Heinrich Heine

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Daten zur Person
Personenname Heine, Heinrich
Abweichende Namensform Heine, Christian Johann Heinrich; Heine, Harry
Titel Dr. iur.
Geschlecht männlich
PageID 368322
GND 118548018
Wikidata Q44403
Geburtsdatum 13. Dezember 1797
Geburtsort Düsseldorf 4013255-9
Sterbedatum 17. Februar 1856
Sterbeort Paris 4044660-8
Beruf Dichter
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Letzte Änderung am 27.02.2024 durch DYN.23geistwien20
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Heinrich Heine, * 13. Dezember 1797 Düsseldorf, † 17. Februar 1856 Paris, Dichter.

Biografie

Heinrich Heine wurde 1797 als Christian Johann Heinrich Heine in Düsseldorf in der Bolkerstraße 275 geboren. Er war der älteste Sohn des jüdischen Kaufmanns Samson Heine und seiner Frau Betty, geborene van Geldern. Das Ehepaar Heine hatte vier Kinder: außer Harry, wie der Geburtsname lautete, die Tochter Charlotte (1800–1899) und die Söhne Gustav (1803–1880) und Maximilian (1804–1879).

Die Familie lebte in gesicherten materiellen Verhältnissen. Es herrschte eine aufgeklärte, tolerante Atmosphäre. Der mütterliche Zweig, die van Gelderns, waren eine angesehene jüdische Ärzte-, Bankiers- und Gelehrtenfamilie, die Ende des siebzehnten Jahrhunderts aus den Niederlanden eingewandert waren. Heine verbrachte seine Kindheit und Jugend in Düsseldorf. Dort besuchte er die jüdische Schule, später dann, 1810, das Jesuiten-Lyzeum. Eine Einrichtung, die nach dem Sieg Napoleons über Österreich und Preußen (1805–1807) stark von französischen Einflüssen geprägt war. So lernte Heine in der Schule Französisch und kam mit französischer Kultur und Lebensart in Kontakt. 1814 verließ er die Schule – allerdings ohne Abitur.

Wie es in seiner Familie üblich war, strebte er zunächst eine Karriere als Kaufmann an. Er besuchte die Vahrenkampfsche Handelsschule in Düsseldorf und absolvierte eine kaufmännische Lehre im Bankhaus Rindskopf in Frankfurt am Main. Gleichwohl interessierte ihn das Handelswesen nur mäßig. Stattdessen hatte er begonnen in seiner Freizeit Gedichte zu schreiben. Auch ein Wechsel nach Hamburg in das Bankhaus seines wohlhabenden Onkels Salomon brachte keine Änderung der Situation. Er verliebte sich unglücklich in seine Cousine Amalie, was er später literarisch im Buch der Lieder verarbeitete. 1817 erschienen erste Gedichte in der Zeitschrift "Hamburgs Wächter". Geschäftlich hatte er indessen keinen Erfolg. Das mit Unterstützung des Onkels gegründete Tuchgeschäft Harry Heine und Co. wurde im März 1819 liquidiert, wohl auch deshalb, weil Heine, wie er später selbst bemerkte, seine Zeit lieber in den Kaffeehäusern des Alsterpavillons verbrachte.

Auf Anraten seiner Mutter Betty studierte Heine sodann Jura, weiterhin finanziert von seinem Onkel. Zunächst in Bonn (1820), später in Göttingen und Berlin. Das fehlende Abitur kompensierte er durch Ersatzprüfungen, wobei ihm die Prüfer im Fach Deutsch "eine bemerkenswerte Anlage zur Satire" bescheinigten. Auch während des Jurastudiums folgte er seinen literarischen Impulsen. In Bonn hörte er unter anderem literatur- und nationalgeschichtliche Vorlesungen von August Wilhelm Schlegel und Ernst Moritz Arndt. In Berlin besuchte er die rechtsphilosophischen Vorlesungen von Georg Wilhelm Friedrich Hegel und war regelmäßiger Gast in den Literaturkreisen der Stadt. 1821 brachte der Verlag Maurer einen ersten Gedichtband Heines heraus. Im Juli 1825 wurde Heine sodann zum Doktor der Rechte promoviert. Kurz zuvor hatte er sich evangelisch taufen lassen. Hintergrund waren die restaurativen Strömungen der nachnapoleonischen Zeit, die eine langfristige Sicherung monarchistischer Staatsgewalt zum Ziel hatten. Individuelle und kollektive Freiheitsrechte wurden systematisch beschnitten und eingeengt. Die Gleichberechtigung der jüdischen Bevölkerung war bereits 1814 in vielen Teilen Deutschlands zurückgenommen worden. Heine hätte als Jude kaum die Möglichkeit gehabt, juristisch tätig zu werden, sodass aus Harry Heine nach der Taufe fortan Heinrich Heine wurde.

Die berufliche Situation nach dem Studium gestaltete sich dennoch schwierig. Zwar lernte er Anfang 1826 den Verleger Julius Campe kennen, der in der Folgezeit die ersten beiden Teile der Reisebilder (1826 und 1827) und das Buch der Lieder (1827) veröffentlichte, doch eine Tätigkeit als Jurist ergab sich nicht. Der Zugang zu gutbezahlten bürgerlichen Stellen im Staatsdienst blieb ihm nicht zuletzt aufgrund seiner mittlerweile öffentlichkeitswirksamen kritisch-publizistischen Tätigkeit verwehrt, wie auch zahlreiche seiner Schriften von staatlichen Verboten und Zensurmaßnahmen betroffen waren. Nach dem Verbot des dritten Teils der Reisebilder durch die preußischen Zensurbehörden wegen religionskritischer Äußerungen zog Heine die Konsequenzen aus dieser Situation und entschloss sich, nach Frankreich zu gehen.

In Paris, wo er im Mai 1831 ankam, erlangte er sodann ein regelmäßiges Einkommen als Zeitungs-Korrespondent. Er schrieb insbesondere für die "Augsburger Allgemeine Zeitung", die zu dieser Zeit renommierteste deutsche Tageszeitung, und bald für die damals wichtigste französische Zeitung: die "Revue des Deux Mondes". Allerdings konnte er sich auch in Paris der Zensur nicht entziehen. So wurde eine Artikelserie, die Heine für die "Augsburger Allgemeine Zeitung" verfasst hatte und die sein Verleger Campe im Dezember 1832 unter dem Titel "Französische Zustände" als Buch herausgab, in Deutschland mit Publikationsverbot bedroht und belegt. Die staatlichen Behörden befürchteten aufrührerische Tendenzen. Denn die Textsammlung enthielt politische Reflexionen zu Themen wie Republikanismus, Autoritarismus und Religion. Ein weit umfangreicherer Zensureingriff erfolgte dann am 10. Dezember 1835: Auf Betreiben des österreichischen Staatskanzlers Clemens von Metternich und durch förmlichen Beschluss des Bundestages in Frankfurt wurden Heines Werke auf dem Gebiet des Deutschen Bundes verboten. Metternich, der als Sachwalter österreichischer Interessen im Verbund mit Preußen entscheidenden Einfluss auf die Politik der kleineren deutschen Staaten ausübte, war um die Stabilität der Monarchie besorgt. Er beurteilte Heines Stil im privaten Kreis als brillant – und hielt ihn gerade deshalb für gefährlich.

Heine geriet durch diese Maßnahme in große finanzielle Bedrängnis, konnte aber vermittels des Verkaufs von Rechten an seinen Schriften sein Auskommen sichern und später auch, nachdem er 1841 die Schuhverkäuferin Augustine Crescence Mirat geheiratet hatte, für seine Ehefrau sorgen. Eine Pension, die ihm von 1840 bis 1848 vom französischen Staat gewährt wurde, half die finanziellen Verluste durch das Publikationsverbot in Deutschland auszugleichen.

Als im Mai 1843 in Hamburg ein Großbrand ausbrach, reiste er zum ersten Mal nach seiner Ankunft in Paris wieder nach Deutschland. Er wollte Geschäftliches mit seinem Verleger Campe besprechen, Freunde und Verwandte treffen, vor allem aber seine Mutter besuchen, deren Wohnung im Mai 1842 Opfer des Brands geworden war. Die Stationen der Rückreise, die er am 7. Dezember antrat, verarbeitete er anschließend künstlerisch in einem seiner bedeutendsten Werke: Deutschland. Ein Wintermärchen (1844). Heine übte darin vor allem vehemente Kritik am preußischen Militarismus und dessen geistiger Verfasstheit, was unter anderem folgende Zeilen deutlich machen:

"Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.
Sie stelzen noch immer so steif herum,
So kerzengerade geschniegelt,
Als hätten sie verschluckt den Stock,
Womit man sie einst geprügelt"


Der Dichter sah sich daraufhin mit antinationalen Vorwürfen konfrontiert. Der preußische Staat reagierte mit Verbotsmaßnahmen und ordnete Haft an, falls Heine die preußische Grenze nochmals überschreiten sollte.

1848 erkrankte Heine schwer. Seine Gesundheit war schon seit längerem aufgrund fortschreitender Lähmungserscheinungen stark angegriffen gewesen. Er konnte das Haus nicht mehr verlassen, arbeitete aber weiter. In der Folge erschienen noch das lyrische Spätwerk, der Romanzero (1851), sowie weitere Schriften und Gedichte.

Heinrich Heine starb am 17. Februar 1856 in Paris. Er wurde auf dem Friedhof Montmartre beerdigt. Die Todesursache konnte bis heute nicht vollständig geklärt werden. Eine verbreitete Hypothese nimmt diesbezüglich Tuberkulose mit Multiorganbeteiligung sowie Rückenmarkshaut- und Hirnhautentzündung an.

Nachleben

Wie schon zu Lebzeiten blieb Heine auch nach seinem Tod äußerst umstritten. Als 1887 anlässlich seines 90. Geburtstags in seiner Heimatstadt Düsseldorf ein eigens gebildetes Komitee die Errichtung eines Heine-Denkmals erwog, kam es zum öffentlichen Eklat. Im Verlauf der Auseinandersetzung führten Heines Gegner seine jüdische Herkunft und eine nach ihrer Auffassung antideutsche Gesinnung des Dichters gegen die Ehrung ins Feld. Der Streit dauerte mehrere Jahre. Prominenteste Unterstützerin auf der Seite der Befürworter war die österreichische Kaiserin Elisabeth I. Heine war Elisabeths Lieblingsdichter. Sie kannte seine Gedichte seit ihrer Kindheit und seine Werke bildeten in den späten 1880er Jahren ihre ständige Reiselektüre. Die Schriften des Dichters waren für sie einerseits poetisches Vorbild für eigene Gedichte, anderseits waren sie politisch bedeutsam für ihre persönlichen Überzeugungen. Darüber hinaus betätigte sie sich als Sammlerin von Editionen, Porträts und Büsten. Das Vorhaben in Düsseldorf unterstützte die Kaiserin mit 12.950 Mark aus ihrer Privatschatulle. Jedoch ohne Erfolg. Der Widerstand war zu groß. Nach zweijährigen Bemühungen stellte sie ihr Engagement nicht zuletzt aufgrund diplomatischer Proteste Preußens ein. Stattdessen ließ sie 1892 auf ihrer Mittelmeerresidenz in Korfu einen persönlichen Heine-Tempel errichten.

Weitere Bemühungen Heine in Düsseldorf ein Denkmal zu errichten, verliefen gleichfalls problematisch. Ein zweiter Versuch 1931 scheiterte an der nationalsozialistischen Machtübernahme zwei Jahre später. Schließlich wurde 1981 in der Parkanlage Schwanenmarkt anlässlich des 125. Todestages Heines ein Monument realisiert, das eine zerteilte Totenmaske darstellt, die die innere Zerrissenheit des Dichters veranschaulichen soll.

Eine etwas anders gelagerte Kontroverse entwickelte sich am 21. Juni 1900 in Wien. Die "Neue Freie Presse" veröffentlichte ein Telegramm ihres Pariser Korrespondenten Berthold Frischauer mit folgendem Wortlaut: "Heute hat der Männergesang-Verein einen Kranz auf dem Grabe Heinrich Heine’s auf dem Friedhofe Montmartre niedergelegt." Das genügte, um einen öffentlichen Protest des Wiener Stadtrats zu initiieren, in dem dieser sein "tiefstes Bedauern" darüber artikulierte, dass "der Wiener Männergesang-Verein […] seinen Aufenthalt in Paris dazu benützt hat, um am Grabe des jüdischen Dichters Heinrich Heine, dem bisher jede deutsche Stadt die Ehre eines Denkmals entschieden verweigert hat, eine Ehrung zu veranstalten […]." Der Wiener Männergesang-Verein sah sich daraufhin zu einer Gegendarstellung veranlasst, in der er betonte, dass es nicht zu einer Kranzniederlegung am Grab Heines gekommen sei. Damit war die Angelegenheit allerdings keineswegs erledigt. Denn wenige Tage später gründete der liberale Politiker Konstantin Noske ein Comité Wiener freisinniger Bürger zur Bekränzung des Heine-Denkmals in Paris, zu dessen prominentesten Mitgliedern auch Hermann Bahr, der Wortführer der Jungwiener Autoren, zählte. Des Weiteren ließ Noske in der "Neuen Freien Presse" eine Resolution veröffentlichen, in der stellvertretend für "[t]ausende von fortschrittlich gesinnten Wienern" zur Sammlung für einen feierlich niederzulegenden Kranz auf Heines Grab aufgerufen wurde. Die Causa Heine nahm damit weiter Fahrt auf. Jedoch legte der Wiener Männergesang-Verein seinerseits intern die Heine-Affäre in seiner Generalversammlung vom 5. Oktober 1900 bei, indem der Vorstand die Versammlung in der Hoffnung beschloss, dass sich der Wiener Männergesang-Verein "von jeder politischen und nationalen Parteistellung fernhalten und es ausschließlich als seine Aufgabe betrachten möge, die Kunst das Deutschthum und die Freundschaft zu pflegen, durch seine künstlerische Wirksamkeit Wohltathen zu üben und in seiner Sphäre dahin zu streben, daß die Menschen auf den Bahnen des geistigen Fortschritts wandeln." Karl Kraus kommentierte die Erklärung der Wiener Sänger in der Fackel resümierend: "Wohlgemerkt, Kunst und nicht Heine […]", und machte damit insbesondere seine kritische Stellung gegenüber Heine deutlich. Dennoch erhielt dieser am 24. November 1901 posthum die von den "freisinnigen Bürgern" angestrebte Würdigung. In kurzer Zeit waren so viele Spenden gesammelt worden, dass das Grab auf dem Pariser Friedhof Montmartre nicht nur bekränzt, sondern auch mit einem Denkmal geschmückt werden konnte.

Auch wenn Kraus im Verlauf der Wiener Heine-Affäre mit seiner Kritik nicht durchdringen konnte, so beeinflusste er die Rezeption des Dichters im Verlauf der Publikationsgeschichte der Fackel (1899–1936) doch erheblich. In seinem wohl wirkungsmächtigsten Essay zur Person Heinrich Heines, betitelt "Heine und die Folgen" und erschienen in der Fackel am 31. August 1911, verwahrte er sich zwar gegen die Unterstellung Heine pauschal angreifen zu wollen, machte ihn jedoch für eine fatale Entwicklung im Verlauf der deutschen Literaturgeschichte verantwortlich: Den Zerfall der Sprache zur inhaltsleeren journalistischen Phrase. Denn Heine habe den "deutschen Zweck mit dem französischen Geist ornamentiert" und "der deutschen Sprache so sehr das Mieder gelockert […], daß heute alle Kommis an ihren Brüsten fingern können." Damit sei der Boden für Nachfolger bereitet worden, die an seiner Sprache geschult die Form zugunsten des Inhalts und den Inhalt zugunsten der Form auszuspielen gelernt hätten. Folge dieser Vermischung: Erstarrung der Sprache im Artifiziellen und Verlust ihres originären schöpferischen Charakters.

Bedeutung

Wie das komplexe, umstrittene Nachleben belegt, ist Heinrich Heine als Dichter, aber auch als kritischer Publizist, keiner literarischen oder auch politischen Richtung zuordbar. Seine Eigenheit besteht darin, dass er die Widersprüche seiner Zeit in seiner Person exemplarisch bündelt. Radikale Ich-Bezogenheit und ironische Ambivalenz sichern Autor und Werk bis heute weltweit Aktualität und Interesse.

Publizistisch wegweisend waren zudem die Reisebilder, in denen sich subjektive Impression, sentimentalische Naturdarstellung und politische Reflexion mischen. Sie wurden im deutschsprachigen Raum zur repräsentativsten Textsammlung, des im Entstehen begriffenen politisch-literarischen Feuilletons mit nachhaltig andauernder Wirkung bis in die Gegenwart.

Quellen

Literatur