Otto Glöckel

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Otto Glöckel
Daten zur Person
Personenname Glöckel, Otto
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 24006
GND
Wikidata
Geburtsdatum 8. Februar 1874
Geburtsort Pottendorf, Niederösterreich
Sterbedatum 23. Juli 1935
Sterbeort Wien
Beruf Politiker, Pädagoge
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Arbeiterpartei
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
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Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle Friedhof Meidling;
Bildname Ottoglöckel.jpg
Bildunterschrift Otto Glöckel
  • 12., Gaudenzdorfer Gürtel 47 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung (21.10.1918 bis 16.02.1919)
  • Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung (04.03.1919 bis 09.11.1920)
  • Abgeordneter zum Nationalrat (10.11.1920 bis 17.02.1934)
  • Unterstaatssekretär im Staatsamt des Innern (05.11.1918 bis 15.03.1919)
  • Unterstaatssekretär für Unterricht (15.03.1919 bis 22.10.1920)
  • Geschäftsführender Präsident des Wiener Stadtschulrats (1922)

Glöckel Otto, * 8. Februar 1874 Pottendorf, Niederösterreich, † 23. Juli 1935Wien 12, Gaudenzdorfer Gürtel 47, Politiker, Pädagoge, Gattin Leopoldine Pfaffinger (Leopoldine Glöckel).

Kam im Schulhaus von Pottendorf als Sohn des Unterlehrers Friedrich und dessen Gattin Fanni zur Welt, studierte nach Absolvierung der Volks- und Bürgerschule am Landeslehrerseminar in Wiener Neustadt (Matura 1892) und wurde dann über Vermittlung Engelbert Pernerstorfers provisorischer Unterlehrer in Wien, wo er anfangs in Volksschulen des 14. Bezirks unterrichtete. Als er sich mit Gesinnungsgenossen in den 90er Jahren gegen die Diskriminierung der Unterlehrer zur Wehr setzte, wurde er am 15. September 1897 von Karl Lueger wegen sozialdemokratischer Gesinnung fristlos entlassen.

Er fand als Beamter in der Unfallkrankenkasse Beschäftigung. 1907 wurde er in den Reichsrat gewählt; diesem beziehungsweise dem Nationalrat der Republik gehörte er bis 1934 an. In der Sozialdemokratischen Arbeiter-Partei fungierte Glöckel als ständiger Referent für Schulfragen. Während des Ersten Weltkriegs, am 7. Jänner 1917, legte er in einer Versammlung des Vereins „Freie Schule" im Großen Konzerthaussaal unter dem Titel „Das Tor der Zukunft" ein Schul- und Erziehungsreformprogramm vor, in dem er die Freiheit der Kirche, Freiheit der Schule, die Einheitsschule, Förderung jeder Begabung und Anlage, die Unentgeltlichkeit des Unterrichts und der Lernmittel, eine zeitgemäße Gestaltung der Methodik im Sinne einer kindgemäßen Lebens- und Arbeitsschule und die Überwindung der Bürokratie im Schulwesen forderte.

1918 wurde Glöckel Mitglied des neu eingesetzten Staatsrats und am 6. Jänner 1918 Unterstaatssekretär für Inneres, wodurch er vor allem für die Durchführung der ersten Nationalratswahlen verantwortlich war. Von 15. März 1919 bis 24. Oktober 1920 leitete Glöckel als Unterstaatssekretär für Unterricht in der Koalitionsregierung Renner-Fink die oberste Schulbehörde Österreichs. Nach dem Regierungswechsel war Glöckel ab 28. März 1922 Geschäftsführender Präsident des Wiener Stadtschulrats und verwirklichte in dieser Position sein Programm auf Wiener Boden.

Der Stadtschulrat entwickelte sich unter Glöckels Leitung zum Zentrum der pädagogischen und Organisatorischen Neugestaltung des gesamten Wiener Pflicht-, Mittel- und Fortbildungsschulwesens. Das oberste Ziel der Reform war die Schaffung einer einheitliche Organisation des gesamten Bildungswesens in den Stufen der Grundschule (bis zum 10. Lebensjahr), der Allgemeinen Mittelschule (bis zum 14. Lebensjahr) und der allgemeinbildenden Oberschulen. Die hochschulmäßige Ausbildung der Volksschullehrer wurde am 1922 gegründete Pädagogischen Institut der Stadt Wien erprobt. Die „Wiener Schulreform" bewirkte eine verstärkte schulpolitische und pädagogische Diskussion innerhalb der Lehrerschaft und der Öffentlichkeit: pädagogische Konferenzen, Lehrerarbeitsgemeinschaften (die sich auch bei der Herausgabe von Bezirksheimatkunden engagierten), Unterrichtsvorführungen. 1927 wurde im Haupt- und Mittelschulgesetz ein inhaltlicher und organisatorischer Kompromiß erzielt (definitiver Volksschullehrplan, Einführung der Hauptschule, Kompetenzregelung zwischen Bund und Ländern).

Am 13. Februar 1934 wurde Glöckel in seinem Arbeitszimmer verhaftet und erst am 29. Oktober 1934 wieder freigelassen. Die „Wiener Schulreform" verhalf Wien mit ihrem modellhaften Charakter zu internationaler Anerkennung; Wien wurde zur „Hauptstadt des Kindes", zum „Mekka der Pädagogik".

Zu Glöckels Werken zählen unter anderem „Die österreichische Schulreform" (1922), „Die Wirksamkeit des Stadtschulrates" (1925) und „Drillschule, Lernschule, Arbeitsschule" (1928). Anläßlich des 100. Geburtstags von Glöckel beschloß der Gemeinderat am 22. Februar 1974 die Stiftung einer bronzenen Otto-Glöckel-Medaille, die an Personen verliehen wird, die außerordentliche Leistungen auf dem Gebiet der Pädagogik vollbrachten. Aus Anlaß des 50. Todestags wurde im Juni 1985 das erste „Glöckel-Symposion" abgehalten („Die Schulreform geht weiter").

Otto-Glöckel-Schule (13, Veitingergasse 9).

Gedenktafeln am Stadtschulratsgebäude (1, Dr.-Karl-Renner-Ring 1, Ringstraßenfront, mit Bronzerelief von Erich Pieler, 1954) und am Haus 9, Türkenstraße 3.

Literatur

  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974 - lfd.
  • Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Alfred Magaziner: Die Wegbereiter. Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung. Wien: Volksbuchverlag 1975, S.144 f.
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
  • Otto Glöckel: Selbstbiographie. Sein Lebenswerk: die Wiener Schulreform. Zürich: Verlag Genossenschaftsdruckerei 1939
  • Hans Fischl: Wesen und Werden der Schulreform in Österreich. Wien / Leipzig: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1929
  • Norbert Leser [Hg.]: Werk und Widerhall. Große Gestalten des österreichischen Sozialismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1964, S. 168 ff.
  • Hermann Schnell [Hg.]: 50 Jahre Stadtschulrat für Wien [1922 - 1972]. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1972, S. 154 ff.
  • Oskar Achs / Albert Krassnigg: Drillschule, Lernschule, Arbeitsschule. Otto Glöckel und die österreichische Schulreform in der Ersten Republik. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1974
  • Otto Glöckel: Ausgewählte Schriften und Reden. Hg. von Oskar Achs. Wien: Jugend und Volk 1985
  • Oskar Achs [Hg.]: Schule damals - Schule heute. Otto Glöckel und die Schulreform [Ausstellungskatalog]. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1985
  • Hans Matzenauer [Hg.]: Die Schulreform geht weiter. Vorträge und Diskussionen anläßlich des Symposions zum 50. Todestag von Otto Glöckel. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1985
  • Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1959 (Wiener Schriften, 11), S. 271 ff.
  • Wien aktuell 1974, Heft 6, S. 31 f.
  • Wien aktuell 1985, Heft 4, S. XXXVI
  • Pädagogische Blätter 2 (1935), Heft 1
  • Meidling. Blätter des Bezirksmuseums. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Meidlinger Heimatmuseums 1989, Heft 23/24, S. 74 f.
  • Wiener Zeitung. 1703 - lfd., 24.07.1935, 25.07.1935
  • Arbeiter-Zeitung. Zentralorgan der Sozialistischen Partei Österreichs. Wien: Vorwärts-Verlag 1889-1989, 24.07.1955, 24.07.1960
  • Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung: Archiv. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung 4 (1964), S. 42 (Bibliographie)