Frauenbewegung

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Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen in Österreich.
Daten zum Eintrag
Bildname WSTLA WSTLA M Abt 119 A32 Gelöschte Vereine 7590 1927 001.jpg
Bildunterschrift Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen in Österreich.

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Die Frauen waren bis Anfang des 20. Jahrhunderts aus der politischen Öffentlichkeit ausgeschlossen. Sie durften weder Mitglied von politischen Vereinen sein noch an politischen Versammlungen teilnehmen. Trotz des legalen Verbots haben Frauen jedoch immer wieder Möglichkeiten und Formen gefunden, "indirekt" am politischen Leben teilzunehmen.

Der erste politisch-demokratische Frauenverein wurde am 28. August 1848 im Salon des Wiener Volksgartens gegründet; die Präsidentin des Vereins war Baronin Karoline von Perin. Ausschlaggebend für die Gründung dieses "Wiener Demokratischen Frauenvereins" war die kurz zuvor von der Regierung bekanntgegebene Lohnreduktion, von der vor allem die Arbeiterinnen betroffen waren, und die blutige Niederschlagung des aus diesem Anlass am 23. August 1848 stattgefundenen Demonstrationszugs im Umkreis des Praters. Mehrere 100 Frauen, in der Mehrzahl bürgerlich, versammelten sich daraufhin im Volksgarten, um eine Geldsammlung für die von der Lohnreduktion betroffenen Arbeiterinnen durchzuführen und in einem Antrag die Rücknahme der Lohnkürzungen zu fordern.

Der "Wiener Demokratischen Frauenvereins"" setzte sich neben karitativen Aufgaben als wesentliches Ziel die Verbreitung der demokratischen Idee "in allen weiblichen Kreisen" und die Verwirklichung der sozialen Gleichberechtigung der Frauen. Der Verein existierte knapp zwei Monate (bis zur Niederschlagung der Wiener Revolution im Oktober 1848). Im September 1848 wurde der "Erste konstitutionell-monarchistische Frauenverein" gegründet. Die karitative Ausrichtung stand bei ihm im Vordergrund ("Vertheilung von Handarbeiten" und "Sorge für eine bessere Erziehung der Kinder"). Im Gegensatz zum "Wiener Demokratischen Frauenverein" richteten sich die Proponentinnen gegen die Bestrebungen für die Durchsetzung der politischen Gleichheit der Frauen. Ebenfalls im September 1848 konstituierte sich der "Deutschkatholische Frauenverein". Der Deutschkatholizismus war Mitte der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts im katholischen Bildungs- und Kleinbürgertum Deutschlands entstanden und trat für freies Denken, gegen jede Orthodoxie und für gleiche Rechte ein.

Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen Frauenvereine hatten karitative oder pädagogische Zielsetzungen ohne politischen Anspruch. Die Frauen in diesen Vereinen kamen aus der bürgerlichen Schicht und bemühten sich um "wohltätige Zwecke". Dazu gehörten der "Wiener Frauen-Erwerb-Verein", der 1866 von Helene Hornbostel und anderen gegründet wurde. Um 1870 rückten die Bestrebungen für bessere Bildungsmöglichkeiten der Frauen in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang wurden gegründet: der "Verein katholische Lehrerinnen" (1868), der "Verein österreichischer Lehrerinnen" (1869), der "Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen" (1870; geleitet von Marie Schwarz) und der "Wiener Hausfrauenverein" (1875). In den 1880er Jahren entstanden der Verein "Wiener Frauenheim" (1881) und der "Verein für erweiterte Frauenbildung" (1888), der 1892 die erste Mädchengymnasialklasse aufbaute. Den Frauensport förderte vor allem Antonie Graf, die 1894 die erste weibliche Schwimmschule "Austria" und 1908 den Frauenschwimmclub "Wien" gründete (nachdem die Frauen erstmals 1831 die Erlaubnis zum Schwimmen erhalten hatten).

Praktisch alle liberal-bürgerlichen Frauenvereine wurden von Marianne Hainisch im 1902 gegründeten "Bund österreichischer Frauenvereine" zusammengeschlossen; sie gilt somit als Begründerin der österreichischen bürgerlichen Frauenbewegung. Ziel war ein gleichberechtigter Zugang und eine gleichberechtigte Teilnahme der Frauen am öffentlichen, sozialen und kulturellen Leben. Der Bund gliederte sich in Unterrichts-, Gewerbe-, Presse-, Friedens- (geleitet von Bertha von Suttner) und Antialkoholkommissionen, veranstaltete Ausstellungen und Kongresse und pflegte internationale Kontakte.

Als überparteiliches Organ für die Frauenbewegung schufen Auguste Fickert, Rosa Mayreder und Marie Lang 1899 die Zeitschrift "Dokumente der Frauen", in der auch Vertreterinnen der sozialistischen Frauenbewegung, wie Therese Schlesinger, publizierten. Die sozialistischen Frauenvereine wurden (da bis 1911 Frauen nicht Mitglieder politischer Vereine sein durften) als Bildungsvereine gegründet (so 1871 der Arbeiterinnenbildungsverein im sechsten Bezirk, der bereits 1872 über 400 Mitglieder verfügte, jedoch 1874 aufgelöst wurde). Weitere Gründungen waren beispielsweise 1890 der "Arbeiterinnenbildungsverein" und 1891 der Leseklub "Libertas" (unter der Leitung von Adelheid Popp-Dworschak).

Trotz der formalen Einordnung in die Parteistrukturen gab es Bestrebungen, selbständige und autonome Interessenvertretungen zu gründen. So entstand 1898 der Verein "Gewerkschaft der Näherinnen" und 1911 der Verband der Hausgehilfinnen "Einigkeit". Später wurden auch diese Vereine in Parteistrukturen eingebunden. 1909 wurde auf dem Parteitag in Reichenberg eine einheitliche Frauenorganisation innerhalb der Sozialdemokratischen Partei geschaffen. Hauptangriffsfläche der sozialistischen Frauenbewegung war der kapitalistische Staat mit all seinen Erscheinungsformen, etwa der "bürgerlichen" Ehegemeinschaft und der Wirtschaftsform des privaten Einzelhaushalts. Viele der hauswirtschaftlichen Aufgaben sollten sozialisiert werden, damit die Frau sich ungehindert dem Arbeitsleben widmen könne; der Wert der Frau ergibt sich nicht aus naturrechtlichen oder ethischen Ansprüchen, sondern ganz allein aus ihrer Arbeitsleistung und deren objektiven Beurteilung.

Die Ziele der Aktivistinnen der "alten" Frauenbewegung bestanden in der Erkämpfung der gleichen staatsbürgerlichen Rechte für Frauen. 1918 wurde nach jahrelangen Forderungen von bürgerlichen und sozialdemokratischen Vertreterinnen das Wahlrecht für Frauen durchgesetzt. In der Zwischenkriegszeit arbeitete der Großteil der Aktivistinnen innerhalb der Parteien und Verbände, wo sie vor allem für "typische" Frauenthemen (Sozial-, Schul- und Familienbereich) zuständig waren. Die sozialdemokratischen Frauen unterstützten die Sozialgesetzgebung (Achtstundentag, Urlaubsrecht, Arbeitslosenfürsorge), die sie als einen möglichen Ausweg aus der Doppelbelastung durch Beruf und Haushalt betrachteten. Insbesondere im sozialdemokratisch verwalteten Wien wurden verschiedene Vorhaben mit Hilfe der Frauen verwirklicht (Säuglingskrippen, Waschküchen und so weiter). Vehement, doch erfolglos, setzten sich führende Sozialistinnen (wie Käthe Leichter und Gabriele Proft) für die Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbruch ein. Eine "Wiederbelebung" erfuhr die Frauenbewegung erst Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre. (Neue Frauenbewegung).

Quellen

Literatur

  • Brigitte Geiger / Hanns Hacker: Donauwalzer, Damenwahl. Frauenbewegte Zusammenhänge in Österreich. Wien: Promedia 1989
  • Andrea Graf [Hg.]: Zur Politik des Weiblichen. Frauen, Macht und Ohnmacht. Beiträge zur Innenwelt und Außenwelt. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1990
  • Elisabeth Guschlbauer: Der Beginn der politischen Emanzipation der Frau in Österreich (1848-1919). Dissertation, Universität Salzburg. Salzburg 1974
  • Edith Hann: Arbeiterinnenbildung - eine Voraussetzung der politischen und gesellschaftlichen Partizipation. Dissertation, Universität Wien. Wien 1987
  • Gabriella Hauch: Frau Biedermeier auf den Barrikaden. Frauenleben in der Wiener Revolution 1848. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1990 (Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik, 49)
  • Regina Köpl: Frauenpolitik der SPÖ. Reformpolitik im Spannungsfeld bürgerlich-patriarchalischer Hegemonie und sozialdemokratischen Partizipationsstrategie. Dissertation, Universität Wien. Wien 1983
  • Edith Prost [Hg.]: "Die Partei hat mich nie enttäuscht ...". Österreichische Sozialdemokratinnen. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1989 (Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik, 41)
  • Sieglinde Rosenberger: Frauenpolitik in Rot-Schwarz-Rot. Geschlechterverhältnisse als Gegenstand der österreichischen Politik. Wien: Braumüller 1992 (Studien zur politischen Wirklichkeit, 6)
  • Irene Schöffmann: Die bürgerliche Frauenbewegung im Austrofaschismus. Eine Studie zur Krise des Geschlechterverhältnisses am Beispiel des Bundes Österreichischer Frauenvereine und der Katholischen Frauenorganisation für die Erzdiözese Wien. Dissertation, Universität Wien. Wien 1986
  • Erika Weinzierl: Emanzipation? Österreichische Frauen im 20. Jahrhundert. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1975