Löwenkino

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Kino
Datum von 1922
Datum bis 30. Juni 1967
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 57797
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle
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Letzte Änderung am 5.10.2022 durch WIEN1.lanm08jan
  • 3., Löwengasse 33

Frühere Adressierung

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48° 12' 31.46" N, 16° 23' 34.30" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Löwenkino (3., Löwengasse 33) wurde 1922 gegründet, Besitzer war die Löwen Kino GmbH. Das Kino hatte einen breiten Saal mit Galerie für 992 Personen, 1934 für 988 Personen.

Anfangsjahre

Das Löwen Kino zählte zum Zeitpunkt seiner Eröffnung zu den größten und repräsentativsten Kinos in Wien. Erste Lizenzinhaberin war die 1883 in Krakau geborene Marie Bellmond. Bellmond hatte bereits eine Lizenz für ein Lokal in der Salmgasse erhalten, davon jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern sich für den Betrieb eines Kinos entschieden. In der Genehmigung für den neuen Kinobetrieb wurde angeführt, dass Bellmonds Mann als hundertprozentiger Invalide aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt war (er starb an den Folgen seiner Verwundungen 1922) und die so für das Einkommen der Familie allein verantwortliche Frau zudem ein schwerkrankes Kind zu versorgen hatte.

Nach der Prüfung der „grundsätzlichen Eignung“ des Bauplatzes im Zuge des 1920 gestellten Ansuchens durch Bellmond erfolgte im Folgejahr der Antrag auf Baugenehmigung. 1922 wurde das Bauprojekt fertiggestellt und der 17,5 mal 23 Meter große Kinosaal mit zusätzlicher Galerie mit 992 Sitzen eröffnet. Die Lizenz für den Betrieb beinhaltete unter anderem, dass die Lizenzinhaberin beziehungsweise deren genehmigter Vertreter während der Vorstellungen vor Ort sein musste, Kindern und Jugendlichen mit Ausnahme von Kindervorstellungen die Vorstellungsbesuche untersagt waren und Kriegsgeschädigte sofern möglich als Kassiere oder Billeteurinnen heranzuziehen waren. Geschäftsführer des Kinos war bis 1924 Otto Placzek; 1925 übernahm Heinrich Lipaker die Position.

Eigentümer des Kinobetriebs war die neu gegründete „Löwen-Kino GmbH“, die sich bis 1926 in Besitz von Otto Placzek und Gregor Philipp befand. 1926/1927 folgten Rudolf Jankovic und Rudolf Tomek, 1927/1928 Oskar Glück, 1928−1930 Michael Skirka, August Bischoff und Franz Lohr und ab 1930 Ing. Erich Böhm (* 1884 Wien) und Elsa Epstein (* 1882 Wien), die neben dem Löwen Kino auch Mitbesitzerin des Atlantis Kinos (4.), des Maria Theresien Kinos (7.) und des Luna Kinos (17.) war.

Wiederholt wurden im Zuge von Kinoprüfungen durch den Wiener Magistrat Sicherheitsvorkehrungen verordnet: So mussten Dekorationen entfernt, Vorhänge imprägniert und Löschdecken installiert werden, und auch Elektrowartungen fanden im beliebten Landstraßer Kino regelmäßig statt.

1929 informierte die Konzessionärin Bellmond die zuständige Magistratsabteilung 52, dass der nunmehrige Geschäftsführer Gustav Siege ausgeschieden sei und sie Wilhelm Skirka als ihren Vertreter eingestellt habe, der auch in den folgenden Jahren im Betrieb tätig blieb.

1930er Jahre

Regelmäßig wurde das mit einem Podium ausgestattete große Bezirkskino für eine Reihe unterschiedlicher Kulturveranstaltungen genutzt. So wurde unter anderem „Das Glöck’le von Maria Wörth“ gezeigt, das als „ungemein packende Vereinigung von Film, Gesang, humoristischen Vorträgen und szenischen Aufführungen in Kostümen“ beworben wurde. 1930 wurden das Löwenkino-Orchester und eine große Kinder-Varietévorstellung beworben. Im selben Jahr wurde das Kino mit einer Tonfilmanlage der Marke „Western-Electric“ ausgestattet und der Betrieb einige Wochen geschlossen − „hauptsächlich wegen der sich in sehr schlechtem Zustande befindlichen Sessel, die derart verwahrlost sind, dass sich das Publikum zu wiederhol[t]en Malen daran die Kleider zerrissen hat“, wie Bellmond in einem Bericht über die verlängerte Sperrzeit festhielt. Nach dem Einbau der Tonfilmanlage traten im Juli 1930 zwei neue Operateure ein, die zur Bedienung des Apparates eingeschult wurden.

Kurz nach dem Einbau der Tonfilmanlage und der Renovierung ihres Betriebes wurde Maria Bellmond darüber informiert, dass die Gemeinde Wien ihre Konzession nicht mehr weiterverlängern werde und diese somit per 31. Dezember 1930 ende. Ihre Nachfolge übernahm der Verein „Die Bereitschaft“, der bis dahin das wesentlich weniger lukrative Kreuz Kino im 1. Bezirk betrieben hatte. Bellmond, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Jahren verwitwet war und für das Studium ihrer Tochter aufkam, beteuerte, dass die Nichtverlängerung existenzvernichtend sei und sie nicht verstehe, wieso ein humanitärer Verein, aber nicht ihre humanitäre Situation beachtet werde. Als Begründung für diesen Schritt hieß es im Schreiben des Wiener Magistrats, dass die Entscheidung der Tatsache folgte, dass das Löwen Kino zu den größten, zudem sehr beliebten und damit ertragreicheren Kinos der Stadt zählte:

„Nun sind aber tatsächlich vielfach die Konzessionen für weniger ertragreiche Kinos Vereinen zugewiesen, während bei ertragreicheren Kinos der Betreibende selbst Konzessionär ist. Es ist daher nur ein Gebot der Gerechtigkeit, wenn man die kleineren Kinos von der Auflage befreit und den Vereinen, ihre Würdigkeit vorausgesetzt, die Konzession für ertragreichere Kinos gibt, was insbesondere jetzt eine Rolle spielt, weil die Umstellung des Betriebes auf den Tonfilm für die einzelnen Betriebe große Auslagen verursacht, die die ertragreicheren Kinos leichter tragen können als die weniger ertragreichen.“

Da der neue Konzessionsinhaber im Februar 1931 aufgefordert wurde, einen neuen Geschäftsführer zu ernennen, entschied sich der Verein für Maria Bellmond und verpachtete die Konzession zudem an die „Löwen-Kino GmbH“.

1934 suchte der „Kriegsopferverband“ unter der Leitung von Dollfuß’ Vizekanzler Emil Fey um die Konzession für das Löwen Kino an und führte in seiner Bewerbung an, dass dem bisherigen Konzessionsinhaber, dem sozialdemokratischen Verein „Die Bereitschaft“, die Konzession entzogen werde.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland im März 1938 wurde „Die Bereitschaft“ endgültig aufgelöst und die Löwen-Kino GmbH „arisiert“. Eigentümer der GmbH waren zum 13. März 1938 Elsa und Alfred Epstein, Dr. Ignaz Kreidl und Friederike Selahettin-Biro. Aus demselben Jahr existieren eine Reihe von Protokollen zur „Enteignung“ des jüdischen Industriellen Ignaz Kreidl. Neue Eigentümer wurden die „Nazi-Altparteigenossen“ Eduard Winkler und Josef Marksteiner. Alle Teilhaberinnen und Teilhaber der früheren GmbH emigrierten ins Ausland, wo bis zum Kriegsende nur Elsa Epstein und Friederike Selahettin-Biro überlebten.

Nachkriegsverwaltung der „British Army Kinema Corporation“

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Kino von der British Army Kinema Corporation requiriert und Anton Gruber als provisorischer Leiter eingesetzt. Eduard Winkler galt zu diesem Zeitpunkt „unbekannten Aufenthalts“.

1946 sollte Gruber zugunsten Ernst Johann Rosenfelds abberufen werden, der gute Verbindungen zum British Property Control Office hatte und von der früheren Teilhaberin Elsa Epstein empfohlen wurde. Anton Gruber protestierte gegen seine Abberufung und argumentierte, dass Epstein nur zu einem Viertel Teilhaberin wäre und er nach dreijähriger Haftstrafe unter dem NS-Regime und bleibenden gesundheitlichen Schäden für die Position des öffentlichen Verwalters zu bevorzugen sei. Die Abberufung wurde weiter verzögert, als sich wenig später Heinrich Foglar-Deinhardstein, der Vertreter der Interessen des verstorbenen Ignaz Kreidl, für den Posten des öffentlichen Verwalters meldete. Auch bewarb sich Marco Feller, der nach Polen deportiert worden war, von wo aus er jedoch fliehen und zurück nach Wien kehren konnte, wo er bis zum Kriegsende untergetaucht blieb. Und im November beauftragte ihrerseits Selahettin Karl Frailer als ihren Vertreter, welcher die Entschädigungsansprüche der ehemaligen Teileigentümerin betreiben sollte. Im Jänner 1947 befürwortete Selahettin schließlich auch Rosenfeld. Die Konzession selbst erging wieder an den wiederhergestellten Verein „Die Bereitschaft“, der das Kino mit einer Verpachtungsgenehmigung erneut an Selahettins „Löwen-Lichtspiele K.G. Friederike Selahettin-Fey“ übertrug. Gruber wurde im Zuge dessen endgültig abberufen und darauf hingewiesen, dass er sich zwecks „bevorzugter Vermittlung“ eines anderen Postens auf Basis des Opferfürsorge-Gesetzes beim Arbeitsamt melden könne. Unter der Leitung von Ernst Rosenfeld fand am 1. März 1947 unter „Entgegenkommen der British Army Kinema Corporation“ die erste Zivilvorstellung nach dem Zweiten Weltkrieg statt. In diesem Jahr war das Kino mit nunmehr 892 Sitzen das drittgrößte in der Stadt Wien.

Rückstellung an die Eigentümer und finanzielle Schwierigkeiten

Am 8. Juni 1948 wurde das Eigentum schließlich Epstein, die ihren verstorbenen Mann Alfred beerbt hatte, Selahettin und den Erben Kreidls zurückgestellt. Epstein suchte in Verbindung damit um die Abberufung Rosenfelds an, konnten ihren Wunsch jedoch nicht durchsetzen.

1950 erreichte ein Antrag auf Senkung der Filmmiete pro Ticket den Magistrat der Stadt Wien. 1951 suchte die Konzessionsinhaberin „Die Bereitschaft“ um die Besetzung Paul Grüners als Geschäftsführer anstelle von Rosenfeld an, der den Posten zu diesem Zeitpunkt trotz der Interventionen von Epstein immer noch innehatte. 1957 suchte „Die Bereitschaft“ um die Bestellung von Hermann Mühlberger als Geschäftsführer an.

1960 folgte der Antrag beim Fachverband der Lichtspieltheater auf eine Umstufung des Kinos, um die Filmmiete weiter zu senken: Anstelle von Uraufführungen würde das Kino von nun an nur noch Bezirkserstaufführungen und Nachaufführungen anbieten. Im selben Jahr erreichte die Kassierin des Kinos, Auguste Maurhofer, dass ihr gemäß Kollektivvertrag ein Betrag 13.224,22 Schilling nachzuzahlen sei, ehe sie in Pension gehe.

Schließung

1963 erhielt „Die Bereitschaft“ die Konzession ein letztes Mal und bis zum 31. Dezember 1969 verlängert. 1964 wurde anstelle von Hermann Mühlberger wieder Ernst Rosenfeld als Geschäftsführer bestellt – dieses Mal jedoch nicht vom Verein (Konzessionsinhaber), sondern von der Pächterin, der „Löwen-Lichtspiele KG Friederike Selahettin & Co.“. Der Berufungsbescheid des Vereines gegen die Besetzung wurde vorerst als verspätet zurückgewiesen, erst 1967 entschied der Verwaltungsgerichtshof, dass die Berufung rechtzeitig vorgelegt worden war Doch war bereits seit 1966 Alois Naumann der neue Geschäftsführer, sodass die Berufung in diesem Falle zu spät anerkannt wurde. Mit 30. Juni 1967 stellte die Kommanditgesellschaft den Betrieb ein, woraufhin dem Verein ohne Betreiber die Konzession entzogen wurde.

Heute befindet sich im ehemaligen Kino ein Supermarkt.

Fassungsraum

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Siehe auch: Kino

Quellen

Literatur

  • Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 205-206