Stadtplan, Anguissola-Marinoni (1706)

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Erste kartographische Darstellung der Vorstädte Gumpendorf und Hundsturm im Anguissola-Marinoni Plan (1706)
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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildunterschrift Erste kartographische Darstellung der Vorstädte Gumpendorf und Hundsturm im Anguissola-Marinoni Plan (1706)

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Übersicht

Anguissola-Marinoni-Plan (1706). Der Plan wurde von Leander Anguissola in Zusammenarbeit mit Jakob Marinoni sowie dem Hofarchitekten Johann Lukas Hildebrandt und dem städtischen Unteringenieur Werner Arnold von Steinhausen (der 1710 selbst einen großen Plan zeichnete) in einer Kombination von Kupferstich und Radierung im Auftrag Josephs I. geschaffen.

Daten

  • Kategorie: Plan
  • Originaltitel: Accuratissima Viennæ Austriæ Ichnographica Delineatio (Genaueste Grundrisszeichnung von Wien in Österreich)
  • Beschreibung: Grundrissplan von Wien mit seinen Vorstädten und dem Linienwall. 1704/05 (1706)
  • Ausfertigung: Kupferstich
  • Maßstab: 1:5.400
  • Ausrichtung: Ostsüdost
  • Kartenzeichner: Leander Anguissola, Jakob Marinoni
  • Orte: Wien 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, Donau

Entstehungsgeschichte

Das Engagement der kaiserlichen Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) hatte eine 1703 ausbrechende Aufstandsbewegung in Ungarn begünstigt („Kuruzzenaufstand“), im März 1704 stießen Streifscharen bis in den Raum von St. Marx vor. Eine eigens ins Leben gerufene Hofkommission in Defensionssachen ließ daher die Vorstädte Wiens mit einem Schutzwall umgeben („Linienwall“, etwa dem Verlauf des heutigen Gürtels folgend), um sie vor Vorstößen der Kuruzzen, aber auch vor solchen der mit Frankreich verbündeten Bayern, zu schützen.

Im Zusammenhang damit wurde der erste exakte Plan von Wien, der auch sämtliche Vorstädte umfasste, angefertigt. Zwei hervorragende Kartographen, der Militäroberingenieur Leander Anguissola (10. Mai 1653 Travo - 30. August 1720 Wien) und der Hofmathematiker Johann Jakob Marinoni (9. Februar 1676 Udine - 10. Jänner 1755 Wien) führten die Arbeit unter Mitwirkung des Hofarchitekten Johann Lucas Hildebrandt und des kaiserlichen Festungsbaumeisters Werner Arnold Steinhausen in einem knappen Jahr durch. Sie stützten sich dabei für den Bereich der Innenstadt auf ein 1680 fertig gestelltes Holzmodell von Daniel Suttinger, alles andere vermaßen sie neu. Dieser Plan wurde 1706 von den damals in Wien tätigen Augsburger Kupferstechern Johann Andreas Pfeffel und Christian Engelbrecht auf vier Kupferplatten übertragen, der bedeutende Theaterarchitekt Antonio Beduzzi steuerte den graphischen Schmuck (die "Kartusche") bei.

Inhalt

Der Plan zeigt die Stadt Wien und ihre Umgebung (Maßstab 1:6330) und erstmals auch den von Marinoni entworfenen und 1704 unter Mitwirkung Anguissolas errichteten Linienwall. Der exakt durchgearbeitete Grundriss lässt klar den Umfang der einzelnen Vorstädte erkennen. Während sich die Planverfasser in der Innenstadt auf das Modell von Daniel Suttinger stützten, führten sie in den Vorstädten eigene Vermessungen durch, sodass bei diesen die Genauigkeit größer ist.

Der Linienwall selbst springt deutlich ins Auge. Er war 1704 nach rein militärischen Gesichtspunkten, ohne Rücksicht auf irgendwelche Herrschafts- oder Verwaltungsgrenzen angelegt worden, begann aber bereits 1705, eine solche zu bilden. Seine Bedeutung sollte letztlich vor allem als Steuergrenze bis 1892 erhalten bleiben, die letzten vier Jahrzehnte dieses Zeitraumes markierte er auch im Wesentlichen die Grenze der Stadt Wien. Im Bereich der Donau beeindruckt das immer wieder seine Gestalt ändernde Gewirr von Wasserläufen und Inseln. Noch hat die Spittelau ihren Inselcharakter erhalten, der es etwa ermöglichte, dort während der Pestepidemie 1713 eine Isolierstation einzurichten. Der stets von Versandung bedrohte Nussdorfer Arm („Der alte Arm“) wurde durch einen Damm abgeschlossen, der „Neu-Canal“ (heute: Donaukanal) sollte durch den großen Sporn gegenüber der Halterau vor demselben Schicksal bewahrt werden. In unmittelbarer Nähe ist auch die alte Trasse der ehemaligen Donauüberquerung angedeutet, etwas stromabwärts der 1698 neu angelegte Brückenzug, der bei der Neuen Tabormaut (Taborstraße) die Leopoldstadt erreicht. Diese Erneuerung des Donauübergangs wenige Jahre vor der Erstellung dieses Plans ist wohl auch der Grund, warum der Donau so viel Raum (fast die Hälfte des Kartenausschnittes) gewidmet wurde. Spätestens 1712 lag bereits der erste verkleinerte Nachstich dieses Plans vor, dem noch zahlreiche weitere folgten, so dass dieser Plan die Vorlage für die meisten Stadtpläne Wiens im 18. Jahrhundert bis etwa 1770 wurde. Der Plan bildete ein halbes Jahrhundert (bis zum Plan von Joseph Anton Nagel, 1770) die einzige vermessene Aufnahme des städtischen Verbauungsbereichs.

Literatur