Franzosen

Aus Wien Geschichte Wiki
Version vom 22. September 2013, 16:45 Uhr von WIEN1.lanm08w06 (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „{{Sonstiges |Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien }} Franzosen. Bereits anläßlich des ersten Kreuzzugs (1096), der seinen Weg donauabwärts nahm, k…“)

Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 22.09.2013 durch WIEN1.lanm08w06

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!


Franzosen. Bereits anläßlich des ersten Kreuzzugs (1096), der seinen Weg donauabwärts nahm, kamen französische Aufgebote in größerer Zahl durch Wien. Aus dem französischen Haus der Capetinger stammte die Gattin Rudolfs III. (Eheschließung 1300), Blanche (Blanka; * um 1285 Paris, † 19. März 1305 Wien, Tochter König Philipps III.), aus der französischen Dynastie Valois (burgundische Linie) die Gattin Leopolds IV. (Eheschließung 1393), Katharina (* 1378, † 26. Jänner 1425 Dijon, Tochter Philipps des Kühnen). Die ersten Professoren an der 1365 gegründeten Wiener Universität waren teilweise in Paris ausgebildet worden. Im Bereich der bildenden Künste waren in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts französische Steinmetzen, vermittelt durch den Zisterzienserorden, in Österreich tätig (beispielsweise Capella speciosa, Klosterneuburg, Weihe 1222). Der Minoritenpater Jakob aus Paris schuf um 1330/1340 das Hauptportal der Minoritenkirche. Zwischen 1417 und 1436 ist in Wien der Maler Andre von Paris tätig. In den ersten Regierungsjahren Erzherzog Ferdinands (1521-1525) gehörten seinem Hofstaat Franzosen aus Burgund an (Antoine de Croy, Sieur de Sempy; Claude Bouton, Sieur de Corbara; Henri de Hemericourt); sie gehörten dem Richterkollegium an, das 1522 in Wiener Neustadt die Aufrührer von 1519 aburteilte (Wiener Neustädter Blutgericht). Aus Arras stammte der berühmte Botaniker Charles de l'Ecluse, genannt Carolus Clusius, der 1573-1587 am Hof und an der Wiener Universität wirkte. Der nachmalige französische König Heinrich III. (Haus Valois) hielt sich 1574, als er nach Verzicht auf die polnische Krone heimwärts reiste, in Wien auf. Von 1585 datiert eine Beschreibung Wiens durch den französischen Arzt Jacques Bongars. Zahlreiche französische Wissenschaftler und Wirtschaftstreibende kamen ab 1736 im Gefolge Franz Stephans (Kaiser Franz I.) nach Wien und wurden von ihm mit wichtigen Funktionen betraut (Valentin Jameray Duval wurde Direktor des Münzkabinetts, Jean Chevalier de Baillou Direktor des Hof-Naturalienkabinetts, Jean François de Marcy Direktor des Physikalischen Kabinetts, Nikolaus von Jacquin Direktor des Botanischen Gartens am Rennweg). Aus Lothringen kamen Franz Joseph von Toustaint, der die Finanzen und die Geheime Kanzlei leitete, und Jean Baptiste Bréquin, der ab 1743 als Militärkartograph in Wien arbeitete. Der französische Gesandte Etienne François de Choiseuil, Graf von Stainville (ab 1758 Außenminister) war eine Hauptstütze der österreichisch-französischen Allianz und hatte Anteil an der französischen Heirat Marie Antoinettes; der französische Maler Joseph Ducreux fertigte 1769 in Wien ihr offizielles Porträt für den französischen Hof an. Um diese Zeit begann in gebildeten Kreisen und am Theater die französische die bis dahin dominierende italienische Sprache abzulösen. Die Architektur wurde während der Zeit des Rokoko (Jean Nicolas Jadot de Ville-Issey) und durch den „Revolutionsklassizismus" (Isidore Canevale, Louis Montoyer, Pierre Charles de Moreau) von Frankreich her beeinflußt; dasselbe gilt für die Gartenkunst („französischer Garten", Jean Trehet). Die französische Tänzerin Marie Sallé gehörte zu den Pionieren des Ballett d'action. Jean-Pierre Blanchard erhielt 1786 die kaiserliche Genehmigung für Ballonaufstiege, kam 1790 nach Wien und unternahm 1791 mit Erfolg Ballonfahrten. Auswirkungen der Französischen Revolution (1789) zeigten sich im Jakobinerprozeß und in der Mode. Zweimal (1805 und 1809) besetzten die Napoleonischen Truppen Wien. 1805 gab es französische Militärspitäler im Gußhaus, im Transporthaus auf der alten Wieden, im Trattnerischen Gebäude in Altlerchenfeld und in der Esterházyschen Reitschule in der Alser Straße. 1809 wurde Napoleon in der Schlacht bei Aspern besiegt, ohne daß dies den Krieg entschieden hätte. An diese kriegerischen Ereignisse des Jahrs 1809 erinnern sechs Gedenksteine (Obelisken) in der Lobau (Napoleons Brückenkopf, Napoleons Hauptquartier, Napoleons Straße, Pulvermagazin der Franzosen, Friedhof der Franzosen, Übergangsstelle der französischen Armee). Der schwer verwundete Marschall Jean Lannes, Herzog von Montebello, starb am 31. Mai 1809 im Haus 11, Mailergasse 5 (Kaiserebersdorfer Brauhaus; Gedenktafel). Am 11. Mai war es zu einem Bombardement der Stadt gekommen, das an verschiedenen Gebäuden Schäden verursachte (Böhmische Hofkanzlei, Hofstallgebäude [von dem aus die Belagerer die Stadt beschossen], Wohnhaus 1, Weihburggasse 1, Kärntner Straße 9 [in Brand geschossen], ebenso 1, Graben 22 und andere). Im Haus 12, Khlesplatz 12, und im Rochuskloster (3) befanden sich französische Lazarette. Marschall Jean-Baptiste Bessières nahm 1809 Quartier im Esterházypalais (1, Wallnerstraße 4), Gouverneur Antoine François Graf Andreossi im Mariahilfer Esterházypalais (6, Amerlingstraße 6). Dem Leichenbegängnis des während der Besetzung Wiens verstorbenen Joseph Haydn wohnten hohe französische Offiziere bei, vor dem Trauerhaus (6, Haydngasse 19) zog eine Ehrenwache auf. Am 23. Juni 1809 spielte sich vor den Hofstallungen jener Vorfall ab, der zur Erschießung des Bürgerwehroffiziers Peter Tell führte (im Zuge eines Volksauflaufs vor dem Gebäude, in dem damals österreichische Kriegsgefangene interniert waren). Vor ihrem Abzug sprengten die Franzosen mehrere Basteien, darunter auch die Burgbastei; die Maria-Theresien-Brücke (Augartenbrücke) wurde niedergebrannt. Der französische Dichter Stendhal besuchte 1809 Wien. Ab 1858 (Aufführung von „Die Hochzeit bei Laternenschein" im Carltheater) feierte Jacques Offenbach, der Schöpfer der modernen Operette, mit seinen Kompositionen in Wien Triumphe; er dürfte Johann Strauß dazu motiviert haben, sich ebenfalls diesem Genre zuzuwenden. Heinrich Laube favorisierte am Burgtheater das französische Konversationsstück. Am 23. Oktober 1909 unternahm Louis Blériot einen Fug auf der Simmeringer Haide (Flugfeld Simmering). Verschiedene Gebäude des 19. und frühen 20. Jahrhunderts orientieren sich am französischen Baustil (beispielsweise Französische Botschaft; Palais des beaux arts; Rothschildpalais). Nach dem Zweiten Weltkrieg befanden sich ab 1. September 1945 bis 1955 auch französische Besatzungstruppen in Wien (Französische Besetzung).

Verkehrsflächen

Literatur

  • Herbert Tschulk, F. in W., in: Veröffentlichungen WStLA, Reihe B, H. 3;
  • Oskar Mitis, Vom burgund. Hof Ferdinands I. in Österr., in: Jb. Lkde. NO NF 21 (1928), Tl. 2, 153IT.; *Richard Perger (Hg.), Wolfgang Kirchhofer, Erinnerungen eines Wr. Bgm.s 1519-22(1984), 114f.;
  • Österr. im Europa der Aufklärung l (1985), 307;
  • Kat. HM 124 (Freiheit/Gleichheit/Brüderlichkeit auch in Österr.? Auswirkungen der Französ. Revolution auf W. u. Tir., 1989;
  • darin: Wolfgang Häusler, Widerhall u. Wirkung der Französ. Revolution in W., 196ff.;
  • Jan Tabor, Zum Einfluß der französ. Arch. auf die Wr. Moderne, 251 ff.);
  • Hans Havelka, Vor 180 Jahren. Die F. in Simmering u. Kaiserebersdorf, in: Simm. Mus. Bll. 33/1989, 209ff.; *Messner, Landstraße, 146f. (ad 1809);
  • Gremialarchiv der Apotheker (Akt F III 299; Militärspitäler 1805).