KZ-Außenlager Guntramsdorf

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Behelfssiedlungen und -heime, 1942-1945
Daten zur Organisation
Art der Organisation NS-Institution KZ-Außenlager
Datum von 2. August 1943
Datum bis 2. April 1945
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 64586
GND
WikidataID
Objektbezug Zwangsarbeit, KZ-Außenlager, NS-Zeit
Quelle
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Bildname KZ-Außenlager Guntramsdorf.jpg
Bildunterschrift Behelfssiedlungen und -heime, 1942-1945

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48° 4' 2.07" N, 16° 19' 28.56" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Neben dem Stammlager des Konzentrationslagers Mauthausen gründeten die nationalsozialistischen SS-Institutionen im Verlauf des Zweiten Weltkriegs eine große Zahl von Außenlagern, die ab 1943 die Bezeichnung "Arbeitslager der Waffen-SS" führten.

Die Gründung des KZ-Außenlagers Guntramsdorf

Das KZ-Außenlager Guntramsdorf / Wiener Neudorf wurde am 2. August 1943 gegründet und auf einem circa zwei Hektar großem Gelände im heutigen Gemeindegebiet von Guntramsdorf errichtet, wo schon seit 1941 Bau‐ und Zwangsarbeitslager der Flugmotorenwerke Ostmark bestanden (heute: IZ Niederösterreich Süd Straße 8, Guntramsdorf). Guntramsdorf war im Oktober 1938 als Teil des 24. Bezirks Mödling nach Groß-Wien eingemeindet worden.

Das mit Stacheldraht, elektrisch geladenem Zaun und Wachtürmen versehene Lager bestand aus 22 Wohnbaracken, zwei Krankenbaracken, sechs Waschräume, WC‐ Baracken, Lagerschreibstube, Küche und Werkstätte. Im eigentlichen KZ-Gelände standen 34 Gebäude, insgesamt waren es inklusive Fremd- beziehungsweise Zwangsarbeiterlager etwa 80 Holzbaracken, die den Flugmotorenwerken zur Verfügung standen.

Nördlich dieses Lagers befand sich ein rund 14.000 Quadratmeter großes SS‐Lager, das aus sechs Baracken bestand. Nach einer Bombardierung im Mai 1944 wurde das Außenlager vom ursprünglichen Standort nach Westen in die Gemeinde Wiener Neudorf verlegt. Das sogenannte „Neue Lager Wiener Neudorf“ lag östlich von Mödling, auf einem Gelände südlich der Shopping City Süd (SCS) und nördlich des Ortszentrums von Wiener Neudorf. Das "Mitterfeld" genannte Gelände ist heute Brachland.

Zwangsarbeit

Am 2. August 1943 traf der erste Transport mit 203 Häftlingen aus Mauthausen zum Aufbau des Außenlagers ein. Den Höchstand erreichte das Lager im September 1944 mit 3170 Häftlingen, die in den Flugmotorenwerken, den Firmen Steyr‐Daimler‐Puch AG, Rella & Co., Hofman und Maculan, Himmelstoß und Sittner, Ing. Czernilowski und Saurerwerke Zehethofer sowie in kleineren Betrieben und der Landwirtschaft in den Gemeinden Inzersdorf, Himberg, Schwechat, Guntramsdorf, Laxenburg, Fischamend und Wien eingesetzt wurden. Der Großteil der Häftlinge stammte aus der Sowjetunion, Polen und Deutschland.

Zwar wurden vor allem Häftlinge, die über Erfahrung in der Metallverarbeitung und mit Bauarbeiten besaßen, aus dem KZ Mauthausen angefordert. Diese wurden jedoch in allen Bereichen eingesetzt, so etwas auch zum Bau eines Bunkers für das Werk im Zuge der seit Mai 1944 wiederholt stattfindenden Luftangriffe durch die Alliierten. Die 14 Bomben, die allein das "alte" Außenlager in Guntramsdorf trafen (darunter auch direkt die Krankenstation), forderten 31 Opfer.

Bewacht wurde das Außenlager bis Anfang April 1944 von der 2. Kompanie des SS‐Wachsturmbannes Mauthausen unter dem Kommando von SS‐Obersturmführer Kurt Schmutzler. Rapportführer war SS‐Unterscharführer Rudolf Lamm. Als diese ins KZ Außenlager Ebensee versetzt wurde, übernahmen Angehörige der Luftwaffe, die im Dezember 1944 in die SS aufgenommen wurden, die Bewachung. Neben einem SS‐Führer, 124 Unterführern und 208 Wachmännern (Stand 27. März 1945) gab es auch acht bis zwölf SS-Hundeführer. Die sogenannte Hundestaffel hatte im Außenlager Wiener Neudorf eine Sonderstellung: Sie wurde für die Absicherung des Werkes und verschiedener Arbeitskommandos sowie bei Fluchtversuchen eingesetzt.

Aus wirtschaftlicher Sicht waren Flugmotorenwerke Ostmark, das kostspieligste Rüstungsprojekt der NS‐Zeit, eine Fehlinvestition, denn insgesamt wurden nur circa 3.000 Motoren gefertigt.

Evakuierung und Schließung

Am 2. April 1945 wurde das Außenlager wegen der herannahenden russischen Truppen geräumt. 1743 Häftlinge mussten zu Fuß zurück ins über 180 Kilometer entfernte KZ Mauthausen marschieren, wobei 38 weitere, marschunfähige Häftlinge bereits vor dem „Evakuierungsmarsches“ von der Lagerwache erschossen worden waren. Während des 13-tägigen Marsches wurden 146 Menschen (andere Quellen sprechen von 243) „auf der Flucht erschossen“ – die meisten nur, weil sie dem Tempo der Marschkolonne aufgrund ihres körperlichen Zustandes nicht mehr folgen konnten. Am 14. April 1945 trafen die Häftlinge, die den Todesmarsch überlebten, im KZ Mauthausen ein, das am 5. Mai 1945 von amerikanischen Truppen befreit wurde. Noch knapp vor Kriegsende überstellten die Firmen Daimler‐Benz und Steyr‐Daimler‐Puch einen Großteil der Maschinen aus Wiener Neudorf zum Beispiel nach Kirchbichl in Tirol.

Gedenken und Erinnern

Auf dem Areal des ersten Lagers befindet sich seit 1995 ein Mahnmal, bei dem jährliche Gedenkfeiern stattfinden. 2006 wurde die Gedenkstätte renoviert und an den Zufahrtsstraßen Hinweistafeln zum Mahnmal montiert. 2007 folgte am Kreisverkehr in der Neudorfer Straße eine Skulptur mit Hinweistafel und im Jahr 2014 wurde vom Gedenkverein gemeinsam mit dem Zeitzeugen und Künstler Arik Brauer ein Denkmal beim "Neuen Lager Wiener Neudorf" errichtet und die neue KZ-Gedenkstätte eröffnet.

In Guntramsdorf befand sich zudem ein Zwangsarbeiterlager für russische und polnische sowie ein Zwangsarbeiterlager für russische und polnische Zwangsarbeiterinnen.

Siehe auch: Außenlager des KZ Mauthausen, Lager in Wien, Zwangsarbeit, Zwangsarbeiterlager

Literatur

  • KZ-Gedenkstätte Mauthausen Memorial 2012. Wien: Bundesministerium für Inneres 2012
  • Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Wien: Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen 1980
  • Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation. Wien: Edition Mauthausen 2006
  • Bertrand Perz: Wien Schönbrunn. In: Wolfgang Benz / Barbara Distl [Hg.]: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 4: Flossenbürg, Mauthausen, Ravensbrück. München: C. H. Beck 2006, S. 448-453 (Wien-Floridsdorf), S. 453-455 (Wien-Floridsdorf [AFA-Werke])
  • Gisela Rabitsch: Konzentrationslager in Österreich 1938-45. Diss. Univ. Wien. Wien 1967

Weblinks