Ruth Maier

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Ruth Maier, um 1935
Daten zur Person
Personenname Maier, Ruth
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 65884
GND 136635598
Wikidata Q113097
Geburtsdatum 10. November 1920
Geburtsort Wien
Sterbedatum 1. Dezember 1942
Sterbeort Konzentrationslager Auschwitz
Beruf
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 18.01.2024 durch WIEN1.lanm07lin
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname Ruth Maier.jpg
Bildunterschrift Ruth Maier, um 1935
  • 18., Gersthofer Straße 75-77 (Wohnadresse)
  • 2., Obere Donaustraße 43 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Ruth Maier, * 10. November 1920 Wien, † 1. Dezember 1942 Auschwitz, Opfer der Shoah.

Biografie

Ruth Maier war die Tochter des sozialdemokratisch gesinnten Postbediensteten Ludwig Maier und dessen Frau Irma, geborene Grossmann. Die ersten Jahre ihrer Kindheit verbrachte die jüdisch-assimilierte Familie in Wien-Währing, 1931 übersiedelte sie in einen Gemeindebau in der Gersthofer Straße 75-77. Ihr Vater starb bereits 1933. Nach dem "Anschluss" wurde sie Zeugin der Gewaltexzesse des NS-Mobs gegen Jüdinnen und Juden auf den Straßen Wiens, auch während des Novemberpogroms 1938. Erfahrungen wie diese bewegten die junge Frau zu einer Auseinandersetzung mit ihrer jüdischen Identität.

Im Zuge der Kündigung von rund 2.000 Mietverhältnissen mit Jüdinnen und Juden durch die Stadt Wien zum 31. Juli 1938 verlor auch die Familie Maier ihre Wohnung. Ein Bekannter des verstorbenen Vaters, der Kaufmann Hugo Singer, nahm sie und ihre Angehörigen zur Untermiete in seiner Wohnung in der Oberen Donaustraße 43 auf.

Während Ruths Schwester im Dezember 1938 im Zuge eines sogenannten "Kindertransports" Wien in Richtung Großbritannien verlassen konnte (und dort die Shoah überlebte), war die junge Frau selbst zu alt für diese Aktion. Irma Maier bemühte sich, die internationalen Kontakte ihres verstorbenen Mannes zu nutzen, um Ruth außer Landes zu bringen. Im Jänner 1939 konnte diese in Lillestrøm (östlich von Oslo) bei einem norwegischen Postbediensteten unterkommen, lernte Norwegisch und strebte den Abschluss der Matura an, um in weiterer Folge in die USA auszuwandern. Hier lernte sie die um ein Jahr jüngere Gunvor Hofmo kennen, mit der sie eine Liebesbeziehung einging.

Nach der Besetzung Norwegens durch NS-Truppen und der Etablierung Kollaborationsregierung wurden alle in Norwegen lebenden Juden und Jüdinnen erfasst. Im Herbst 1942 zog Ruth Maier von Lillestrøm nach Oslo in ein Wohnheim. Im Oktober 1942 begann die Deportation der jüdischen Bevölkerung des Landes, zunächst der Männer und dann der Frauen und Kinder. Ruth Maier wurde am 26. November durch norwegische Polizisten und Gestapo-Männer verhaftet. Über Stettin wurden die Deportierten nach Auschwitz gebracht, wo die norwegischen Jüdinnen und Juden mit wenigen Ausnahmen sofort nach ihrer Ankunft in der Gaskammer ermordet wurden.

Bekannt wurde Ruth Maier posthum mit ihren Tagebüchern, die sie von 1933 bis 1942 führte und einen authentischen Augenzeugenbericht au dem Blickwinkel einer jungen Jüdin darstellen. Ihre Freundin und spätere Schriftstellerin Gunvor Hofmo verwahrte Maiers Tagebücher; ein erster Versuch von ihr, Teile davon zu veröffentlichen, scheiterte. Nach Hofmos Tod 1995 entdeckte der norwegische Schriftsteller Jan Erik Vold in deren Nachlass die Tagebücher und editierte diese 2007 unter dem Titel "Ruth Maiers dagbok. En jødisk flyktning i Norge". Die deutsche Ausgabe erschien im Folgejahr bei DTV.

Auf Betreiben einer norwegischen Initiative wurden die Tagebücher der "österreichischen Anne Frank" 2014 Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes (Memory of the World). 2017 gestaltete das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes in Kooperation mit dem norwegischen Zentrum für Holocaust- und Minderheitenstudien eine Wanderausstellung über "Das kurze Leben der Ruth Maier (1920–1942): Wien – Oslo – Auschwitz", die unter anderem auch im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York zu sehen war.

Ihr Name ist auf dem Grabstein ihrer Eltern auf dem Döblinger Friedhof, Gruppe 35, Reihe 5, Nummer 1A vermerkt. 2022 wurde das Grab ehrenhalber gewidmet und in Obhut der Stadt Wien genommen.

Quellen

  • Ruth Maier: "Das Leben könnte gut sein". Tagebücher 1933 bis 1942. Hg. von Jan Erik Vold. München: DVA 2008

Literatur

  • Ruth Maier: "Es wartet doch so viel auf mich...". Tagebücher und Briefe Wien 1933-Oslo 1942. Hg. von Jan Erik Vold. Wien: Mandelbaum 2020
  • Christian Böhmer: Ruth Maier - Österreichs Anne Frank. In: Kurier, 11.02.2019
  • Wolfgang Paterno: "Eine drollige, eine grauenhafte Welt": Die Tagebücher der Wiener Jüdin Ruth Maier. In: Profil, 24.11.2008


Weblinks