Friedrich Jodl: Unterschied zwischen den Versionen

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Friedrich Jodl kam in München als ältestes von acht Kindern des bayrischen Regierungsrates Johann Baptist Jodl und dessen Ehefrau Therese, geborene Handschuch, zur Welt. Zwei seiner Geschwister verstarben bereits im Kleinkindalter. Friedrich Jodl, auch "Fritz" genannt, wuchs bis zum frühen Tod seiner Mutter 1866 sehr behütet in einem von Musik und Kultur geprägten Elternhaus auf.
 
Friedrich Jodl kam in München als ältestes von acht Kindern des bayrischen Regierungsrates Johann Baptist Jodl und dessen Ehefrau Therese, geborene Handschuch, zur Welt. Zwei seiner Geschwister verstarben bereits im Kleinkindalter. Friedrich Jodl, auch "Fritz" genannt, wuchs bis zum frühen Tod seiner Mutter 1866 sehr behütet in einem von Musik und Kultur geprägten Elternhaus auf.
  
Friedrich Jodl besuchte das Gymnasium (bis 1867) und studierte anschließend Geschichte und Philosophie an der Universität München. 1871 dissertierte er mit einer von der Universität prämierten Arbeit über David Hume zum Doktor der Philosophie. 1873 wurde er Lehrer für Universalgeschichte an der königlich-bayrischen Kriegsakademie und 1880 habilitierte er sich in München für Philosophie. Bereits Mitte der 1870er Jahre hatte Jodl im Haus des Kunstschriftstellers Karl Förster und der Kammersängerin Sophie Förster deren Tochter [[Margarete Jodl|Margarete]] kennengelernt, die er im August 1882 heiratete. Das Paar dürfte zeitlebens eine sehr innige und liebevolle Beziehung geführt haben. Margarete Jodl begleitete ihren Ehemann auf seinen beruflichen Stationen, teilte die Ansichten und Interessen ihres Ehemannes und unterstützte ihn bei all seinen Aktivitäten maßgeblich. Die in Nachrufen auf Margarete Jodl verwendete Bezeichnung als "Sekretärin" ihres Mannes verweist auf ihr Wirken im Hintergrund, dürfte ihrem Anteil an der gemeinsamen Arbeit aber nicht gerecht werden.
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Jodl besuchte das Gymnasium (bis 1867) und studierte anschließend Geschichte und Philosophie an der Universität München. 1871 dissertierte er mit einer von der Universität prämierten Arbeit über David Hume zum Doktor der Philosophie. Im Jahr 1873 wurde er Lehrer für Universalgeschichte an der königlich-bayrischen Kriegsakademie und 1880 habilitierte er sich in München für Philosophie.  
  
Friedrich Jodl, der sich mit seiner "Geschichte der Ethik" (1882/1889) einen ausgezeichneten wissenschaftlichen Ruf erworben hatte, wirkte ab 1885 als Professor an der Universität Prag. 1896 wurde er als Professor für Philosophie an die [[Universität Wien]] berufen und wirkte dort bis zu seinem Tod 1914. Ab 1902 übernahm er zudem das Lehramt für Ästhetik der bildenden Künste an der [[Technische Hochschule|Technischen Hochschule]] Wien. In den Studienjahren 1891/92 und 1906/07 hatte er als Dekan der philosophischen Fakultäten in Prag und Wien fungiert. 1910 wurde er als ordentliches Mitglied in die kaiserliche [[Akademie der Wissenschaften]] in Wien aufgenommen, der er bereits zuvor als korrespondierendes Mitglied angehört hatte.
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Bereits Mitte der 1870er Jahre hatte Friedrich Jodl im Haus des Kunstschriftstellers Karl Förster und der Kammersängerin Sophie Förster deren Tochter [[Margarete Jodl|Margarete]] kennengelernt, die er im August 1882 heiratete. Das Paar dürfte zeitlebens eine sehr innige und liebevolle Beziehung geführt haben. Margarete Jodl begleitete ihren Ehemann auf seinen beruflichen Stationen, teilte die Ansichten und Interessen ihres Ehemannes und unterstützte ihn bei all seinen Aktivitäten maßgeblich. Die in Nachrufen auf Margarete Jodl verwendete Bezeichnung als "Sekretärin" ihres Mannes verweist auf ihr Wirken im Hintergrund, dürfte ihrem Anteil an der gemeinsamen Arbeit aber nicht gerecht werden.
  
Neben seiner akademischen Laufbahn engagierte sich Friedrich Jodl in zahlreichen Vereinen und Zusammenschlüssen mit volksbildnerischem Anspruch – er zählt vermutlich zu den bedeutendsten Volksbildnern seiner Zeit. Jodl war 1892 an der Gründung der "Deutschen Gesellschaft für ethische Kultur" beteiligt und bekleidete die Funktion des zweiten Vorsitzenden. Für die Gesellschaft trat er regelmäßig als Redner auf und arbeitete an deren inoffizieller Wochenschrift "Ethische Kultur" mit. Als zwei Jahre später, 1894, die österreichische "Ethische Gesellschaft" ins Leben gerufen wurde, zählte Jodl ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern. Mit seiner Berufung nach Wien 1896 zog er sich aus Arbeitsüberlastung aus der Ethischen Gesellschaft – in Deutschland und Österreich – zurück, wurde jedoch anlässlich des 10jährigen Bestehens der österreichischen Vereinigung zum Ehrenmitglied ernannt. Mit seinen Ideen und Anschauungen hat Jodl die Bewegung maßgeblich mitgeprägt. Wichtig war ihm stets die Wechselwirkung zwischen wissenschaftlicher Ethik und dem Leben.
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Friedrich Jodl, der sich mit seiner "Geschichte der Ethik" (1882/1889) einen ausgezeichneten wissenschaftlichen Ruf erworben hatte, wirkte ab 1885 als Professor an der Universität Prag. 1896 wurde er als Professor für Philosophie an die [[Universität Wien]] berufen und wirkte dort bis zu seinem Tod 1914. Ab 1902 übernahm er zudem das Lehramt für Ästhetik der bildenden Künste an der [[Technische Hochschule|Technischen Hochschule]] Wien. In den Studienjahren 1891/1892 und 1906/1907 hatte er als Dekan der philosophischen Fakultäten in Prag und Wien fungiert. 1910 wurde er als ordentliches Mitglied in die kaiserliche [[Akademie der Wissenschaften]] in Wien aufgenommen, der er bereits zuvor als korrespondierendes Mitglied angehört hatte.
  
Nach dem Tod [[Alfred von Arneth|Alfred von Arneths]] übernahm Jodl 1898 für zwölf Jahre die Leitung des Wiener Volksbildungsvereins, der unter anderem Kurse organisierte und Bibliotheken, wie etwa die große Lesehalle im Volksheim Ottakring, einrichtete. In den Zeitraum seiner Leitung fällt auch die Errichtung des [[Volkshochschule Margareten|Volksbildungshauses Margareten]]. Mit dieser Funktion einher ging die Präsidentschaft des Zentralverbandes der deutsch-österreichischen Volksbildungsvereine, die Jodl daher ebenfalls übernahm. 1910, nach Rücklegung dieser Ämter, wurde er von beiden Organisationen zum Ehrenpräsidenten ernannt.
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Neben seiner akademischen Laufbahn engagierte sich Friedrich Jodl in zahlreichen Vereinen und Zusammenschlüssen mit volksbildnerischem Anspruch – er zählt vermutlich zu den bedeutendsten Volksbildnern seiner Zeit. Jodl war 1892 an der Gründung der "Deutschen Gesellschaft für ethische Kultur" beteiligt und bekleidete die Funktion des zweiten Vorsitzenden. Für die Gesellschaft trat er regelmäßig als Redner auf und arbeitete an deren inoffizieller Wochenschrift "Ethische Kultur" mit. Als zwei Jahre später, 1894, die österreichische "Ethische Gesellschaft" ins Leben gerufen wurde, zählte er ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern. Mit seiner Berufung nach Wien 1896 zog sich Friedrich Jodl aus Arbeitsüberlastung aus der Ethischen Gesellschaft – in Deutschland und Österreich – zurück, wurde jedoch anlässlich des 10-jährigen Bestehens der österreichischen Vereinigung zum Ehrenmitglied ernannt. Mit seinen Ideen und Anschauungen hat Jodl die Bewegung maßgeblich mitgeprägt. Wichtig war ihm stets die Wechselwirkung zwischen wissenschaftlicher Ethik und dem Leben.
  
Außerdem war Jodl über viele Jahre Obmann der Philosophischen Gesellschaft und erster Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Kinderforschung. Er arbeitete beim Verein "[[Freie Schule]]" mit und unterstützte die [[Frauenbewegung]], zu deren Vorkämpferinnen auch seine Ehefrau zählte. Ein zentrales Anliegen war ihm der Kampf gegen Klerikalismus und kirchliche Intoleranz, mit Vehemenz setzte er sich zeitlebens für eine Trennung von Kirche und Staat und Kirche und Schule ein.
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Nach dem Tod [[Alfred von Arneth|Alfred von Arneths]] übernahm Friedrich Jodl 1898 für zwölf Jahre die Leitung des Wiener Volksbildungsvereins, der unter anderem Kurse organisierte und Bibliotheken, wie etwa die große Lesehalle im Volksheim Ottakring, einrichtete. In den Zeitraum seiner Leitung fällt auch die Errichtung des [[Volkshochschule Margareten|Volksbildungshauses Margareten]]. Mit dieser Funktion einher ging die Präsidentschaft des Zentralverbandes der deutsch-österreichischen Volksbildungsvereine, die Jodl daher ebenfalls übernahm. 1910, nach Rücklegung dieser Ämter, wurde er von beiden Organisationen zum Ehrenpräsidenten ernannt.
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Außerdem war Friedrich Jodl über viele Jahre Obmann der Philosophischen Gesellschaft und erster Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Kinderforschung. Er arbeitete beim Verein "[[Freie Schule]]" mit und unterstützte die [[Frauenbewegung]], zu deren Vorkämpferinnen auch seine Ehefrau zählte. Ein zentrales Anliegen war ihm der Kampf gegen Klerikalismus und kirchliche Intoleranz, mit Vehemenz setzte er sich zeitlebens für eine Trennung von Kirche und Staat sowie Kirche und Schule ein.
  
 
In der [[Wienbibliothek im Rathaus]] werden rund 1.300 Korrespondenzstücke von und an Friedrich Jodl sowie zahlreiche weitere Dokumente, die über das Wirken des Ehepaars Margarete und Friedrich Jodl Auskunft geben, verwahrt. Materialien finden sich etwa in der Sammlung [[Wilhelm Börner]] sowie im Teilnachlass Wilhelm Börner oder auch im Teilarchiv der Gesellschaft für Ethische Kultur.
 
In der [[Wienbibliothek im Rathaus]] werden rund 1.300 Korrespondenzstücke von und an Friedrich Jodl sowie zahlreiche weitere Dokumente, die über das Wirken des Ehepaars Margarete und Friedrich Jodl Auskunft geben, verwahrt. Materialien finden sich etwa in der Sammlung [[Wilhelm Börner]] sowie im Teilnachlass Wilhelm Börner oder auch im Teilarchiv der Gesellschaft für Ethische Kultur.
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==Quellen==
 
==Quellen==
 
*[https://www.digital.wienbibliothek.at/wbr/name/view/2984339 Wienbibliothek Digital: Friedrich Jodl]
 
*[https://www.digital.wienbibliothek.at/wbr/name/view/2984339 Wienbibliothek Digital: Friedrich Jodl]
*[https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrparte/content/pageview/3168698 Wienbibliothek Digital: Partezetel]
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*[https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrparte/content/pageview/3168698 Wienbibliothek Digital: Partezettel]
 
*[https://permalink.obvsg.at/wbr/AC15883420 Wienbibliothek im Rathaus: Teilnachlass Wilhelm Börner]
 
*[https://permalink.obvsg.at/wbr/AC15883420 Wienbibliothek im Rathaus: Teilnachlass Wilhelm Börner]
 
*[https://search.wienbibliothek.at/permalink/f/jo53ol/WBR_alma2188383460004516 Wienbibliothek im Rathaus: Sammlung Wilhelm Börner]
 
*[https://search.wienbibliothek.at/permalink/f/jo53ol/WBR_alma2188383460004516 Wienbibliothek im Rathaus: Sammlung Wilhelm Börner]
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* Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
 
* Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
 
* Albert Fuchs: Geistige Strömungen in Österreich 1867–1918. Wien: Globus-Verl. 1949
 
* Albert Fuchs: Geistige Strömungen in Österreich 1867–1918. Wien: Globus-Verl. 1949
* Neue österreichische Biographie. 1815–1918. Band 2. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1923-1935
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* Neue österreichische Biographie. 1815–1918. Band 2. Wien [u. a.]: Amalthea-Verlag 1923–1935
 
* Hermann Degener [Hg.]: Degeners Wer ist's. Berlin: Degener 1935
 
* Hermann Degener [Hg.]: Degeners Wer ist's. Berlin: Degener 1935
* Margarete Jodl: Friedrich Jodl. Sein Leben und Wirken dargestellt nach Tagebüchern und Briefen. Stuttgart [u.a.]: Cotta 1920
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* Margarete Jodl: Friedrich Jodl. Sein Leben und Wirken dargestellt nach Tagebüchern und Briefen. Stuttgart [u. a.]: Cotta 1920
*[https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_J/Jodl_Friedrich_1849_1914.xml Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.] [Stand: 04.08.2023]
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*[https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_J/Jodl_Friedrich_1849_1914.xml Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien / Graz: Böhlau 1954–lfd.] [Stand: 04.08.2023]
 
*Walther Schmied-Kowarzik: Friedrich Jodl, geb. 23. August 1849, gestorben 26. Januar 1914. Berlin: L. Simion 1914 (=Seperatdruck aus "Archiv für Geschichte der Philosophie" Band 27, Heft 4) (mit Zusammenstellung von Friedrich Jodls Veröffentlichungen)
 
*Walther Schmied-Kowarzik: Friedrich Jodl, geb. 23. August 1849, gestorben 26. Januar 1914. Berlin: L. Simion 1914 (=Seperatdruck aus "Archiv für Geschichte der Philosophie" Band 27, Heft 4) (mit Zusammenstellung von Friedrich Jodls Veröffentlichungen)
*Wilhelm Börner: Friedrich Jodl. Stuttgart und Berlin: Cotta 1911
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*Wilhelm Börner: Friedrich Jodl. Stuttgart / Berlin: Cotta 1911
 
*[https://geschichte.univie.ac.at/de/personen/friedrich-jodl 650 plus – Geschichte der Universität Wien: Friedrich Jodl]
 
*[https://geschichte.univie.ac.at/de/personen/friedrich-jodl 650 plus – Geschichte der Universität Wien: Friedrich Jodl]
  
  
 
Friedrich Jodl im [https://search.wienbibliothek.at/primo-explore/search?vid=WBR&mode=advanced&query=creator,contains,119305429 Katalog der Wienbibliothek im Rathaus].
 
Friedrich Jodl im [https://search.wienbibliothek.at/primo-explore/search?vid=WBR&mode=advanced&query=creator,contains,119305429 Katalog der Wienbibliothek im Rathaus].

Version vom 7. August 2023, 12:01 Uhr

Friedrich Jodl
Daten zur Person
Personenname Jodl, Friedrich
Abweichende Namensform Jodl, Fritz
Titel Dr. phil.
Geschlecht männlich
PageID 19510
GND 119305429
Wikidata Q91919
Geburtsdatum 23. August 1849
Geburtsort München 4127793-4
Sterbedatum 26. Jänner 1914
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Moralphilosoph, Volksbildner, Universitätsprofessor
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 7.08.2023 durch DYN.rabus
Begräbnisdatum 28. Jänner 1914
Friedhof Döblinger Friedhof
Grabstelle Gruppe 40, Nummer 70
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab
Bildname Friedrichjodl.jpg
Bildunterschrift Friedrich Jodl

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Professor an der Deutschen Universität Prag (1885 bis 1896)
  • Professor für Philosophie an der Universität Wien (1896 bis 1914)
  • Dozent an der Bayerischen Kriegsakademie in München (1873)
  • Präsident des Wiener Volksbildungsvereins (1898 bis 1910)
  • Präsident des Zentralverbandes der deutsch-österreichischen Volksbildungsvereine (1898 bis 1910)
  • Ordentliches Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien (1910 bis 1914)

Friedrich Jodl, * 23. August 1849 München, † 26. Jänner 1914 Wien, Ethiker, Moralphilosoph, Psychologe, Volksbildner.

Biografie

Friedrich Jodl kam in München als ältestes von acht Kindern des bayrischen Regierungsrates Johann Baptist Jodl und dessen Ehefrau Therese, geborene Handschuch, zur Welt. Zwei seiner Geschwister verstarben bereits im Kleinkindalter. Friedrich Jodl, auch "Fritz" genannt, wuchs bis zum frühen Tod seiner Mutter 1866 sehr behütet in einem von Musik und Kultur geprägten Elternhaus auf.

Jodl besuchte das Gymnasium (bis 1867) und studierte anschließend Geschichte und Philosophie an der Universität München. 1871 dissertierte er mit einer von der Universität prämierten Arbeit über David Hume zum Doktor der Philosophie. Im Jahr 1873 wurde er Lehrer für Universalgeschichte an der königlich-bayrischen Kriegsakademie und 1880 habilitierte er sich in München für Philosophie.

Bereits Mitte der 1870er Jahre hatte Friedrich Jodl im Haus des Kunstschriftstellers Karl Förster und der Kammersängerin Sophie Förster deren Tochter Margarete kennengelernt, die er im August 1882 heiratete. Das Paar dürfte zeitlebens eine sehr innige und liebevolle Beziehung geführt haben. Margarete Jodl begleitete ihren Ehemann auf seinen beruflichen Stationen, teilte die Ansichten und Interessen ihres Ehemannes und unterstützte ihn bei all seinen Aktivitäten maßgeblich. Die in Nachrufen auf Margarete Jodl verwendete Bezeichnung als "Sekretärin" ihres Mannes verweist auf ihr Wirken im Hintergrund, dürfte ihrem Anteil an der gemeinsamen Arbeit aber nicht gerecht werden.

Friedrich Jodl, der sich mit seiner "Geschichte der Ethik" (1882/1889) einen ausgezeichneten wissenschaftlichen Ruf erworben hatte, wirkte ab 1885 als Professor an der Universität Prag. 1896 wurde er als Professor für Philosophie an die Universität Wien berufen und wirkte dort bis zu seinem Tod 1914. Ab 1902 übernahm er zudem das Lehramt für Ästhetik der bildenden Künste an der Technischen Hochschule Wien. In den Studienjahren 1891/1892 und 1906/1907 hatte er als Dekan der philosophischen Fakultäten in Prag und Wien fungiert. 1910 wurde er als ordentliches Mitglied in die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien aufgenommen, der er bereits zuvor als korrespondierendes Mitglied angehört hatte.

Neben seiner akademischen Laufbahn engagierte sich Friedrich Jodl in zahlreichen Vereinen und Zusammenschlüssen mit volksbildnerischem Anspruch – er zählt vermutlich zu den bedeutendsten Volksbildnern seiner Zeit. Jodl war 1892 an der Gründung der "Deutschen Gesellschaft für ethische Kultur" beteiligt und bekleidete die Funktion des zweiten Vorsitzenden. Für die Gesellschaft trat er regelmäßig als Redner auf und arbeitete an deren inoffizieller Wochenschrift "Ethische Kultur" mit. Als zwei Jahre später, 1894, die österreichische "Ethische Gesellschaft" ins Leben gerufen wurde, zählte er ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern. Mit seiner Berufung nach Wien 1896 zog sich Friedrich Jodl aus Arbeitsüberlastung aus der Ethischen Gesellschaft – in Deutschland und Österreich – zurück, wurde jedoch anlässlich des 10-jährigen Bestehens der österreichischen Vereinigung zum Ehrenmitglied ernannt. Mit seinen Ideen und Anschauungen hat Jodl die Bewegung maßgeblich mitgeprägt. Wichtig war ihm stets die Wechselwirkung zwischen wissenschaftlicher Ethik und dem Leben.

Nach dem Tod Alfred von Arneths übernahm Friedrich Jodl 1898 für zwölf Jahre die Leitung des Wiener Volksbildungsvereins, der unter anderem Kurse organisierte und Bibliotheken, wie etwa die große Lesehalle im Volksheim Ottakring, einrichtete. In den Zeitraum seiner Leitung fällt auch die Errichtung des Volksbildungshauses Margareten. Mit dieser Funktion einher ging die Präsidentschaft des Zentralverbandes der deutsch-österreichischen Volksbildungsvereine, die Jodl daher ebenfalls übernahm. 1910, nach Rücklegung dieser Ämter, wurde er von beiden Organisationen zum Ehrenpräsidenten ernannt.

Außerdem war Friedrich Jodl über viele Jahre Obmann der Philosophischen Gesellschaft und erster Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Kinderforschung. Er arbeitete beim Verein "Freie Schule" mit und unterstützte die Frauenbewegung, zu deren Vorkämpferinnen auch seine Ehefrau zählte. Ein zentrales Anliegen war ihm der Kampf gegen Klerikalismus und kirchliche Intoleranz, mit Vehemenz setzte er sich zeitlebens für eine Trennung von Kirche und Staat sowie Kirche und Schule ein.

In der Wienbibliothek im Rathaus werden rund 1.300 Korrespondenzstücke von und an Friedrich Jodl sowie zahlreiche weitere Dokumente, die über das Wirken des Ehepaars Margarete und Friedrich Jodl Auskunft geben, verwahrt. Materialien finden sich etwa in der Sammlung Wilhelm Börner sowie im Teilnachlass Wilhelm Börner oder auch im Teilarchiv der Gesellschaft für Ethische Kultur.

Werke (Auswahl)

  • Friedrich Jodl: Leben und Philosophie David Humes. Halle: Pfeffer 1872
  • Friedrich Jodl: Die Kulturgeschichtsschreibung. Halle: Pfeffer 1878
  • Friedrich Jodl: Studien zur Geschichte und Kritik der Theorien über den Ursprung des Sittlichen. Hobbes und seine Gegner im 17. Jahrhundert (Habilitationsschrift). München: G. Schuh & Cie. 1880
  • Friedrich Jodl: Geschichte der Ethik. Band 1. Stuttgart: Cotta 1882
  • Friedrich Jodl: Geschichte der Ethik. Band 2. Stuttgart: Cotta 1889
  • Friedrich Jodl: Moral, Religion und Schule. Stuttgart: Cotta 1892
  • Friedrich Jodl: Ethik. Geschichtlicher Abriß bis zur Gegenwart. Langensalza: H. Beyer 1895
  • Friedrich Jodl: Lehrbuch der Psychologie. Stuttgart: Cotta 1897
  • Friedrich Jodl: Ludwig Feuerbach. Klassiker der Philosophie. Stuttgart: Fromann 1904


Quellen


Literatur


Friedrich Jodl im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.