Kurt Wolff

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Daten zur Person
Personenname Wolff, Kurt
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 368696
GND
Wikidata
Geburtsdatum 3. März 1887
Geburtsort Bonn 4007666-0
Sterbedatum 21. Oktober 1963
Sterbeort Ludwigsburg 4036469-0
Beruf Verleger, Schriftstellerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Letzte Änderung am 10.04.2024 durch WIEN1.lanm09ua1
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Kurt Wolff, * 3. März 1887 Bonn, † 21. Oktober 1963 Ludwigsburg, Verleger.

Biografie

Herkunft und frühe Jahre

Kurt Wolffs Vater war Leonhard Wolff, ein Musikprofessor und der akademische Musikdirektor in Bonn. Seine Mutter war Maria Wolff, geborene Marx, die einer wohlhabenden jüdischen Familie in Bonn abstammte und von der er als einziger Sohn anlässlich ihres frühen Todes ein beträchtliches Vermögen erbte. Wolff absolvierte zunächst sein Abitur am Gymnasium Philippinum in Marburg und begann dann ein Germanistikstudium, das er im Herbst 1906 unterbrechen musste, um in Darmstadt Militärdienst zu leisten. Hier lernte er die 17-jährige Elisabeth Merck kennen, mit der er sich verlobte. Im Sommer 1908 setzte Wolff sein Studium wieder fort und veröffentlichte in der "Zeitschrift für Bücherfreunde" seine ersten literarischen Aufsätze und Rezensionen. Im September 1909 heiratete er die nun achtzehnjährige Elisabeth und das Paar übersiedelte nach Leipzig, wo Wolff weiterhin studierte. Da seine Ehefrau aus einer ebenfalls reichen Familie stammte, verfügte das Paar gemeinsam über ein großes Vermögen und konnte dadurch in den höchsten Gesellschaftskreisen Leipzigs verkehren.

Kurt Wolff Verlag

Zunächst strebte Wolff eine akademische Laufbahn an, jedoch lernte er im Winter 1909/10 den gleichaltrigen Ernst Rowohlt bei einem Treffen der Leipziger Bibliophilen kennen. Dieser suchte zu der Zeit einen Geldgeber für eine Verlagsgründung und konnte den wohlhabenden Wolff für seine Pläne begeistern, denn dieser trat am 30. Juli 1910 als stiller Teilhaber in die handelsrechtlich eingetragene Firma Ernst Rowohlt Verlag ein. Wolff übernahm die editorische Betreuung der Reihe von Drugulin-Drucke, in der er Weltliteratur mit einer schönen Ausstattung zu niedrigen Preisen vereinte und damit den Verlag bekannt machte. Rowohlt trat nach außen hin als Verlagsinhaber auf und erweckte den Eindruck, allein dafür verantwortlich gewesen zu sein, Franz Kafkas erster Verleger zu sein. Verlagsakten und Korrespondenzen belegen allerdings die Erstinitiative Wolffs.

Wolff fand zunehmend Gefallen an der Verlagstätigkeit, brach sein Studium ab und gab die Rezensententätigkeit auf. Im September 1912 trat er als Kommanditist in die Firma ein. Die zunehmenden Konflikte zwischen Rowohlt und Wolff gipfelten in einem offenen Streit, der mit dem Ausscheiden Rowohlts endete. Wolff führte den Verlag anschließend alleine weiter. Wolff bediente sich unkonventioneller Werbemethoden, indem er die Bücher auf großen roten Plakaten auf Litfaßsäulen bewarb. Unter den Autoren des neuen Kurt Wolff Verlags fanden sich Walter Hasenclever, Georg Trakl, Else Lasker-Schüler, Georg Heym, Heinrich Mann, Erich Mühsam, Karl Kraus und Franz Werfel, der auch als Lektor im Verlag arbeitete und Wolffs wichtigster Berater wurde.

Zunächst expandierte der Verlag rasch, das Wachstum wurde allerdings jäh durch den Ersten Weltkrieg gebremst. Fast alle männlichen Mitarbeiter wurden einberufen, auch Wolff, der erst 1916 auf Initiative von Großherzog Ernst Ludwig von Hessen aus dem Heeresdienst entlassen wurde, zudem stiegen die Papierpreise sowie die Herstellungspreise kontinuierlich. Wolff reagierte, indem er expandierte und weitere Firmen sowie Verlagsbestände aufkaufte. Während Wolff Militärdienst leistete, war seine Ehefrau nach Darmstadt zu ihrer Mutter gezogen. Seine Pläne, den Verlag ebenfalls nach Darmstadt zu verlegen, bestanden seit 1916, und so setzte er diese in die Tat um, was sich nachträglich als Fehler herausstellte. Er hatte ein Gebäude kostspielig umbauen lassen und musste es kurze Zeit später mit Verlust verkaufen.

Im Herbst 1919 zog der Verlag schließlich von Leipzig nach München. Die finanziellen Schwierigkeiten waren allerdings immer noch so erheblich, dass Wolff im Februar 1921 den Verlag in eine Aktiengesellschaft umwandelte, um Kapital zu erhalten. Die Inflation hatte die Preise für Bücher immens erhöht, Autoren konnten nicht ausreichend bezahlt werden, wodurch viele wegfielen. Zudem sah er sich mit den Vorwurf konfrontiert, nicht notwendige Bücher herauszugeben. 1924 gründete er den internationalen Kunstverlag Pantheon in Florenz, mit dem er seine Vision für schöne Bücher weiter verwirklichen konnte. Von 1924 bis 1930 hatte er im Kurt Wolff Verlag keine bedeutenden Erfolge mehr zu verzeichnen, gab immer weniger Bücher heraus, bis er schließlich nur mehr auslieferte.

1929 trafen ihn Schicksalsschläge wie die lebensgefährliche Krankheit seiner Frau sowie die darauffolgende Scheidung 1931, die ihn letztendlich dazu veranlassten, den Verlag seinem Schwager Peter Reinhold zu verkaufen. Dieser führte ihn noch einige Jahre unter neuem Namen weiter, bis der Verlag nach seinem Tod 1956 aufgelöst wurde. Von 1930 bis 1932 unternahm Wolff ausgedehnte Reisen. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung und dem Reichstagsbrand verließ er im März 1933 Deutschland für immer. Er ließ sich zunächst in einem Dorf bei Florenz nieder und heiratete am 28. März 1933 in London seine zweite Ehefrau Helen Mosel. Zunächst betrieb das Ehepaar in Nizza eine kleine Pension, 1938 sah sich das Paar gezwungen, mit ihrem gemeinsamen Sohn, dem späteren Komponisten Christian Wolff, vor den Nazis von Frankreich nach Spanien zu fliehen und kamen am 30. März 1941 in New York an. Dort gründete er mit seiner Frau in Erinnerung an den florentinischen Verlag den Verlag Pantheon Books Inc., dessen Ziel es war, europäische Literatur in Amerika zu verbreiten. Er gab zweisprachige Ausgaben von Goethe, Rilke und Hölderlin sowie die Blechtrommel von Günter Grass heraus und entdeckte Doktor Schiwago, zu dessen Autor Boris Pasternak er eine enge Freundschaft pflegte. Auch eine Sammlung der Grimm'schen Märchen wurde ein Bestseller. 1958 kehrte das Paar nach Europa zurück und zog nach Locarno, von wo es Reisen nach Europa und die USA unternahm. 1960 trennte Wolff sich von Pantheon Books.

Im Oktober 1963 wollte der 76-Jährige Marburg am Neckar besuchen, um Freunde zu treffen und ins Deutsche Literaturarchiv zu fahren. Er starb allerdings bei einem Autounfall in Ludwigsburg.


Karl Kraus und der Kurt Wolff Verlag

Die Idee, Karl Kraus für den Verlag zu gewinnen, kam in erster Linie von Franz Werfel, denn Kurt Wolff war Kraus bis zu dem Tage nicht bekannt gewesen. Bis sie sich schließlich das erste Mal im September 1913 in Wien trafen, hatte Wolff bereits seit Ende 1912 mehrere Versuche unternommen, Kraus für den Verlag zu gewinnen. Sie trafen sich zunächst in einem Kaffeehaus, anschließend lud Kraus Wolff für denselben Abend zu sich nach Hause ein und sie verbrachten die ganze Nacht miteinander. Dies stellte eine Ausnahme und zugleich einen Sympathiebeweis dar, weil Kraus für gewöhnlich seine häuslichen Verhältnisse und sein Privatleben vor der Öffentlichkeit verborgen hielt. Aus dieser Begegnung entwickelte sich ein regelmäßiger Kontakt, zudem konnte Wolff von diesem Treffen mit zwei Verträgen zurückkehren, die allerdings nicht realisiert wurden. Die einzige Publikation im Wolff Verlag war die Ausgabe von Kraus' Essay "Die chinesische Mauer", die mit Illustrationen von Oskar Kokoschka versehen war.

Erste Probleme tauchten auf, als die Verlagsautoren Max Brod und Kurt Hiller Kraus öffentlich angriffen. Kraus entwickelte so zum Prager Kreis junger Expressionisten um Werfel eine zunehmende Distanz. Um Kraus im Verlag zu behalten, kam Wolffs Mitarbeiter, der Buchhändler Oskar Andreas auf die Idee, Kraus die Gründung eines Sonderverlags vorzuschlagen, in dem ausschließlich Kraus' Schriften erscheinen sollten; den "Verlag der Schriften von Karl Kraus". Nach Kraus' Einverständnis erschien 1916 der erste Band "Worte in Versen" und insgesamt weitere 14 Titel. Die Zusammenarbeit gestaltete sich aufgrund der unterschiedlichen Ansprüche an den Druck allerdings als sehr schwierig. Kraus lehnte eigenmächtige Änderungen des Drucks durch Setzer und Korrektoren der Druckerei ab, die den Auftrag hatten, einen "schönen" Druck umzusetzen, was zu Konflikten mit der Druckerei Drugulin und zum Neudruck ganzer Bögen führte.

Ausschlaggebend für das Zerwürfnis zwischen Wolff und Kraus war letztendlich der Konflikt mit Werfel, der in einem durch Werfel in die Welt gesetzten falschen Gerücht seinen Ursprung hatte. Werfel war im Oktober 1913 Sidonie Nádherný von Borutin und Rainer Maria Rilke bei einer Theateraufführung begegnet und fühlte sich von Nádherný abgelehnt, die aufgrund der langjährigen Bekanntschaft sehr vertraut mit Rilke war. Werfel behauptete im Anschluss eine Liaison zwischen Rilke und Nádherný.

Kraus hatte Sidonie Nádherný von Borutin nur wenige Woche zuvor kennengelernt, ein intensives Liebesverhältnis mit ihr begonnen und sah sich danach veranlasst, den Kontakt zu Werfel abzubrechen. Die Fehde zwischen Kraus und Werfel wurde jahrelang öffentlich literarisch ausgetragen und gipfelte in Werfels Drama "Spiegelmensch", das im Wolff-Verlag erschien und eine für Kraus beleidigende Passage enthielt. Nachträglich bereute Wolff, diese Passage gedruckt zu haben, und sah es als Illoyalität Kraus gegenüber. Die Veröffentlichung beendete jedenfalls die privaten und verlegerischen Beziehungen zwischen Kraus und Wolff. Kraus verkündete im Herbst 1923 öffentlich in der Fackel, dass der Vertrag aufgelöst worden sei und die Rechte auf den Verlag "Die Fackel" übergegangen waren. Kraus brach jeglichen Kontakt zu Wolff ab und gab seine Werke nur mehr im Verlag der Fackel heraus. Wolff versuchte zwar noch mehrmals mit Kraus Kontakt aufzunehmen, um etwa Kraus' Hauptwerk "Die letzten Tage der Menschheit" herauszugeben, Kraus' Theatervertrieb zu übernehmen oder bei seinen Vorlesungen als Veranstalter zu fungieren, scheiterte aber an der Ablehnung Kraus'.


Quellen


Literatur

  • Katharina Prager / Simon Ganahl [Hg.]: Karl Kraus- Handbuch. Leben–Werk–Wirkung. Berlin: Springer 2022
  • Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Paul Zsolnay 2020
  • Wolfram Göbel: Der Kurt Wolff Verlag (1910–1930). In: Kurt Wolff. Ein Literat und Gentleman. Hg. Von Barbara Weidle. Bonn: Weidle Verlag 2007
  • Friedrich Pfäfflin [Hg.]: Zwischen Jüngstem Tag und Weltgericht. Karl Kraus und Kurt Wolff Briefwechsel 1912–1921. Göttingen:Wallstein 2007
  • Kurt Wolff Stiftung: Der Verleger Kurt Wolff [Stand: 09.02.2024]
  • Wikipedia: Kurt Wolff (Verleger) [Stand: 09.02.2024]


Kurt Wolff im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.