Mittelbalkon (Rathaus)

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Adolf Hitler auf dem eigens für ihn eingebauten Balkon des Wiener Rathauses am 9. April 1938.
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Sonstiges Bauwerk
Datum von 1938
Datum bis
Andere Bezeichnung Hitlerbalkon, Führerbalkon
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 61306
GND
WikidataID
Objektbezug Rathaus, NS-Zeit
Quelle
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Letzte Änderung am 16.04.2024 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Mittelbalkon Rathaus.jpg
Bildunterschrift Adolf Hitler auf dem eigens für ihn eingebauten Balkon des Wiener Rathauses am 9. April 1938.
  • 1., Rathausplatz 1

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48° 12' 38.55" N, 16° 21' 29.85" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die Inszenierung am Rathausplatz vom Burgtheater aus gesehen.

Mittelbalkon (1., Rathausplatz); 1938 am ersten Stock des Rathausturms angebauter Balkon.

Hintergrund

Im Zuge des sogenannten „Anschlusses“ Österreichs an Deutschland wurde für den 10. April 1938 eine Volksabstimmung zum Anschluss im gesamten Deutschen Reich angesetzt. Im Vorfeld fanden Propagandaaktionen und mehrere Großveranstaltungen statt. Den Höhepunkt dieser Veranstaltungen bildete der "Tag des Großdeutschen Reiches" am 9. April 1938. Adolf Hitler war dazu eigens nach Wien angereist und fuhr am Vortag des Palmsonntags wie ein Messias im offenen Wagen durch die Mariahilfer Straße zum Rathaus. Dort hielt Hitler zuerst im Festsaal die als „Perlenrede“ ("... diese Stadt ist in meinen Augen eine Perle - ich werde sie in jene Fassung bringen, die dieser Perle würdig ist ...") bekannt gewordene Ansprache, in der er die Stadt in die Obhut und unter den Schutz des „deutschen Volkes“ stellte. Anschließend begaben sich Hitler und Propagandaminister Goebbels kurz vor 12 Uhr auf die Turmloggia. Dort hatte man eigens für diesen Anlass einen provisorischen Balkon errichtet, von dem aus Hitler unter Wagner-Klängen die Ovationen der Massen entgegen nahm und Goebbels seine „Proklamation des Tages des Großdeutschen Reiches“ vornahm.

Bauliches

Um den Auftritt Hitlers massentauglich in Szene zu setzen, wurde an der Ringstraßenseite des Turmes ein Ort geschaffen, der den Redner weithin sichtbar machte. Im März 1938 trug man dafür die Brüstung ab und setzte eine provisorische, halbrunde Holzkonstruktion davor, die auf den Rathausplatz ragte. Um das Faktum eines Provisoriums zu verbergen, wurde die Konstruktion mit einer riesigen Hakenkreuzfahne verhüllt. Bürgermeister Hermann Neubacher ließ es sich nicht nehmen, die Erinnerung an diese Veranstaltung zu konservieren und ordnete an, eine dauerhafte Baulichkeit an die Stelle der Holzkonstruktion zu setzen. In der Folge entstand unter Oberaufsicht des Stadtbauamtes ein an die Formensprache Friedrich Schmidts angelehnter halbrunder Balkon. Die Baugenehmigung dafür wurde am 8. Dezember 1938 erteilt. Links und rechts in der Turmnische brachte man an der Wand Bronzetafeln an, welche die Rede Bürgermeister Neubachers auf der einen und die „Perlenrede“ Adolf Hitlers auf der anderen Seite wiedergaben. Diese Tafeln wurden 1945 abgenommen.

Literatur

  • Gerhard Murauer: Thingspiel im Arkadenhof. Zur nationalsozialistischen Raumnutzung des Wiener Rathauses. In: >>Wir wissen es, dass diese Beamtenschaft ihre Pflicht auch im neuen Wien tun wird<< Die Wiener Stadtverwaltung 1938. Hg. von Christian Mertens. Wien: Metroverlag 2018, S. 79-105, hier S. 97-105
  • Stefan Spevak: Neues Wiener Rathaus und Stephansdom - Divergenz und Kongruenz in Politik und Repräsentation (1870-1950). In: Rathäuser als multifunktionale Räume der Repräsentation, der Parteiungen und des Geheimnisses (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 55). Hg. von Susanne Claudine Pils, Martin Scheutz, Christoph Sonnlechner, Stefan Spevak. Wien: Studienverlag 2012, S. 271-314, hier S. 296-302