Gustinus Ambrosi

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Daten zur Person
Personenname Ambrosi, Gustinus
Abweichende Namensform August
Titel Prof.
Geschlecht männlich
PageID 22041
GND 118502433
Wikidata Q1245855
Geburtsdatum 24. Februar 1893
Geburtsort Eisenstadt
Sterbedatum 1. Juli 1975
Sterbeort Wien
Beruf Bildhauer, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 24.04.2024 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum 4. Juli 1975
Friedhof Friedhof St. Leonhard, Graz
Grabstelle
  • 1., Rosenbursenstraße 4 (Wohnadresse)
  • 4., Waaggasse 19 (Wohnadresse)
  • 2., Scherzergasse 1a (Wohnadresse)
  • 2., Böcklinstraße 1 (Wirkungsadresse)
  • 2., Scherzergasse 1a (Wirkungsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Staatspreis für Plastik (Verleihung: 1912)
  • Kommandeur des Ordens der Krone Italiens (Verleihung: 1925)
  • Große goldene Ehrenmedaille von Papst Pius XI. (Verleihung: 1927)
  • Ehrenbürger von Graz (Verleihung: 1935)
  • Ehrenbürger von Eisenstadt (Verleihung: 1936)
  • Preis der Stadt Wien für Bildhauerei (Verleihung: 1949)
  • Ritter der französischen Ehrenlegion (Verleihung: 1952)
  • Ehrenmedaille der Stadt Triest (Verleihung: 1952)
  • Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse (Verleihung: 1958)
  • Große silberne Ehrenmedaille von Papst Johannes XXIII. (Verleihung: 1958)
  • Dr.-Adolf-Schärf-Medaille (Verleihung: 1960)
  • Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold (Verleihung: 22. März 1963)

Ambrosi Gustinus (August Arthur Matthias Josef Ambrosi), * 24. Februar 1893 Eisenstadt, † 1. Juli 1975, Bildhauer, Dichter, Schriftsteller.

Biografie

Die Kunstbegabung war Ambrosi in die Wiege gelegt, da sein Vater, der k.k. Hauptmann Friedrich August Ambrosi (28. März 1851 bis 1908), als Musiker und Maler tätig und als künstlerisch begabter Offizier dienstlich zum Zwecke der höheren Ausbildung für ein Studienjahr an die Akademie der bildenden Künste Wien abkommandiert worden war. Die Mutter Natalie Ambrosi, geb. Lángh (04. März 1858 bis 1938), war eine ausgezeichnete Pianistin und Dichterin. Bereits als 6-jähriges Kind spielte Gustinus in Quartetten die Geige, bis er aufgrund einer epidemisch auftretenden Meningitis im Winter 1900 sein Gehör verlor. Sein Lehrer am "Prager Privat-Taubstummeninstitut", Heinrich Sobotka, wurde sein erster Förderer und erkannte das Talent des Jungen für bildende Kunst. Neben seiner Lehre als Bildhauer und Stuckateur bei Jakob Kozourek in Prag nahm er Modellierunterricht. Nach dem Tod des Vaters übersiedelte die Familie nach Graz, wo ein Bruder des Vaters Stadtrat war und Gustinus mit seiner Mutter an der Adresse Grieskai 60 wohnte. Seine Lehre konnte er bei der Firma Suppan, Haushofer und Nikisch fortsetzen (Freisprechung am 15. Januar 1911) und besuchte bereits als Lehrling die Meisterklasse für Modelleure der Grazer k.u.k. Staatsgewerbeschule. Der Bildhauer Georg Winkler und der Maler Daniel Pauluzzi förderten den jungen Künstler. Sein Ruhm wurde durch die 1909 geschaffene Skulptur "Der Mann mit dem gebrochenen Genick" begründet, die zur Aufnahme des 16-Jährigen in die Genossenschaft bildender Künstler Steiermarks führte, und basierte später auf seinem Porträtistentalent, das bereits 1913 von Kaiser Franz Josef I. mit einem Prateratelier, das ein Staatsatelier auf Lebenszeit war, honoriert wurde (1945 verwüstet). Ambrosi lebte ab 1912 in Wien und studierte als Gasthörer bis 1914 an der Akademie der bildenden Künste bei Josef Müllner und Edmund Ritter von Hellmer.

In der Zwischenkriegszeit war er aufgrund der wirtschaftlichen Lage gezwungen, in zahlreichen europäischen Städten zu arbeiten. Das waren unter anderen Amsterdam, Brüssel, Zürich, Budapest und Florenz. In Rom, Paris und Köln unterhielt er sogar eigene Ateliers. Ambrosis Naheverhältnis zur Vaterländischen Front sollte ihm Probleme während der Zeit des NS-Regimes bescheren. Im März 1938 hielt sich Ambrosi in der Schweiz auf. Nach seiner Rückkehr im Juli beschlagnahmte die Gestapo zwei große Kisten voll Korrespondenzen und Gesprächsaufzeichnungen, darunter Briefverkehr mit Gerhart Hauptmann, Rainer Maria Rilke, Stefan Zweig und Peter Altenberg. Einer Vorladung des Künstlers in die Wiener Gebäude der Gestapo-Zentrale am Morzinplatz folgten acht Tage Arrest und stundenlange Verhöre zu den Korrespondenzen, zum von ihm geschaffenen Dollfuß-Denkmal (Graz) und einem von ihm verfassten Zeitungsartikel. Kurz zuvor war der Künstler von Albert Speer eingeladen worden, an der skulpturalen Ausgestaltung des Gartens der Reichskanzlei in Berlin mitzuwirken. Zur selben Zeit hatte er auch Kontakt mit anderen Funktionären des NS-Regimes aufgenommen und in Leopold Blauensteiner, 1938 Generalbeauftragter für die bildende Kunst des Landeskulturamtes der NSDAP und ab 1939 Landesleiter des Reichsamtes der bildenden Künste beim Landeskulturwalter Gau Wien, einen erbitterten Feind gefunden. Blauensteiner verfasste 1938 und in den Folgejahren eine Flut von Briefen, die jedwede weitere Beauftragung von Ambrosi unterbinden und ein Berufsverbot erwirken sollten, indem er stets auf Ambrosis vermeintliche politische Gesinnung hinwies. Blauensteiners Bemühungen, von denen Ambrosi keine Kenntnis hatte, blieben ohne Erfolg und er konnte die Aufnahme des Künstlers in die Reichskammer der bildenden Künste nicht verhindern. Ambrosi selbst formulierte in einem Brief an eine Freundin 1960, dass er vermutete, dass ihn Speers großes Interesse an seiner Kunst vor weiterer Verfolgung bewahrt hatte. Die Annahme, dass ihm nach Kriegsende seine Arbeit für den Garten der Reichskanzlei zum Nachteil gereichen würde, veranlasste Ambrosi bereits am 8. Mai 1945, sich an einen Anwalt zu wenden und seine Lage entsprechend als Zwangslage darzustellen. Seinem Ansuchen, ihn von der Registrierungspflicht als ehemaliger NSDAP-Anwärter auszunehmen, wurde stattgegeben und 1948 in seinem Akt festgehalten, dass es "politisch nichts Belastendes" gäbe. Im Zweiten Weltkrieg gingen 663 seiner Werke verloren, 1946 schenkte er der Republik 165 Werke in Bronze und Marmor für ein Staatsatelier mit Wohnung und angeschlossenem Museum zur Aufstellung der Skulpturen (1953 bis 1957 im Augarten durch Georg Lippert erbaut, 1957 bezogen). Rund 700 Skulpturen befinden sich in öffentlichen, rund 40 in privaten Sammlungen in drei Erdteilen.

Ambrosi war Mitglied des Österreichischen Künstlerbundes und ab 1932 des Künstlerhauses, erhielt 1912 den Staatspreis für Plastik und 1949 den Preis der Stadt Wien für Bildhauerei und besaß zahlreiche in- und ausländischen Auszeichnungen, wie etwa die Ehrenbürgerschaften von Graz (1935) und Eisenstadt (1936), das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse (1958) und die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold (1963). Ambrosi fertigte auch in der Zweiten Republik Büsten von prominenten Politikern an, beispielsweise von Karl Renner, Julius Raab oder Adolf Schärf. Jan Tabor nannte Ambrosi den "prominenten Bildhauer sämtlicher österreichischer Staatsformen dieses Jahrhunderts".

Nach seinem Tod wurden die hinterlassenen Skulpturen nach einem von ihm erstellten Konzept museal aufgestellt (Gustinus-Ambrosi-Museum, 2, Scherzergasse 1a). Ambrosi schuf ab 1906 über 2000 Werke in Ton, Gips, Bronze, Marmor, Granit, Blei, Silber, Holz, Aluminium, Eisen und Stahl, von der kleinsten Medaille bis zum überlebensgroßen Standbild (Porträts, Denkmäler, Grabmäler). Von den Porträtbüsten sind einige öffentlich aufgestellt (Seitzdenkmal [21]; Schubert im Geburtshaus 9, Nußdorfer Straße 54, beziehungsweise 9, Marktgasse 21−23; Kienzl im Grazer Opernhaus; Renner in der Kammer für Arbeiter und Angestellte 4, Prinz-Eugen-Straße 20−22; Schärf im Kurpark Warmbad Villach; Helmer in Wiener Neustadt). Ambrosio modellierte Päpste, Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Staatsmänner des Auslandes, Dichter, Philosophen, Komponisten, Gelehrte, Künstler, Architekten, Schauspieler.

Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Laut Abschlussbericht dieser Forschungsgruppe schuf Gustinus Ambrosi auch Büsten, die Benito Mussolini (1924 im Auftrag des österreichischen Außenministeriums, was ihm den Titel "Commendatore" einbrachte), Nikolaus Horthy und Engelbert Dollfuß (siehe oben; Denkmal für den 1934 in "Dollfuß-Ring" umbenannten Grazer Opernring) zeigen. Von seinen schriftstellerischen Arbeiten sind zu nennen: "Die Sonette an Gott", "Die Sonette vom Grabe einer Liebe", "Die Sonette an Michelangelo", "Die Sonette an Savonarola", "Die Sonette an Beethoven", "Das Buch der Einschau", "Einer Toten. Buch der Erinnerungen", "Die Kleinen Lieder".

1952 führte der Auftrag, eine Büste des Finanzministers Reinhard Kamitz anzufertigen, zu einem in der Tagespresse verhandelten und von Alfred Schmeller ausgelösten Sturm der Entrüstung, der 1963 in einen Gerichtsprozess wegen Ehrenbeleidigung mündete. Schmeller und der verantwortliche Redakteur wurden zur Bezahlung einer Geldstrafe sowie zur Veröffentlichung des Urteils verurteilt. 1953 verhandelte man über die Anfertigung eines Haydn-Denkmals fürs Burgenland, die Gespräche zogen sich über Jahre hin. Zur Ausführung kam es nicht, weil Ambrosi schließlich 1966 den Werkvertrag ablehnte. Im selben Jahr waren mehrere Artikel Schmellers, wieder im "Kurier", veröffentlicht worden. Alle im gleichen Tenor − "Zuviel Geld" − verfasst, die wohl als tatkräftige Mitwirkung zur Verhinderung des Denkmals bezeichnet werden können.

Der Künstler war dreimal verheiratet:

erste Gattin (1918 bis 1921) Anna "Aennchen" Sidonie Ida, geb. Murmayer, später verh. Polgar (1896 bis 1979), zweite Gattin (1922 bis 1925) Marie Luise Leopoldine "Did", geb. Janik (1898 bis 1971), dritte Gattin (1928 bis 1975) Berta "Beata", geb. Mayer (1907 bis 1991), Vater von Ingeborg Ambrosi (1919 bis 1940; Mutter: Anna Murmayer)

Die letzten Jahre seines Lebens wurden immer leiser und einsamer, der Künstler hatte mit Krankheit und Depression zu kämpfen. Gustinus Ambrosi setzte seinem Leben am Vormittag des 30. Juni 1975 ein Ende, indem er in seinem Atelier ein Glas Kupfervitriol ("Patina Renaissance nach Donatello") trank und am nächsten Tag infolgedessen an Herz-Kreislauf-Versagen im Allgemeinen Krankenhaus verstarb.

Nach Gustinus Ambrosi wurde die Ambrosigasse benannt und in Wien das Gustinus-Ambrosi-Museum errichtet.

Quellen

  • Meldezettel von August Ambrosi (WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11)

Literatur

  • Otto E. Plettenbacher: Gustinus Ambrosi, ein Künstlerschicksal in den kulturellen und politischen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts. Wien: Kremayr & Scheriau 2015
  • Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 30
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 265-267
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Forschungsprojektendbericht "Straßennamen Wiens seit 1860 als 'Politische Erinnerungsorte'". Wien 2013
  • Roswitha Plettenbacher: Einführung in die Korrespondenzen des Bildhauers Gustinus Ambrosi. Hrsg. G. Ambrosi-Gesellschaft 2013
  • Stefanie Leitner: Der österreichische Bildhauer Gustinus Ambrosi sein Leben und Schaffen von der Monarchie bis in die 2. Republik. [Saarbrücken]: AV Akademikerverlag 2012
  • Ilse Krumpöck: Die Bildwerke im Heeresgeschichtlichen Museum. Wien 2004, S. 20-22.
  • Natalie Ambrosi: Gespräche mit meinem tauben Sohn Gustinus (1906−12). Hrsg. G. Ambrosi-Gesellschaft 2003
  • Franz Renisch: Gustinus Ambrosi. 2 Bände. Wien: Eigenverlag 1990
  • Felix Czeike: II. Leopoldstadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 2), S. 48 f.
  • Felix Czeike: IV. Wieden. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1979 (Wiener Bezirkskulturführer, 4), S. 44
  • Felix Czeike: IX. Alsergrund. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1979 (Wiener Bezirkskulturführer, 9), S. 30, 32
  • Mitteilungen und Festschriften der G. Ambrosi-Gesellschaft. Wien 1978−2009
  • Rudolf Schmidt: Österreichisches Künstlerlexikon. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Tusch 1974−1980
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Lebendige Stadt. Almanach. Band 10. Wien: Amt für Kultur, Volksbildung und Schulverwaltung der Stadt Wien 1963
  • Amtsblatt der Stadt Wien. Wien: Stadt Wien − Presse- und Informationsdienst, 02.03.1963
  • Die Prominenz der Republik Österreich im Bild. Zürich: Ascot-Verlag 1962
  • Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
  • Ambrosi-Festschrift. Sonderdruck. Wien: Burgenland Verlag 1948
  • Fritz Karpfen (Hg.): Gustinus Ambrosi. Leipzig / Wien: Thyrsos-Verlag 1923
  • Ambrosi Mappe. Mit einem Geleitwort von Felix Braun. Leipzig / Wien: Eduard Strache [1919]
  • Max Hayek: Gustinus Ambrosi. In: Illustrierte Zeitung (Leipzig) 152 (1919), Nr. 3947, S. 197.


Weblinks

Wikipedia: Gustinus Ambrosi