Ellen Key

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Ellen Key
Daten zur Person
Personenname Key, Ellen
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 360139
GND 11893449X
Wikidata Q238443
Geburtsdatum 11. Dezember 1849
Geburtsort Västervik (Schweden)
Sterbedatum 26. April 1926
Sterbeort Ödeshög (Schweden)
Beruf Schriftstellerin, Reformpädagogin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle
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Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname EllenKey.jpg
Bildunterschrift Ellen Key

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Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Ellen Key, * 11. Dezember 1849 Västervik (Schweden), † 26. April 1926 Ödeshög (Schweden), Pädagogin, Schriftstellerin, Lehrerin, Dozentin.

Biografie

Kindheit und Jugend

Ellen Key kam als ältestes von sechs Kindern des schwedischen Großgrundbesitzers und Mitglieds der liberalen Bauernpartei Emil Key und dessen Frau Sophie (geborene Posse) auf dem elterlichen Landgut Sundsholm zur Welt. Ihrer großbürgerlichen Herkunft entsprechend erhielt sie Privatunterricht von Lehrerinnen aus Schweden, Frankreich und Deutschland. Mit Hilfe der elterlichen Bibliothek eignete sie sich auch im Selbststudium vor allem im künstlerischen und literarischen Bereich umfangreiches Wissen an. Als ihr Vater 1868 Mitglied des schwedischen Reichstags wurde, übersiedelte die Familie nach Stockholm.

Ellen Key unterstützte ihren Vater bei seiner politischen Tätigkeit und fungierte als seine Sekretärin. Gemeinsam mit ihm unternahm sie ausgedehnte Reisen durch Europa, die sie 1873 unter anderem zur Weltausstellung nach Wien führten. Das Reisen sollte zu einem zentralen Element in ihrem Leben werden. 1879 etwa hielt sie sich längere Zeit in London auf und setzte sich intensiv mit der Evolutionslehre auseinander. Während dieses Aufenthalts traf sie beispielsweise den Biologen Thomas Huxley und den Mediziner, Zoologen und Philosophen Ernst Haeckel, der heute als ein Wegbereiter von Eugenik und Rassenhygiene gilt.

Lehrerin, Redner, Schriftstellerin

1874 erschien Ellen Keys erster Text in der "Tidskrift för hemmet" (deutsch: Zeitschrift für das Heim). Von 1878 bis 1898 arbeitete Key in Stockholm als Lehrerin. Ab 1883 bis 1903 war sie Dozentin am Arbeiterinstitut in Stockholm, einer 1880 gegründeten Volksbildungseinrichtung. Nachdem die Familie Key um 1880 ihr Vermögen verloren hatte, war Ellen Key darauf angewiesen, durch ihre Berufstätigkeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die talentierte Rednerin scheute nicht davor zurück, zu aktuellen Debatten Stellung zu nehmen, und wurde häufig zu Veranstaltungen von Arbeiter-, Studenten- und Frauenvereinen eingeladen.

Ellen Keys Denken war stark von den Arbeiten Jean-Jacques Rousseaus (1712-1787), Johann Wolfgang von Goethes (1749–1832), Charles Darwins (1809–1882), Friedrich Nietzsches und (1844–1900) Ernst Haeckels (1834–1919) geprägt. Um 1900 avancierte sie zu einer international rezipierten Schriftstellerin und Reformpädagogin. Die zeit ihres Lebens unverheiratet und kinderlos gebliebene Key schrieb in mehr als 40 Büchern sowie rund 150 Zeitschriftenartikeln und Essays über Themen wie Liebe, Ehe und Sexualität, Kindererziehung und Pädagogik, Frauenwahlrecht und die rechtliche Gleichstellung der Frau, Ästhetik, Individualismus und Sozialismus, Pazifismus sowie Religion.

Der breiteren Öffentlichkeit wurde Ellen Key mit ihrem 1896 auf schwedisch erschienenen Buch "Missbrukad kvinnokraft" (deutsch: Mißbrauchte Frauenkraft, 1898) bekannt, mit dem sie sich als Differenzfeministin deklarierte. Key ging von einer Wesensverschiedenheit von Mann und Frau aus. Sie sprach sich für eine geschlechterspezifische, "naturgemäße" Arbeitsaufteilung aus, die den Platz der Frau – und potentiellen Mutter – im Heim, im Privaten, den des Mannes im öffentlichen Bereich sah. Key ging es dabei aber sehr wohl auch um die Anerkennung der durch Mütter geleisteten Erziehungsarbeit und setzte sich für deren ökonomische und soziale Absicherung ein. Auch trat sie prononciert für das Frauenstimmrecht ein. Sowohl in Schweden, vor allem innerhalb der schwedischen Frauenbewegung, als auch international war Ellen Key daher von Beginn an eine stark umstrittene Persönlichkeit.

1900 erschien ihr individualpädagogisches und sozialreformerisches Werk "Barnets Århundrade" ("Das Jahrhundert des Kindes"), das nur zwei Jahre später auf Deutsch erschien. Es entwickelte sich zum Bestseller, der in 26 Sprachen übersetzt wurde. Der große Erfolg dieses Buches erlaubte es Ellen Key, ihre Tätigkeit als Dozentin aufzugeben und von ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin zu leben. Zwischen 1900 und 1910 absolvierte sie viele Vortragsreisen, die sie immer wieder auch nach Wien führten. Dass Key vor allem im deutschsprachigen Raum enorm bekannt war, dürfte mit ihren ausgezeichneten Sprachkenntnissen zusammenhängen, die ihr den kollegialen Austausch auf Deutsch erlaubten. Beigetragen hat aber wohl auch der Umstand, dass ihre Arbeiten immer sehr rasch in deutscher Übersetzung vorlagen. Sowohl "Das Jahrhundert des Kindes" als auch viele weitere Texte für Zeitungen und Zeitschriften wurden von der Wienerin Marie Franzos (Pseudonym: Francis Maro) ins Deutsche übertragen.

Mit "Das Jahrhundert des Kindes" gab Ellen Key der Reformpädagogik des frühen 20. Jahrhunderts wichtige Impulse. Der Titel selbst wurde zum geflügelten Wort, Formulierungen wie "Die Seelenmorde in den Schulen" oder das "demoralisierendste Moment der Erziehung ist der christliche Religionsunterricht" trugen ihr den Ruf als Advokatin des Kindes ein. Seltener thematisiert wird, dass Ellen Key in "Das Jahrhundert des Kindes" dezidiert sozialdarwinistische Ansichten vertrat ("Der Mensch muss die Gesetze der natürlichen Auslese kennen lernen und in dem Geiste dieser Gesetzte handeln") und entsprechend argumentierte. Mit "erblichen physischen oder psychischen Krankheiten Belastete" sollten diese nicht einer Nachkommenschaft vererben. Idealweise sollten, so Key, die Betroffenen erkennen, "dass es ihre Pflicht ist, lieber auf die Elternfreude zu verzichten, als ihr unglückseliges Erbe auf eine neue Generation überzuwälzen". Ihr Vorschlag, dass ein "Verbrechertypus – dessen Eigenart als eines solchen jedoch nur der Gelehrte bestimmen kann – verhindert wird, sich fortzupflanzen […]" weist den Weg zu der im Nationalsozialismus vertretenen Eugenik.

1910 ließ sich Ellen Key in der Nähe vom Vättern-See in der Gemeinde Ödeshög ein Haus erbauen. Auf diesem Anwesen namens "Strand" lebte sie zunehmend zurückgezogen und verstarb dort im April 1926.

Rezeption in Wien

Spätestens ab den 1890er Jahren war Ellen Key in der deutschsprachigen Publizistik präsent. Für das Jahr 1895 ist ihr erster Text in der Wiener Wochenzeitschrift "Die Zeit" nachweisbar. Bereits im Juni 1901 – also noch vor Erscheinen der deutschsprachigen Ausgabe von "Das Jahrhundert des Kindes" –, als Ellen Key im Zuge einer Vortragsreise, die sie in mehrere europäische Länder führte, in Wien weilte, veranstaltete der Frauenclub ihr zu Ehren ein prominent besuchtes Bankett. Spätestens im März 1905 kam Ellen Key im Rahmen einer weiteren Vortragsreise erneut nach Wien. Bei einer Veranstaltung des Vereins für erweiterte Frauenbildung (16. März 1905) sprach sie beispielsweise über "Die Persönlichkeit des Kindes" und für den 21. März wurde sie vom Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien gebucht. Ihr Vortrag begeisterte die Vereinsmitglieder dermaßen, dass die Generalversammlung von 1905 beschloss, Ellen Key zum Ehrenmitglied des Vereins zu ernennen. Ein an die damalige Vizepräsidentin Marie Herzfeld adressiertes Dankschreiben von Ellen Key ist in der Wienbibliothek im Rathaus überliefert. Am 22. März sprach Key im Arbeiterbildungsverein Ottakring, am 26. März in einer Versammlung der Ethischen Gesellschaft über "Liebe und Ehe".

Außer Frage steht, das Ellen Key mit wichtigen österreichischen Akteurinnen und Akteuren des frühen 20. Jahrhunderts wie etwa Auguste Fickert und Marie Eugenie Delle Grazie bekannt und vernetzt war. Ferner zählte sie zu den wichtigsten Unterstützerinnen von Rainer Maria Rilke, mit dem sie ab 1902 eng befreundet war. Die zeitgenössische Berichterstattung macht deutlich, dass die Schwedin hierzulande ebenfalls polarisierte und ihre Ansichten durchaus kritisch hinterfragt wurden. Für Gesprächsstoff sorgte sie auch in intellektuellen Kreisen, so schrieb etwa Marie von Ebner-Eschenbachs am 6. Juli 1906 an Ferdinand von Saar: "Ich weiß nicht, ob Sie von Ellen Key Notiz genommen haben. Ich glaube, daß Sie zu den Vortrefflichen gehört, die mehr Schaden angerichtet haben als dreißig Nichtsnutze."


Quellen

Literatur


Ellen Key im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.