Juristenschule: Unterschied zwischen den Versionen

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Juristenschule (1, Schulerstraße 14, Grünangergasse 2, Domgasse 9; Konskriptionsnummer 850; Gedenktafel 1, Grünangergasse 14 [1868]). Herzog Albrecht III. erwarb das Haus hinter St. Stephan in der Kleinen Schulerstraße (später Domgasse) am 1. Oktober 1384 vom Bischof Johann von Gurk im Tauschweg gegen ein Haus in der heutigen Schulerstraße und legte in dieses am 9. Jänner 1385 die (im selben Jahr so benannte) Juristenschule. Das angrenzende Haus wird am 1. Juli 1397 von Koloman Kolb (Rektor und Pfarrer) der Universität für ein „collegium iuristarum" gestiftet. 1403 war es bereits in die Juristenschule einbezogen. Zu Ehren des heiligen Ivo ([[Ivokapellen]]), des Schutzpatrons der Juristen, entstanden zwei Hauskapellen (wohl in Unterscheidung zwischen kanonischem [kirchlichem] und kaiserlichen [weltlichen] Recht (die Weihe wird 1474 erwähnt). 1534 wurden die beiden Juristenhäuser durch Umbau vereinigt und präsentierten sich als großes Gebäude, das ein Eckhaus in die Große Schulerstraße, Kleine Schulerstraße und „Auf dem Anger" (Grünangergasse) bildete. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird auch ein gegenüberliegendes „Zuhaus" erwähnt, das 1613 verkauft wurde. Die Juristenschule brannte 1627 ab ([[Stadtbrand]]). Dabei gingen die Fakultätsakten zugrunde. Die Schule musste von der juridischen Fakultät neu errichtet werden. Anstelle der beiden kleinen Kapellen baute man eine ebenfalls dem heiligen Ivo geweihte Kirche (1646), die mit einem Glockenturm versehen wurde. Als das neue Universitätsgebäude ([[Aula]]) fertiggestellt und die Juristenschule 1754 aufgefordert worden war, dorthin zu übersiedeln, wurde das Haus dem Jesuiten Ludwig Deibel zur Errichtung eines Bußhauses für reumütige Sünderinnen überlassen (bis 1758). 1759 kaufte das Gebäude Erzbischof Migazzi zur Errichtung eines Priesterhauses, veräußerte es jedoch 1761 an die Piaristen (da er statt dessen das Haus „Zum roten Apfel" in der Singerstraße für diesen Zweck heranzog). Diese stockten das bis dahin einstöckige Haus 1762 mit zwei Etagen auf und gründeten darin 1763 eine Schule, die dort bis 1788 bestand. Bald darauf wurde das Haus samt der entweihten Kirche versteigert und kam an den griechischen Kaufmann Christof Nako, der das Objekt 1790 zu einem Zinshaus umgestaltete. Der Erlös für die Kirche (3.843 Gulden) wurde der juridischen Fakultät, der Erlös für das Gebäude den Piaristen ausgefolgt.
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Juristenschule (1, [[Schulerstraße]] 14, [[Grünangergasse]] 2, [[Domgasse]] 9; [[Konskriptionsnummer]] 850; Gedenktafel 1, Grünangergasse 14 [1868]).
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== Juristenschule ==
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Hier standen einst zwei Gebäude. Herzog [[Albrecht III. (Österreich)|Albrecht III.]] erwarb das 1369 erstmals urkundlich genannte Haus hinter St. Stephan in der Kleinen Schulerstraße (später Domgasse) am 1. Oktober 1384 vom Bischof Johann von Gurk im Tauschweg gegen ein Haus in der heutigen Schulerstraße und legte in dieses am 9. Jänner 1385 die (im selben Jahr so benannte) Juristenschule. Das angrenzende Haus wird am 1. Juli 1397 von Koloman Kolb (Rektor und Pfarrer) der Universität für ein "collegium iuristarum" gestiftet. 1403 war es bereits in die Juristenschule einbezogen. Zu Ehren des heiligen Ivo ([[Ivokapellen]]), des Schutzpatrons der Juristen, entstanden zwei Hauskapellen (wohl in Unterscheidung zwischen kanonischem [kirchlichem] und kaiserlichen [weltlichen] Recht (die Weihe wird 1474 erwähnt).  
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1534 wurden die beiden Juristenhäuser durch Umbau vereinigt und präsentierten sich als großes Gebäude, das ein Eckhaus in die Große Schulerstraße, Kleine Schulerstraße und "Auf dem Anger" (Grünangergasse) bildete. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird auch ein gegenüberliegendes "Zuhaus" erwähnt, das 1613 verkauft wurde. Die Juristenschule brannte 1627 ab ([[Stadtbrand]]). Dabei gingen die Fakultätsakten zugrunde. Die Schule musste von der juridischen Fakultät neu errichtet werden. Anstelle der beiden kleinen Kapellen baute man eine ebenfalls dem heiligen Ivo geweihte Kirche (1646), die mit einem Glockenturm versehen wurde.  
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Während der zweiten Belagerung Wiens durch die Osmanen (sogenannte [[Zweite Türkenbelagerung (1683)|Zweite Türkenbelagerung]]) verteilte man das Pulver in mehrere unterirdische Gewölbe und Grüfte. Auch die "Juristenschul Capelle" wurde hierfür benutzt. Als jedoch Bomben und Feuerkugeln einfielen, wurde das hier gelagerte Pulver in ein Gewölbe im [[Regensburger Hof]] am [[Lugeck]] verbracht.
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== 1754-1899 ==
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Als das neue Universitätsgebäude ([[Aula]]) fertiggestellt und die Juristenschule 1754 aufgefordert worden war, dorthin zu übersiedeln, wurde das Haus dem Jesuiten Ludwig Deibel zur Errichtung eines Bußhauses für reumütige Sünderinnen überlassen (bis 1758). 1759 kaufte das Gebäude Erzbischof Migazzi zur Errichtung eines Priesterhauses, veräußerte es jedoch 1761 an die [[Piaristen]] (da er statt dessen das Haus "[[Zum roten Apfel (1, Singerstraße)|Zum roten Apfel]]" in der [[Singerstraße]] für diesen Zweck heranzog). Diese stockten das bis dahin einstöckige Haus 1762 mit zwei Etagen auf und gründeten darin 1763 eine Real- und Handelsschule, die dort bis 1788 bestand. Bald darauf wurde das Haus samt der entweihten Kirche versteigert und kam an den griechischen Kaufmann Christof Nako, der das Objekt 1790 zu einem Zinshaus umgestaltete. Der Erlös für die Kirche (3.843 Gulden) wurde der juridischen Fakultät, der Erlös für das Gebäude den Piaristen ausgefolgt. 1849 wurde das haus umfassend renoviert und erneut um ein Stockwerk vergrößert.
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== Neubau 1899/1900 ==
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Das heutge Haus entstand 1899/1900. Es steht auf einer Grundfläche von 600 Quadratmetern und besitzt sechs Geschosse. Zwischen 1905 und 1932 gehörte es der "Elbemühl Papierfabriken- und graphische Industrie AG", danach der "Versicherungskasse für Industrieangestellte" und ab 1938 "Angestellte Krankenkasse für Industrie und Gewerbe", die 1948 in "Wiener [[Gebietskrankenkasse]] für Arbeiter und Angestellte" umbenannt wurde.  
  
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
*Richard Perger: Die Universitätsgebäude und Bursen vor 1623. In: Schriftenreihe Universitätsarchiv 2 (1985), S. 84 f.
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* Richard Perger: Die Universitätsgebäude und Bursen vor 1623. In: Schriftenreihe Universitätsarchiv 2 (1985), S. 84 f.
*Franz Gall: Die alte Universität. Wien [u.a.]: Zsolnay 1970 (Wiener Geschichtsbücher, 1), S. 33 ff.
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* Franz Gall: Die alte Universität. Wien [u.a.]: Zsolnay 1970 (Wiener Geschichtsbücher, 1), S. 33 ff.
*Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 46
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* Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 46
*Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 76 ff.
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* Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 76 ff.
*Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 605
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* Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 605
*Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 365 f.
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* Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 365 f.
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* Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 4, 3. Teil. Wien ²1955 (Manuskript im WStLA), S. 589-591

Version vom 19. April 2016, 11:40 Uhr

Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Nakosches Haus
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 22794
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Recherche
Letzte Änderung am 19.04.2016 durch WIEN1.lanm08wuc
  • 1., Schulerstraße 14
  • 1., Grünangergasse 2
  • 1., Domgasse 9
  • Nr.: 843 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 850 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 900 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)


Juristenschule (1, Schulerstraße 14, Grünangergasse 2, Domgasse 9; Konskriptionsnummer 850; Gedenktafel 1, Grünangergasse 14 [1868]).

Juristenschule

Hier standen einst zwei Gebäude. Herzog Albrecht III. erwarb das 1369 erstmals urkundlich genannte Haus hinter St. Stephan in der Kleinen Schulerstraße (später Domgasse) am 1. Oktober 1384 vom Bischof Johann von Gurk im Tauschweg gegen ein Haus in der heutigen Schulerstraße und legte in dieses am 9. Jänner 1385 die (im selben Jahr so benannte) Juristenschule. Das angrenzende Haus wird am 1. Juli 1397 von Koloman Kolb (Rektor und Pfarrer) der Universität für ein "collegium iuristarum" gestiftet. 1403 war es bereits in die Juristenschule einbezogen. Zu Ehren des heiligen Ivo (Ivokapellen), des Schutzpatrons der Juristen, entstanden zwei Hauskapellen (wohl in Unterscheidung zwischen kanonischem [kirchlichem] und kaiserlichen [weltlichen] Recht (die Weihe wird 1474 erwähnt).

1534 wurden die beiden Juristenhäuser durch Umbau vereinigt und präsentierten sich als großes Gebäude, das ein Eckhaus in die Große Schulerstraße, Kleine Schulerstraße und "Auf dem Anger" (Grünangergasse) bildete. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird auch ein gegenüberliegendes "Zuhaus" erwähnt, das 1613 verkauft wurde. Die Juristenschule brannte 1627 ab (Stadtbrand). Dabei gingen die Fakultätsakten zugrunde. Die Schule musste von der juridischen Fakultät neu errichtet werden. Anstelle der beiden kleinen Kapellen baute man eine ebenfalls dem heiligen Ivo geweihte Kirche (1646), die mit einem Glockenturm versehen wurde.

Während der zweiten Belagerung Wiens durch die Osmanen (sogenannte Zweite Türkenbelagerung) verteilte man das Pulver in mehrere unterirdische Gewölbe und Grüfte. Auch die "Juristenschul Capelle" wurde hierfür benutzt. Als jedoch Bomben und Feuerkugeln einfielen, wurde das hier gelagerte Pulver in ein Gewölbe im Regensburger Hof am Lugeck verbracht.


1754-1899

Als das neue Universitätsgebäude (Aula) fertiggestellt und die Juristenschule 1754 aufgefordert worden war, dorthin zu übersiedeln, wurde das Haus dem Jesuiten Ludwig Deibel zur Errichtung eines Bußhauses für reumütige Sünderinnen überlassen (bis 1758). 1759 kaufte das Gebäude Erzbischof Migazzi zur Errichtung eines Priesterhauses, veräußerte es jedoch 1761 an die Piaristen (da er statt dessen das Haus "Zum roten Apfel" in der Singerstraße für diesen Zweck heranzog). Diese stockten das bis dahin einstöckige Haus 1762 mit zwei Etagen auf und gründeten darin 1763 eine Real- und Handelsschule, die dort bis 1788 bestand. Bald darauf wurde das Haus samt der entweihten Kirche versteigert und kam an den griechischen Kaufmann Christof Nako, der das Objekt 1790 zu einem Zinshaus umgestaltete. Der Erlös für die Kirche (3.843 Gulden) wurde der juridischen Fakultät, der Erlös für das Gebäude den Piaristen ausgefolgt. 1849 wurde das haus umfassend renoviert und erneut um ein Stockwerk vergrößert.


Neubau 1899/1900

Das heutge Haus entstand 1899/1900. Es steht auf einer Grundfläche von 600 Quadratmetern und besitzt sechs Geschosse. Zwischen 1905 und 1932 gehörte es der "Elbemühl Papierfabriken- und graphische Industrie AG", danach der "Versicherungskasse für Industrieangestellte" und ab 1938 "Angestellte Krankenkasse für Industrie und Gewerbe", die 1948 in "Wiener Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte" umbenannt wurde.


Literatur

  • Richard Perger: Die Universitätsgebäude und Bursen vor 1623. In: Schriftenreihe Universitätsarchiv 2 (1985), S. 84 f.
  • Franz Gall: Die alte Universität. Wien [u.a.]: Zsolnay 1970 (Wiener Geschichtsbücher, 1), S. 33 ff.
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 46
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 76 ff.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 605
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 365 f.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 4, 3. Teil. Wien ²1955 (Manuskript im WStLA), S. 589-591