Hugo Meisl: Unterschied zwischen den Versionen

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==Schöpfer des österreichischen Wunderteams==
 
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Der Schöpfer des österreichischen [[Wunderteam]]s der frühen 1930er-Jahre war eine schillernd-vielschichtige, in manchen Aspekten durchaus widersprüchliche Figur. In seinen Entschlüssen fest und unbeugsam, konnte er der Presse gegenüber durchaus populistisch agieren ("Da habt's euer Schmiranski-Team"). Der meisterhafte Stratege und Taktiker bediente sich gerne einer eher reduktionistischen "Sprache der Spieler" ("Burschen geht's raus und spielt's euer Spiel"). Er bezog eine Wohnung im [[Karl-Marx-Hof]] und sympathisierte mit der Sozialdemokratie, vermochte aber auch der Organisation des Sports im italienischen [[Faschismus]] durchaus Positives abzugewinnen. Prinzipiell wollte er den Sport überpolitisch sehen. Der Instrumentalisierung des Nationalteams durch den [[Austrofaschismus]] setzte er allerdings keinerlei Opposition entgegen. Sein Testament vom September 1934 endet mit den Worten: "Bis in die fernste Zukunft Ehre dem österreichischen Sporte, seinen Organisatoren und Führern".
 
Der Schöpfer des österreichischen [[Wunderteam]]s der frühen 1930er-Jahre war eine schillernd-vielschichtige, in manchen Aspekten durchaus widersprüchliche Figur. In seinen Entschlüssen fest und unbeugsam, konnte er der Presse gegenüber durchaus populistisch agieren ("Da habt's euer Schmiranski-Team"). Der meisterhafte Stratege und Taktiker bediente sich gerne einer eher reduktionistischen "Sprache der Spieler" ("Burschen geht's raus und spielt's euer Spiel"). Er bezog eine Wohnung im [[Karl-Marx-Hof]] und sympathisierte mit der Sozialdemokratie, vermochte aber auch der Organisation des Sports im italienischen [[Faschismus]] durchaus Positives abzugewinnen. Prinzipiell wollte er den Sport überpolitisch sehen. Der Instrumentalisierung des Nationalteams durch den [[Austrofaschismus]] setzte er allerdings keinerlei Opposition entgegen. Sein Testament vom September 1934 endet mit den Worten: "Bis in die fernste Zukunft Ehre dem österreichischen Sporte, seinen Organisatoren und Führern".
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==Quellen==
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*[https://www.wien.gv.at/actaproweb2/benutzung/archive.xhtml?id=Best++++00000033m08alt#Best____00000033m08alt WStLA, Nachlass Meisl]
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*[https://www.wien.gv.at/actaproweb2/benutzung/archive.xhtml?id=Akt+++++1335731a-8e9f-4cbd-9cea-37aadbd34d09VERA#Akt_____1335731a-8e9f-4cbd-9cea-37aadbd34d09VERA WStLA, Historische Meldeunterlagen, Prominentensammlung, Hugo Meisl]
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*[https://www.wien.gv.at/actaproweb2/benutzung/archive.xhtml?id=Stueck++00000024lanm08swa#Stueck__00000024lanm08swa WStLA, BG Innere Stadt (I), Testament Hugo Meisl]
  
 
== Literatur ==  
 
== Literatur ==  

Version vom 2. Juni 2016, 10:24 Uhr

Hugo Meisl
Daten zur Person
Personenname Meisl, Hugo
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 29307
GND
Wikidata
Geburtsdatum 16. November 1881
Geburtsort Maleschau, Böhmen
Sterbedatum 17. Februar 1937
Sterbeort Wien
Beruf Bankbeamter, Sportfunktionär, Sportjournalist
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 2.06.2016 durch WIEN1.lanm08mic
Begräbnisdatum
Friedhof Zentralfriedhof NeuerIsraelitischer Friedhof;
Grabstelle
Bildname WStLA Nachlass Meisl FC 4 7.jpg
Bildunterschrift Hugo Meisl

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Generalsekretär des österreichischen Fußballbundes )

Meisl Hugo, * 16. November 1881 Maleschau, Bezirk Kuttenberg, Böhmen (Malešov, Tschechische Republik), † 17. Februar 1937 Wien (im Verbandsheim; Zentralfriedhof, Neue Israelitische Abteilung, 5. Tor, Grab 3/4/11), Bankbeamter, Sportfunktionär, Sportjournalist. Wurde 1904 Vorstandsmitglied des First Vienna Football Clubs, später (internationaler) Schiedsrichter, 1910 Verbandskapitän des österreichischen Fußballverbands und Obmann des Schiedsrichterkollegiums, außerdem 1910/1911 Gründungsmitglied des „Wiener Amateur-Sportvereins" (Austria). Meisl trug wesentlich zur Organisation des Profi-Fußballsports in Österreich (1924/1925) sowie zur Schaffung des Mitropa-Cups (1927-1939) und der Fußballweltmeisterschaft bei. Er leitete fast drei Jahrzehnte die österreichische Nationalmannschaft und gilt als „Vater" des Wunderteams der 30er Jahre. Meisl war gleichzeitig engagierter Sportjournalist. Hugo-Meisl-Weg.

Hugo Meisls Adressbuch aus 1936

Wiener Fußballgeschichte - Hugo Meisl, Verbandskapitän

Der Internationale der Sozialdemokratie, der Internationale des Kapitals und der Wissenschaft müsse eine Internationale des Sports hinzugefügt werden, die Einfluss und Bestand haben könne. Im Dezember 1918 hat Hugo Meisl dieses Credo formuliert und damit präzise Leitlinien und Motivation all seines Schaffens umschrieben. Er hat damit die Situation des Fußballsports in seiner Heimatstadt Wien reflektiert, wo sich das neue Massenspektakel im Rahmen großstädtischen Selbstbewusstseins und mitteleuropäischer Internationalität entwickelte. So fanden die großen Klubs ihre Gegner weniger im Inland als vielmehr in anderen Metropolen wie Budapest, Prag, Bologna oder Mailand.

Herbert Chapman, Hugo Meisl und Jimmy Hogan nach der Partie Wien gegen Arsenal, London 1933

Begründer des modernen Weltfußballs

Hugo Meisl war ein konsequenter Modernisierer, und Internationalität stellte für ihn das zentrale Merkmal der Moderne dar. Anfang der 1920er-Jahre räumte er ein, dass in der gegenwärtigen Situation nationale Meisterschaften "im maßvollen Rahmen" wohl noch eine Notwendigkeit darstellten. Der "wirkliche Fußball" hingegen könne sich nur durch übernationalen Austausch, Länder übergreifende Konkurrenz und die Einrichtung einer internationalen Meisterschaft formieren. Dafür als Voraussetzung stellte er ab der Saison 1924/25 den österreichischen Fußball (gegliedert in zwei Wiener Ligen) als ersten außerhalb Englands auf professionelle Basis.

Herausragender Fußballfunktionär

Hugo Meisl wurde 1881 im böhmischen Maleschau (Malešov) als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren, die noch vor der Jahrhundertwende nach Wien zuwanderte. Er gehörte dem assimilationswilligen, liberalen jüdischen Großbürgertum an, das sich rasch von seinen orthodoxen Wurzeln emanzipierte, der neuen Kultursphäre der habsburgischen Metropole erfolgreich anpasste und seinen individuellen Aufstieg mit der "Zeitreligion des Fortschritts" produktiv zu verbinden wusste. Es war jenes Milieu, das die soziale Basis für die einmalige intellektuelle und kulturelle Blüte des Wiener Fin de Siècle bildete. Der polyglotte Hugo Meisel war fasziniert von dem neu entstehenden, aus England importierten massenkulturellen Phänomen Fußball und stellte persönliche Ambition und Karriere ganz in dessen Dienste. Von 1912 bis zu seinem Tod 1937 war er Verbandskapitän des österreichischen Fußballbundes (beziehungsweise seiner Vorläuferorganisationen), fast ebenso lang dessen internationaler Sekretär. Seit 1907 war er zudem FIFA-Delegierter und seit 1927 Generalsekretär des ÖFB. Zusammen mit Henry Delaunay, Giovanni Mauro und Herbert Chapman gehörte er zu den herausragenden Funktionsträgern der Zwischenkriegszeit.

Initiator des Mitropacups

Auf seine Initiative geht die Einführung des Mitropacups zurück, einer Vorform der heutigen Champions League, die ihm in ihrem Austragungsmodus verblüffend ähnlich ist. Zudem führte er 1927 mit dem Internationalen Cup eine Frühform von Europameisterschaften für Nationalteams ein. Hugo Meisl verkörperte die Erfindung des modernen Fußballs. Sein Briefwechsel mit Herbert Chapman kann als ein zentrales Gründungsdokument gelesen werden.

Schöpfer des österreichischen Wunderteams

Der Schöpfer des österreichischen Wunderteams der frühen 1930er-Jahre war eine schillernd-vielschichtige, in manchen Aspekten durchaus widersprüchliche Figur. In seinen Entschlüssen fest und unbeugsam, konnte er der Presse gegenüber durchaus populistisch agieren ("Da habt's euer Schmiranski-Team"). Der meisterhafte Stratege und Taktiker bediente sich gerne einer eher reduktionistischen "Sprache der Spieler" ("Burschen geht's raus und spielt's euer Spiel"). Er bezog eine Wohnung im Karl-Marx-Hof und sympathisierte mit der Sozialdemokratie, vermochte aber auch der Organisation des Sports im italienischen Faschismus durchaus Positives abzugewinnen. Prinzipiell wollte er den Sport überpolitisch sehen. Der Instrumentalisierung des Nationalteams durch den Austrofaschismus setzte er allerdings keinerlei Opposition entgegen. Sein Testament vom September 1934 endet mit den Worten: "Bis in die fernste Zukunft Ehre dem österreichischen Sporte, seinen Organisatoren und Führern".

Quellen

Literatur

  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974 - lfd.
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Richard Bamberger / Franz Maier-Bruck: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Österreichischer Bundesverlag / Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1966
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
  • Patricia Steines: Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof, Tor I und Tor IV. Wien: Falter-Verlag 1993, S. 290
  • Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 160
  • Hans Havelka: Der Wiener Zentralfriedhof. Wien: Jugend und Volk 1989, S. 122
  • Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 14.11.1956, 15.02.1962