Michael Thonet: Unterschied zwischen den Versionen

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Michael Thonet, * 2. Juli 1796 Boppard am Rhein, † 3. März 1871 Wien 2, Große Stadtgutgasse 42 (St. Marxer Friedhof, seit 27. Dezember 1902 Zentralfriedhof, Grab 14B, Eckgruft Nummer 1), Techniker, Industrieller. Nach Erlernung des Tischlerhandwerks gelang es Thonet 1830 erstmal, Möbel aus gebogenem Holz herzustellen; 1840 erhielt er auf diese die ersten Patente. Auf Anregung Metternichs übersiedelte er 1842 nach Wien, wo er ein Privilegium der k. k. allgemein Hofkammer erhielt. Nachdem er beim Tischlermeister Franz List in der Mariahilfer Straße billige Sessel aus Bugholz hergestellt hatte, ermöglichte ihm der englischer Architekt P. H. Desvignes die Weiterarbeit in separierten Räumen der Parkettfabrik Leistler. Mit finanzieller Unterstützung seines Gönners Desvignes machte er sich 1849 gemeinsam mit seinen Söhnen Franz, Michael, August und Josef selbständig und eröffnete eine kleine Werkstätte in Gumpendorf (Hauptstraße 396; 6, Gumpendorfer Straße 74). Das Café Daum bestellte die ersten Sessel, dann richtete Thonet das Hotel „Zur Königin von Ungarn" in Budapest ein. 1851 wurden seine Möbel unter der Bezeichnung „Vienna bentwood chairs" auf der Londoner Weltausstellung (der ersten ihrer Art) mit großem Erfolg gezeigt. 1852 richtete Thonet eine Verkaufsniederlage im Palais Montenuovo (1, Strauchgasse 1) ein und mietete vom Maler [[Friedrich von Amerling]] die Mollardmühle in Gumpendorf samt Wohnhaus und Nebengebäude. Da die Erzeugung gesteigert werden mußte, folgte die Schaffung des protokollierten Unternehmens „Gebrüder Thonet" (1853 hatte Thonet das Geschäft seinen Söhnen übertragen) sowie 1856 die Gründung einer Fabrik in Koritschan und 1861 einer weiteren in Bistritz (beide Mähren). 1865 wurde die Waldherrschaft Groß-Ugrócz in Ungarn gekauft (wo ein Sägewerk und eine Biegerei entstanden), 1867 richtete man zu Hallenkau und Saybusch (Galizien) Anstalten zur Herstellung von Möbelstäben ein. 1860 konstruierte Thonet ein Rad (Thonetsches Rad), dessen metallene Nabe das Auswechseln zerbrochener Speichen ermöglichte. Es war Thonet vergönnt, seine Erfindungen voll auszuwerten und seine Söhne zu Inhabern eines Großunternehmens zu machen. 1875/1876 wurde für die Firma Thonet das sogenannt [[Thonethaus]] erbaut, 1882/1883 der [[Thonethof]]; ab 1889 befand sich die Fabrik 3, Untere Weißgerbetstraße 11a-13(seit 1991 KunstHaus), 1895 besaß Thonet Niederlagen in Budapest, Prag, Brünn und Graz. Er erzeugte auch Tennisutensilien. - Das Geschäftslokal „Gebrüder Thonet" (1, Kohlmarkt 6) wurde 1971 von Karl und Eva Mang neu gestaltet. [[Thonetgasse]], [[Thonethof]].
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Michael Thonet, * 2. Juli 1796 Boppard am Rhein, † 3. März 1871 Wien, Techniker, Industrieller.
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== Biografie ==
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Michael Thonet erlernte das Kunsttischler-Handwerk im Reinland und übernahm 1819 die Tischlerwerkstatt seines Vaters Franz Anton. Ein Jahr später heiratete er Anna Maria Grass, das Paar hatte fünf Söhne: Franz, Michael, Jakob, August und Josef.
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Ab 1830 begann Michael Thonet, mit dem Biegen von Holz zu experimentieren. Grundlagen hierfür lieferten ihm altägyptische Möbel und vor allem englische Sitzmöbeltypen des 18. Jahrhunderts.1891 ließ er sein neues Verfahren in Deutschland patentieren. Thonet arbeitete mit Schicht-, später mit Stabverleimung und ab den 1850er Jahren konnte auch Massivholz gebogen werden.
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Auf Anraten des Staatskanzlers Fürst [[Clemens Wenzel Lothar Metternich|Metternich]], der 1841 bei der Koblenzer Gewerbeausstellung auf ihn aufmerksam wurde, ließ sich Thonet in Wien, im Zentrum der Habsburgermonarchie, nieder. Der englische Chefarchitekt des Lichtenstein'schen Stadtpalais in Wien, Peter Hubert Desvignes, war begeistert von der neuen Technik und beauftragte Michael Thonet mit dem Bau von Stühlen für das Palais.
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In der ersten Zeit trat Thonet als Subunternehmer des renommierten Möbeltischlers und Parketten-Fabrikanten [[Carl Leistler]] auf. Ab 1849 arbeitete Thonet in seiner eigenen Werkstatt in der Gumpendorfer Hauptstraße 396 (6., Gumpendorfer Straße 74) und gründete vier Jahre später, gemeinsam mit seinen  Söhnen, die [[Thonet|Firma Gebrüder Thonet]], die sich in weiterer  Folge zu einem Industriezweig mit Weltgeltung entwickeln sollte.
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Die Besitzerin des [[Kaffeehaus Daum|Cafés Daum]] am Kohlmarkt bestellte die ersten Sessel, dann richtete Thonet das Hotel "Zur Königin von England" in Budapest ein. Die Möbel waren einerseits aus Bugholz gefertigt und bestanden andererseits aus Fertigteilen, die im Baukastenprinzip auch mit Teilen anderer Modelle kombiniert werden konnten. Insgesamt waren diese Bugholzmöbel leichter als herkömmliche Sessel, die Technik erlaubte und bewirkte auch eine ästhetische Veränderung und die Möbel konnten sehr günstig produziert und verkauft werden.  
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Michael Thonet erhielt 1856 die österreichische Staatsbürgerschaft und die Erteilung des Patents zum Biegen massiven Holzes. Damit hatte er sein großes Ziel erreicht, nämlich die Fertigung eines Möbels aus vollständig massiv gebogenen Bauteilen in nur einem Arbeitsgang. 1859 entstand der berühmte Sessel Nr. 14, der heute als "Wiener Kaffeehausstuhl" berühmt ist – bis 1930 wurde er 50 Millionen Mal verkauft und ist bis heute der meistverkaufte Stuhl weltweit. 1866 enthielt der Katalog der Firma Thonet insgesamt 70 verschiedene Möbel-Modelle und die Firma beschäftigte insgesamt rund 7.000 Arbeiter, die pro Jahr mehr als 225.000 Bugholzmöbeln erzeugten.
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Mitte des 19. Jahrhunderts ging es in der Firma hauptsächlich darum, Typenmodelle zu entwickeln, die seriell produziert werden konnten.
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Um den Absatz auch international zu sichern, präsentierte sich Thonet in den diversen Weltausstellungen der Zeit und erhielt sehr viele Auszeichnungen. Dabei setzte man auf gezielte Arbeitstrennung, installierte Wohlfahrts- und Freizeiteinrichtungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und baute ein starkes internationales Vertriebssystem auf.
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Unter Berücksichtigung der dortigen Holzvorkommen wurden die Produktionsstätten in Koritschan (1856), Bistritz (1861), Groß-Ugrocz (1866), Hallenkau (1868) und in Wsetin (1872) gegründet. Die Fabriken in Nowo Radomsk (1880) und Frankenberg (1889) entstanden aus handelspolitischen Gründen, da es in Russland und Deutschland Einfuhrzölle auf importierte Waren gab. Noch unter Michael Thonets Leitung entstanden ab 1860 Verkaufsfilialen im [[Montenuovopalais (1, Strauchgasse)|Palais Montenuovo]] in der Strauchgasse (Wien), Pest (1861), London (1862), Brünn, Berlin, Hamburg, Amsterdam und Paris.
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Anna Maria Thonet starb 1862, Michael Thonet lebte als Witwer im gemeinsamen Wohnhaus in der Kaiser-Joseph-Straße 40 (heute Heinestraße) in der Leopoldsstadt und verstarb 1871 in Wien an den Folgen einer Erkältung nach einer Geschäftsreise nach Ungarn. Heute führt die fünfte Thonet-Generation das Unternehmen in Frankenberg (Deutschland).
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==Literatur==
 
==Literatur==
*Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891. Register 1923
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*Josef Mentschl: Österreichische Wirtschaftspioniere. Wien: Birken Verlag 195, S. 52 ff.
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*Christoph Thun-Hohenstein [Hg.]: Bugholz vielschichtig. Thonet und das moderne Möbeldesign. Basel: Birkhäuser 2019
*Maria Habacher: Österreichische Erfinder. Werk und Schicksal. Wien: Bergland-Verlag 1964 (Österreich-Reihe, 226/228), S. 28 ff.
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*Dietmar Grieser: Wien. Wahlheimat des Genies. Wien: Amalthea 2019
*Österreichische Naturforscher und Techniker. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Gesellschaft für Natur und Technik 1951, S. 194
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*Stefan Üner: Gebrüder Thonet. In: Wagner, Hoffmann, Loos und das Möbeldesign der Wiener Moderne. Künstler, Auftraggeber, Produzenten. Hg. v. Eva B. Ottillinger. Ausst. Kat. Hofmobiliendepot, Wien, 20. März – 7. Oktober 2018, S. 149–152
*Peter Csendes [Hg.]: Österreich 1790-1848. Kriege gegen Frankreich, Wiener Kongreß, Ära Metternich, Zeit des Biedermeier, Revolution von 1848. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1987, S. 144, S. 196
+
*Michael Martischnig [Hg.]: Gebrüder Thonet. Verkaufskatalog der gesamten Bugholzproduktion Thonet des Jahres 1911 [...]. Wien: Österreichischer Kunst- und Kulturverlag 1994
*Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 220
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*Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856–1891, Register 1923
*Josef Bergauer: Auf den Spuren berühmter Menschen in Wien. Wien: Österreichischer Bundesverlag für Unterricht, Wissenschaft und Kunst 1949, S. 64 f.
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*Parnass. Das Kunstmagazin. Wien: Parnass Verlagsgesellschaft / Linz: Grosser 4 (1987)
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*Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 157
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==Weblinks==
*Standard, 22.03.1990
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*[https://www.chairholder.de/shop/designer/michael-thonet-9 Kurzbiografie Michael Thonet]
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*[http://www.thillmann-collection.de/webd/index.html Website Sammlung Thillmann]
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*[https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Thonet Wikipedia: Michael Thonet]

Aktuelle Version vom 3. November 2023, 15:55 Uhr

Daten zur Person
Personenname Thonet, Michael
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 24235
GND 118802100
Wikidata Q60229
Geburtsdatum 2. Juli 1796
Geburtsort Boppard am Rhein
Sterbedatum 3. März 1871
Sterbeort Wien
Beruf Techniker, Industrieller, Erfinder
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Grab 14B, Eckgruft Nummer 1
  • 2., Große Stadtgutgasse 42 (Sterbeadresse)
  • 6., Hauptstraße 396 (Wirkungsadresse)
  • 6., Gumpendorfer Straße 74 (Wirkungsadresse)
  • 1., Strauchgasse 1 (Wirkungsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Medaille der Weltausstellung London (Verleihung: 1851)

Michael Thonet, * 2. Juli 1796 Boppard am Rhein, † 3. März 1871 Wien, Techniker, Industrieller.

Biografie

Michael Thonet erlernte das Kunsttischler-Handwerk im Reinland und übernahm 1819 die Tischlerwerkstatt seines Vaters Franz Anton. Ein Jahr später heiratete er Anna Maria Grass, das Paar hatte fünf Söhne: Franz, Michael, Jakob, August und Josef.

Ab 1830 begann Michael Thonet, mit dem Biegen von Holz zu experimentieren. Grundlagen hierfür lieferten ihm altägyptische Möbel und vor allem englische Sitzmöbeltypen des 18. Jahrhunderts.1891 ließ er sein neues Verfahren in Deutschland patentieren. Thonet arbeitete mit Schicht-, später mit Stabverleimung und ab den 1850er Jahren konnte auch Massivholz gebogen werden.

Auf Anraten des Staatskanzlers Fürst Metternich, der 1841 bei der Koblenzer Gewerbeausstellung auf ihn aufmerksam wurde, ließ sich Thonet in Wien, im Zentrum der Habsburgermonarchie, nieder. Der englische Chefarchitekt des Lichtenstein'schen Stadtpalais in Wien, Peter Hubert Desvignes, war begeistert von der neuen Technik und beauftragte Michael Thonet mit dem Bau von Stühlen für das Palais.

In der ersten Zeit trat Thonet als Subunternehmer des renommierten Möbeltischlers und Parketten-Fabrikanten Carl Leistler auf. Ab 1849 arbeitete Thonet in seiner eigenen Werkstatt in der Gumpendorfer Hauptstraße 396 (6., Gumpendorfer Straße 74) und gründete vier Jahre später, gemeinsam mit seinen Söhnen, die Firma Gebrüder Thonet, die sich in weiterer Folge zu einem Industriezweig mit Weltgeltung entwickeln sollte.

Die Besitzerin des Cafés Daum am Kohlmarkt bestellte die ersten Sessel, dann richtete Thonet das Hotel "Zur Königin von England" in Budapest ein. Die Möbel waren einerseits aus Bugholz gefertigt und bestanden andererseits aus Fertigteilen, die im Baukastenprinzip auch mit Teilen anderer Modelle kombiniert werden konnten. Insgesamt waren diese Bugholzmöbel leichter als herkömmliche Sessel, die Technik erlaubte und bewirkte auch eine ästhetische Veränderung und die Möbel konnten sehr günstig produziert und verkauft werden.

Michael Thonet erhielt 1856 die österreichische Staatsbürgerschaft und die Erteilung des Patents zum Biegen massiven Holzes. Damit hatte er sein großes Ziel erreicht, nämlich die Fertigung eines Möbels aus vollständig massiv gebogenen Bauteilen in nur einem Arbeitsgang. 1859 entstand der berühmte Sessel Nr. 14, der heute als "Wiener Kaffeehausstuhl" berühmt ist – bis 1930 wurde er 50 Millionen Mal verkauft und ist bis heute der meistverkaufte Stuhl weltweit. 1866 enthielt der Katalog der Firma Thonet insgesamt 70 verschiedene Möbel-Modelle und die Firma beschäftigte insgesamt rund 7.000 Arbeiter, die pro Jahr mehr als 225.000 Bugholzmöbeln erzeugten.

Mitte des 19. Jahrhunderts ging es in der Firma hauptsächlich darum, Typenmodelle zu entwickeln, die seriell produziert werden konnten. Um den Absatz auch international zu sichern, präsentierte sich Thonet in den diversen Weltausstellungen der Zeit und erhielt sehr viele Auszeichnungen. Dabei setzte man auf gezielte Arbeitstrennung, installierte Wohlfahrts- und Freizeiteinrichtungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und baute ein starkes internationales Vertriebssystem auf.

Unter Berücksichtigung der dortigen Holzvorkommen wurden die Produktionsstätten in Koritschan (1856), Bistritz (1861), Groß-Ugrocz (1866), Hallenkau (1868) und in Wsetin (1872) gegründet. Die Fabriken in Nowo Radomsk (1880) und Frankenberg (1889) entstanden aus handelspolitischen Gründen, da es in Russland und Deutschland Einfuhrzölle auf importierte Waren gab. Noch unter Michael Thonets Leitung entstanden ab 1860 Verkaufsfilialen im Palais Montenuovo in der Strauchgasse (Wien), Pest (1861), London (1862), Brünn, Berlin, Hamburg, Amsterdam und Paris.

Anna Maria Thonet starb 1862, Michael Thonet lebte als Witwer im gemeinsamen Wohnhaus in der Kaiser-Joseph-Straße 40 (heute Heinestraße) in der Leopoldsstadt und verstarb 1871 in Wien an den Folgen einer Erkältung nach einer Geschäftsreise nach Ungarn. Heute führt die fünfte Thonet-Generation das Unternehmen in Frankenberg (Deutschland).


Literatur

  • Christoph Thun-Hohenstein [Hg.]: Bugholz vielschichtig. Thonet und das moderne Möbeldesign. Basel: Birkhäuser 2019
  • Dietmar Grieser: Wien. Wahlheimat des Genies. Wien: Amalthea 2019
  • Stefan Üner: Gebrüder Thonet. In: Wagner, Hoffmann, Loos und das Möbeldesign der Wiener Moderne. Künstler, Auftraggeber, Produzenten. Hg. v. Eva B. Ottillinger. Ausst. Kat. Hofmobiliendepot, Wien, 20. März – 7. Oktober 2018, S. 149–152
  • Michael Martischnig [Hg.]: Gebrüder Thonet. Verkaufskatalog der gesamten Bugholzproduktion Thonet des Jahres 1911 [...]. Wien: Österreichischer Kunst- und Kulturverlag 1994
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856–1891, Register 1923


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