Franz Pfemfert

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Daten zur Person
Personenname Pfemfert, Franz
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 368676
GND 118812645
Wikidata Q67111
Geburtsdatum 20. November 1879
Geburtsort Lötzen, Ostpreußen 113264-7
Sterbedatum 26. Mai 1954
Sterbeort Mexico City 4039060-3
Beruf Herausgeber, Publizist, Politiker, Porträtfotograf
Parteizugehörigkeit KAPD
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Letzte Änderung am 10.04.2024 durch WIEN1.lanm09ua1
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle

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Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Franz Pfemfert, * 20. November 1879 Lötzen, Ostpreußen, † 26. Mai 1954 Mexiko-Stadt, Herausgeber, Publizist, Politiker, Porträtfotograf.

Biografie

Herkunft und frühe Jahre

Über Pfemferts Kindheit ist bekannt, dass seine Eltern von Lötzen nach Berlin zogen, wo Pfemert das joachimsthalsche Gymnasium besuchte. 1892 starb Pfemferts Vater, woraufhin seine Mutter ihn von der Schule abmeldete, damit er in ihrer Geflügel- und Fischhandlung aushelfen konnte. Pfemfert widersetzte sich und ging stattdessen mit seinem Großvater zurück nach Lötzen, wo er sich zunächst einem Wanderzirkus anschloss. Um 1900 arbeitete er nicht nur als Bote, sondern ließ sich auch als Fotograf ausbilden und fand Anschluss in literarische und anarchistische Kreise. Über den Anarchisten Senna Hoy, in dessen Zeitschrift "Der Kampf" Pfemfert erste Gedichte veröffentlichte, lernte er 1903 seine spätere Ehefrau Alexandra Ramm kennen, die aus Russland nach Berlin gezogen war und als russische Übersetzerin tätig war. Er heiratete sie 1913. Bis 1907 war er gemeinsam mit Hoy Mitarbeiter der anarchistischen Zeitschrift "Der Kampf", dessen Herausgeber ab 1910 Herwarth Walden war. So lernte er um 1900 auch die damalige Ehefrau Waldens, Else Lasker-Schüler, und Erich Mühsam kennen.

Herausgeber der Zeitschrift "Die Aktion"

Pfemfert war ab 1910 Schriftleiter der radikal-demokratischen Zeitschrift "Der Demokrat", aus der er allerdings recht bald ausschied, nachdem der Herausgeber Georg Zepler ohne Absprache einen Text Kurt Hillers aus der Zeitschrift entfernt hatte. Pfemfert gründete daraufhin seine eigene Zeitschrift "Die Aktion", die am 20. Februar 1911 erstmals erschien, und gemeinsam mit "Der Kampf" die erfolgreichste Publikation des deutschen Expressionismus werden sollte. Politisch stand sie als Organ allen zur Verfügung, die links von der SPD standen, insbesondere kommunistischen Oppositionellen wie Leo Trotzki, wurde allerdings auch zum Forum für expressionistische Künstler und Schriftsteller.

Bereits während seiner Tätigkeit für "Der Kampf" wurde Pfemfert auf Karl Kraus aufmerksam, äußerte sich positiv über die "Fackel" und rezensierte seine Werke. Die politischen Ansichten Pfemerts stießen allerdings mit denen Karl Kraus' zusammen, was auf lange Sicht zur Entfremdung der beiden Männer führte. Zwar teilten sie ihren Antimilitarismus, an der Befürwortung des literarischen Expressionismus durch Pfemfert schieden sich die beiden Geister aber. Zudem war "Die Aktion" im Vergleich zum "Sturm" viel politischer ausgerichtet, was gemeinsam mit der linkspolitischen Radikalisierung Pfemferts bei Kraus für Missstimmung sorgte. Pfemfert hingegen teilte zunächst die Kritik Kraus' an Heinrich Heine und Alfred Kerr nicht. Mitte der Zwanziger bedauerte Pfemfert öffentlich in der "Aktion" seine Position zu Kerr und gestand damit Kraus ein, auf der richtigen Seite gestanden zu. In weiterer Folge trat er sogar zugunsten Kraus' als Zeuge in dessen Prozessen gegen Kerr auf.

Zur Beliebtheit seiner Zeitschrift trugen zudem Lesungen mit Autoren der Hefte, die sogenannten "Aktionsabende", und die "Aktionsbälle", die seine Frau organisierte, bei. Auch während des Krieges konnte die Zeitschrift unzensuriert erscheinen, weil Pfemfert direkte politische Äußerungen vermied und stattdessen Kriegsgedichte gemeinsam mit kriegsverherrlichenden Meldungen anderer Zeitungen veröffentlichte. Seine scharfe Ablehnung der Kriegshysterie und des übertriebenen Nationalismus machte ihn einerseits unbeliebt, andererseits verschaffte ihm seine Geradlinigkeit auch Freunde und Mitkämpfer. In der Zwischenkriegszeit waren die literarischen Themen zunehmend in den Hintergrund getreten und stattdessen politische Themen in den Vordergrund gerückt. 1915 gründete er mit anderen Kriegsgegnern und Mitarbeitern der "Aktion" die illegale "Antinationale Sozialistische Partei", die sich später dem Spartakusbund anschloss. Pfemfert tendierte im Laufe der Zeit immer mehr zu Positionen von Leo Trotzki. Seine Radikalisierung zeigte sich auch in seiner Verhaftung 1919 aufgrund seiner Beteiligung am Berliner Putsch. Von der neu gegründeten KPD wandte er sich aufgrund der Parteibürokratie schnell ab und wurde stattdessen Mitbegründer der KAPD, aus der er bereits 1921 ausgeschlossen wurde.

Bereits 1917 hatte seine Frau in Berlin die "Aktions-buch und Kunsthandlung" eröffnet, in der Ausstellungen mit Werken von Egon Schiele, Karl Schmidt-Rottluff und anderen Künstlern stattfanden. Angesichts der sich verschlechternden politischen Lage und den ab 1927 in den folgenden Jahren immer wieder auftretenden schweren Erkrankungen Pfemferts, aufgrund derer er sogar einige Zeit in Krankenhäusern und auf Kuren verbringen musste, konnte seine Zeitschrift nur mehr unregelmäßig erscheinen, bis sie 1932 aus finanziellen Gründen gänzlich eingestellt wurde. Ab 1929 war seine Frau als Literaturagentin und Übersetzerin von Leo Trotzki tätig, wodurch es nicht nur Schriftverkehr zwischen Ramm-Pfemfert gab, sondern auch Pfemfert und Trotzki in Kontakt kamen.

Tätigkeit als Fotograf

Pfemfert betätigte sich neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller und Herausgeber als Porträtfotograf und eröffnete sein erstes Fotoatelier, die "Werkstatt für Porträt-Fotografie", in Berlin-Wilmersdorf. Mittels Anzeigen warb er dafür in seiner Zeitschrift "Die Aktion". Er porträtierte vor allem Persönlichkeiten aus dem anarchistischen und linkskommunistischen Umfeld. Dazu gehörte der Schriftsteller Arthur Hollitscher, Carl Sternheim, der Journalist Maximilian Harden und Schauspieler Alexander Granach. Er fertigte auch Porträts des belgischen Künstlers Franz Masereel und von Karl Kraus an. Insgesamt war er die Hälfte seines produktiven Lebens, also von 1927 bis 1954, als professioneller Porträtfotograf tätig.

Exil

Aufgrund der politischen Veränderungen wurde die gemeinsame Wohnung der Pfemferts von Nationalsozialisten zerstört und ausgeraubt. Sein früher Nachlass, dazu gehörte seine Bibliothek, Korrespondenzen, Grafiken, das umfangreiche Archiv der "Aktion" und Manuskripte, wurde ebenfalls beschlagnahmt und gilt seither als verschollen. Dieses Ereignis veranlasste das Paar dazu, am 1. März 1933 aus Berlin nach Karlsbad zu fliehen. Auch wenn Pfemfert zu Kriegsende als Kommunist bezeichnet werden dürfte, lehnte er die Entwicklung in der Sowjetunion ab, was ihn davon abhielt, dorthin zu emigrieren. Das linksradikale Ehepaar konnte in Karlsbad weder an die überwiegend deutsch-nationalen Sudetendeutschen noch an die im Exil lebenden deutschen Kommunisten Anschluss finden und war politisch und gesellschaftlich isoliert. So waren sie auf die finanzielle Unterstützung von Freunden angewiesen. Wie Pfemfert berichtete, erfuhr Karl Kraus von dem Vorfall und der Flucht aus der Zeitung und übersandte dem Ehepaar Geld. Im tschechischen Exil eröffnete das Ehepaar erneut ein Fotostudio, "Photo Dorit", worin sie Porträts von André Gide, Balder Olden und Margarete Schütte-Lihotzky anfertigten.

1935 wurde Pfemfert gemeinsam mit Bertolt Brecht und Kurt Hiller öffentlich die Staatsbürgerschaft aberkannt, weshalb das Ehepaar gezwungen war, weiter zu fliehen, zunächst nach Paris, wo bereits Bekannte wie Thea Sternheim, Franz Jung und Carl Einstein sowie Verwandte seiner Frau lebten. Aufgrund der Verfolgung von politischen Äußerungen durch Emigranten waren sie in Paris politisch nur im Untergrund aktiv. Nachdem der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war, wurde das Ehepaar zunächst interniert und anschließend getrennt voneinander in südfranzösische Lager abgeschoben. Vermutlich im Lager Basses in Bordeaux interniert, gelang Pfemfert die Flucht. In Perpignan traf er dann auf seine ebenfalls geflohene Ehefrau. Nachdem sie in Marseille Papiere für die Ausreise beschaffen konnten, reisten sie über Lissabon nach New York und kamen 1941 in Mexiko an, mit der Absicht in die USA zu emigrieren. Doch nicht einmal das Leumundszeugnis von Albert Einstein und eine finanzielle Bürgschaft eines amerikanischen Industriellen verhalf ihnen zu einer Ausreise in die USA. In Mexiko-City waren sie aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse und dem fortgeschrittenen Alter nicht nur gesellschaftlich isoliert. Sie eröffneten zwar erneut ein Fotostudio, dieses konnte ihnen aber kein ausreichendes Einkommen sichern. So waren sie überwiegend auf die Unterstützung anderer, etwa Trotzkis Witwe, Natalja Iwanowa Sedowa, und die Mitteln des International Rescue Committee angewiesen. 1952 wurde bei Pfemfert ein Leberkrebs diagnostiziert, an dem er 1954 verstarb. Bereits im Jahr darauf 1955 kehrte seine Witwe Ramm-Pfemfert nach Berlin zurück. Seinen später Nachlass, der auch eine Fotosammlung enthielt, wollte sie nach Berlin bringen, dieser ging aber bei einem Schiffsunglück verloren. Bis zu ihrem Tod 1963 versuchte sie ihren damals bereits in Vergessenheit geratenen Ehemann der Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen.

Im Bestand der Wienbibliothek im Rathaus befinden sich zahlreiche Korrespondenzen von Pfemfert, seine Zeitschrift "Aktion" sowie Fotografien von Karl Kraus, die Pfemfert angefertigt hatte.

Quellen

Literatur


Franz Pfemfert im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks