Buch- und Kunstdruckerei Steyrermühl

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Firma
Datum von 1872
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen Rudolf Sieghart
PageID 44036
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle
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Letzte Änderung am 4.08.2016 durch WIEN1.lanm08mic
  • 1., Fleischmarkt 5

Frühere Adressierung
  • Verlag der "Tagblatt-Bibliothek"

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48° 12' 38.95" N, 16° 22' 35.32" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die Papierfabriks- und Verlags-Gesellschaft Steyrermühl war das bedeutendste und erfolgreichste österreichische Unternehmen des Zeitungswesens und der Papierindustrie. Die Aktiengesellschaft wurd 1872 mit Sitz Fleischmarkt 5) gegründet. Dem Verwaltungsrat gehörte u.a. der Eigentümer des Neuen Wiener Tagblatts an. Das Blatt wurde in die Gesellschaft eingebracht und avancierte zu ihrem einträglichsten Medium. Der Gesellschaft gehörte außerdem die 1869 im öberösterreichischen Traun errichtete Papierfabrik Steyrermühl. 1881 wurde typographisches Institut und Verlag von Ludwig Carl Zamarski in der Gumpendorfer Straße 40-44 erworben und als “Buch- und Kunstdruck Steyrermühl“ weitergeführt, die vor allem durch Aufträge der Staatsbahnen und der Tabakregie ausgelastet war. Der Konzern wies damit einen geschlossenen vertikalen Aufbau aus.

Das Unternehmen entwickelte sich äußerst erfolgreich. 1912 belief sich die Eigenkapitalquote bei einer Bilanzsumme von 14,4 Millionen Kronen auf fast 84 Prozent. Zwischen 1901 und 1912 schüttete die AG 9,5 bis 12,5 Prozent des nominellen Grundkapitals als Dividende aus. Spätestens ab 1914 gewann Rudolf Sieghart dominierenden Einfluss in der Steyrermühl-Konzern. Angeblich kontrollierte das von ihm angeführte Syndikat 90 Prozent des Aktienkapitals, 1923 war es eine Zweidrittelmehrheit. Während des Ersten Weltkriegs und in der Inflationszeit geriet das Unternehmen auch unter engeren Bankeneinfluss, vorab der Verkehrsbank und nach entsprechenden Fusionen unter den der Bodencredit sowie 1929 unter den der Creditanstalt. Diese verfügte 1938 mit einem 25,7 prozentigen Anteil über eines der größten Aktienpakete, während sich die Aktienmehrheit in Streubesitz befand. Das Syndikat war 1936 aufgelöst worden.

1918/19 wurden im Steyrerhof (Sitz von Zeitungsdruckerei und Zeitungsverlag) sämtliche Druckmaschinen erneuert. Weitere Investitionen sicherten dem Betrieb den Rang als größte und modernste Zeitungsdruckerei Österreichs. Auch das publizistische Angebot wurde durch neue Zeitschriften und Zeitungen erweitert. Modernisiert und ausgebaut wurde außerdem in der Buch- und Kunstdruckerei, deren 1923 ins Leben gerufene “Tagblatt Bibliothek“ Belletristik und Sachbücher auf den Markt brachte. In der Weltwirtschaftskrise bewahrte das Unternehmen eine solide Finanzierungs- und Kapitalstruktur.Waren 1926 im gesamten Unternehmen 2.800 Personen beschäftigt, konnte die Beschäftigtenzahl ab 1934 bei rund 2.000 gehalten werden. Mit Stand 1938 beschäftigte die Zeitungsdruckerei ca. 285 Mitarbeiter, die Buchdruckerei ca. 300.

Nach dem “Anschluss“ unter kommissarische Verwaltung gestellt, wurde die Zeitungsproduktion vom Konzern abgetrennt und an die eigens gegründete Ostmärkische Zeitungsverlag GmbH (später KG im Besitz des Herold-Verlags Berlin) verkauft. Sie kam damit wie die Druckereibetriebe mehr oder weniger direkt unter die Kontrolle des NSDAP-Zentralverlags Franz Eher Nachf. München. Die Papierfabrikwurde mit einem Papiererzeuger bei Krumau fusioniert. Nach 1945 pachtete die KPÖ die Druckereien für ihren Gobus Buchverlag, in dessen Programm auch die “Tagblatt Bibliothek“ überging. In den 1950er Jahren trat Fritz Molden als Pächter auf. Der Konzern kam in den Folgejahren nach wechselnden Beteiligungen zu 90 Prozent in den Besitz der BAWAG, die 1996 ihre Mehrheitsbeteiligung verkaufte. Das Gebäude in der Gumpendorferstraße war 1975 abgerissen worden.

Steyrermühl heute als Papiermuseum

Das Papiermuseum befindet sich in der ehemaligen Papierfabrik nAusfahrt Laakirchen West (früher Steyrermühl). Dort wo von 1868 bis 1988 Papier und Zellstoff erzeugt wurden befinden sich heute auf einer Fläche von über 4.000 m2 das Österreichische Papiermachermuseum, ein Druckereimuseum, ein Feuerwehrmuseum, eine Handschöpferei, eine integrative Malschule, eine Kunstgalerie, sowie ein modernes Veranstaltungszentrum.

Träger dieser Einrichtungen ist der Verein Österreichisches Papiermachermuseum, der im Jahr 1993 gegründet wurde. Am 1. Juni 1997 wurde nach jahrelangen Gestaltungsarbeiten im Bereich der ehemaligen Papiermaschinen 4 und 5 und der Zellstoffbleicherei das Österreichische Papiermachermuseum eröffnet. 2000 folgte die Eröffnung des Druckereimuseums. Die Eröffnung des völlig neu adaptierten Veranstaltungszentrums fand 2003 statt, außerdem gab es eine Teilnahme an der Landesausstellung 2008 im Salzkammergut, bei welcher der gesamte Museumsbereich des Papiermachermuseum völlig neu gestaltet wurde. Weiters wurde im Rahmen der Landesausstellung eine Brücke über die Traun errichtet. Finasnziert wird das Museum aus Museumseintritten, der Vermietung der Veranstaltungsräumlichkeiten, aus Mitgliedsbeiträgen privater Mitglieder und Firmenmitglieder, sowie aus Sponsorengeldern. Auch Privatpersonen haben die Möglichkeit, die Museums - und Kulturarbeit mit einem jährlichen Beitrag zu unterstützen. Sie erhalten als Gegenleistung freien Museumseintritt sowie 20% Ermäßigung bei den Kulturveranstaltungen des Museums.

Literatur

  • Peter Eigner, Andreas Resch: Steyrermühl und Vernay: Die zwei größten Wiener Zeitungskonzerne der Zwischenkriegszeit, in: Herbert Matis, Andreas Resch, Dieter Stiefel (Hrsg.): Unternehmertum im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft, LIT-Verlag, Wien 2010.
  • Anton Durstmüller, 500 Jahre Druck in Österreich. Die österreichischen graphischen Gewerbe zwischen 1918 und 1982, Bd. 3, Hauptverband der graphischen Unternehmungen Österreichs: Wien, 1988.
  • Peter Melichar: Arisierungen und Liquidierungen im Papier- und Holzsektor; in: Ulrike Felber, Peter Melichar, Markus Priller, Berthold Unfried, Fritz Weber, Ökonomie der Arisierung, Teil 2: Wirtschaftssektoren, Branchen, Falldarstellungen. Zwangsverkauf, Liquidierung und Restitution von Unternehmen in Österreich 1938 bis 1960, Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission 10/2, Oldenbourg: Wien und München, 2004.
  • Christa Köstner, “Wie das Salz in der Suppe“. Zur Geschichte eines kommunistischen Verlags – Der Globus Verlag. Diplomarbeit Wien, 2001.
  • Franz Mathis, Big Business in Österreich, Verlag für Geschichte & Politik: Wien 1990.
  • Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Bd. 3: Deutsches Reich und Protektorat September 1939-September 1941. Oldenbourg, München 2002
  • "Bawag verkauft Mehrheitsbeteiligung am Papierkonzern Steyrermühl", Wirtschaftsblatt, 27.7.1996.
  • Steyrermühl wird zum Papiermuseum: http://www.papiermuseum.at/ (04.08.2016)