Handelsregister

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Buchdeckel zu Handelsregister C, Band 47
Daten zum Begriff
Art des Begriffs Quellenkunde
Andere Bezeichnung Firmenunterlagen
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von
Nachweisbar bis
Objektbezug Handelsgericht, Merkantilprotokoll
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 11.05.2023 durch WIEN1.lanm08tau
Bildname Handelsregister.jpg
Bildunterschrift Buchdeckel zu Handelsregister C, Band 47


Das Handelsregister ist ein amtliches Verzeichnis von Handelsfirmen mit Ausweis der Vertretungsbefugnisse und eingebrachten Kapitalien. Es ist in enger Verbindung mit der Entwicklung des Handelsgerichts entstanden und gehört zu den bedeutendsten Firmenunterlagen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.

Entwicklung

In Wien, der größten Handelsstadt der Monarchie, wurde 1717 für die drei Kategorien der Kaufleute (die Niederleger, die der Niederösterreichischen Regierung), die Hofbefreiten (die dem Hofmarschallamt) und die Bürgerlichen (die der Gemeinde Wien unterstanden) ein gemeinsamer Gerichtsstand, das Merkantilgericht, eingeführt. 1722 wurden in den Hauptstädten verschiedener Kronländer „Mercantil-Gerichte" und „Mercantil-Protokolle" eingeführt. Ab 1725 waren auch alle in Wien tätigen Kaufleute verpflichtet, sich protokollieren zu lassen. Dieses Merkantilprotokoll ist von 1725 bis 1863 erhalten geblieben.

Unter Joseph II. wurde die Rechtsprechung in Handelssachen mehrmals geändert. Ein wichtiger Faktor war dabei die Frage, wer als Handelsmann anzusehen war. Bemühungen, das Merkantilprotokoll durch eine neue Form der Registerführung abzulösen, begannen noch vor dem Revolutionsjahr 1848 und dauerten danach noch etliche Jahre an. Grund dafür waren die umfangreichen Beratungen der Bundesversammlung zum Entwurf über ein allgemeines deutsches Handelsgesetz, die vor allem von Bayern vorangetrieben wurden. 1861 beschloss der Deutsche Bund, dem auch Österreich angehörte, dieses für alle Mitgliedsstaaten gültige Handelsgesetz. Für Österreich trat dieses als „Allgemeines Handelsgesetzbuch für das Kaiserthum Oesterreich" am 1. Juli 1863 in Kraft.

Die Handelsregisterführung wurde 1906 abgeändert und 1938 neu strukturiert. Das Firmenbuchgesetz von 1990 trägt der Umstellung auf Datenverarbeitung Rechnung.[1]

Aufbau

Wichtigstes Bestreben des neuen Handelsgesetzbuchs von 1863 war es, die Sicherheit des Handelsverkehrs mit Gesellschaften, aber auch mit Einzelkaufleuten zu gewährleisten. Rechtlich relevante Tatsachen waren daher in Registern öffentlich bekannt zu machen. Zu diesem Zweck wurden zwei Register angelegt, ein Ges-Register für Gesellschaften und ein E-Register für Einzelkaufleute, die vom neu geschaffenen Handelsgericht geführt wurden.

Das Handelsregister war öffentlich und zu den Dienststunden des Handelsgerichts einsehbar. Darüber hinaus mussten Eintragungen im Handelsregister in „öffentlichen Blättern“ ohne Verzug bekannt gemacht werden.

Das Register der Einzelkaufleute war doppelseitig und in acht Spalten unterteilt: die fortlaufende Nummer, der Tag der Eintragung, der Wortlaut der Firma, der Ort der Hauptniederlassung und Zweigniederlassung, der Inhaber der Firma, die Prokura, der Verweis auf den Registerakt und diverse Eintragungen wie etwa Ehepakte. Auf jeder Doppelseite wurden zwei Eintragungen vorgenommen, wobei ein Doppelstrich auf Höhe der Hälfte der Seite die beiden Eintragungen voneinander trennte. Fortsetzungen wurden auf einer neuen Seite eingetragen, wobei auf der alten Seite ein Verweis mit Angabe des Bandes und der Seite (Pagina) anzugeben war.

Das Register für Gesellschaften war ebenfalls doppelseitig und in acht Spalten unterteilt: die fortlaufende Nummer, das Datum der Eintragung, der Wortlaut der Firma, der Ort der Hauptniederlassung und Zweigniederlassung, die Prokura, die Rechtsverhältnisse (Gesellschafter), der Verweis auf den Registerakt und diverse Eintragungen wie etwa Ehepakte. Im Gegensatz zu den Einzelfirmen waren im Register mehrere Seiten für Eintragungen vorgesehen, Verweise auf weitere Eintragungen aber ebenfalls mit Angabe des Bandes und der Seite anzugeben.

Handelsregisterverordnung von 1906

Durch das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung von 1906 kam es zu einer Änderung der Registerführung. Die Handelsregisterverordnung vom 26. April 1906 teilte alle Handelsregister in drei Abteilungen. Danach gehören in die Gruppe A Einzelkaufleute, Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, in die Gruppe B Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, in die Gruppe C Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH).

Das Register A war in Doppelseiten mit neun Spalten unterteilt: fortlaufende Nummer, Tag der Eintragung, Wortlaut der Firma, Ort der Hauptniederlassung und Zweigniederlassung, Betriebsgegenstand, Inhaber der Firma, Vertretungsbefugnis der Gesellschafter, Prokura und Liquidatoren sowie Bemerkungen wie etwa Ehepakte. Bei Fortsetzung des Eintrags wurden Band und Pagina angeführt.

Die Register B und C wurden mit doppelseitigen Registerblättern geführt, die in elf Spalten unterteilt waren: fortlaufende Nummer, Tag der Eintragung, Wortlaut der Firma, Ort der Hauptniederlassung und Zweigniederlassung, Betriebsgegenstand, Höhe des Grundkapitals, Höhe und Art der einzelnen Aktien, Namen der Vorstandsmitglieder, Prokuristen und Liquidatoren, Rechtsverhältnisse der Gesellschaft sowie Bemerkungen. Bei Fortsetzung des Eintrags wurden Band und Pagina angeführt.

Handelsregisterverfügung von 1937

Die Übernahme der deutschen Handelsregisterverfügung vom 12. August 1937 im Jahr 1938[2] führte ab dem Frühjahr 1939 zu einer Änderung der Registerführung, die bis Ende 1991 in Kraft war.[3] Es kam zu einer Unterteilung des Registers in eine Abteilung A für Einzelunternehmen und Personengesellschaften und eine Abteilung B für Kapitalgesellschaften. Durch die Einführung einer Handelsregisterbuch-Zahl bekam jede Firma eine eigene Zahl.

Abteilung A war in sechs Spalten unterteilt: fortlaufende Nummer, in Spalte 2 unter a) Wortlaut der Firma, b) Ort der Hauptniederlassung und Zweigniederlassung und c) Betriebsgegenstand, dann Inhaber der Firma oder persönlich haftender Gesellschafter, Prokura, Rechtsverhältnisse und Tag der Eintragung.

Abteilung B war in sieben Spalten zu führen: fortlaufende Nummer, in Spalte 2 wiederum a) Wortlaut der Firma, b) Ort der Hauptniederlassung und Zweigniederlassung und c) Betriebsgegenstand, dann Grundkapital oder Stammkapital, Vorstand oder Geschäftsführer, Prokura, Rechtsverhältnisse und Tag der Eintragung.

Quellen von 1850 bis 1945

Die Handelsregisterbände des Handelsgerichts sind digitalisiert und online einsehbar.

Gedrucktes Handelsregister von 1948 bis 1990

Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gibt es mit dem Handelsregister Wien: mit dem genauen Wortlaut der amtlichen Protokollierung. Wien: Jupiter-Verlag 1948-1990 eine gedruckte Quelle, von der einige Jahrgänge (1949, 1955, 1966, 1976, 1986) online verfügbar sind.

Literatur

  • Stefan Wedrac: Die Anfänge der Wiener Handelsgerichtsbarkeit im 18. Jahrhundert. In: Thomas Olechowski / Christoph Schmetterer / Eva Ortlieb [Hg.]: Gerichtsvielfalt in Wien. Forschungen zum modernen Gerichtsbegriff. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016 (Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs, 6. Jahrgang/2), S. 315-323
  • Vom Merkantil-Protokoll zum Firmenbuch [Katalog zur Ausstellung vom 18.-20.4.1991 in Salzburg anläßlich der Europatage des österr. Notariats]. Salzburg: 1991
  • Handelsregister Österreich. Mit dem genauen Wortlaut der amtlichen Protokollierung. Wien: Jupiter-Verlag 1960
  • Oskar Pisko: Lehrbuch des österreichischen Handelsrechtes. Wien: Hölder-Pichler-Tempsky 1923
  • Anton Scheiner: Das Handels- und Genossenschaftsregister. Leitfaden. Wien: Selbstverlag 1913

Einzelnachweise

  1. Firmenbuchgesetz (FBG) im Bundesgesetzblatt 10/1991
  2. Alfred Waldstätten: Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte. Ein Handbuch. Innsbruck/Wien: StudienVerlag 2011 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 54), S. 254 und 378
  3. Vom Merkantil-Protokoll zum Firmenbuch [Katalog zur Ausstellung vom 18.-20.4.1991 in Salzburg anläßlich der Europatage des österr. Notariats]. Salzburg: 1991, S. 37