KZ-Außenlager Floridsdorf: Unterschied zwischen den Versionen

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Neben dem Stammlager des [[Konzentrationslager]]s [[Steinbrüche Mauthausen|Mauthausen]] gründeten die [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] [[SS]]-Institutionen im Verlauf des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] eine große Zahl von [[Außenlager des KZ Mauthausen|Außenlagern]], die ab 1943 die Bezeichnung "Arbeitslager der Waffen-SS" führten.  
 
Neben dem Stammlager des [[Konzentrationslager]]s [[Steinbrüche Mauthausen|Mauthausen]] gründeten die [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] [[SS]]-Institutionen im Verlauf des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] eine große Zahl von [[Außenlager des KZ Mauthausen|Außenlagern]], die ab 1943 die Bezeichnung "Arbeitslager der Waffen-SS" führten.  
  
==Die Evakuierung des KZ-Außenlagers Schwechat-Heidfeld und die Gründung des KZ-Außenlagers Floridsdorf==
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==Die Gründung des KZ-Außenlagers Floridsdorf==
Nachdem das [[KZ-Außenlager Schwechat‐Heidfeld]] aufgrund anhaltender [[Bombenangriffe]] evakuiert werden musste, wurden die dort [[Zwangsarbeit|Zwangsarbeit]] leistenden Häftlinge am 13. Juli 1944 zuerst ins KZ-Außenlager Wien‐Floridsdorf und später zum Teil weiter in die die [[KZ-Außenlager Hinterbrühl]] beziehungsweise [[KZ-Außenlager Schwechat|"Santa"]] bei [[Schwechat]] deportiert. Die in Floridsdorf verbliebenen Häftlinge wurden auf die Kommandos Hofherr & Schrantz, AFA bzw. [[KZ-Außenlager Jedlesee|Jedlesee]] aufgeteilt.
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Nachdem das [[KZ-Außenlager Schwechat-Heidfeld]] aufgrund anhaltender [[Luftkrieg|Bombenangriffe]] evakuiert werden musste, wurden von dort am 13. Juli 1944 die 2.000  [[Zwangsarbeit|Zwangsarbeit]] leistenden KZ-Häftlinge zuerst in das KZ-Außenlager Wien‐Floridsdorf und später zum Teil weiter in die [[Außenlager des KZ Mauthausen|KZ-Außenlager]] [[KZ-Außenlager Hinterbrühl|Hinterbrühl]] beziehungsweise [[KZ-Außenlager Schwechat|"Santa"]] bei [[Schwechat]] deportiert. Die in Floridsdorf verbliebenen Häftlinge wurden auf die Kommandos [[Hofherr-Schrantz-Clayton-Shuttleworth|Hofherr & Schrantz]], [[Accumulatoren-Fabrik AG|AFA]] beziehungsweise [[KZ-Außenlager Jedlesee|Jedlesee]] aufgeteilt.
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==Standort Hopfengasse 8==
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Die Häftlinge der Kommandos Hofherr & Schrantz sowie AFA wurden in einem eigenen Lager auf dem Firmengelände Hofherr & Schrantz, getrennt von jenem des Kommandos Jedlesee, untergebracht, wobei AFA ein eigenes Sub-Kommando des Kommandos Hofherr & Schrantz gewesen sein dürfte. Es ist davon auszugehen, dass die Häftlinge dieser beiden Kommandos in einem einzigen Lager untergebracht waren. Dieses befand sich auf dem Gelände des heutigen [[FAC-Platz|FAC-Sportplatzes]] in [[21]]., [[Hopfengasse]] 8, nur knapp 500 Meter entfernt von der Arbeitsstätte der Häftlinge bei Hofherr & Schrantz in 21., [[Shuttleworthstraße]] 8.
  
Die Häftlinge der Kommandos Hofherr & Schrantz sowie AFA wurden in einem eigenen Lager auf dem Firmengelände Hofherr & Schrantz, getrennt von jenen des Kommandos Jedlesee, untergebracht. Auch die Accumulatoren Fabrik Aktiengesellschaft (AFA-Werke, heute VARTA), führender Hersteller von U-Boot-Batterien, verlagerte seine Produktion wegen der Luftangriffe nach Wien und war (wahrscheinlich) ein eigenes Sub-Kommando des Kommandos Hofherr & Schrantz. Es ist aber davon auszugehen, dass die Häftlinge dieser beiden Kommandos in einem einzigen Lager untergebracht waren.
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In der Hopfengasse 8 wurde zur Unterbringung der Häftlinge ein Barackenlager errichtet. Bis zu seiner Fertigstellung wurden die [[Ernst Heinkel Flugzeugwerke AG|Heinkel]]-ZwangsarbeiterInnen, die sich ebenfalls im KZ-Außenlager Schwechat-Heidfeld befunden hatte, in den Kellern des [[Brauerei zum St. Georg|Brauhauses Mautner]] ([[21]]., [[Prager Straße]] 20) in Jedlesee untergebracht, die AFA-ZwangsarbeiterInnen dagegen auf dem Werksgelände der AFA.  
Lokalisierung
 
  
Die genaue Lokalisierung der Außenlager im heutigen Wiener Gemeindebezirk Floridsdorf gestaltet sich insofern schwierig, da auch andere Lager im damaligen „Groß‐Wien“ unter der Bezeichnung „Floridsdorf“ liefen. Zur Unterbringung der Häftlinge wurde auf dem Sportplatz des FAC ein Barackenlager errichtet. Bis zu seiner Fertigstellung wurden die Heinkel-ZwangsarbeiterInnen in den Kellern des Brauhauses Mautner in Jedlesee untergebracht, die AFA-ZwangsarbeiterInnen auf dem Werksgelände der AFA. Nach Zerstörung des Barackenlagers durch einen alliierten Luftangriff wurden die für Heinkel arbeitenden KZ-Häftlinge zunächst ebenfalls bei den AFA-Werken und dann neuerlich in den Braukellern untergebracht. Die Abgrenzung zum KZ-Außenlager Jedlesee ist nicht immer ausreichend möglich. 1995 wurden dem Archiv Museum Mauthausen angebliche Überreste einer Häftlingsbaracke des KZ-Außenlagers übergeben, die seitdem in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eingelagert sind.
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Nach Zerstörung des Barackenlagers in der Hopfengasse 8 durch einen alliierten Luftangriff wurden die für Heinkel arbeitenden KZ-Häftlinge zunächst ebenfalls bei den AFA-Werken und dann neuerlich in den Braukellern untergebracht. Die Abgrenzung zum KZ-Außenlager Jedlesee ist nicht immer ausreichend möglich.  
Informationen über die Häftlinge
 
  
Der jeweilige höchste Häftlingsstand für die einzelnen KZ-Lager dieses Komplexes lässt sich aufgrund der Quellenlage nicht gesichert rekonstruieren. Der Höchststand für den gesamten Komplex Wien‐Floridsdorf (inklusive Schwechat Santa, Hinterbrühl und Jedlesee) betrug jedoch 2.737 Häftlinge. Die Mehrheit der Häftlinge des Komplexes Wien‐ Floridsdorf stammte aus Polen bzw. der Sowjetunion. Am 13. Juli 1944 wurden die 2.000 Häftlinge des aufgelösten Außenlagers Wien-Schwechat (Heidfeld) nach Floridsdorf überstellt. Über die nationale Zugehörigkeit der Häftlinge ist nichts Genaues bekannt, da alle an den verschiedenen Heinkel-Standorten im Großraum Wien eingesetzten Gefangenen als Häftlinge des KZ-Außenlagers Wien-Floridsdorf registriert wurden. Polen und Sowjets bildeten aber auf jeden Fall die größten Gruppen. Die Haftbedingungen waren wesentlich besser als in Schwechat-Heidfeld. Mindestens 80 Häftlinge starben in allen unter dem Namen Wien-Floridsdorf zusammengefassten Lagern.
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==Häftlingszahlen und Zwangsarbeit==
Zwangsarbeit
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Aufgrund der Quellenlage lässt sich der jeweilige höchste Häftlingsstand für die einzelnen KZ-Lager dieses Komplexes nicht genau rekonstruieren. Inklusive der zum Komplex Wien‐Floridsdorf gehörenden KZ-Außenlager [[KZ-Außenlager Schwechat|Schwechat "Santa"]], [[KZ-Außenlager Hinterbrühl|Hinterbrühl]] und [[KZ-Außenlager Jedlesee|Jedlesee]] betrug er 2.737 Häftlinge. Die meisten Häftlinge des Komplexes Wien‐Floridsdorf stammten aus Polen und der Sowjetunion. Über die nationale Zugehörigkeit der am 13. Juli 1944 aus dem aufgelösten Außenlager Schwechat-Heidfeld überstellten Häftlinge ist nichts Genaues bekannt, da alle an den verschiedenen Heinkel-Standorten im Großraum Wien eingesetzten Gefangenen als Häftlinge des KZ-Außenlagers Wien-Floridsdorf registriert wurden. Polen und Sowjets bildeten aber auf jeden Fall die größten Gruppen. Die Haftbedingungen waren wesentlich besser als in Schwechat-Heidfeld. Mindestens 80 Häftlinge starben in allen unter dem Namen Wien-Floridsdorf zusammengefassten Lagern.
  
 
Die Häftlinge arbeiteten bei Heinkel und AFA und wurden für die Produktion von Flugzeugteilen, Akkumulatoren für U‐Boote sowie Steuerkomponenten für „V2“‐Raketen eingesetzt.
 
Die Häftlinge arbeiteten bei Heinkel und AFA und wurden für die Produktion von Flugzeugteilen, Akkumulatoren für U‐Boote sowie Steuerkomponenten für „V2“‐Raketen eingesetzt.
Bewachung
 
  
Das KZ Floridsdorf wurde hauptsächlich von Soldaten der Luftwaffe bewacht und war unter dem Kommando von SS‐Obersturmführer Anton Streitwieser, dem auch Hinterbrühl und Schwechat (Santa) unterstanden. In der ehemaligen St. Georgs‐Brauerei (früher Hopfengasse 22, heute Nr. 8) in Floridsdorf befand sich der Sitz der Kommandantur sämtlicher Lager des Komplexes Wien‐Floridsdorf.
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Bewacht wurde das KZ-Außenlager Floridsdorf hauptsächlich von Soldaten der Luftwaffe bewacht, die unter dem Kommando von SS‐Obersturmführer Anton Streitwieser standen, dem auch Hinterbrühl und Schwechat (Santa) unterstanden. In der Nähe der ehemaligen St. Georgsbrauerei (21., Prager Straße 20) befand sich der Sitz der Kommandantur sämtlicher Lager des Komplexes Wien‐Floridsdorf (21., Hopfengasse 22).
Schließung
 
  
Die Kommandos Hofherr & Schrantz und AFA wurden ebenso wie das Kommando Jedlesee am 1. April 1945 evakuiert, was darauf hindeutet, dass die Evakuierung nicht über das Außenlager Hinterbrühl erfolgt sein dürfte. Der Evakuierungsmarsch, der über das Außenlager Steyr führte, erreichte das Konzentrationslager Mauthausen am 11. April 1945. Insgesamt sind laut einer Aufstellung der Lagerschreibstube auf diesem Marsch 121 Häftlinge getötet worden, 22 blieben vermisst oder sind geflüchtet. Die Zahl der Toten allein im Lager Floridsdorf dürfte sich auf 45 Häftlinge belaufen.
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==Evakuierung und Schließung==
Gedenken und Erinnern
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Die Kommandos Hofherr & Schrantz und AFA wurden ebenso wie das Kommando Jedlesee am 1. April 1945 evakuiert, wobei der über das Außenlager Steyr führende Evakuierungsmarsch, am 11. April 1945 das Konzentrationslager Mauthausen erreichte. Insgesamt sind laut einer Aufstellung der Lagerschreibstube auf diesem Marsch 121 Häftlinge getötet worden, 22 blieben vermisst oder sind geflüchtet. Die Zahl der Toten allein im Lager Floridsdorf dürfte sich auf 45 Häftlinge belaufen.
  
Über den Standort des früheren Brauhauses Mautner in Jedlesee führt heute ein Teil der Wiener Stadtautobahn A22. Vor dem nahe gelegenen Bezirksmuseum Floridsdorf erinnert eine Gedenktafel an das ehemalige KZ-Außenlager. Auf dem Areal des Barackenlagers befindet sich heute wieder ein Fußballplatz. Auf dem ehemaligen Betriebsgelände der AFA-Werke ist ein Gewerbepark angesiedelt. Jedes Jahr findet eine Gedenkveranstaltung, die vom Verein "Niemals vergessen" organisiert wird, bei der Gedenktafel im Bezirksmuseum Floridsdorf statt. Die aktuellen Termine stehen im Programm der Gedenk- und Befreiungsfeiern.
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==Gedenken und Erinnern==
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An das ehemalige KZ-Außenlager erinnert heute eine [[Denkmal Befreiung Außenlager des KZ Mauthausen in Floridsdorf|Gedenktafel]] vor dem nahe gelegenen [[Bezirksmuseum Floridsdorf]] (21., Prager Straße 33), bei der jährlich eine Gedenkveranstaltung vom Verein "Niemals vergessen" organisiert wird.  
  
Siehe auch: [[Außenlager des KZ Mauthausen]], [[Zwangsarbeiterlager Schönbrunn]], [[Zwangsarbeit]], [[Zwangsarbeiterlager]], [[Lager in Wien]]
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Siehe auch: [[Außenlager des KZ Mauthausen]], [[KZ-Außenlager Jedlesee]], [[Zwangsarbeit]], [[Zwangsarbeiterlager]], [[Lager in Wien]]
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
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*[http://www.quarz-roggendorf.at/uploads/media/MH-Jahrbuch-2012-online.pdf Roman Fröhlich: Außenlager des KZ Mauthausen in Wien an den Standorten der Ernst Heinkel Aktiengesellschaft. Eine Bestandsaufnahme. In: KZ-Gedenkstätte Mauthausen Memorial 2012. Wien: Bundesministerium für Inneres 2012, S. 31-42]
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*[http://othes.univie.ac.at/29317/1/2013-08-08_0548954.pdf Fabian Hümer: Der 'Volksjäger' Heinkel He 162. Forcierte Ressourcenmobilisierung im Angesicht der Niederlage. Masterarbeit, Univ. Wien. Wien 2013]
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*[http://www.quarz-roggendorf.at/uploads/media/MH-Jahrbuch-2012-online.pdf KZ-Gedenkstätte Mauthausen Memorial 2012. Wien: Bundesministerium für Inneres 2012]
 
*Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Wien: Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen 1980
 
*Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Wien: Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen 1980
 
*Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation. Wien: Edition Mauthausen 2006
 
*Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation. Wien: Edition Mauthausen 2006
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*Gisela Rabitsch: Konzentrationslager in Österreich 1938-45. Diss. Univ. Wien. Wien 1967  
 
*Gisela Rabitsch: Konzentrationslager in Österreich 1938-45. Diss. Univ. Wien. Wien 1967  
  
==Links==
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==Weblinks==
 
*[https://www.mauthausen-guides.at/aussenlager/kz-aussenlager-floridsdorf Austria Guides: KZ-Außenlager Floridsdorf] [Stand 13.11.2019]
 
*[https://www.mauthausen-guides.at/aussenlager/kz-aussenlager-floridsdorf Austria Guides: KZ-Außenlager Floridsdorf] [Stand 13.11.2019]
 
*[https://www.mauthausen-memorial.org/de/Wissen/Die-Aussenlager#list||50 Mauthausen Memorial: KZ-Außenlager Floridsdorf] [Stand 13.11.2019]
 
*[https://www.mauthausen-memorial.org/de/Wissen/Die-Aussenlager#list||50 Mauthausen Memorial: KZ-Außenlager Floridsdorf] [Stand 13.11.2019]
 
*[http://www.geheimprojekte.at/lager_wien-floridsdorf_I.html Geheimprojekte.at: Lager Wien-Floridsdorf I] [Stand 13.11.2019]
 
*[http://www.geheimprojekte.at/lager_wien-floridsdorf_I.html Geheimprojekte.at: Lager Wien-Floridsdorf I] [Stand 13.11.2019]
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*[http://www.erinnern.at/bundeslaender/wien/unterrichtsmaterial/arbeitsmaterialien-kz-und-zwangsarbeit-in-wien/7-%20Infoblatt%20-%20Ort%20und%20Erinnerungszeichen%20an%20KZ%20und%20Zwangsarbeit%20in%20Wien%20neu.pdf Erinnern.at: Erinnerungszeichen an KZ und Zwangsarbeit in Wien] [Stand 15.10.2019]

Aktuelle Version vom 1. Februar 2024, 14:01 Uhr

Luftbildaufnahme des heutigen FAC-Platzes (Ausschnitt), 1938
Daten zur Organisation
Art der Organisation NS-Institution KZ-Außenlager
Datum von 13. Juli 1944
Datum bis 1. April 1945
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 64546
GND
WikidataID
Objektbezug NS-Zeit, Konzentrationslager, KZ-Außenlager
Quelle
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 1.02.2024 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname Hopfengasse 8 - Luftbild 1938.jpg
Bildunterschrift Luftbildaufnahme des heutigen FAC-Platzes (Ausschnitt), 1938

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Frühere Adressierung
  • 21 (Hopfengasse, 8, von: 13 Juli 1944, bis: 1 April 1945)

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst.

Es wurden noch keine Personen erfasst.

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48° 16' 11.72" N, 16° 23' 33.01" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Neben dem Stammlager des Konzentrationslagers Mauthausen gründeten die nationalsozialistischen SS-Institutionen im Verlauf des Zweiten Weltkriegs eine große Zahl von Außenlagern, die ab 1943 die Bezeichnung "Arbeitslager der Waffen-SS" führten.

Die Gründung des KZ-Außenlagers Floridsdorf

Nachdem das KZ-Außenlager Schwechat-Heidfeld aufgrund anhaltender Bombenangriffe evakuiert werden musste, wurden von dort am 13. Juli 1944 die 2.000 Zwangsarbeit leistenden KZ-Häftlinge zuerst in das KZ-Außenlager Wien‐Floridsdorf und später zum Teil weiter in die KZ-Außenlager Hinterbrühl beziehungsweise "Santa" bei Schwechat deportiert. Die in Floridsdorf verbliebenen Häftlinge wurden auf die Kommandos Hofherr & Schrantz, AFA beziehungsweise Jedlesee aufgeteilt.

Standort Hopfengasse 8

Die Häftlinge der Kommandos Hofherr & Schrantz sowie AFA wurden in einem eigenen Lager auf dem Firmengelände Hofherr & Schrantz, getrennt von jenem des Kommandos Jedlesee, untergebracht, wobei AFA ein eigenes Sub-Kommando des Kommandos Hofherr & Schrantz gewesen sein dürfte. Es ist davon auszugehen, dass die Häftlinge dieser beiden Kommandos in einem einzigen Lager untergebracht waren. Dieses befand sich auf dem Gelände des heutigen FAC-Sportplatzes in 21., Hopfengasse 8, nur knapp 500 Meter entfernt von der Arbeitsstätte der Häftlinge bei Hofherr & Schrantz in 21., Shuttleworthstraße 8.

In der Hopfengasse 8 wurde zur Unterbringung der Häftlinge ein Barackenlager errichtet. Bis zu seiner Fertigstellung wurden die Heinkel-ZwangsarbeiterInnen, die sich ebenfalls im KZ-Außenlager Schwechat-Heidfeld befunden hatte, in den Kellern des Brauhauses Mautner (21., Prager Straße 20) in Jedlesee untergebracht, die AFA-ZwangsarbeiterInnen dagegen auf dem Werksgelände der AFA.

Nach Zerstörung des Barackenlagers in der Hopfengasse 8 durch einen alliierten Luftangriff wurden die für Heinkel arbeitenden KZ-Häftlinge zunächst ebenfalls bei den AFA-Werken und dann neuerlich in den Braukellern untergebracht. Die Abgrenzung zum KZ-Außenlager Jedlesee ist nicht immer ausreichend möglich.

Häftlingszahlen und Zwangsarbeit

Aufgrund der Quellenlage lässt sich der jeweilige höchste Häftlingsstand für die einzelnen KZ-Lager dieses Komplexes nicht genau rekonstruieren. Inklusive der zum Komplex Wien‐Floridsdorf gehörenden KZ-Außenlager Schwechat "Santa", Hinterbrühl und Jedlesee betrug er 2.737 Häftlinge. Die meisten Häftlinge des Komplexes Wien‐Floridsdorf stammten aus Polen und der Sowjetunion. Über die nationale Zugehörigkeit der am 13. Juli 1944 aus dem aufgelösten Außenlager Schwechat-Heidfeld überstellten Häftlinge ist nichts Genaues bekannt, da alle an den verschiedenen Heinkel-Standorten im Großraum Wien eingesetzten Gefangenen als Häftlinge des KZ-Außenlagers Wien-Floridsdorf registriert wurden. Polen und Sowjets bildeten aber auf jeden Fall die größten Gruppen. Die Haftbedingungen waren wesentlich besser als in Schwechat-Heidfeld. Mindestens 80 Häftlinge starben in allen unter dem Namen Wien-Floridsdorf zusammengefassten Lagern.

Die Häftlinge arbeiteten bei Heinkel und AFA und wurden für die Produktion von Flugzeugteilen, Akkumulatoren für U‐Boote sowie Steuerkomponenten für „V2“‐Raketen eingesetzt.

Bewacht wurde das KZ-Außenlager Floridsdorf hauptsächlich von Soldaten der Luftwaffe bewacht, die unter dem Kommando von SS‐Obersturmführer Anton Streitwieser standen, dem auch Hinterbrühl und Schwechat (Santa) unterstanden. In der Nähe der ehemaligen St. Georgsbrauerei (21., Prager Straße 20) befand sich der Sitz der Kommandantur sämtlicher Lager des Komplexes Wien‐Floridsdorf (21., Hopfengasse 22).

Evakuierung und Schließung

Die Kommandos Hofherr & Schrantz und AFA wurden ebenso wie das Kommando Jedlesee am 1. April 1945 evakuiert, wobei der über das Außenlager Steyr führende Evakuierungsmarsch, am 11. April 1945 das Konzentrationslager Mauthausen erreichte. Insgesamt sind laut einer Aufstellung der Lagerschreibstube auf diesem Marsch 121 Häftlinge getötet worden, 22 blieben vermisst oder sind geflüchtet. Die Zahl der Toten allein im Lager Floridsdorf dürfte sich auf 45 Häftlinge belaufen.

Gedenken und Erinnern

An das ehemalige KZ-Außenlager erinnert heute eine Gedenktafel vor dem nahe gelegenen Bezirksmuseum Floridsdorf (21., Prager Straße 33), bei der jährlich eine Gedenkveranstaltung vom Verein "Niemals vergessen" organisiert wird.

Siehe auch: Außenlager des KZ Mauthausen, KZ-Außenlager Jedlesee, Zwangsarbeit, Zwangsarbeiterlager, Lager in Wien

Literatur

Weblinks