Türken: Unterschied zwischen den Versionen

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Konsequenterweise müsste man folglich von der „osmanischen Belagerung von Wien" im Jahre 1529 oder von der "osmanischen Einnahme von Buda" im Jahre 1541 sprechen. Dennoch: Sowohl die durchgehende Verwendung des Begriffs „Türke“ bzw. „türkisch“ in den zeitgenössischen Überlieferungen des christlichen Westens als auch der Faktor eines in der modernen Sprache seit langem verwurzelten Gebrauchs veranlassen uns dazu, im Wien Geschichte Wiki – in Fortschreibung des terminologischen Gebrauchs von [[Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien]] – weitgehend die im Westen gängigen Idiome zu verwenden.
 
Konsequenterweise müsste man folglich von der „osmanischen Belagerung von Wien" im Jahre 1529 oder von der "osmanischen Einnahme von Buda" im Jahre 1541 sprechen. Dennoch: Sowohl die durchgehende Verwendung des Begriffs „Türke“ bzw. „türkisch“ in den zeitgenössischen Überlieferungen des christlichen Westens als auch der Faktor eines in der modernen Sprache seit langem verwurzelten Gebrauchs veranlassen uns dazu, im Wien Geschichte Wiki – in Fortschreibung des terminologischen Gebrauchs von [[Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien]] – weitgehend die im Westen gängigen Idiome zu verwenden.
  
==Frühe Neuzeit==
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==Von der Frühen Neuzeit bis zum Ende der Monarchie==
Mit dem Aufstieg des Osmanischen Reiches im Lauf des 15. Jahrhunderts zur Weltmacht rückte es im Zug seiner kriegerischen Expansion auch territorial immer näher an die habsburgischen Erbländer heran. Im Jahr 1529 kam es im Zug der [[Erste Türkenbelagerung (1529)|Ersten Türkenbelagerung]] zur ersten großen Konfrontation die nach erfolgloser Belagerung mit dem Abzug des Osmanischen Heeres endete. Gleichwohl ließ dieses ein verwüstetes Umland rund um die ummauerte Stadt zurück. Durch die Nachbarschaft der beiden Reiche gelangten im Lauf des 16. und 17. Jahrhunderts immer wieder Osmanische "Großbotschafter" mit ihrem Gefolge nach Wien. Zudem besuchten in Phasen ohne größeren militärischen Konfrontationen auch aus dem Osmanischen Reich stammende Händler die Stadt, die in der türkischen Überlieferung als "Goldener Apfel" ein begehrtes Eroberungsziel blieb.  
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Mit dem Aufstieg des Osmanischen Reiches im Lauf des 15. Jahrhunderts zur Weltmacht rückte es im Zug seiner kriegerischen Expansion auch territorial immer näher an die habsburgischen Erbländer heran. Im Jahr 1529 kam es im Zug der [[Erste Türkenbelagerung (1529)|Ersten Türkenbelagerung]] zur ersten großen Konfrontation die nach erfolgloser Belagerung mit dem Abzug des Osmanischen Heeres endete. Diese und die mit einer vernichtenden Niederlage des Osmanischen Heeres endende [[Zweite Türkenbelagerung (1683)]] hinterließen gleichwohl verwüstete Vorstädte, Vororte und Umland rund um die ummauerte Stadt. Durch die Nachbarschaft der beiden Reiche gelangten im Lauf des 16. und 17. Jahrhunderts immer wieder Osmanische "Großbotschafter" mit ihrem Gefolge nach Wien. Eine Gesandtschaft des Pascha Imbrahim im Jahr 1700 umfasste 871 Personen. Zudem besuchten in Phasen friedlicherer Koexistenz aus dem Osmanischen Reich stammende Händler und Reisende die Stadt, die in der türkischen Überlieferung als "Goldener Apfel" ein begehrtes Eroberungsziel blieb. So etwa besuchte der berühmte türkische Reisende Eviliya Celebi 1665 die Stadt und lieferte eine ausführliche Beschreibung seiner Eindrücke.<ref>Richard F. Kreutel (Bearb.): Im Reiche des Goldenen Apfels. Des türkischen Weltenbummlers Eviliya Celebi denkwürdige Reise in das Giaurenland und in die Stadt und Festung Wien anno 1665. Osmanische Geschichtsschreiber 2, 2. Auflage, Graz/Wien/Köln: Styria 1963.</ref> Im Lauf des 18. und 19. Jahrhunderts etablierte sich in Wien eine Gruppe "türkischer" Händler, die sich vornehmlich in der [[Leopoldstadt (Vorstadt)]] ansiedelten. Dabei handelte es sich jedoch in erster Linie um Personen aus dem griechischen und serbischen Kulturkreis. Bis zum Ende der Habsburgermonarchie blieb die Zahl der dauerhaft in Wien wohnenden Staatsbürger des Osmanischen Reiches klein. Beispielsweise im Jahr 1910 betrug ihre Zahl nur einige Hundert.
  
  
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* Gábor Ágoston/Bruce Masters, Encyclopedia of the Ottoman Empire. New York: Facts On File, Inc. 2009; online unter: [http://psi424.cankaya.edu.tr/uploads/files/Agoston%20and%20Masters,%20Enc%20of%20Ott%20Empire.PDF Encyclopedia of the Ottoman Empire]
 
* Gábor Ágoston/Bruce Masters, Encyclopedia of the Ottoman Empire. New York: Facts On File, Inc. 2009; online unter: [http://psi424.cankaya.edu.tr/uploads/files/Agoston%20and%20Masters,%20Enc%20of%20Ott%20Empire.PDF Encyclopedia of the Ottoman Empire]
 
* Hanne Egghardt: Türken in Wien. In: Wir. Zur Geschichte und Gegenwart der Zuwanderung nach Wien. 217. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien), Wien 1996, S. 114-121.
 
* Hanne Egghardt: Türken in Wien. In: Wir. Zur Geschichte und Gegenwart der Zuwanderung nach Wien. 217. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien), Wien 1996, S. 114-121.
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* Richard F. Kreutel (Bearb.): Im Reiche des Goldenen Apfels. Des türkischen Weltenbummlers Eviliya Celebi denkwürdige Reise in das Giaurenland und in die Stadt und Festung Wien anno 1665. Osmanische Geschichtsschreiber 2, 2. Auflage, Graz/Wien/Köln: Styria 1963
 
* Ferdinand Opll, Heike Krause, Christoph Sonnlechner: Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2017, Einleitung
 
* Ferdinand Opll, Heike Krause, Christoph Sonnlechner: Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2017, Einleitung
  

Version vom 18. Januar 2023, 10:20 Uhr

Oberkammeramtsrechnung der Stadt Wien aus dem Jahr 1529: "..: unnd der Thurckh fur die statt khumen ..."
Daten zum Begriff
Art des Begriffs
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von
Nachweisbar bis
Objektbezug
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 18.01.2023 durch WIEN1.lanm08wei
Bildname Türken.jpg
Bildunterschrift Oberkammeramtsrechnung der Stadt Wien aus dem Jahr 1529: "..: unnd der Thurckh fur die statt khumen ..."

Türken in einem Wiener Kaffeehaus um 1830

Begriff

"Die Türken sind eine Ethnie, deren Hauptsiedlungsgebiete in Anatolien, Zypern und Südosteuropa liegen. In vielen Ländern der Welt existiert eine große türkische Diaspora, überwiegend in europäischen Ländern und innerhalb dieser vor allem in Deutschland. Der Großteil der Türken lebt in der seit Gründung 1923 durch Mustafa Kemal nach ihnen benannten Republik Türkei, dem Nachfolger des Osmanischen Reiches, in der sie die Mehrheit der Bevölkerung bilden."[1]

Zur Entwicklung der Begrifflichkeit

Betreffs der Verwendung der Begriffe „Türken/türkisch“ bzw. „Osmanen/osmanisch“ wird auf die Ausführungen von Bruce Masters in der „Encyclopedia of the Ottoman Empire“ verwiesen. Dort heißt es von Ferdinand Opll ins Deutsche übertragen: „Die ‚Türkei‘, das heißt die Halbinsel, die heute den größten Teil des Staates umfasst, war in der griechisch-sprechenden Welt als ‚Anadolis‘ (= der Osten) bekannt. Mit dem Sieg der seldschukischen Turkstämme über die Byzantiner in der Schlacht von Manzikert (1089) wurde dieses Gebiet nach und nach immer mehr von Türkisch sprechenden Stämmen besiedelt. Kreuzfahrer des Ersten Kreuzzuges bezeichneten diese islamische Bevölkerung als ‚Türken‘, um sie von den arabisch-sprechenden Personen, die sie ‚Sarazenen‘ nannten, zu unterscheiden. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts hatte sich in Europa die Bezeichnung ‚Türken‘ oder auch ‚Türkei‘, das Land der ‚Türken‘, weitgehend durchgesetzt; diese Bezeichnung sollte dann auch nach der Machtübernahme durch die Osmanen weiter verwendet werden, und man nannte alle osmanischen Muslime ‚Türken‘, gleich, ob sie Türkisch sprachen oder nicht. Die Osmanen dagegen behielten die alte griechische Bezeichnung als ‚Anadolu‘ für die Halbinsel bei, während das Wort ‚Türke‘ bei ihnen für die turkmenischen Stämme und die türkisch-sprechenden Bauern in Anatolien Verwendung fand. Dabei hatte der Begriff ‚Türke‘ für Osmanen eine durchaus abschätzige Bedeutung (‚Turk kafa‘ heißt so viel wie ‚türkisch-köpfig‘ bzw. ‚stur‘).“[2]

Der türkische Sultan Mahmud II. (1808 bis 1839) stellt einen Schutzbrief für ein österreichisches Schiff aus (um 1830).

Zur Verwendung im Wien Geschichte Wiki

Konsequenterweise müsste man folglich von der „osmanischen Belagerung von Wien" im Jahre 1529 oder von der "osmanischen Einnahme von Buda" im Jahre 1541 sprechen. Dennoch: Sowohl die durchgehende Verwendung des Begriffs „Türke“ bzw. „türkisch“ in den zeitgenössischen Überlieferungen des christlichen Westens als auch der Faktor eines in der modernen Sprache seit langem verwurzelten Gebrauchs veranlassen uns dazu, im Wien Geschichte Wiki – in Fortschreibung des terminologischen Gebrauchs von Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien – weitgehend die im Westen gängigen Idiome zu verwenden.

Von der Frühen Neuzeit bis zum Ende der Monarchie

Mit dem Aufstieg des Osmanischen Reiches im Lauf des 15. Jahrhunderts zur Weltmacht rückte es im Zug seiner kriegerischen Expansion auch territorial immer näher an die habsburgischen Erbländer heran. Im Jahr 1529 kam es im Zug der Ersten Türkenbelagerung zur ersten großen Konfrontation die nach erfolgloser Belagerung mit dem Abzug des Osmanischen Heeres endete. Diese und die mit einer vernichtenden Niederlage des Osmanischen Heeres endende Zweite Türkenbelagerung (1683) hinterließen gleichwohl verwüstete Vorstädte, Vororte und Umland rund um die ummauerte Stadt. Durch die Nachbarschaft der beiden Reiche gelangten im Lauf des 16. und 17. Jahrhunderts immer wieder Osmanische "Großbotschafter" mit ihrem Gefolge nach Wien. Eine Gesandtschaft des Pascha Imbrahim im Jahr 1700 umfasste 871 Personen. Zudem besuchten in Phasen friedlicherer Koexistenz aus dem Osmanischen Reich stammende Händler und Reisende die Stadt, die in der türkischen Überlieferung als "Goldener Apfel" ein begehrtes Eroberungsziel blieb. So etwa besuchte der berühmte türkische Reisende Eviliya Celebi 1665 die Stadt und lieferte eine ausführliche Beschreibung seiner Eindrücke.[3] Im Lauf des 18. und 19. Jahrhunderts etablierte sich in Wien eine Gruppe "türkischer" Händler, die sich vornehmlich in der Leopoldstadt (Vorstadt) ansiedelten. Dabei handelte es sich jedoch in erster Linie um Personen aus dem griechischen und serbischen Kulturkreis. Bis zum Ende der Habsburgermonarchie blieb die Zahl der dauerhaft in Wien wohnenden Staatsbürger des Osmanischen Reiches klein. Beispielsweise im Jahr 1910 betrug ihre Zahl nur einige Hundert.


Siehe dazu beispielsweise:

Literatur

  • Gábor Ágoston/Bruce Masters, Encyclopedia of the Ottoman Empire. New York: Facts On File, Inc. 2009; online unter: Encyclopedia of the Ottoman Empire
  • Hanne Egghardt: Türken in Wien. In: Wir. Zur Geschichte und Gegenwart der Zuwanderung nach Wien. 217. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien), Wien 1996, S. 114-121.
  • Richard F. Kreutel (Bearb.): Im Reiche des Goldenen Apfels. Des türkischen Weltenbummlers Eviliya Celebi denkwürdige Reise in das Giaurenland und in die Stadt und Festung Wien anno 1665. Osmanische Geschichtsschreiber 2, 2. Auflage, Graz/Wien/Köln: Styria 1963
  • Ferdinand Opll, Heike Krause, Christoph Sonnlechner: Wien als Festungsstadt im 16. Jahrhundert. Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2017, Einleitung

Links

ÖAW-Projekt Türkengedächtnis

Einzelnachweise

  1. Wikipedia: Lemma "Türken" (27. Februar 2017)
  2. Gábor Ágoston/Bruce Masters, Encyclopedia of the Ottoman Empire. New York: Facts On File, Inc. 2009, S. 574 (Lemma "Turkey")
  3. Richard F. Kreutel (Bearb.): Im Reiche des Goldenen Apfels. Des türkischen Weltenbummlers Eviliya Celebi denkwürdige Reise in das Giaurenland und in die Stadt und Festung Wien anno 1665. Osmanische Geschichtsschreiber 2, 2. Auflage, Graz/Wien/Köln: Styria 1963.