. Wien: Gerold 36/37 (1902), S. 1 ff., S. 132 ff.