Bürgerspitalmeister

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Die Eidformel für den Spitalmeister im Handwerksordnungsbuch ist nach den Eiden für andere städtische Amtsträger (auf dieser Seite Stadtschreiber, Kämmerer, Steuerherren) angeführt (vor 1485).
Daten zum Begriff
Art des Begriffs Berufsbezeichnung
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von
Nachweisbar bis
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit, Bürgerspital
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 15.02.2024 durch WIEN1.lanm08trj
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Bildunterschrift Die Eidformel für den Spitalmeister im Handwerksordnungsbuch ist nach den Eiden für andere städtische Amtsträger (auf dieser Seite Stadtschreiber, Kämmerer, Steuerherren) angeführt (vor 1485).

Der Bürgerspitalmeister war der Leiter des Bürgerspitals, der größten und reichsten karitativen Stiftung in Wien. In der Anfangszeit des Bürgerspitals, in der zweiten Hälfte des 13. und im beginnenden 14. Jahrhundert, finden sich vor allem Mitglieder der im Spital anfangs wirkenden Bruderschaft oder Geistliche als Spitalmeister. Ihnen zur Seite standen bürgerliche Pfleger, die sich um den wirtschaftlichen Bereich kümmerten. Im Verlauf der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts übernahmen Bürger das Spitalmeisteramt, während sich der Pfleger zu einem untergeordneten Amtsträger entwickelte.

Die Bürgerspitalmeister stammten aus dem Kreis der ratsfähigen Bürger. Das Spitalmeisteramt bildete ein unbesoldetes Ehrenamt, das in vielen Fällen kurz vor oder zu Beginn der Mitgliedschaft im Stadtrat (ab 1356 Innerer Rat) ausgeübt wurde. Einige Spitalmeister amtierten in der Folge auch als Bürgermeister. Die Amtszeit betrug zunächst üblicherweise ein Jahr, im 15. Jahrhundert oftmals auch mehrere Jahre. Der Spitalmeister stand sowohl dem großen Wirtschafts- als auch dem Fürsorgebetrieb vor. Im Handwerksordnungsbuch ist der Eid überliefert, den der Spitalmeister Ende des 15. Jahrhunderts bei Amtsantritt zu leisten hatte[1].

Die neue Stadtordnung von 1526, die eine verstärkte Kontrolle der Stadt durch den Landesfürsten brachte, hatte auch Auswirkungen auf das städtische Bürgerspital. Das Spitalmeisteramt war ab diesem Zeitpunkt, vermutlich aufgrund der Verkleinerung des Inneren Rates, von Mitgliedern des Äußeren Rates zu besetzen. Der Spitalmeister musste den Amtseid vor Bürgermeister und Rat in Beisein des landesfürstlichen Stadtanwaltes leisten. Die Aufgaben des Spitalmeisters wurden in der Stadtordnung wie jene aller wichtigen städtischen Amtsträger genau geregelt. In der Folgezeit hielten teilweise erhaltene Spitalmeisterinstruktionen seine Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiche fest.

Obwohl auch nach 1526 Personen nach ihrer Amtszeit als Spitalmeister in andere städtische Ämter wechselten und teilweise in den Inneren Rat aufstiegen, wurde kein einziger mehr Bürgermeister. Die Amtszeit betrug in der Regel mehrere Jahre. Der mit Abstand längstdienendste Spitalmeister war Niklas Michael Schweitzer (1713–1755). Spätestens 1626, als erstmals eine Besoldung nachweisbar ist, hatte sich der Wandel von einem Ehrenamt zu einem Verwaltungsamt vollzogen. Im Verlauf der Frühen Neuzeit wurden interne Nachbesetzungen immer üblicher, wobei in der Regel der Grundschreiber zum Spitalmeister aufstieg. Der Spitalmeister wohnte mit seiner Familie im Spital. Seine Frau („Spitalmeisterin“) hatte unter anderem die Aufsicht über die Küche inne.

In wichtigen Entscheidungen war der Spitalmeister eng an Bürgermeister und Stadtrat gebunden. Nach der Stadtordnung von 1526 hatte der Bürgermeister gemeinsam mit zwei Stadträten das Spital alle 14 Tage zu visitieren. Daraus dürfte sich das Amt der Superintendenten entwickelt haben, das erstmals in den 1560er Jahren nachweisbar ist. Dabei handelte es sich um jeweils ein bis drei Personen aus dem Inneren Rat, die eine Aufsichts- und Kontrollfunktion über den Spitalmeister und das Spital ausübten. Ende 1712 bekam der Spitalmeister zur Kontrolle einen Gegenschreiber zur Seite gestellt.

Am 16. April 1768 war der seit 1755 amtierende Spitalmeister Johann Adam Zehetpauer gestorben. Mittels kaiserlicher Entschließung vom 25. Juni wurde der bisherige Gegenhandler Franz Joseph Humel zum neuen Spitalmeister bestellt. Interne Nachbesetzungen waren bereits im 17. Jahrhundert gelegentlich vorgekommen und wurden im 18. Jahrhundert zur Regel. Dekret der Stiftungshofkommission an die Superintendenten des Bürgerspitals bezüglich der Bestellung von Franz Joseph Humel zum Spitalmeister vom 9. Juli 1768.

Im Verlauf der Frühen Neuzeit ging die Zuständigkeit für das Bürgerspital immer mehr von städtischen auf landesfürstliche Instanzen bzw. Behörden über (Niederösterreichische Regierung, ab Mitte 18. Jahrhundert Stiftungshofkommission). Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts hatte die Stadt kaum mehr Einfluss auf das Bürgerspital. Im Zug der Reformen Josephs II. ging die Zuständigkeit für das jetzt nur mehr für die Bürgerversorgung zuständige Bürgerspital wieder an die Stadt über (Spitalamt). Es wurde weiterhin von einem Spitalmeister (ab 1841 Amtsdirektor) geleitet.

Quellen

Literatur

  • Michael Altmann: Das Wiener Bürgerspital. Zur Erinnerung an die Eröffnung des neuen Bürger-Versorgungshauses in der Alservorstadt. Wien: Selbstverlage des Bürgerspitalamtes 1860, S. 18 ff., 55 ff., 86 ff.
  • Peter Csendes [Hg.]: Die Rechtsquellen der Stadt Wien. Wien [u. a.]: Hermann Böhlaus Nachfolger 1986 (Fontes rerum Austriacarum, III: Fontes Iuris, 9), S. 286–288, 296 (Stadtordnung 1526)
  • Elfriede Drexler: Studien zur Verfassungs-, Verwaltungs- und Rechtsgeschichte der mittelalterlichen Spitäler Wiens. Hausarb. Univ. Wien. Wien 1950, S. 72 ff., Anhang (Spitalmeister bis 1400, Pfleger bis 1356)
  • Joseph Holzinger: Hausgeschichte des Bürgerspitals zu Wien. Unveröffentlichtes Manuskript 1857–1860 [WStLA, Handschriften: A 240], Teil 1, Bogen 120f. (Spitalmeister Mittelalter); Teil 2/1, Bogen 182 (Spitalmeister 16. und 17. Jahrhundert); Teil 2/2, Bogen 139 (Spitalmeister 18. Jahrhundert)
  • Josef Pauser: Verfassung und Verwaltung der Stadt, in: Karl Vocelka / Anita Traninger [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 2: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert). Wien [u. a.]: Böhlau Verlag 2003, S. 47–90 (zur Stadtordnung von 1526 und zum Spitalmeisteramt S. 49–63, 70 f.)
  • Richard Perger: Die Wiener Ratsbürger 1396–1526. Wien: Deuticke 1988 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 18), S. 25, 29 ff. (Spitalmeister 1396–1526)
  • Sarah Pichlkastner: Insassen, Personal und Organisationsform des Wiener Bürgerspitals in der Frühen Neuzeit. Eine Projektskizze. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 123 (2015), S. 117–132 (zum Spitalmeister S. 123–125)
  • Sarah Pichlkastner: Eine Stadt in der Stadt. InsassInnen und Personal des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals – eine Studie anhand exemplarischer Untersuchungszeiträume. Wien 2020
  • Sarah Pichlkastner / Manuel Swatek: Fürsorge und Ökonomie. Das Wiener Bürgerspital um 1775. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, Heft 97, Wien 2017
  • Brigitte Pohl-Resl: Rechnen mit der Ewigkeit. Das Wiener Bürgerspital im Mittelalter. Wien [u. a.]: R. Oldenbourg Verlag 1996 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 33), S. 137–142, 183–191
  • Leopold Sailer, Die Wiener Ratsbürger des 14. Jahrhunderts. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1931 (Studien aus dem Archiv der Stadt Wien, 3/4), S. 29 (Spitalmeister 14. Jahrhundert)
  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 126 (Spitalmeister)
  • Martin Scheutz / Alfred Stefan Weiß, Spital als Lebensform. Österreichische Spitalordnungen und Spitalsinstruktionen der Neuzeit. Band 2: Editionsteil. Wien [u. a.]: Böhlau Verlag 2015 (Quellenedition des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 15/2), S. 937–946 (Spitalmeisterinstruktion 1649)


Einzelnachweise