Hauptschule: Unterschied zwischen den Versionen

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Parallelismus in den Lehrplänen von Hauptschule und Untermittelschule wurden beseitigt. Die Nationalsozialisten setzten ab 1938 Maßnahmen zur Gleichschaltung und nationalsozialistischer Ausrichtung des Schulsystems (Angleichung an das Schulsystem des Deutschen Reichs beginnend mit dem Schuljahr 1939/1940, Aufbau einer sechsklassigen Hauptschule); die bisherige vierklassige Hauptschule blieb allerdings in ihrem angestammten Bereich erhalten und sollte im gesamten Deutschen Reich an die Stelle der Mittelschule treten (Verordnungsblatt für den Dienstbereich des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten vom 15. Juli 1939, S. 112). Der Hauptschule wurde aufgetragen, eine „nationalsozialistische Berufshaltung vorzubereiten" und die „Ausrichtung des Lebens nach der germanisch-deutschen Wertordnung" anzubahnen; Erziehungsziel war die „Formung des nationalsozialistischen Menschen", Unterrichtsschwerpunkte lagen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen sowie technisch-werklichen Fächern und in der Leibeserziehung.  
 
Parallelismus in den Lehrplänen von Hauptschule und Untermittelschule wurden beseitigt. Die Nationalsozialisten setzten ab 1938 Maßnahmen zur Gleichschaltung und nationalsozialistischer Ausrichtung des Schulsystems (Angleichung an das Schulsystem des Deutschen Reichs beginnend mit dem Schuljahr 1939/1940, Aufbau einer sechsklassigen Hauptschule); die bisherige vierklassige Hauptschule blieb allerdings in ihrem angestammten Bereich erhalten und sollte im gesamten Deutschen Reich an die Stelle der Mittelschule treten (Verordnungsblatt für den Dienstbereich des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten vom 15. Juli 1939, S. 112). Der Hauptschule wurde aufgetragen, eine „nationalsozialistische Berufshaltung vorzubereiten" und die „Ausrichtung des Lebens nach der germanisch-deutschen Wertordnung" anzubahnen; Erziehungsziel war die „Formung des nationalsozialistischen Menschen", Unterrichtsschwerpunkte lagen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen sowie technisch-werklichen Fächern und in der Leibeserziehung.  
  
Nach dem Zweiten Weltkrieg griff man auf die Hauptschullehrpläne von 1928 zurück; mit Verordnung vom 18. Oktober 1946 wurden neue Lehrpläne zur Erprobung angeordnet (eine Neuerung war der 1939 eingeführte Pflichtunterricht in einer modernen Fremdsprache). Aufgrund der Einführung der neunjährigen [[Schulpflicht]] und der Schaffung des [[Polytechnischer Lehrgang | Polytechnischen Lehrgangs]] (1962) erhielt die Hauptschule „Übergangscharakter".  
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Nach dem Zweiten Weltkrieg griff man auf die Hauptschullehrpläne von 1928 zurück; mit Verordnung vom 18. Oktober 1946 wurden neue Lehrpläne zur Erprobung angeordnet (eine Neuerung war der 1939 eingeführte Pflichtunterricht in einer modernen Fremdsprache). Aufgrund der Einführung der neunjährigen [[Schulpflicht]] und der Schaffung des [[Polytechnischer Lehrgang | Polytechnischen Lehrgangs]] (1962) erhielt die Hauptschule „Übergangscharakter".
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Zu Beginn der 1960er Jahre besuchten 62% der Schülerinnen und Schüler der 5. Schulstufe Hauptschulen, davon etwa zu gleichen Teilen die beiden Hauptschulzweige. 29% entfielen auf Allgemeinbildende Höhere Schulen und 9% auf Sonderschulen. In der Folge sank der Anteil der Hauptschülerinnen und -schüler auf 52% 1970 und 42% 1990.<ref>Oskar Achs / Peter Pokay: Schulen in Wien - Innere Struktur des Schulwesens, in: Statistische Mitteilungen der Stadt Wien 1992 Heft 3, Wien: Statistisches Amt der Stadt Wien, S. 6.</ref>
  
 
1970/1971 begannen umfangreiche Versuche zur integrierten [[Gesamtschule]]. Nach der siebten Schulordnungsgesetzesnovelle (Bundesgetztblatt 365/1982) soll in der (Neuen) Hauptschule die Förderung der Schüler durch Leistungsgruppen in den Gegenständen Deutsch, Lebende Fremdsprache und Mathematik erfolgen; in den übrigen Pflichtfächern werden alle Schüler nach gleichem Lehrplan unterrichtet. Seit 1985 ist die einheitliche Voraussetzung für die Aufnahme in die Hauptschule der erfolgreiche Abschluss der vierten Volksschulklasse; alle Schüler der Hauptschule haben dieselben Pflichtgegenstände zu besuchen; es wurden Schwerpunkt-Hauptschulen eingeführt (Sport-, Musik-, Fremdensprachen-Hauptschule sowie Hauptschule mit musisch-kreativem Schwerpunkt).
 
1970/1971 begannen umfangreiche Versuche zur integrierten [[Gesamtschule]]. Nach der siebten Schulordnungsgesetzesnovelle (Bundesgetztblatt 365/1982) soll in der (Neuen) Hauptschule die Förderung der Schüler durch Leistungsgruppen in den Gegenständen Deutsch, Lebende Fremdsprache und Mathematik erfolgen; in den übrigen Pflichtfächern werden alle Schüler nach gleichem Lehrplan unterrichtet. Seit 1985 ist die einheitliche Voraussetzung für die Aufnahme in die Hauptschule der erfolgreiche Abschluss der vierten Volksschulklasse; alle Schüler der Hauptschule haben dieselben Pflichtgegenstände zu besuchen; es wurden Schwerpunkt-Hauptschulen eingeführt (Sport-, Musik-, Fremdensprachen-Hauptschule sowie Hauptschule mit musisch-kreativem Schwerpunkt).
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== Literatur ==
 
== Literatur ==
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* Oskar Achs / Peter Pokay: Schulen in Wien - Innere Struktur des Schulwesens, in: Statistische Mitteilungen der Stadt Wien 1992 Heft 3, Wien: Statistisches Amt der Stadt Wien, S. 3-21.
 
* Helmut Brandauer: Die Konzeption der österreichischen Hauptschule. Geschichtliche Entwicklung und Lehrplananalyse. Wien: Ketterl [1970]  
 
* Helmut Brandauer: Die Konzeption der österreichischen Hauptschule. Geschichtliche Entwicklung und Lehrplananalyse. Wien: Ketterl [1970]  
 
* Ernst Gerhard Eder: Schüler/innen, Schulen und Bildungspolitiken seit 1770. In: Andreas Weigl / Peter Eigner / Ernst Gerhard Eder [Hg.]: Sozialgeschichte Wiens 1740-2010. Soziale und ökonomische Ungleichheiten, Wanderungsbewegungen, Hof, Bürokratie, Schule, Theater (Geschichte der Stadt Wien 8). Innsbruck / Wien / Bozen: StudienVerlag 2015, 585-780.
 
* Ernst Gerhard Eder: Schüler/innen, Schulen und Bildungspolitiken seit 1770. In: Andreas Weigl / Peter Eigner / Ernst Gerhard Eder [Hg.]: Sozialgeschichte Wiens 1740-2010. Soziale und ökonomische Ungleichheiten, Wanderungsbewegungen, Hof, Bürokratie, Schule, Theater (Geschichte der Stadt Wien 8). Innsbruck / Wien / Bozen: StudienVerlag 2015, 585-780.
 
* Otto Habla: Die Übernahme der österreichischen Schulformen in das Deutsche Reich. Die Hauptschule 1938-1945. Wien: Ketterl [1970]
 
* Otto Habla: Die Übernahme der österreichischen Schulformen in das Deutsche Reich. Die Hauptschule 1938-1945. Wien: Ketterl [1970]
 
* Renate Seebauer: Zur Konzeption der Pflichtschule der 10- bis 14-Jährigen vom Reichsvolksschulgesetz bis 1945, mit besonderer Berücksichtigung Wiens. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 40 [1984], S. 122 ff.
 
* Renate Seebauer: Zur Konzeption der Pflichtschule der 10- bis 14-Jährigen vom Reichsvolksschulgesetz bis 1945, mit besonderer Berücksichtigung Wiens. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 40 [1984], S. 122 ff.

Version vom 31. August 2021, 09:13 Uhr

Daten zum Eintrag
Datum von 1927
Datum bis 2018
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 31.08.2021 durch WIEN1.lanm08wei

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Hauptschule, erstmals in der von Johann Ignaz Felbiger 1774 entworfenen „Allgemeinen Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämmtlichen kaiserlich-königlichen Erblanden" erwähnt, waren die Hauptschulen in größeren Städten dreiklassig; sie dienten nach erfolgreicher ausgezeichneter Absolvierung der Trivialschule der Festigung der Kenntnisse in den Hauptfächern und dem Unterricht in Realienkunde (Geschichte, Geographie, Physik, Wirtschaft, Naturkunde); Lehramtskandidaten wurden auch in Hauptschulen ausgebildet (Normalschule). Nach der Politischen Schulverfassung von 1805 konnten die Hauptschulen auch vierklassig geführt werden; die dreiklassigen Hauptschulen verloren am Realienunterricht. 1829 gab es in Wien 11 Hauptschulen. 1848 bestanden 14 vierklassige städtische Hauptschulen für Knaben, weitere 4 Pfarr-Hauptschulen wurden in diesem Jahr vom Staat übernommen. Für Mädchen bestanden eine vierklassige Hauptschule die von den Ursulinerinnen geführt wurde und das fünfklassige k.k. Civil-Mädchen-Pensionat. Eine k.k. Musterhauptschule wurde in der Stadt bei St. Anna geführt.

Zwischen 1869 (Reichsvolksschulgesetz [14. Mai 1869]) und 1927 bildete die Bürgerschule neben der Oberstufe der Volksschule die Pflichtschule für die Zehn- bis Vierzehnjährigen. Das Bundesgesetz vom 2. August 1927 (Bundesgesetzblatt Nummer 245) betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen des Reichsvolksschulgesetzes sah für die vierklassige Oberstufe der allgemeinen Volksschule die Bezeichnung Hauptschule vor (Definierung des Bildungsziels im § 17 [die Hauptschule hat eine über das Lehrziel der Volksschule hinausreichende Bildung zu gewähren und die Schüler auf das praktische Leben oder den Eintritt in Fachschulen vorzubereiten, aber fähigen Schülern auch den Übertritt in die Mittelschule zu ermöglichen]).

Die Hauptschule schloss an die Volksschule an und umfasste vier aufsteigende Klassen, wobei sie in der Regel in zwei die Begabung der Schüler berücksichtigenden Klassenzügen geführt wurde; ab der zweiten Klasse wurde eine Fremdsprache unterrichtet. Infolge des Hauptschulgesetzes wurden die Bildungsmöglichkeiten im Pflichtschulbereich angehoben; die Anzahl der Kinder, die anstelle der Volksschuloberstufe die Hauptschule besuchten, verdreifachte sich. Die Bildungspolitik des autoritären Regimes (1934-1938) machte die Hauptschule zu einer einzigen „Ausleseschule" mit konservativ-rückschrittlichem Charakter (Verordnung der Bundesregierung vom 23. März 1934, Bundesgesetzblatt I, Nummer 197); in die Hauptschule wurden nur Schüler aufgenommen, „die von der Volksschule zum Aufsteigen in die Hauptschule als reif erklärt" wurden, die übrigen Schüler besuchten die „Abschlussklassen" der Volksschule (die den zweiten Klassenzug ersetzten).

Parallelismus in den Lehrplänen von Hauptschule und Untermittelschule wurden beseitigt. Die Nationalsozialisten setzten ab 1938 Maßnahmen zur Gleichschaltung und nationalsozialistischer Ausrichtung des Schulsystems (Angleichung an das Schulsystem des Deutschen Reichs beginnend mit dem Schuljahr 1939/1940, Aufbau einer sechsklassigen Hauptschule); die bisherige vierklassige Hauptschule blieb allerdings in ihrem angestammten Bereich erhalten und sollte im gesamten Deutschen Reich an die Stelle der Mittelschule treten (Verordnungsblatt für den Dienstbereich des Ministeriums für innere und kulturelle Angelegenheiten vom 15. Juli 1939, S. 112). Der Hauptschule wurde aufgetragen, eine „nationalsozialistische Berufshaltung vorzubereiten" und die „Ausrichtung des Lebens nach der germanisch-deutschen Wertordnung" anzubahnen; Erziehungsziel war die „Formung des nationalsozialistischen Menschen", Unterrichtsschwerpunkte lagen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen sowie technisch-werklichen Fächern und in der Leibeserziehung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg griff man auf die Hauptschullehrpläne von 1928 zurück; mit Verordnung vom 18. Oktober 1946 wurden neue Lehrpläne zur Erprobung angeordnet (eine Neuerung war der 1939 eingeführte Pflichtunterricht in einer modernen Fremdsprache). Aufgrund der Einführung der neunjährigen Schulpflicht und der Schaffung des Polytechnischen Lehrgangs (1962) erhielt die Hauptschule „Übergangscharakter".

Zu Beginn der 1960er Jahre besuchten 62% der Schülerinnen und Schüler der 5. Schulstufe Hauptschulen, davon etwa zu gleichen Teilen die beiden Hauptschulzweige. 29% entfielen auf Allgemeinbildende Höhere Schulen und 9% auf Sonderschulen. In der Folge sank der Anteil der Hauptschülerinnen und -schüler auf 52% 1970 und 42% 1990.[1]

1970/1971 begannen umfangreiche Versuche zur integrierten Gesamtschule. Nach der siebten Schulordnungsgesetzesnovelle (Bundesgetztblatt 365/1982) soll in der (Neuen) Hauptschule die Förderung der Schüler durch Leistungsgruppen in den Gegenständen Deutsch, Lebende Fremdsprache und Mathematik erfolgen; in den übrigen Pflichtfächern werden alle Schüler nach gleichem Lehrplan unterrichtet. Seit 1985 ist die einheitliche Voraussetzung für die Aufnahme in die Hauptschule der erfolgreiche Abschluss der vierten Volksschulklasse; alle Schüler der Hauptschule haben dieselben Pflichtgegenstände zu besuchen; es wurden Schwerpunkt-Hauptschulen eingeführt (Sport-, Musik-, Fremdensprachen-Hauptschule sowie Hauptschule mit musisch-kreativem Schwerpunkt). Neue Hauptschule.


Literatur

  • Oskar Achs / Peter Pokay: Schulen in Wien - Innere Struktur des Schulwesens, in: Statistische Mitteilungen der Stadt Wien 1992 Heft 3, Wien: Statistisches Amt der Stadt Wien, S. 3-21.
  • Helmut Brandauer: Die Konzeption der österreichischen Hauptschule. Geschichtliche Entwicklung und Lehrplananalyse. Wien: Ketterl [1970]
  • Ernst Gerhard Eder: Schüler/innen, Schulen und Bildungspolitiken seit 1770. In: Andreas Weigl / Peter Eigner / Ernst Gerhard Eder [Hg.]: Sozialgeschichte Wiens 1740-2010. Soziale und ökonomische Ungleichheiten, Wanderungsbewegungen, Hof, Bürokratie, Schule, Theater (Geschichte der Stadt Wien 8). Innsbruck / Wien / Bozen: StudienVerlag 2015, 585-780.
  • Otto Habla: Die Übernahme der österreichischen Schulformen in das Deutsche Reich. Die Hauptschule 1938-1945. Wien: Ketterl [1970]
  • Renate Seebauer: Zur Konzeption der Pflichtschule der 10- bis 14-Jährigen vom Reichsvolksschulgesetz bis 1945, mit besonderer Berücksichtigung Wiens. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 40 [1984], S. 122 ff.
  1. Oskar Achs / Peter Pokay: Schulen in Wien - Innere Struktur des Schulwesens, in: Statistische Mitteilungen der Stadt Wien 1992 Heft 3, Wien: Statistisches Amt der Stadt Wien, S. 6.