Gisela Laferl

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zur Person
Personenname Laferl, Gisela
Abweichende Namensform Wozniczak, Gisela; Wozniczak-Laferl, Gisela
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 50548
GND
Wikidata
Geburtsdatum 7. September 1884
Geburtsort Neufisching (Steiermark)
Sterbedatum 28. April 1968
Sterbeort Gars am Kamp (Niederösterreich)
Beruf Hausangestellte, Vereinsgründerin, Gemeinderätin, Hotelfachfrau
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Partei
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 29.11.2017 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • 6., Ufergasse 30 (Wohnadresse)
  • 19., Grinzinger Straße 65 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • 1. Gatte Isidor WozniczakDie Verwendung von „1. Gatte“ als Attributkette ist während des Hinzufügens von Annotationen nicht möglich.

Gisela Laferl, *7. September 1884 Neufisching (Steiermark), † 28. April 1968 Gars am Kamp (Niederösterreich), Hausangestellte, Vereinsgründerin, Gemeinderätin, Hotelfachfrau.

Biographie

Gisela Laferl wuchs als Tochter des Werkarbeiters Johann Laferl und seiner Frau Mathilde, einer Hebamme, in einem kinderreichen Haushalt im steirischen Mürztal auf. Sie absolvierte eine Ausbildung im Fremdenverkehrsbereich und arbeitete ab 1907 in der Schweiz als Köchin, Wirtschafterin und Zimmermädchen.

Ab 1910 lebte sie in Wien, wo sie von 1911 bis 1915 Friedrich Adler den Haushalt führte. Gisela Laferl trat der Sozialdemokratischen Partei bei und setzte sich vor allem für die Anliegen der Hausgehilfinnen und Dienstbotinnen ein. Sie war Gründungsmitglied des 1911 ins Leben gerufenen Vereins "Einigkeit – Verband der Hausgehilfinnen, Erzieherinnen, Heim- und Hausarbeiterinnen Österreichs". Bemühungen seitens der Sozialdemokratie die Hausgehilfinnen zu mobilisieren und zu organisieren gab es bereits ab 1893, indem regelmäßig Versammlungen für Dienstbotinnen einberufen wurden. Die Gründung eines Vereins zur Vertretung der meist jungen, weiblichen Hausangestellten, die häufig unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen zu leiden hatten und ihren ArbeitgeberInnen oftmals schutzlos ausgeliefert waren, gelang – mit Unterstützung von Adelheid Popp – allerdings erst im Frühling 1911.

Gisela Laferl war die erste Obfrau des Verbands "Einigkeit", der zum Zeitpunkt der Gründung mehr als 500 Mitglieder zählte. Gemeinsam mit Antonie Alt und Anna Ertl bemühte sie sich um die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen in Hinblick auf Ruhezeiten, Kündigungsschutz, Kranken- Alters- Invaliditäts- und Unfallversicherung. Wenngleich es zeitgleich andere Vereine für Hauspersonal gab, die wesentlich mehr Mitglieder zählten, waren die Reformbestrebungen der "Einigkeit" ein wichtiger Motor in den zeitgenössischen Debatten. Ab Gründung des Vereins trat Gisela Laferl in ihrer Funktion als Obfrau regelmäßig in der Presse in Erscheinung. So berichtete beispielsweise die Arbeiterinnenzeitung über Veranstaltungen des Vereins. Gisela Laferl nahm auch an Versammlungen in Graz und Salzburg teil, um die Gründung von lokalen Zweigstellen zu fördern und neue Mitglieder zu werben. Außerdem suchte sie den Kontakt zu ähnlich ausgerichteten Organisationen. 1920 fusionierte die "Einigkeit" mit dem "Verein der Heimarbeiterinnen". Gisela Laferl stand der neuen Organisation als eine der "Obmänninen" vor.

Bei den Wahlen am 4. Mai 1919 wurde Gisela Laferl als sozialdemokratische Kandidatin in den ersten Wiener Gemeinderat gewählt, wo sie sich weiterhin für die Anliegen der Hausgehilfinnen einsetzte. So war sie beispielsweise am Entwurf eines Tarifvertrags für Hausgehilfen beteiligt, der 1921 in Kraft trat. Zeitweise war sie auch Mitglied des Bauordnungsausschusses (1919) und – als Gisela Wozniczak – im sozialpolitischen Referat (1921) aktiv.

Im März 1920 heiratete Gisela Laferl den sozialdemokratischen Funktionär Isidor Wozniczak, mit dem sie in das niederösterreichische Waldviertel zog. Aufgrund ihrer Übersiedlung beendete sie ihre politische Funktion im Wiener Gemeinderat. Das Ehepaar Wozniczak-Laferl führte zunächst in Kamegg, wo die Eltern von Isidor Wozniczak lebten, eine alkoholfreie Urlaubspension im Geist der Arbeiter-Abstinenz-Bewegung. Ab 1934 pachteten sie die "Waldpension" in Gars am Kamp, welche sie 1935 käuflich erwarben. Die Urlaubspensionen des Ehepaars waren für viele befreundete Wiener SozialdemokratInnen wie Julius Deutsch und Rosa Jochmann ein beliebtes Urlaubsziel.

Ab 1934 und besonders ab 1938 verschärfte sich die Situation für das Ehepaar aufgrund ihrer sozialdemokratischen Einstellung und den engen Kontakten, die sie weiterhin zu sozialdemokratischen und jüdischen Kreisen pflegten. Die Marktgemeinde Gars am Kamp erklärte im Juni 1938 Juden zu unerwünschten Personen und forderte die Betreiber der "Waldpension" mehrmals dazu auf, sich dieser Vorgabe anzupassen. Ab 1938 wurde Isidor Wozniczak mehrmals verhaftet und schließlich knapp vor Kriegsende, am 2. Mai 1945, von Nationalsozialisten ermordet.

Das Ehepaar hatte drei Kinder; Sohn Gregor fiel 1943 in Stalingrad, Sohn Walter starb 1947 in russischer Kriegsgefangenschaft.

Von 1950 bis 1955 war Gisela Laferl sozialdemokratische Gemeinderätin in Gars am Kamp. Mit Tochter Mathilde Mück führte sie die "Waldpension" weiter, die 1995 an Enkelin Barbara Mück übergeben wurde.

Literatur

  • Ilse Korotin (Hg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 2. Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 1888 f.
  • Maria Orthofer: Au-pair: Von der Kulturträgerin zum Dienstmädchen. Die moderne Kleinfamilie als Bildungsbörse und Arbeitsplatz. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2009, S. 107 f.
  • Elke Krasny: Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien. Wien: Metroverlag 2008, S. 94
  • Friedrich Polleroß (Hg.): "Die Erinnerung tut zu weh". Jüdisches Leben und Antisemitismus im Waldviertel. Horn: Waldviertler Heimatbund 1996, S. 22 f.

Links